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Beilage zum „Riesaer Tageblatt". Rotationsdruck und «erlag von Langer L Winterlich l» Riesa. - Für dir Redaktion verantwortlich: Arthur HSHnel in Riesa. 255 Dienstag, S. November 1V14, abends S7. JahrgT^ Verdun. ^,on Generalmajor z. D. v. Dersdorfs. Ga gerade bei Verdun sich wichtige Entscheidungen vorzubereiten scheinen, werben dir nachfolgenden Aus führungen wohl gegenwärtig besonder« willkommen sein. Als die Franzosen nach dem Frieden von Frankfurt im Jahre 1871 daran gingen, ihre Armee und die Landesverteidigung umzugestalten, lebten sie der lieber- -eugung, daß ihnen im ZukunftsVriege gegen Deutsche land nicht- übrig blieb, als die vertejdigungsweise Kriegsführung. Daher kam vor allen Dingen die Siche rung ihrer Grenzen durch fortisikatorische Verstärkungen in Betracht. In erster Linie die Sicherung der Lücke Mischen Belgien und den Vogesen. Hier galt es, der beseitigten Mosellinie (Metz und Diedenhofenl gegen über ein Gleiches zu tun. Hinter der Moscllinie von der Grenze war der Aufmarsch der Deutschen, zu vermuten7 mithin die Maaslinie als Sicherung eigenen Auf marsches von der Natur gegeben, ^.jre Befestigung wurde somit beschlossen. Im Anschluß an sie: der.äußere Befeftigungsring Frankreichs im Norden von Lille über Waubeuge, im Süden Epinal und Belfort- An der Maas am rechten Flügel Neufchateau, im Zentrum die große Gürtelfestung Verdun, am linken Flügel Mezieres. Zwi schen Neufchateau und Verdun, bis in die Gegend des Zusammenflusses der Meurthe und Mosel vorgeschoben (dort liegt das Fort Fronard),. .. die Gürtelfestüng Toul und die befestigten Stellungen bei Nancy. Zwi schen Verdun und Mezieres vorgeschoben und an dir bel gisch« Grenze angelehnt Montmedy; zwischen Toul und Verdun an beiden Seiten der Maas in Schußverbindung sine Vorsperre von neun Forts, von denen dasbedeu- t.ndste- das Fort des Romains, bereits in deutsche Hände fiel. Weiter sind die festen Plätze Longwy an der Luxemburger und Montmedy an der belgischen Grenze zu nennen. Longwy als Sperre der Bahnen von Luxem burg nach Frank^^ Montmedy als Sperre der Bahn Luxemburg—Mezieres. Beroun sperrt die Bahn Metz—Chalons—Paris- Toul- die Bahnen Metz und Straßburg—Paris. Mithin wirken Toul und Verdun, da die Riesenarmeen der Jetztzeit mit ihrer Zu- und Abfuhr an Bahnlinien.ge bunden sind, zugleich als Ausfallstore über Flußlinien, ivie als Bahnsicherungen an besonders gefährdeten Stellen. Der gegenwärtige Krieg im Westen begann, nach kurzen Intermezzos- bei Mülhausen im Oberelsaß und bei Lagarde, mit der französischen Offensive aus Französisch- Lothringen in das deutsche Gebiet zwischen Metz und den Vogesen. Nach glücklicher Abwehr gelang es der Armee oes Kronprinzen von Bayern, zur Offensive Lbsr- zugehen- die mit dem Rückzug der Franzosen hinter Nancy und hinter der befestigten Maaslinie ihr Ende fand. Seitdem ist diese Armee mit den Festungen Toul und Verdun beschäftigt. Nunmehr aber scheinen die aktiven Verteidiger Verduns zur Ruhe gebracht und in den Festungsgürtel hineingeworfen zu sein. Verdun, die alte Teilungsstadt von 876, wo sich die nationale Scheidung von Deutschland und Frankreich endgültig vollzog, ist eines der stärksten Bollwerke der Verteidigung des französischen Landes geworden. Ver dun ist eine Gürtelfestung ersten Ranges. Die Stadt befestigung, welche von der Maas durchquert wird, be steht — ich folge bei dieser Darstellung den Angaben des Hartmannsch«n Militärhandwörterbuchs — aus einer bastionierten Umwallung und einer Zitadelle- die nach Art eines modernen Forts erbaut ist. Im Norden von Verdun, in der Nähe der Vorstadt „du Pave" liegen die Forts Belleville und Mont St. Mihiel; ersteres be herrscht den unteren Laus der Maas und die Bahn nach Süden (Mezieres—Toul), letzteres die Bahn und die große Heerstraße nach Metz. Beim Fort Belleville befinden sich noch zwei Batterien. Nördlich trifft man auf die Forts Froide Terre, Donäumont und Souville