Volltext Seite (XML)
Beilage zum „Riesaer Tageblatt". Rotationsdruck und Brrlag vo« Langer t Winterlich in Riesa. — Für di« Redaktion verantwortlich: Arthur Hähne! in Riesa. SS». Mittwoch, 14. Oktober ir>14, avenss «7. Jahri^ Die Marine z« Lande. Don Vizeadmiral z. D. Kirchhoff. Durch di.- Meldung des Großen Hauptquartiers über oen Fall von Antwerpen ist aller Welt verkündet wor den, daß sich in Belgien bereits seit vielen Wochen sine Marine-Division befindet. Ank den Mitteilungen verschiedener Kriegsbericht erstatter haben wir alsdann erfahren, daß diese Ma rine-Division nicht nur aus Marine-Infanterie zusam mengesetzt ist, also aus Seebataillonen/ — sondern daß auch Matroien-Artillerie, die im Frieden mit fünf Ab teilungen in den Haupthäfen ihren Standort hat, zu dieser Marine-Division gehört. Ferner sind Kompagnien von Mannschaften der beiden Matrosen-Divisionen da runter, die mit Maschinengewehren ausgerüstet sind, ähn lich wie bei den Landungskorps der Schiffe. Matrosen und Matrosen-Artilleristen unterstehen Seeoffizieren, so daß der seemännische Teil unserer Marine in den Ge fechten vor Antwerpen und bei der Einnahme der Festung stark beteiligt gewesen ist, also: unsere blauen Juugrn waren wacker in Feindesland tätig. Somit sind schon viele Tausende von Mannschaften, die der Marine ang-hören, gleich ihren Brüdern im Heere ini Felde beteiligt ge>ve,en, sowohl im freien Felde wie beim Angriff einer Festung. Sie haben bei einer der größten Operationen Mitwirken können und sich den Angehörigen der Schwesterwafse ebenbürtig zu er weisen vermocht. Für die Kameraden der Flotte, denen es bisher nur vergönnt war, bei kleineren Teiloperationen sich erfolg?..ich zu betätigen, die noch immer des Augen blicks harren müssen, in dem auch sie drankommen, ist dies ein wahres Labsal. Mit besonderer Freude hören unsere Kriegsmannen zur See von den Erfolgen der Kameraden auf dem Lande. Und die Freude ist eine umso größere, weil wir jetzt vernommen haben, daß zu den ans Antwerpen versagten und auch beim Rückzug im freien Felde ge schlagenen Gegnern ebenfalls englische Abteilungen ge hörten, die in gleicher Art aus Marine-Mannschaften zusammengesetzt waren, aus einer Brigade leichter Ma rine-Infanterie (d. i. Seesoldaten) und aus zwei Bri gaden Matrosen mit Maschinengewehren sowie schweren Kalibern an Marine-Artilerie. Ein wahrer Hochgenuß wird es unseren Seesoldaten und braven blauen Jungen gewesen sein, die gleiche feindliche Marinetruppe mit geschlagen und aus ihrem festen Sitz vertrieben zu haben. Den Kameraden der Flotte, dis die Erfolge der Marine-Mannschaften in Bel gien mit Stolz vernommen haben/ möge es eine gute Vorbedeutung für die nicht allzu ferne Zukunft jein, ähnlich dem Omen bei der Vernichtung der drei Panzer kreuzer mit den Namen ruhmreicher englischer Schlach ter,-. Nicht ohne Einfluß wird dieser Vorgang in Eng land sein! Die ganze Marine, zu Wasser und zu Lande, ist her zensfroh, daß sie bei dem ersten Schritt der Abrechnung mit England von Anbeginn an mit solch schön gekrön tem Erfolge hat mitwirken dürfen. Viele eiserne Kreuze legen Beweis ihrer Tatkraft ab, mögen noch manche ondere diesen folgen! Zur Eroliermig Antwerpens. Telegramm unseres Kriegsberichterstatters. Brüssel, den 13. Oktober. Ans Antwerpen znrückgekehrt, kann ich mit teilen, daß im Stadtzentrnm nur wenige Häuser eingeschossen find. Kein öffentliches historisches Gebäude ist beschädigt. Dagegen ist die Borstadt Lierre ein Trümmerhaufen. Hier wnrde auch die Kirche eingeSschert. Unter anderen beschossen die österreichischen Motormörser mit heftiger Wirkung Kontngshoyck und die Forts Kessel, Broechem, Wawre und St. Catherine. Der Generalstabschef Molkte überreichte zahlreichen österreichischen Offizieren und Unteroffizieren des Eiserne Kreuz. Julius Hirsch, Kriegsberichterstatter. Der „B. Z." wird von 