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Beilage znm „Riesaer Tageblatt". -totati»»«dn«r und Verlag von Langer L Winterlich in Ai«sa. — Kür dl« Redaktion vmuüaartltch: Arthur HIHuel in Ates«. SS». . Freitag, 2. Oktober 1U14, abends. «7 Jahr«. Ein nener Sieg bei Noyon. Großes Hauptquartier, 1. Oktober, abends 10 Uhr. (Amtlich.) Am 30. September wurden die Höhen von Rohe und Fresnoy nordwestlich von Noyon den Franzosen entrissen. Südöstlich von St. Mihiel wurden am 1. Oktober Angriffe von Loul her zurückgewirsen. Tie Franzosen hatten dabei s-bwere Verluste. Der Angriff auf Antwerpen schreitet erfolgreich fort. Auf dem östliche« Kriegsschauplätze keine Veränderungen. Berlin. Z« der neuesten vorstehenden Mtt- telltmg des «rotze« «eneralstabes sagt der „Lokalau- zeiger": Die Nachricht von dem westliche« Kriegsschau platz ist aatzerordeutlich erfrischend. Wir ahnte« wohl, datz die französische vsfenside im Zusammenbreche« be griffe« sei, aber datz unsere Truppe« nach fiebzeh«- tSgigem «nuuterbrocheue« Kampfe imstande sei« würde«, ihrerseits die Offensive z« übernehmen, das ist ein autzerordentlicher Beweis für die Brauchbarkeit unserer Soldaten und für den priichtigen Kampfesmut, der sie erfüllt. Der Feind ist beträchtlich zurückgedrängt worden and, was das bei einem ermatteten Feind bedeutet, das liegt auf der Hand. In Genf eingetroffenen Pariser Drahtmeldungen wird anerkannt, daß der rechte deutsche Flügel auch am Mittwoch wieder ungeschwächte Stoßkraft zeigte und nordöstlich von Compiegne sehr kräftig und ziel bewußt vorging. Die Fran;o;en liefen Gefahr, einen wichtigen Punkt zu verlieren, doch erhielten sie recht zeitig Verstärkung. Die Deut'chen erneuerten am Don nerstag ihre Bemühungen nach allen Richtungen. Auch i« der Umgegend von St. Mihiel wird der Kampf fort gesetzt. Eine Depesche der „Times" aus Nancy vom 24. Sep tember besagt: Die Deutschen rücken wieder vor. Sie besetzten Domevre, Blamont, Cirey, Badonvillers, Lhiancourt und Nomeny. Der Ort Nomeny ist dein Erd boden gleichgemacht. Die Deutschen rücken durch das Bezouze-Tal vor. Ter deutschfeindliche „Secolo" schildert die An lagen der deutschen Laufgräben als bewun derungswürdig. Diejenigen, die nur davon ge hört haben, können sich keinen Begriff machen. Man muß die auSgehöhlten Laufgräben an der AiZne mit eigenen Augen gesehen haben, die noch tiefer und ver zweigter als an der Marne sind. Sie sind hauptsäch lich in drei Teile gereilt. Der erste ist nur für die nächtlichen Vorposten bestimmt; 200 Meter entfernt liegen die Hauptlausgräben, die teilweise bedeckt sind, sei es, um das leichte Eindringen zu verhüten oder um das Auskundschaften durch Flugzeuge zu verhüten. Hinter dieser zweiten Linie befinden sich nicht mehr Laufgrä ben, sondern direkte große und lange Höhlen, wo Le bensmittel, .Munition, Küchen und auch die Schlafstel len untergebracht sind. In diesen Höhlen sind Feld kanonen untergebracht, während die großen Belage rungskanonen hinter der dritten Linie auf ihrer Zement plattform stehen; kurzum, es ist eine ganze beinahe unterirdische Stadt mit Kreuz- und Quergängen, die sich auf 10 Kilometer im Tale der Aisne brs nach Argonne erstrecken und wo sich eine Bevölkerung von tausend und abertausend Männern so gut verstecken kann, daß man auf 100 Meter Entfernung ihre Gegen wart nicht ermittelt. Die „B. Z. am Mittag" meldet aus London: Der Be« richterstottcr der „Daily Mail" meldet aus Paris über eine Unterredung mit einem Zuavenunterosfizier. Die ser erzählte, am 20. September sei eine Brigade von 8000 Zuavenin deutsches