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Beilage zum „Niesaer Tageblatt". BlotatlouSdruck »nd Verlag ym> Langer t Winterlich lnAiesa. — Für di« Nrdaktlo« verantwortlich: Arthur HL-nel in Riesa. 828. Freitag, SS September t»14, a»e«»S. " «7. Aabrg. Die Entscheidungsschlacht im Westen. Groß«» Hauptquartier. 24. Septbr., abend«. Mmtlich.) «,f tze« Westliche« Kriegsschauplätze find he»te t» sll-e»et»e« keine Wesentliche« Grelguiffe etnüetrelen. Einzelne Tetl»«»fe waren de« dentsche« «affe, ,«»sti-. An« Belgien and von, Sftltche« Krie»»fch««platz ist nicht- neneS z« melde«, a * »Petit Parifien" bringt «inen Artikel de« Oberst« leutnaut« Rouffet, in dem dieser unter Hinweil auf die oorzitglichen Befestigungsarbeiten der Deutschen einen nur langsamen Fortschritt der Schlacht vorauSfagt. Die nächt lichen Angriffe der Deutschen seien trotz der Ermüdung der Deutschen unstreitig geschickt. Ein« amtliche französische Meldung besagt: Die Lage ist unverändert. — Eine beigefügt« Not« rrklärt, daß di« Schlacht auf einem groben Teile der Front den Charakter «ine- Festung«kriege« annehme, wa» die Langsamkeit de» Larrücken« begreiflich mach». Der Entscheidnngskampf. Von Rittmeister a. D. Großmann. Langsam reift die Frucht — aber sie reist! Wir alle haben wohl diese« Gefühl; an Stelle einer gewissen Un ruhe ist ausgesprochene? Vertrauen getreten; man sieht, man fühlt dies auf Schritt und Tritt, auf der Straße, in den Lokalen: man schlägt sich nicht mehr um Extra blätter — man fühlt: die Frucht reift! Neben den knappen präzisen offiziösen Mittei lungen ist es wohl auch ein Verdienst der deutschen Presse, ein gut Teil zu dieser besonnenen hoffnungs frohen Stimmung deS großen Publikums beigetragcn zu haben. Unser West he er stand mit seiner nördlichen Hälfte vor etwa acht Tagen vor wichtigen Fragen, deren überaus geschickter Behandlung unsere heutige g ü u - stigeLage zu verdanken ist. Bei dem ungestümen Vor- wärtsdringen unseres rechten Flügels waren die Vor huten bereits bis südlich der Marne angelangt, als Anzeichen die Gewißheit brachten, daß die feindlichen Kräfte zwischen dem Morin (Zufluß der Marne) und Paris doppelt so stark seien, wie die Deutschen. Es wäre rin Mißgriff gewesen, hätte man die Entscheidung hier vorn angesichts eines überlegenen, massiert stehenden Feindes vornehmen wollen, man entschloß sich darum sogleich, die weit vorgestreckten'Armeen des rechten Flügels (Kluck und Bülow) zurückzunehmen und den Aufmarsch von fünf Armeen hinter die Aisne zu ver- legen, in die oft genannte Linie No Yon —Reims- Verdun. Eine sachgemäß einsetzende Belehrung der Preise konnte Vorbeugen, daß diese freiwillige Rück- wärtsbewegung unseres Westheeres eine falsche Bewer tung erfahre, und es trat auch sehr bald bei dem ver ständigen Publikum die erwartete völlige Beruhigung über diese strategische Notwendigkeit ein, die unserer militärischen Lage zum Segen wurde. Daß die uns feindlich gesinnte Presse dieses Terrain gewinnen ihrer Armeen aufbauschte und zu großen Masienerfolgen stempelte, wollen wir ihr gar nicht ein mal verargen: in jenen Tagen erfolgte für die Verbün deten tatsächlich der erste Schritt vorwärts nach wochen langem Zurückweichen unter harten Schlägen; die Freude ist also begreiflich. Jetzt, nachdem