'hrenr Brüsseler Vertreter in Antwerpen geschrieben: Das Hafenviertel ist fast gan-unversehrt geblieben, und man sieht auch noch deutsche Dampfer, die unversehrt im Hafen liegen. Es scheint also, daß die Meldung, viels deutsche Schiffe seien in die Luft gesprengt wor den, nicht den Tatjachen entspricht, jedenfalls aber stark übertrieben ist. Es wurden die Maschinen einiger Dam pfer beschädigt, im übrigen aber alle Fahrzeuge, ob groß, ob klein, zur Flucht der Bevölkerung nach Hol land benutzt. Nach einer Meldung der „Weserzeitung" erhielten die deutschen Necoereien eine amtliche Auf forderung des Reichskanzlcramts, Vertreter nach Ant werpen zu senden, um dis ihnen gehörigen Schiffe in Empfang zu nehmen. Die Meldung, daß oer Lloyd- dampfer „Gneisenau" versenkt worden sei, ist falsch. Alls Dampfer schwimmen. — Tie alarmierende Meldung der „Rheinjsch-Westfälischlen Ztg." die also der Wahrheit nicht entspricht, ist vom Wölfischen Büro weitsrgegeben Worden. ist völlig unerklärlich, wie das unter den gegenwärtih-'n Verhältnissen möglich sein konnte. Professor Wegener, der Berichterstatter der „Köln. Ztg", der zwei Tage lang in Antwerpen gewesen ist, telegraphiert: Die FortS sind furchtbar zerschossen, die Stadt fast garnicht. Die Garnison ist geflüchtet, größ tenteils westwärts. Dir verängstigte Bevölkerung taucht allmählich aus den Kellern auf, vollZorn über die Engländer, die die Beschießung erzwangen und dann zuerst entwichen. Ich fand auf dem Arbeitstische des Königs die „Köln. Ztg." vom 2. Oktober, die die Wahr heit über Löwen enthält. — Der Kriegsberichterstatter Hermann Katsch telegraphiert: Bon unserer Fahrt nach Antwerpen soeben hierher znrückgekehrt, kann ich be stätigen, daß die Stadt sehr wenig gelitten hat. Von Kunstwerken ist nichts zerstört. Die Bevölkerung kehkt noch oer albernen Verängstigung durch die von England beeinflußten Zeitungen zurück. Sie ist vertrauensvoll und froh, daß die Stadt gerettet ist und — dis Eng länder verschwunden sind. Tie holländische Regierung setzte sich mit der deut schen Kommandantur in Antwerpen in Verbindung, um die Flüchtlinge bald wieder nach Antwerpen zurückzu- ichicken, denn alle öffentlichen Gebäude, auch die Kir chen in holländischen Städten sind überfüllt. Rotter dam gleicht einer belgischen Stadt- Im Süden lagern noch immer Tausende im Freien, doch kehren auch schon viele zurück. An der holländischen Grenze wurde eine Bekanntmachung des Antwerpener Magistrats ver breitet, daß die deutsche Militärbehörde nicht daran denkt, junge Belgier nach Deutschland zu überführen oder zum Militärdienst zu zwingen. Sämtliche Arbei ter der Lebensmittelbranche, tvie Bäcker, Fleischer usw., sollen sofort zurückkehren. Geschäfte für Nah rungsmittel, deren Besitzer nicht innerhalb fünf Tagen Heimkommen und die Läden wieder öffnen, setzen sich strenger Strafe aus. Unter den internierten Belgiern »ah man wenig Jäger zu Fuß. Hierüber befragt, ant worteten die Internierten: Sie sind meist tot, ge- opfert für England und Frankreich. Dis mei sten sind von Erbitterung erfüllt darüber, daß die in Ausiicht gestellte englisch-französische Hilfe immer aus- blicb. Dis Besatzung der Forts hatte viele Tage ge hungert. Alle bewunderten die deutsche Artillerie. 400 Millionen Krtegsstener für Antwerpen. Wie Londoner Blätter berichten, wurde dem eroberte« Antwerpen eine Kriegssteuer vo» 2V Pfund Sterling (400 Millionen Mark) auferlegt. Das Oberkommando stellte den zurückgebliebenen Bürgern anheim, die Flüchtlinge auf zufordern, im Laufe zweier Lage zurtickzutehren, da im entgegengesetzten Fall ihre Häuser für Einquartierung von Truppen Verwendung finden würden. Die Engländer in der Hölle. Die „Times- meldet: Mannschaften der Marinebrigade, die nach achttägiger Abwesenheit von Antwerpen in Dover ankamen, haben erzählt, sie seien acht Tage lang in der Hölle