Maschinengewehr- feuer geraten und bis aus 1000 Leichtver- wundeteaufgerieben worden. — Tie Franzosen erleben an ihren afrikanischen Truppen, in denen manche schon etwas voreilig die Rettung Frankreichs sahen, wenig Freude. Nicht allein, daß die Söhne der Sahara schon jetzt unter der herbstlichen Kühle heftig zu leiden haben und oen Winter kaum überdauern werden, auch ihre Taktik, ihr stürmisches Drauflosgehen, hat vollkommen versagt. Nun sind zwar die Znaven mit ganz wenig Ausnahmen Freiwillige aus Frankreich, aber »vie in oer Uniformierung — oder besser Kostü mierung — so haben sie auch in der.Kampfesweise Sitten der Nordafrikaner nachgeahmt. Schon 1870/71 brachen ihre kecken, wagehalsigen Stürme sich an der eisernen Ruhe unserer Truppen, welche die Anstürmen- den mit ihrem wohlgezielten Feuer vielfach geradezu vernichteten. Heute ist es nicht besser geworden. Haben sich die Franzosen auch vielleicht etwas Mühe gegeben, den Zuaven und Turkos europäische Taktik beizubringen, die Grundregel bleibt immer das wilde Drauflosstürmen, und das hat in diesem Kriege noch einen weit gefähr licheren Gegner gefunden, als es unsere Zündnadelge- wehre vor 44 Jahren waren, nämlich das Maschinen gewehr. Und was die Winterkälte, geschweige denn Kul- turbedenken nicht vermögen, das wird vielleicht doch noch das Maschinengewehr vermögen, nämlich Frank reich den Wahn auszutreiben, als ob es mit seinen guaven, TurkoS und Senegalesen die fehlende Volks kraft im eigenen Lande ersetzen könne. Die französischen Blätter berichten über ein Wage- stück eines Dutzend deutscher Pioniere, die in zwei Automobilen hinter die feindlichen Linien zu kommen und im Departement Eure eine Reihe von Brüs ken und Eilenbahnübergängen zu sprengen vermochten. Allerdings wurden die tapferen Pioniere von über legenen Streitkräften angegriffen und gefangen genom- men. Nur vieren gelang es, zu entfliehen. Dis Auf regung ini Departement Cure und Seine-Jnferisure über die kecke Tat der Deutschen ist jedoch stark. Der Pariser „Malin" hat dieser Tage gemeldet, daß die Franzosen in der Schlacht an der Marne österreichische Geschütze erobert hätten, nach einer anderen Meldung eines englischen Blattes sollte ein 42-om-Mörser tn die Hände der Feinde gefallen sein. Beide Nachrichten sind voll ständig unzutreffend. Die „Daily Mail" berichtet, in Berlin sei die Meldung, daß die Kathedrale von Reims zerstört sei, mit großem Enthusiasmus ausgenommen. Diese Meldung steht auf derselben Höhe, wie die eine« russischen Blattes, daß in Berlin eine Hungerrevolte auSgebrochen sei. Völlig falsch ist auch die Nachricht, daß 64 Eisen- bahnzüge in dem von den deutschen Truppen besetzten Gebiet tn französische Hände gefallen sei. ES befindet sich nicht ein einziger Eisenbahnwagen, geschweige denn ganze Züge in Feindes Hand. Die Stimmung bei unseren Truppen in Frankreich ist znoeisichtlich, sie schlagen sich trotz der langen Dauer der Schlacht vortrefflich und auch der Gesundheitszustand läßt nichts zu wünschen übrig. Neber die Erstürmung des Forts Camp des Romains gibt der Kriegsberichterstatter des Berl. Tgbl. Binder eine lebendig« Schilderung, an deren Schluß er über den Be such des Kaisers beim Prinzen OSkar etwa folgendermaßen schreibt: In der zweiten Stage deS Hüte!