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Beilage znm „Ariejuer Tageblatt". RotattouSdruck und «erlag do« Lunger L Winterlich in Riesa. — Für dir Redaitia» verantwortlich; Arthur Hähnel in Riesa. S8S. Freitag, 9. Oktober WIL. aveM. «7. Jahr«^ EMIWM^MWM>^IM«»»»M»-^«W>MWWW>»»EWS»»WW»««E»«>»MM»»>«SS«S«»»«»WWWMWMWiMIM^«»—WWMSMWW«»S»»WSöS»»^WM Die Beschießung Antwerpens hat begonnen. Die Düsseldorfer Lnftschiffhallc durch eitlen feindlichen Flieger beschädigt. Großes Hauptquartier, 8. Oktober, abends 8 Uhr. (Amtlich.) Vom westliche« Kriegsschauplatze find Ereignisse von entscheidender Bedeutung nicht zu melden. Kleine Fortschritte sind bei St. Mihiel und im Argonnenwalde gemacht worden. Vor Antwerpen ist das Fort Breendonck genommen. Ter Angriff auf die innere Fortlinie und damit auch die Beschießung der dahinterliegenden Stadtteile hat begonnen, nachdem der Kommandant der Festung die Erklärung abgegeben hatte, daß er die Verantwortung übernehme. Die Lustschiffhalle in Düsseldorf wurde von einer durch einen feindlichen Flieger geworfenen Bombe ge troffen. Das Dach der Halle wurde durchschlagen und die Hülle eines in der Halle liegenden Luftschiffes zerstört. Im Osten erreichte eine Vom Lomsha anmarschierende russische Kolonne Lyck. Ae »WMe Lige m M ntM«. Von Rittmeister a. D. v. Großmann. Wenn nicht alle Anzeichen täuschen, stehen wir aus dem Hauptkriegsthcater, im Westen, vor einer Entschei dung. Der groß angelegte Vmgehungsversuch der Fran zosen wäre der letzte Trumpf, den die Heeresleitnng ansZuspielen hatte: mißlingt dieser, so wüßten wir nicht, durch welche Mittel eine oen Verbündeten günstige Lösung der Spannung herbeizu führen wäre. Die gegen wärtige Kriegslage zwingt unseren Feinden die Initia tive auf; wollen iie den französischen Boden säubern, so müssen sie uns angreifen. Demgegenüber befinden wir uns in ungleich günstigerer Lage: wir haben Zeit, abzuwarten; mit jedem Tage tveitex können für uns günstige Ereignisse reifen (Antwerpen), werden unsere Stellungen in der Front eher noch unangreifbarer, können wir unsere Ergänzungen an Mannschaft, Muni tion, Vervflegung nur noch sorgsamer regeln. Wir haben also durchaus keine Veranlagung, etwa in der Front anzurennen. Napoleon I. sagte: „Nichts ist schlimmer, als an greifen zu müssen"; die Franzosen müssen hier an greifen, wollen sie zum Endziel kommen. Also im hohen Norden des Landes liegt der Schlüs sel zur Lösung; selbst ein Teilerfolg an der Maas oder in der Front wäre immer nur eine Nebenaktion — niemals die Entscheidung der Millionenschlacht. Die Front der Schlacht verlief bis zum 26. Sep tember in allgemein west-östlicher Richtung, in einer Ausdehnung von 200 Kilometer; an diesem Tage traten die ersten Anzeichen eines geplanten, großen Umfas sungsversuches unseres rechten Flügels in die Erschei nung (Bapaume); dieser wuchs sich immer mehr aus zu einer beabsichtigten Bedrohung von Flanke und Rük- ken und erreichte am 30. September mit unserem Siege bei Albert seinen Höhepunkt: hier betrug die Frontaus dehnung bereits 250 Kilometer, um am 4. Oktober auf 3M Kilometer anzuschwellen (Lille). Mit oieser geplanten Umfassung wurde oie Front linie gebrochen: die Orte Noyon und Roye bezeich nen den Schulterpunkt; von hier verläuft die Linie ziemlich direkt nach Norden. Die Bedeutung dieses Punltes ist ersichtlich — hier könnte die Linie gefährdet sein! Roye und die