Volltext Seite (XML)
s IS »4S S»««ave«d 17. Oktober 1014 abeiibS der zu ihrer alten DurchbruchStaktik entschließen, tvol- len sic uns vom französischen Boden verdrängen- Aber auch mit diesen Versuchen haben sie nordwestlich Reims am Donnerstag wenig Glück gehabt, und wir erfahren bei Vieser Gelegenheit, daß die Nachrichten von merk lichen Fortschritten der Franzosen in dieser Gegend, wie ja auch nach Lage der Dinge von vornherein anzn- nehmen war, samt und sonders nicht den Tatsachen entsprechen, obwohl sie in amtlicher Gewand»ng auf» traten. In Ostpreußen haben die Russen bereits am Mittwoch, noch einmal versucht, Lyck wieder >;u neh men, sind aber mit blutigen Köpfen und mit dem nun schon zur Regel gewordenen Verlust an Gefangenen und an Artilleriematerial heimgeschickt Worden. Vom KriegSschaupkch in Galizien endlich liegt ein amtlicher Bericht des österreichisch-ungarischen Gc- neralstabS vor, wonach unsere Verbündeten am Dnfestc allmählich Boden gewinnen. Die Kämpfe dort spielen sich in oen nördlichen Ausläufern der Karpathen ab, südwestlich von Lemberg an der Bahnlinie, die von Lem berg nach Ungvar in Ostungarn führt. Zugleich verrät unS dieser Bericht aus Wien die erfreuliche Tatsache, daß die Russen, die in Ungarn eingedrungen waren, nun vollkommen über die Karpathen nach Galizien zurück gedrängt sind, oaß Ungarn akso frei vom Feind» — wenigstens von geschlossenen feindlichen Trnvvenkörvern — kein dürfte. Die Masscnflncht «ach HMaad. Eine Völkerwanderung ist im Nordwesten des euro päischen Festlandes die traurige Folge dieses Krieges. Es ist, als sei ein ganzes Land, ganz Belgien vor dem deutschen Heer auf der Flucht. Mit Lüttich und Namur begann es; als dann Antwerpen berannt wurde, floß der Strom unhemmbar und breit über die holländische Grenze. Volkreiche Städte: Mucheln, Gent, Brügge ver ödeten; nach dem Fall Antwerpens zogen die Sieger in .'ine leere Stadt. Aus allen Dörfern Flanderns, zer störten, beschädigten und unverletzten hasteten die langen Züge der Flüchtlinge, Männer, Frauen, Kinder, Kranke. Um einen Platz in den Eisenbahnwagen tobten Kämpfe, jedes Fahrzeug trug angstzitternde Menschen, auf Kar- ren und Leiterwagen, zu Fuß, die Neugeborenen und die Todkranken mitschleppeno zogen sie ins Elend. Wo nur das Wort „Ulanen!" laut wurde, trieb es die Be törten in kopflose, verzweifelte Flucht. . . Holland nahm sie auf. Hunderttausende? Dies gast freie und gutherzige Volk hat alles getan, was von der Hilfsbereitschaft eines neutralen Staates- erhofft werden konnte, und mehr als dies. Fast über die Kräfte. Nicht nur, daß WilhelminenS Königreich, mitten im Frieden, der ihm zwischen den kämpfenden Großmäch ten beschicden ist, zehntausend'e entwaffneter Soldaten Verpflegen muß: verhältnismäßig mehr, als ein krieg führender Staat — es trägt auch, ohne Murren, dis Last der Sorge für Hunderttausende belgischer Flüchtlinge, hilfloser, verstörter und meist habloser Menschen. Tie Größe der Aufgabe, die Holland Hamit auf sich.nimmt, laßt sich kaum ermessen. Die Ortschaften an seiner Sftinze haben sich an Einwohnerzahl vervielfacht, allen den Ungezählten muß Unterkunft und Nahrung beschafft werden: dies, während daS Land unter der wirtschaft lichen Ungunst der Kriegszeiten ohnehin zu leiden hat. Trotzdem haben sich die Holländer ihrer belgischen Gäste so opferfreudig angenommen, daß viele besitzlose Flücht linge von der Möglichkeit zur Rückkehr gar keinen Ge brauch machen wollen: sie befinden sich in Holland viel besser als in der Heimat. Selbst der aufopferndste Wille hat aber seine Grenze an dem Unausführbaren. Auch England hat Flüchtlings ausgenommen: viel weniger freilich, als das kleine Hol- lanv. Dennoch murrt dies Land, das die eigentliche Blutschuld an dem Schicksal Belgiens trägt, über die ge ringere Last, englische Arbeiter schelten die Steigerung der Arbeitslosigkeit, man will keine Belgier mehr haben. Der Versuch des deutschen Gouvernements aber, Le- ben-mittel für Belgien Ku beschaffen, trifft auf — eng- lisch«» Widerstand. Einfuhr durch Holland ist wider Eng lands Interesse, mögen die Schutzbefohlenen verhungern. WaS trieb sie denn in die Flucht? Daß aus Ort schaften, um die gekämpft wird, aus brennenden und granatenverwüsteten Häusern die Einwohner fliehen, ver steht sich von selbst; nur wenige haben die Kaltblütig keit, der Todesgefahr zu trotzen. Weshalb aber mußten Staate veröde», in deren Straßen kein Stzein von seiner Stelle gerückt wurde? Warum? Weil, englische Blät ter i em Volk erzählt hatten, die Deutsche« seien Mord brenner, Bestien nno Frauenschänder, und weil die bel gischen Zeitungen es ihnen nachschrieben. England" hat Belgien in den Krieg gehetzt. Englische Versprechungen, ließen die kriegsunkundige Bevölkerung glauben, sie könne mit Franktireurbanden dem deutschen Heer wider stehen. England forderte das Land aus, „bis zumAeu- ßerstcn" auszuharren, und verließ es, als dies Aeu- tzerste eintrat. England gab, mit klarem Bewußtsein dessen, was es tat, die Stadt Antwerpen der nutzlosen - Beschießung preis und verhinderte die rechtzeitige Ueber- g,übe. Heut ist Belgien keines Widerstandes mehr fähig. Eigne Torheit und englische Gewissenslosigkeit haben dem Volk eine schreckliche Prüfung äuferlegt. Seine Lei den zu mildern, ist Holland bis a« die Grenze seiner, Kraft bemüht, und die deutsche Verwaltung tut, durch Aufforderung zur Rückkehr und Maßnahmen der Für-, sorge, das Ihrige. Und England? England schreckt die Rückkehrenden mit erlogenen deutschen Untaten. Eng land sperrt ihnen die Lebensmittelzufuhr. England be droht das gastliche Holland. Es hat kein Interesse an Belgien mehr, Die Lage auf de« Kriegsschauplätzen. Von einem unserer militärischen Mitarbeiter wird uns geschrieben: Die Engländer müssen sich nun in das Unvermeid liche schicken: die deutschen Truppen sind an der Nord see eingetroffen, sie haben Ost ende besetzt. Die Angst vor Zeppelinen und Flugzeugen wird jetzt vermutlich noch stärker werden, aber auch wenn man von diesen Beklemmungen absieht, die ja vorläufig wenigstens einen starken Stich ins Groteske an sich haben, so gibt doch die Ausoehnung unserer siegreichen Schlächtfront bis nach Ostende hin den Briten allen Grund znm Nach denken. Tie verbündeten Heere haben denn auch im letz ten Augenblick versucht, unser Vorgehen durch einen Stoß nach Belgien hin zum Stehen zu bringen- Da bei sind sie nach holländischen Berichten bis Vpscn im südlichen Flandern gekommen, dort aber träten ihnen starke deutsche Truppenmäjsc» entgegen, die sie ä'ifhiel- ten und schließlich umzingelten. Man wird erst die deutsche amtliche Bestätigung abwartcn müssen, ehe man mehr über oiese Kämpfe um Bpern sagen kann. Jeden falls aber scheinen durch die Besetzung von Ostende die Umgehungsversuche der Feinde ans unserem rechten Flügel unmöglich gemacht. Sic müssen sich schon wie Die Kämpfe in Belgien. üeLer die Besetzung von Ostende werden von dort noch folgende Einzelheiten gemeldet: Ostend« ist am Donnerstag von den Deutschen besetzt worden. Al» die deutschen Truppen sich Ostende näherten, waren die eng- tische» Truppen schon teilweise nach Süden abgezogen. Die Ueberreste der belgischen Armee — nach einer Mit teilung de» ,v. L." angeblich 30000 Mann — waren nach Südwesten abmarschiert. — Die Zeitung »Niruw van den Dag* meldet au« Brügge von vorgestern: 20000 Deutsche befinden sich in Maldeghe«. Die Sng» länder ziehen sich andauernd zurück. Belgische Soldaten überschreiten fortgesetzt die Grenze. — Nach der .Lime»"- kam e» zu einem heftigen Kampfe im Dreieck Dixmunbe— Upern—Dünkirchen. Der Krt»k»korreipondent oe» »Nieuwe Rotterdamsche Tourrant", der soeben au« dem Norden Frankreich» zurück- gekehrt tfh drahtet von der Grenze folgende»: Die Neber» reste der belgischen Armee au» Antwerpen, die sich in der Umgebung von Ostende zu konzentrieren versucht haben, sind bet ihrem übereilten Abzug zwischen Dizmunden und Rouler» durch französische Marinetruppen und einige Kavallerie unterstützt worden. Die Franzosen