mit ihren An schlußbatterien. Auf dem rechten Mäasufer liegen außer dem die Forts Mvulinville, Landrecourt mit Anschluß batterien, Bois-BourrUs, Rozevillers mit Anschlußbat- tericn, Belrupt, Vaux mit Anschlußbatterien, Tavannes und Haudainville. Als kleinere Werke sind zu erwähnen die Zwischenposten Sartelles, Chana, Choisel und Belle Epine, deren jeder mit zwei Anschlußbatterien versehen ist. Hierzu treten noch die Werke von Pompelle, .Thiau- Mont, Hardaumont, Chatillon, Bois du Chapitre, Baley- court, Germoville, Charvy, sowie die Nebenwerke von Hoarfse, Eix, Manecel, St. Symphorion, Bois des Sor- telles, Bruyennes, Montpignon und Ollier. Diese.Werke verteidigen den Osten und Süden von Verdun- sie sichern den Wald Hauts de Meuse, die Bahn und die Straße nach Metz und das Gelände bis Conflans in« Osten- ferner nach Süden den Kanal und den oberen Laus der Maas. Im Süden und auf dem linken Maas- ufer liegen die Forts Duguy mit 1 und Regret mit 8 Anschlußbatterien; ersteres beherrscht das ganze Bor gelände, die Bahn und Straße nach St. Menehould, Reims usw. Auf dem linken Ufer mit Forts nach Westen sind zu erwähnen die Forts Chaume mit 2 und Marne mit 1 Anschlnßbattcrie. Veroun besitzt 48 Kilometer Um fang, 16 große Forts, 21 selbständige größere Werke und etwa 47 Batterien; der größte Durchmesser be- trägt 15 Kilometer. Die schwächste Front ist die nach Frankreich gerichtete Westfront - welche bis auf 3 Kilo meter gedeckte Annäherung an die vordere Linie ge stattet. Bon den SriegSschmchlStz«. Unsere Grsslge a« der Sarmlküfte. Nach einer Meldung des Amsterdamer „Courant^ haben die Deutschen in den letzten fünf Tagen 14 von den Verbündeten verteidigte Ortschaften im Küstengebiet besetzt. Frsuzosru und Belgier gebe« ihre Niederlagen „offiziell" z«. Ter -.Deutschen Tagesztg." wird aus Genf vom 1. November berichtet: Der abendliche offizielle Bericht gab Paris Anlaß zu großem Pessimismus, weil er das Eingeständnis mehrerer Niederlagen enthielt. Die Deut schen hätten auf der ganzen Front die heftigste Offen sive ergriffen. Sie eroberten Ramskapelle, Hollbecke und Zandworde. Die Franzosen mußten ferner im Aisne- gebict bis Vailly zurückweichen. — Das belgische „Com- muniqne" gibt ebenfalls das siegreiche Vordringen der Deutschen zu.' Deutsche Zähigkeit. Aus Sluis wird gemeldet, daß Sonnabend und Sonn tag an der Dserlinie die Geschütze ohne Unterlaß don nerten. Auf der ganzen Front wird ununterbrochen ge- kömvft- Obschon die Angriffe der Deutschen, durch die durch Oeffnung der Schleusen absichtlich herbeigeführte Ueberschwemmung erschwert wurden- dringen dis Deut schen mit Todesverachtung vor und gewinnen stetig an Raum. Augenzeugen berichten, daß es geradezu wunder bar sei- wie die Deutschen alle Hindernisse ourch dir hochentwickelte Technik ihrer Kriegsführung zu über winden verständen. Längs der Küste gelang es ihnen, viele belgische Soldaten, die in Zivilkleidung fliehen woll ten- sestzunehmen. Vom Meere her wird öfters das Explodieren treibender Minen gehört. Die Kämpfe nördlich von Lille. Der Korrespondent der „Dailly Mail" berichtet, daß die Kämpfe nördlich von Lille mit verzweifelter Er bitterung zwischen Engländern und Bayern ausgefochten werdeen.. Mehrere Tage hätten die Engländer oft einer bedeutenoen Uebermacht standgehalten und unter dem bayrischen Artilleriefeuer, das in den Schützengräben Ver heerungen anrichtete, gelitten. Sie hätten andauernd die- Stellungen wechselweise gestürmt und wieder verlassen. Auch zwischen La Bassee und Bethune kam es zu er bitterten Kämpfen. Große deutsche Geschütze, die die Ent fernung genau abgeschätzt hatten, hätten furchtbare Ver heerungen angerichtet. Englische Niederträchtigkeit. Ueber die Niederträchtigkeit, die die Engländer bei ihrer KampfeSweise oftmals zu zeigen pflegen, wird von einer hochstehenden Persönlichkeit ein bezeichnender Vorfall mitgetetlt. ES war zu Beginn der Kämpfe um den Ab- schnitt von Reim«, wobei da« 7. deutsche Korps