gewesen. Einmal seien sie zwischen belgisches und deutsches Feuer geraten und hätten den Belgiern telefonieren müßen, das Feuer einzustellen. Obwohl einige Leute erst seit 6 Wochen im Dienst seien, hätten sie in den Schützen gräben unter dem Granatfeuer große Kaltblütigkeit gezeigt. Nach dem Abmarsche von Antwerpen seien sie 40 Meilen bis Brügge marschiert, von wo auS fle mit der Eisenbahn weiterbefvrdert worden seien. Die Anzahl der belgischen Flüchtlinge in England wird auf 40000 geschätzt. Im Laufe der beiden letzten Tage kamen allein 5000 an. Die Kämpfe bei Osteude. Meldungen von der zeeländischeu Grenze bestätigen, -atz der Aufmarsch der Deuische» von Antwerpen nach Westen mit Erfolg vonstatten geht. Die Engländer, Belgier und Franzosen, die bet Melle und Quatrecht süd westlich von Gent durch einen Gegenangriff den Aufmarsch aufzuhalten versuchten, sind völlig geschlagen, fluchtartig durch Gent in der Richtung nach Abern und ZeebrÜgge zurückgegangen. In verschiedenen Dörfern in der Nähe der zeeländtfchen Grenze machten die Belgier verzweifelte Versuche, die Deutschen aufzuhalten, was ihnen große Ver- luste eintrug. Immer weitere Abteilungen werden inter niert, darunter Generale, höhere Offiziere und viele Ver wundete, auch Geschütze. Die Deutschen sind bald nach der Besetzung der Stadt Gent weitergezoge». In Ostende rechnet man bereit« mit der Ankunft der deutschen Truppen. Aus Gent nach Rosendaal gekommene Flüchtlinge erzählen, die belgisch-englischen Truppen seien bet Lokeren nahezu aufgerieben worden, der Rest habe sich »ach Ostende zurückgezogen, wo bereits die deutsche Vorhut an gekommen sei. Nach Rotterdam wird gemeldet, daß die Deutschen auch in der Richtung Ostende vordringen. Vor der Besetzung von Gent durch die Deutschen war Gent, obgleich die Engländer e- zuerst verteidigen wollten, zur offenen Stadt erklärt worden. Fall« e« den Ueberresten der verbündeten Armeen nicht gelingt, Ostende an Bord der Schiffe zu verlassen, laufen sie Gefahr, zwischen den Deutschen in Belgien und den Deutschen in Nordfrankreich in eine Klemme zu geraten. Die belgische Regierung in Bordeaux? „Nieuwe Rotterdamsche Courant" meldet au« Breda: Der Direktor der belgischen Strafkolonie Hoogstraelen er klärte, daß die belgische Regierung nach Bordeaux über- gesiedelt und die Königin der Belgier nach England ab- gefahren sei. (Nach einer Kopenhagener Meldnrz soll die Königin über Ostende in Pari« eingetrossen fein»- Dom westliche» Kriegsschauplatz. Die Fran wie» schreiben di» vorgestern nachmittag er folgt» Ausdehnung der mit besonderem Nachdruck geslihrten deutscheu Offensive dem Eintreffen erheblicher Verstärkungen zu. Doch wild da« französische Publikum damit zu be ruhigen versucht, daß ein großer Teil der deutschen Truppen durch die angeblich noch nicht erfolgt» Besitzergreifung von angeblich 24 Gcheldeuferfort« Antwerpen« (!) sestgehalten werde. In Privatdepeschen wird übrigen« zugestanden, daß die Deutschen sich vorgestern nachmittag in Nordsrankreich überlege» zeigten. „NieuwS van den Dag" und der „Nieuwe Rotter- damsche Courant" schreiben, daß sich die Lage auf dem westlichen KriepSschanplak nach ksm Fall von Antwerpen zu Nugunstcu der Verbündeten verändert habe. Dec „New York Herald" meldet: Am 7. Oktober wurde eine -klitsche Fahne i» der Front britischer Truppe» in einer von den Deutschen aufgegebenen Verschanzung gefun den. An der betreffenden Stelle haben seit dem 15. Sep tember keinerlei Operationen stattgefunden. Die Fahne lag unter einem Haufen deutscher Soldaten. Sie wurde ins Hauptquartier geschickt und dem General French übergeben. Trotz der überaus strengen Maßregeln der französischen Behörden gelang e« der Gazette de Popolo, auf dem Wege Delle—Bavcomt folgende Mitteilung über die in der Ums gegen- Von Belfort augenblicklich gemachten Angestrengungen zur Erweiterung der