« Europäischer Hof hatte Prinz Oskar ein Zimmer bezogen. Seine König«, grenadiere hatten am 24. September irr der Gegend von Verdun wie die Löwen gekämpft. ES kam mit den Lureo« zu einem mörderischen Kampfe. Der Prinz führte sein Regiment durch Kampf zum Sieg. Nach dem Kampfe brach der Prinz an einer akuten Herzschwäche zusammen. Die tagrlangen Anstrengungen des Gefechte» lähmten seine Kraft für kurze Zett. Nm 28. mittag» kam die Ge- mahlin des Prinzen OSkar tn Metz an. Nachmittags gegen 3 Uhr kam der Kaiser, um seinen Sohn zu besuchen. Der Generalarzt gab ihm gute Auskunft und erfreut darüber klopfte ihn der Kaiser auf die Schulter. In der Tür des Zimmers erschien die Gräfin Rupptn, der der Kaiser ritter lich die Hand küßte. Recht» neben der Tür stand das Bett deS Prinzen. Der Kaiser ging in da» Zimmer hinein, in der Tür die Arme schon auSbreitend mit den Worten: Junge, Junge da bist Du ja. Ueber eine Stunde weilte der Oberste Kriegsherr bei dem jungen Oberst. Wieder et» deutsches Flugzeug über Calais. Wie der „Daily Telegraph" meldet, wurde ein deutsches Flugzeug in großer Höhe über Calais gesichtet. Der Flieger warf drei Bomben, von denen eine auf das Fort Nieulay fiel. Der Schaden svll nicht groß sein: Antwerpen Während die große Fcldschlacht an der Oise und Marne noch unentschieden ist, liegen aus Belgien neue bedeutung«. volle Nachrichten vor. Unsere Truppen find tn Mecheln eingerückt, das zwar eine offene Stadt ist, aber bereits im Bereiche des Festungsgürtels von Antwerpen liegt, und von der deutschen BelagerungSartillerie ist das Feuer auf die Forts von Antwerpen eröffnet worden. Bei dem Kampfe um Mecheln lieferte die deutsche Heeresleitung wieder den Beweis einer humanen, den Forderungen der Zivilisation und Kultur in weitgehendstem Maße Rechnung tragenden KrtegSführung, indem die schwere Artillerie den ausdrücklichen Befehl erhielt, nicht auf die Stadt zu schießen, damit die Kathedrale geschont werde. Da« gerade Gegenteil aber geschah vonseiten der Belgier selbst, die au« dem nördlich von Mecheln gelegenen Fort Waelhem schwere Granaten nach Mecheln hineinwarfen. Die hohe strategische und kommerzielle Bedeutung von Antwerpen läßt den Besitz diese« Ortes al» überau« wert- voll und begehrenswert erscheinen. Antwerpen ist da» Herz von Belgien. Wer auf der LieblingSpromenade der Ant- werpener, der sogenannten Promenoir Sud, einherwandelt, steht zu seinen Füßen Ozeandampfer an Ozeandampfer liegen: Mast reiht sich an Mast, und ein schier unübersehbare» Gewühl von Dampfer» und Seglern nebst flink und ge- schickt sich durchschlängelnden kleinen Ruderbooten fesselt den Blick. Antwerpen hat sich nächst London und Hamburg in der Neuzeit zu dem größten Hafen der Nordsee ent- wickelt. Bi« mitten in die Stadt macht sich der Atem de» Meere» fühlbar, da Ebbe und Flut bi» hierher dringen und selbst die größten Ozeanriesen noch genügendes Fahr- wasser besitzen, um bi« in die südlichen Vororte Ant werpen« gelangen zu können. Die Schelde, deren Kai mauern KV, Kilometer lang sind, gleicht bet Antwerpen mehr einem Meerbusen al« einem Flusse, und die acht großen Hafenbasstn», dc cn'Kaimaue-n sich über 10V, Kilo meter erstrecken, bedecken r'ne Strecke von 64 Hektar. Rege pulsierende» Leben beherrscht die Stadt, und ein weltum spannender Handel sowie da« machtvoll« Getriebe industrieller Arbeit drücken ihr den Stempel auf. Da» Bildwerk deS Lastträger» von Meunler, da» an der Schelde steht, darf mit Recht al» das Wahrzeichen Antwerpen« angesehen werden. Daß eine solche Stadt geeignet ist, Begehrlichkeit zu wecken und somit Gefahren für ihren Besitzer herauf zubeschwören, erscheint verständlich. Schon seit lange Hal sich daher Antwerpen in einen starken Festungsgürtel ein geschlossen. Die modern« Entwicklung, di« sür die Stadl genügenden Bewegungsraum sowie Licht und Lust in aus reichendem Maße forderte, hat