den Fran- zosen und Engländern gegenüberstand. Da näherte sich eines Morgens dem Hauptquartier dieses KorpS ein eng lischer Parlamentär. Er kam im Auftrag« de» englischen Oberkommandterenden mit der Bitte, daß die Deutschen einen gewissen Hügel bei Reim» nicht unter Feuer nehmen möchten, da die Engländer dort ihr Feldlazarett errichtet hätten. Richtig war auch inzwischen auf einem Gebäude, da» auf dem Hügel stand, die weiße Flagge mit dem roten Kreuze aufgezogen worden. Daher erklärte denn auch die Oberleitung des 7. deutschen KorpS, den Hügel nicht unter Feuer nehmen zu wollen. Im Laufe deS TageS entwickelte sich ein heftiges Gefecht, wobei eS für die Deutschen darauf ankam, den Feind au» einer wichtigen Stellung zu ver treiben. Aber trotz aller Anstrengungen kamen die Deutschen nicht weiter, sie hatten namentlich unter dem vernichtenden Feuer feindlicher Geschütze zu leiden, deren Standort nicht zu ermitteln war, obschon die Deutschen den größten Teil der übrigen feindlichen Batterien zum Schweigen gebracht hatten. Da erstattete dem deutschen Oberkommandterenden ein Adjutant die Meldung, daß da» vernichtende Feuer von Geschützen Herkommen müsse, die hinter jenem eng lischen Lazarett aufgestellt seien. Er bat um die Erlaubnis für die deutsche Artillerie, daS Lazarett beschießen zu dürfen. „Nein", lautete die Antwort, „da» können Sie nicht. Sie sehen doch, daß dort die weiße Flagge weht, und die müssen wir achten!" Allein das schwere Feuer hielt an, die Deutschen erlitten dadurch große Verluste, bis sie sich durch einen Sturmangriff auf den Hügel Luft machten, wo da» Lazarett stand. WaS entdeckte man dort? In dem eng lischen Lazarett lag nicht ein einziger Verwundeter, dagegen hatte der varackenbau al» Deckung für eine englische Batterie gedient, die hinter dem angeblichen Lazarett aufgestellt war und deren Feuer den Deutschen so schweren Schaden zufügte. Die Franzosen plündern im eigenen Lande. Dafür daß die Franzosen im eigenen Lande plündern, ist unseren Truppen ein weiteres unwiderlegliches Zeugnis in die Hände gefallen. Am 14. Oktober wurde von einer Patrouille in Mogeville nordöstlich von Verdun ein gestem peltes Dienstschreiben deS dortigen Bürgermeister» an den Unterpräfekte» gefunden, worin genau die Truppenteile be zeichnet werden, die sich der Plünderung an ihren Lands- leuten schuldig gemacht haben. Da» interessant« Schrift, stück lautet in deutscher Uebersetzung: Mogeville, den 26. August 1914: Geehrter Herr Unterpräfektl Gestern be fürchtete fast die ganze Bevölkerung eine Beschießung von den Deutschen und floh, während tagsüber die französi'chen 59. Jäger zu Fuß, da» 211. und 220. Regiment die Um gegend besetzten. Da seitens der Franzosen vor der An kauft der 220 er unglaublich« Sachen vorgekommen sind, wa» der Kommandant diese» Regiment» und Herr Dantremepuit», Leutnant der R. v. P., de» Btehdrpot» de» 6. KorpS bestätigen können. Da sie teilweise Augenzeugen jener unwürdigen Vorkommnisse waren, so protestiere ich auf» energischste gegen die begangenen Plünderungen und Mißbräuche jeder Art. Heute will ich nur erwähnen, daß di« Fahne zerfetzt in «ine Sck« geworfen wurde, daß die Posten beleidigt, di« Keller durchwühlt, daß den Hühnern und Kaninchen der Hal» umgedreht und sie sogar in die Gärten geworfen wurden und da» Diebstahl und Ver wüstung an der Tagesordnung find. Ich warte„ bi» die ganze Bevölkerung zurückkehrt, um die Höhe der Schäden festzusetzen. Mitteilen möchte ich noch, daß der Beigeord nete der vürgermeistereisekretär und ich gegen 7 Uhr abend» zurückgekommen find und daß alle diese Diebstähle und nichtswürdigen Vorkommnisse bereit» geschehen waren. Ich verlang« daher, daß hierüber sobald wie möglich eine Unter- süchung angestellt wird. Die Bevölkerung ist darüber aus- geregt. Der Bürgermeister gez. Huret. Unwahre Gerüchte. Das Ausweichen unserer vor Jwangerod stehenden Truppen vor den überlegenen russischen Kräften hat zu allerlei Gerüchten geführt; so wird