Befestigungsarbeiten zu erlangen, lieber 22000 Einwohner, da« ist der größte Teil der Zivil bevölkerung Belforts, find bereits seit einiger Zeit au« Belfort in die südlicheren Departements geschafft worden. Mit Ausnahme weniger kleiner Läden zur öffentlichen Ver teilung der notwendigen Lebensmittel find in Beifort alle Läden, Werkstätten und Fabriken geschloffen. Auf den Straßen sieht man nur noch Soldaten. Längs der Ufer der Savoureuse, welche die Stadt von der Zitadelle trennt, wird fieberhaft e.n der Fertigstellung der Zuflnßkanäle ge arbeitet, die zur Wasserzufuhr für die Kanäle der Außen- fortS und auch zur Ueberschwemmung dienen. Sämtliche AußenfortS wurden durch erweiterte Fortifikatioueu verstärkt. Auch ließ der Generalgouverneur Thsoenet die umliegenden Dörfer «ud GutShöfe militärisch besetzen. Die Besatzung Belforts besteht auS ausgesuchten Truppen. DaS ganze sich nordöstlich von Belfort erstreckende Gelände ist eine sumpfige Gegend, die durch Kanäle für Gräben bis zur elsässischen Grenze hin verbunden ist. Die Franzosen sind im Begriff, ganze Wälder niederzulegen, um die Wirkung ihrer Artillerie zu erleichtern und daS Holz für Schützengräben zu benutzen. Diese Arbeiten wurden deshalb gefördert, zumal letzthin beträchtliche Kräfte nach dem Woevre gesandt wurden, wo sie dringend benötigt wurden. Bon Se« NriegsschaupIStze« im Oste«. Der russische Große Generalstab hat am II. Oktober folgendes mitgeteilt: Auf dem linken Wetchsclufcr haben Kämpfe in der Richtung Zwaugorod-Warschau begonnen Auf der übrigen Front sind keine Veränderungen zu melden. — Damit geben die Russen zum ersten Male zu, daß sie auf die Weichselltuie zurück in Verteidigungsstellung ge drängt worden sind. Au« London wird gemeldet, daß die russischen mili tärischen Sachverständigen den Versuch der Deutschen und Oesterreicher, die Weichsel in der Richtung von Ljublin zu Überschreiten, als Flankenoperation zur Vorbereitung eine« Fronlangriffes gegen Warschau betrachte». Falls aber die Deutschen ans Ostpreußen nicht den Vormarsch wieder auf nehmen, halten sie jene» Angriff nicht für wahrscheinlich, lieber die russischen Pläne könne nichts enthüllt werden. Ruski Jnwald glaubt, daß starke österreichische Truppen zur Verstärkung der Deutschen nach Westgalizlen gebracht wurden. — Die „Morningpost" meldet aus Petersburg: Hier werden augenblicklich die Kriegsoperationen in Rußland völlig ge heimgehalten. Die Heere konzentrieren sich zu einer Riesenschlacht, die an Umfang alles Übertreffen wird, was man bisher gekannt hat. SS wird wahrscheinlich noch eine Woche dauern, bi« man Nachrichten von Be deutung erwarten kann. Amtlich wird auS Wien mitgeteilt: Unsere Offensive hat unter vielfachen, sür unsere Truppen durchweg sieg- reichen Kämpfen den San erreicht. Der Entsatz -er Festung Przemysl ist vollzogen. Nördlich und südlich der Festung werden die Reste der feindlichen Einschließungs armee angegriffen. JaroSlau und Lezaisk sind in unserem Besitz. Von Sieniawa geht ein starker Feind zurück. Oestlich Chryrow schreitet unser Angriff gleichfalls fort. In Russisch-Polen wurden alle Versuche starker russischer Streitkräfte, die Weichsel auS und südlich vo» Iwangorod zu überschreiten, abgeschlagen. Der Stellvertreter de« Chef« des GeneralstabeS: von Hoefer, Generalmajor. Prinz Oleg, der Sohn des Großfürsten Konstantin, ist seiner Verwundung erlegen, die er im Kampf erhalten hatte. Eine serbische Stimme über die Unzulänglichkeit RntzlandS. Die „Südslawische Korrespondenz" meldet auS Nisch: Der „Narodni List" veröffentlicht «inen von der Zensur genehmigten Artikel, in welchem ausgeführt wird: „Wenn wir die militärische Lage auf dem HauptkriegSschauplatze ins Auge fassen, so müssen wir zu dem Urteil kommen, daß die russische Offensive gescheitert ist. Rußland hat sich mehr zugemutet, al» e« leisten konnte. Wa» die ver-