nördlichen Höhen von Fresnoy haben wir, nach hartem Kampf, fest in der Hand. . Derartige strategische Umgehungsmanöver sind nicht ganz unbedenklich; nur eine bedeutende numerische Ueberlegenheit berechtigt hierzu. Ob diese vorhanden war? Wir bezweifeln es. Tie Truppen hierfür schei nen in der Hauptsache der Front entnommen zu fein (strategische Armeereserve), vielleicht verstärkt durch Tkile der Festungsbesetzung von Paris. Das könnte sich später mal bitter rächen, wenn die Kugel ins Rollen kommt. Gegnerische und neutrale Stimmen fragen Feit einigen Tagen verwundert, woher wir die Kräfte neh men, um dieser Umfassung immer wieder zu begegnen? Nun, diese sind eben vorhanden; sie beschränken sich am äußersten nördlichen Flügel gar nicht mehr auf dis Abwehr, sie greifen zu. Mit dem Ausgang dieser Aktion hier im nörd lichsten Frankreich steht und fällt die Riesenschlacht des Weltkrieges — alles andere, auch die Kämpfe an der Maas, selbst Antwerpen und weiterhin selbst die Be gebenheiten in Polen und Ostpreußen sind Neben- aktionen. Die Entscheidung im Weltkriege III4 fällt in Nord frankreich; wer hier Sieger bleibt, wird auch über kurz oder lang auf den anderen Kriegstheatern domonicren.. So der Schein nicht trügt, neigt sich die Wage des Sieges bereits stark zu gunsten der deutschen Heere;? solches fühlt sich auch bereits aus der Sprache der letzttägigen'Bulletins der Gegner heraus. Vor Antwerpen stehen wir bereits im Bom bardement ,auf die Stadt selbst. Der Angriff ist auf den inneren Fortsgürtel ausgedehnt, nachdem auch doS Fort Brochem in unserem Besitz ist und die Bel- gier und eine englische Brigade auf die innere Linie zurückoeworfen wurden, unter Verlust zahlreichen Artil- leriemoterials; die beabsichtigte Beschießung der Stadt wurde dem Kommandanten ange;agt, hierin liegt ein Akt der Ritterlichkeit; die Antwort ist dahin ausgefallen, daß der Kommandant die Verantwortung übernehmen will. Daß der König bei seinen Truppen aushält, muß ihm den Ruf persönlicher Tapferkeit eintragen; daß die Regierung nach Ostende geflohen ist, erscheint nicht entschuldbar; »ach dem Fall von Antwerpen gibts nichts mehr zu regieren. Die englische Ersatzbrigade (100000 Mann?) kann das Schicksal der Stadt nicht abwenden. Das konnten sich die Engländer eigentlich selbst sagen. ES ist die alte Geschichte: um ihren Verbündeten wirk lich von Nutzen sein zu können, hätten sie gleich zu Beginn des Krieges mit ganz anderen Massen auf dem Kontinent erscheinen müs-'en — das konnten sie aber nicht, uno da ihnen lolches bekannt war, hätten sie nicht erst Hoffnungen in die,er Richtung nähren sollen. In Ostpreußen ist der Angriff der Russen im Gouvernement Suwalki ab gewiss en ; diese knappen Worte besagen viel mehr, als der flüchtige Leser er kennen mag. „Abweisen" heißt, der vorgedrungenc Feind ist zurückgewiesen in einer Form, die ihn heute und morgen nicht dazu befähigt, von neuem vorzustoßen. Taiür sprechen auch die 2700 Gefangenen und 9 Ma schinengewehre. Unsere 'Besetzung des Gouvernements Suwalki bietet uns eben die wertvolle Möglichkeit, den Kamps in Feindesland zu tragen und Ostpreußen vor einer erneuten Invasion der russischen Plünderer und Mordbrenner zu bewahren- (Bei der Niederschrift oieser Ausführungen dürfte die Meloung, daß neuerdings eine russische Kolonne bis Lyck vorgestoßen ist, noch nicht bekannt gewesen sein. D. Red) Unsere Offensive