erzählt, daß die Rus sen bereits in Pleschen stünden, Gncsen bedrohten und tyr Thorn angelangt seien. Bei alle dem handelt ,es sich nm ein müßiges Gerede, an dem kein Wort wahr ist. Amtliche Berichte der österreichisch,ungarischen HeereSlettnvg. -Amtlich wird aus Men verlautbart den 2. Novem ber mittags: Die Kämpfe in Russisch-Polen dauern an. In den Gefechten am San hatten die Russen, namentlich bei Roswadow, schwere Verluste. Wir brachten dort 400 Gefangene ein und erbeuteten drei Maschinengewehre. Südlich Stary-Sambor nahm eine Gcfechtsgrnppe gleich falls 400 Russen gefangen. In diesem Raume und nord östlich Turka machte unsere Vorrückung weitere Fort schritte. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: v. Hoefcr- Generalmajor. Neber die Kämpfe gegen die Serben wird amtlich aus Wien verlautbart: Unsere Offensive gegen die Macwa schreitet siegreich vorwärts. Aus seinen befestigten Stel lungen vertrieben, hat der Gegner bisher nur wenig Widerstand geleistet. Nur an der Nordlisiere von Sabac mußten stark verschanzte Stellungen im Sturm genommen Werden. Auch Sabac selbst wurde heute nacht erstürmt. Unsere durch die Mäcwa vorgerückten Kolonnen haben die Bahnlinie Sabac-Ljesniczi bereits überschritten. Kaval lerie ist am Feinde und hat auch Gefangene gemacht. Einen schweren Verlust haben uniere Balkanstreitlräfte zu beklagen. Der Feldpilot Oberleutnant Sanchez wurde von einem feindlichen Geschosse, das auch seinen Be obachter verletzte, schwer verwundet. Trotz furchtbarer Schmerzen und mit Aufbietung seiner letzten Kräfte ver mochte der wackere Flieger seinen Apparat noch auf den etwa 70 Kilometer entfernten Flugplatz zu steuern und dort glatt zu landen. Oberleutnant Sanchez ist gestern seinen Wunden erlegen. Vor seinem Tode erhielt er.noch das ihm von Sr. Majestät telegraphisch verliehene Mili tär-Verdienstkreuz. Potiorek, Feldzeugmeister. Die innere Lage in Serbien. Aus Nisch wird über Sofia gemeldet: König Peter ist schwer erkrankt. Angeblich hat er ein Gehirnleiden. Er begibt sich oft nach dem nahen Badeorte Wranja. Sein Zustand ist kritisch. Der Ministerpräsident Pasttsch ist so unpopulär geworden, daß er sich kaum auf der Straße zu zeigen wagt. DaS im Verkehr befindliche Geld ist russischen Ursprungs, lieber Verluste wird niemals etwas bekannt gegeben; auch haben die Serben noch keinen Bericht davon, daß Belgien von den Deutschen erobert worden ist. Aus wärtige, selbst russische Blätter dürfen nicht in da» Land hinein. Da» über Rumänien eingetroffene russische OffizierS- detachement ist in Nisch sehr wenig beliebt. Die Offiziere erteilen fortwährend ihren serbischen Kameraden Befehle, kritisieren deren bisherige» Verhalten und verfügen über sie. DaS serbische OffizierkorpS erregte sich hierüber so, daß e» von den russischen Offizieren Genugtung forderte, und der russische Gesandte konnte nur schwer die Gemüter be sänftigen. Trotz deS Verbot» kamen indes Duelle zwischen russischen und serbischen Offizieren vor. Allen gegenteiligen Gerüchten gegenüber soll eS war sein, daß sich griechische Truppen in Serbien befinden. Der Unterschied ist nur der, daß diese Leute sich Legionäre nennen, obwohl sie die reguläre griechische Uniform tragen. Der bulgarische und der türkische Gesandte sind, wie eS heißt, in Erwartung der Weisungen zu ihrer Abreise. Der Krieg Mische» Türkei imd de», Dreiverband. Konstantinopel- 2, November. Ein offizielles von der Agenze Ottomane veröffentlichte Communiqnee besagt: Nach amtlichen Nachrichten von der kaukasischen Grenze haben die Russen an mehreren Punkten unsere Grenftrnppen angegriffen; sie wurden aber gezwungen, sich zu'.'üclznzichen, wobei sie zum Teil, dank dem ener gischen Wioersland, der von oen türkischen Truppen ihnen entgegengesetzt wurde, Verluste erlitten. Im Mittelmeer haben englische Kreuzer das Feuer eröffnet nnd ein grie chisches Torpedoboot rum Sinken gebracht, das sich ihnen näherte, da kl- cs für ein türkisches Boot Hielten. Diese