warfen dort Befestigungen auf. vorgestern nachmittag 2 Uhr wurden diese Stellungen von bedeutenden deutsche» Krikfte« aller Waffengattungen angegriffen. Da anzunehmen ist, daß die Franzosen -urückgeworsen wurden, so dürften in nächster Zeit Kümpfe in der Gegend von Dünkirchen und Bvulogue stattfinden. Der greße Verbindungsweg von Brügge über Ostende ist in der Gewalt der Deutschen. ! Da» »Verl. Tagebl." berichtet au» dem Großen Haupt quartier, Belgien sei jetzt nur noch ein geographischer Be griff, aber Sugland habe auch dafür gesorgt, daß die bei- gische Regierung noch jetzt staatsrechtlich wirken könne. GS soll der belgischen Regierung die Insel Guernsey für die Dauer de» Kriege» abgetreten Haben- Telegramme, die in Part» «tngelaufen sind, mit der Mitteilung, daß König Albert während der Kämpfe bei Antwerpen leicht verwundet wäre, sind bisher nicht be stätigt worden. Die hiesige belgische Gesandtschaft hat ebenfalls keine Nachricht hierüber erhalten. Der Dienst am belgischen Grenzbahnhofe ESschkN wird von dentscheu Marinesoldateu versehen. Siner der Seeleute waltet am Schalter, ein zweiter ist Kon trolleur, zwei fahren auf der Lokomotive mit, ein anderer ist al« Schaffner tätig. Die Deutschen bewachen sämtliche nach Holland führenden Straßen, so daß der Uebertritt den Belgiern nur auf Wäldern und auf Mooren möglich ist, Die Deutschen besetzten auch bet Heerle da» Kapuziner kloster, dessen Mönche nach Breda entflohen. Der .Nieuwe Rotterd. Courr." meldet aus RoseHdaal vom 16. d. M.: Die deutsche Militärbehörde hat, wie verlautet, von der Stadt Antwerpe» die volle Unter haltung einer starte» Besatzung gefordert. Die Ber- ordnung, daß die Türen der bewohnten Häuser auch nacht» offen bleiben müssen, wurde zurückgezogen, jedoch muß auf den Fluren beständig Licht brennen. Sine Kundgebung ber belgischen Negierung. Die belgische Regierung ließ gestern durch ihre Gesandt schaft in Haag eine Kundgebung au das belgische Bott veröffentlichen, in der cs heißt: Schritt für Schritt ver teidigten die belgischen Soldaten seit 2 >/, Monaten den vater ländischen Boden. Der Feind rechnete darauf, die Ant werpener Armee zu vernichten. Diese Hoffnung wurde ver eitelt durch unseren uncrschüttcrten geordneten Abzug, der uns die Erhaltung unserer Wehrmacht sicherte. Diese operiert an der Südgrenzc unterstützt von unseren Bundesgenossen, wodurch der Sieg unseres Rechts feststeht. (?) Inzwischen nötigen die Umstände dazu, dem belgischen Volk eine neue Prüfung aufzncrlcgcn durch die Ucbcrsiedlung der Regierung nach Frankreich, wo die edle Freundschaft der französischen Regierung die uns beschränkte Ausübung unserer Sonveräm- Zur Kriegslage. «eiche Kriegsbeute in Brügge und Ostende. (Amtlich.) .Großes Hauptquartier, 17. Oktbr., vorm. In Brügge und Ostende wurde reichlich Kriegsmaterial erbeutet, u. a. eine große Anzahl Infanterie-Gewehre mit Munition und 200 gebrauchsfähige Lokomotiven Vom französischen Kriegsschauplätze sind wesentliche Ereig« nifse nicht zu melden. Im Gouvernement Suwalki verhielten sich die Russen am gestrigen Tage ruhig. Die Zahl der bei Schirwindt eingebrachten Gefangenen erhöhte sich auf 4000; ebenso wurden noch einige Geschütze genommen. Die Kämpfe bei und südlich Warschau dauern fort. Wieder ein englischer Kreuzer durch ein deutsches Unterseeboot vernichtet. Nichtamtlich. Berlin. Aus London wird amtlich unterm 16. d. M. gemeldet: Am 15, Oktober nachmittags wurde der englische Kreuzer „Hawke" in der nördlichen Nordsee durch den Torpedoschuß eines Unterseebootes zum Sinken gebracht. Ein Offizier und 49 Mann sind gerettet und in Aberdeen gelandet, etwa 350 Mann werden vermißt. * Zu gleicher Zeit wurde der Kreuzer „Theseus" angegriffen, aber ohne Erfolg. Wie uns von amtlicher Stelle mitgeteilt wird, liegt eine Bestätigung der Nachricht deutscherseits nicht vor. 1. Berlage zum „Riesaer Tageblatt Rotationsdruck und Verlag v«m Langer 4 »«nterNch i« Rksa. — Für dl, Redawo« verantwortlich: Arthur HSHnel «n Riesa. «7. Jahrg.