in Südpolen wirkt vielleicht auch hier oben nach. Reuneukampfs Truppen können nicht mehr den Gehalt haben, wie vor dem 15. .September — und damals wurden sie geschlagen. In Südpolen und Galizien geht es vorwärts, gegen die Weichsel. Sandomir mit seinem wichtigen Uebergang ist im Besitz der Oesterreichcr. — In kleinen erfolgreichen Gefechten westlich Iwangorod wurden 4800 Gefangene gemacht; das ist eine ungewöhnlich große Zahl; sie bekundet doch wohl, daß die Widerstandskraft der Russen zu wünschen läßt. In Südpoleu drängt alles zu einer großen Schlacht, die au Bedeutung und Dauer den Kümpfen um Lemberg nicht nachzüstehen braucht. Eine Entscheidung im Westen wird natürlich seine Schatten bis tief nach Polen hineinwerfcn. Wir glauben und hoffen, in einem für uns günstigem Sinne. Bom westliche« Kriegsschauplatz. Eine franchsische Generalstabsnote non gestern kann keinen Bormarsch eines sraujiisischen Detachements in die Gegend von ArraS verzeichnen. Diese Wirkung hatte das resolute Vorgehen der deutschen Reiterei, die nach dem französischen Berichte nördlich Lille für den gestrigen Tag die Fortsetzung des großen Umfang versprechenden Kampfe» erwartete. — I» der weiteren Umgebung von Noyon machen die Franzosen fortgesetzt Anstrengungen, eineu deutschen Durchbruch ihrer Stellungen zu verhindern. — Frankreich macht gegen die deutsche Armee die letzte» An strengungen. Von der italienischen Grenze sind nunmehr alle Truppen zurückgeholt worden, die nicht direkt für die innere Aufrechterhaltung der Ordnung notwendig sind. DI« in Italien ansässigen französischen Reservisten haben den Befehl zur Gestellung erhalten. Französische Blätter berichten, daß die französische Armee Mitte Oktober neue schwere Creuzotgeschütze erhallen wird. Die Kopenhagener „Nattonalltdende" meldet au» Lon don: All« vorlieoenden Nachrichten stimmen darin überein, daß die Rieseuschlacht in Frankreich nun ihren Höhepunkt erreicht hat und noch in dieser Woche die Entscheidung fallen muß. Die Kämpfe auf dem linken Flügel werden mit einer selbst unter diesen blutigen Zusammenstößen bisher unbekannte» Heftigkeit fortgesetzt. Die Deutschen suchen mit einer Hartnäckigkeit, von der man sich keine Bo^st-llung machen kann, sich der Eisenbahnlinie zu be mächtigen. Der Kampf nördlich von der Somme.hat einen derart furchtbaren Charakter, daß er unmöglich lange an halten kann. — Wie über Stockholm gemeldet wird, schreiben die „Time»": In der Schlacht an der AiSne, die setzt 24 Tage dauert, »eigen die Deutschen eine unerschöpf liche Ausdauer und Aktivität. Nach dein Korrespondenten der »Daily Mail" ist es keine Schlacht zwischen Männern. sondern eine Schlacht zwischen Maschinen. Der «amps hat dadurch etwa» Unpersönliche» und Unwirkliche» be kommen, wenn man bedenkt, daß rin einziger Mann durch einen Ruck seine» Finger» imstande ist, 100 starke und nützliche Mitwirker zu vernichten. „Daily Chron'.cle" meldet au» Petersburg, daß an den Kämpfen am Njemen auf russischer Seite Mörser eine» neuen Modell» von den Putilow-Werke» teilgenommen hätten, die ein sehr große» Kaliber besäßen und gleichzeitig sehr beweglich seien. Artillerie-Sachverständige hätten er klärt, daß da» neue Geschütz allem, wa» von deutscher Seite bisher von Geschützen an der Ostgrenze gezeigt wurde, vollkommen gleichwertig sei. Andererseits sollen die Eng länder ein Angebot amerikanischer Mörser erhalten