aber auch hier wie bet zahl reichen anderen europäischen Festungen zum Schleifen der alten inneren Wälle geführt. Statt dessen umzieht nun ein neuer großer Wall im Umfang« von 18 Kilometern die Stadt. Die starken Befestigungswerke Antwerpen» stellen ein BelagerungLheer vor die denkbar schwerste Aufgabe. Für unsere 42.om>Mörser aber uuL unser heldenmütiges Heer ist keine Aufgabe unlösbar. Der Grundstock der Be völkerung Antwerpens ist flämisch, und germanischer VolkS- kraft dankt Antwerpen seine heutige Blüte. Aber leider hat sich auch hier wie fast überall in Belgien neben einem durch den Seehandel und daS Großstadtleben bedingten internationalen Zug über da» alte germanische BolkStum als verhüllende Deck« da» Französische geschoben, und wie wenig deutschfreundlich di« gegenwärtige Bevölkerung Ant werpen» empfindet, da» haben die von ihr gegen harmlose Deutsch« bet Beginn de» Kriege» verübten greulichen Exzesse zur Genüge bewiesen. Run naht da» Strafgericht uud zugleich die Ent scheidungsstunde Antwerpens. Mit Antwerpen aber ent scheidet sich da» Geschick Belgien«. Die Belgier werde» cS bitter zu bereuen haben, daß sie in unseliger Verblendung die mehrmal» dargebotene Hand Deutschlands so brüsk von sich wiesen. Oftmals kann man jetzt bei uns aus schlichtem BolkSmunde die Aeußerung hören: „Es müßte ja lein Gott im Himmel sein, wenn er nicht unserer gerechten Sache seinen Beistand leihen wollte." So ist es in der Lat. Gott der Gerechte wacht, und er wird dasür Morgen, daß den Belgiern ihr frevelhafte» Tun heimgezahlt wird. Fortschritte -er Belagerung von Antwerpen. AuS Antwerpen wird gemeldet, beim Fort Waelhem sprengten die Deutschen das Pulvermagazin. Sie sollen die dortigen Trinkwasserwerke zerstört und die Plätze Lier und Herenthal besetzt haben. Aus Ostende wird gemeldet, daß Bergen brennt (ge- meint ist LerchtM, südlich von Antwerpen). Der Rotterdamer MaaSbode behauptet, e» seien auf dem Turm der Frauenkirche zu Antwerpen Maschinen« gewehrt und ein Fuutevlnrm aufgestellt. DL ^ijd", widerspricht dem auf» Bestimmteste. At ÄW in »Mitin ÄW» u Win. Bon unserem Kriegsberichterstatter. OesterreichischerKriegSpressequarttcr^ 30. Schrtember nachmittag». Meine Voraussage, daß nach der von den österreichischen Armeen freiwillig abgebrochenen Schlacht bei Lemberg die Russen sich lange Zeit lassen würden, ehe sie sich zu neuer Offensive entschließen, ist eingetroffen. Sie selbst waren so sehr erschöpft, daß sie nicht in der Lage waren, die von ihnen mit so viel Applomb gemeldeten Siege auch nur im kleinsten Maße auSzunützen. Das österreichisch-un garische Heer ging mit ungebrochener Schlag kraft zurück und wurde von den Russen kaum verfolgt. DaS inzwischen «ingetretene schlechteWetter erschwerte diesen auch daS Vorrücken ungemein, da die Flüsse Galizien alle angeschwollen und kaum passierbar waren. Außerdem waren von un» zahlreiche größere und kleinere flüchtige Feldbefestigungen angelegt warben, di« nicht darauf berechnet waren, dauernden Widerstand zu leisten, sondern vor allem, den Feind zur Entfaltung größerer Kräfte zu zwingen und dadurch zu zeitraubendem Aufent halt zu veranlassen. Diese Aufgabe wurde glänzend er füllt. Inzwischen bezog die österreichtsch-ungarische Armee ein« neue Stellung, sür deren Wahl dret Rücksichten maßgebend waren: Ersten«: Zeitgewinn, zweite-»: Da» Zu sammenwirken mit den verbündeten deutschen Trnppen, so wie dritten»: eine Verkürzung der Front im Ver hältnis der Kräfte. Auch wurde durch die neue Aufstellung der Nachschub von Verstärkungen bedeutend erleichtert. Da-