haben. Wie „Daily Telegraph" au» Newyork meldet, würden in dieser Woche drei hervorragende amerikanische Ingenieure in London eintreffen, um dem KriegSmintsterium da» Modell eine» neuen Mörser» anzubieten, der an Leistung»- sähigkelt den deutschen großen Haubitzen gleichkommen soll Die Belagerung von Antwerpen. Gemäß Artikel 26 des Haager Abkommens bete, dir Ge'ctze des Landkrieges ließ General v. Beseler, der Be fehlshaber der Belagerungsarmee von Antlverpen, durch Vermittelung der in Brüssel beglaubigten Vertreter neu traler Staate» vorgestern nachmittag die Behörden Ant werpens von der bevorstehenden Beschießung > verständigen. Die Beschießung der Stadt hat vorletzte Mitternacht begonnen. — „Politiken" meldet aus Ant werpen: Den Blättern zufolge hat die belgische Regie rung erwogen, der Stadt das Bombardement zu er sparen Die weiße Flagge sollte gehißt werden, ,obald die zweite Festungslinie gefallen sei. Aber die Bevölkerung scheint die Verteidigung der Stadt bis zum letzten Hause zu verlangen. Es fallen jetzt ziem lich viel Bomben von deutschen Flugzeugen auf die Stadt. Die telegraphische Verbindung und ebenso der Zugverkehr Amsterdams mit Antwerpen sind seit gestern früh unterbrochen. Der Telegraphenverkehr ist von Am sterdam nur noch mit Ostende und Gent möglich, und zwar über London. Hunderte von Antwerpenern sind in Rotterdam und Amsterdam angetdmmen. Der „Köln. Ztg." wird von der holländischen Grenz; aus Nojenoaal gemeldet: Die Beschießung Antwerpens dauerte die ganze vorletzte Nacht durch. Das Feuer war so heftig, daß in Nosendaal oie Häuser zitterten. Tau sende von Flüchtlingen sind angekommen oder werden noch erwartet. Während der ganzen Nacht konnte man dort die Fcuersglut wahrnehmen. Die Petroleum- behält er ocs Hafens scheinen in Brand zu stehen. Der Südbahnhof brennt ebenfalls. Auch der Hauptbahn hof hat ernstlich gelitten. Die Regierung hat besohlen, alle Eisenbahnzüge für die Beförderung von Verwun deten und Flüchtlingen bereit 'zu halten. Das heftige Schießen hat in Antwerpen eine starke Panik her- vorgcrnfen, besonders unter den niederen Klassen der Bevölkerung. Die Bahnhöfe wurden gestürmt. Die Züge nach Holland find mit Flüchtlingen überfüllt. Rosen daal gleicht einem großen Flüchtlingslager. Den gan zen Tag über kamen Züge aus Antwerpen an. Bis nach Mitternacht waren ichätzungsweise 18000 Belgier nament lich Frauen und Kinder eingetroffen, die in Kirchen^ Lichtbildtheatcrn, Eissnbahnschnppen und Privathäusern unteraebracht wurden. Die Versorgung der zu Tau fenden und aber Tausenden eintreffenden belgischen Flüchtlinge wird ein für Holland schwieriges Problem. Das diplomatische Korps hat Antwerpen verlassen und sich auf einem Regierungsdampfer nach Ostende be geben. Die Bürgergarde wurde entwaffnet. Die Deut schen haben den Uebergang über die Nethe erzwungen. Lierre und Kontich wurden in Brand geschossen. Die Dcutichen dringen durch die Lücke zwischen Kontich und Lieuxdieu vor und beschießen die innere Fortlinie. Wie der „Nieuwe Kiotterdamsche Courrant" meldet, soll der König der Belgier nach einer bisher un bestätigten Mitteilung leichtverwundet worden sein. Wie ans Rosendaal gemeldet wird, soll sich das bel gische Königspaar auf der Flucht befinden. Mitten in dein Gedränge ici in Antwerpen der könig liche Kraftwagen mit König und Königin erschienen. Das Königspaar fuhr über die militärische .Schiffs-