die zweite Phase des großen Ringens eingesetzt hat mit dem Stellnngskantpfe, scheint bei unseren Gegnern die Notwendigkeit größerer Wahrheitsliebe Platz gegriffen zu haben, abgesehen von der Kontroverse, welche sich an die Beschädigung der Reimser Kathedrale knüpft. In dem großen Entsch-eidungskampfe selbst treten seit einer Reihe von Tagen deutliche Anzeichen hervor, daß .das Gefecht nicht mehr steht", sondern „fort schreitet" in einem für uns günstigen Sinne. Im Poiitions krieg — und ein solcher liegt nunmehr hier vor — gewinnt man nur schrittweise Tercanm.ähn lich wie im Festungskrieg. Aus der Abwehr wurde der Angriff, und dieser brachte uns Teilsiege, worüber auch London und Paris schon Andeutungen machten. Somit gewinnen wir langsam und stetig an Gelände; weit wichtiger aber ist es, daß mit jedem Tag bei unserer Führung sich das Gefühl der lieber leg enyeit durchdringt, wenn vielleicht auch nicht an Zahl, wäh« rend beim Feinde eher die Ueberzeugung Platz gegrif fen haben mag, daß die Kraft, vielleicht auch die m o r a- lisch«, nicht ausreicht, den Sieg an seine Fahnen hef ten zu können. Und das ist das Schlimmste im Posi tionskampf; es läßt bei aller Bravour der Truppe ein Gefühl der Aussichtslosigkeit auf.ommen, das den Keim zum endlichen Mißerfolg meist schon in sich zu schlie ßen pflegt. Ein Kampf, wie dieser hier, der zum größten Teil von der Artillerie geführt wird, ist eine gewaltige Rer- cenprobe — wer die meisten Treffer am schweren Ge schütz und die befiel Nerven hat, der wird siegen! Beide Vorbedingungen erfüllen sich auf unserer Seite. Die östlich in südlicher Richtung gegen Tool hin streichende Cote Lorraine ist ein natürlich.'s Boll werk, ein Hochplateau, das nach Osten, gegen Metz zu, plötzlich steil abfällt; ich kenne diese formidable Posi- tivn. die drei Forts trägt. CS ist eine Ruhme-tat der fünften Armee, daß es ihr gelang, mit Teilen Hier her- aufzukommen und das ganze achte Korps zu schlagen, d. h. also in den Fortgürtel hineinzuwerfey. Wie richtig aber war es von unserer Heeresleitung, mit der Mässe oben durch Belgien und Luxemburg herumzugreisen! Wir erfahren es heute, wie schwer eine Forzierung der starken Festungsfront der Maas von Osten her ist; zudem wäre unser rechter Flügel dauernd bedroht geblieben durch feindliche Vorstöße von Norden her. Die schnelle Besetzung Belgiens war eine eherne Notwendigkeit. Unverkennbar ist auf unserer Seite ein Bestrehen, das eine sorgsame Vorbereitung durch Artillerie oüen- anstellt; daS hört man aus allen ausländischen Mel dungen heraus. So meldet die „Daily News", daß das Artilleriefeuer der deutschen schweren 3O-gentimeter- Batterien unseres äußersten rechten Flügels kgum er träglich war und daß die deutschen Artilleristen die Schußweiten sehr genau bestimmen. - „Es wiro kommen der Tag" Er steht nahe bevor. * . * Von einem militärischen Mitarbeiter wird unS ferner zu l en deutschen Fortschritten an der Maas geschrieben: Die Völkerschlacht an Oise, Marne und Maas dauert an. Zwar trat vorgestern auf dem Raume zwischen Oise und Argonnenwald eine Kampfpause ein, aber eine solche Panse erklärt sich unschwer aus der Natur dieses Stellungskrieges, der ein langsames, methodisches Vor gehen erfordert. Daß die Franzosen — und mit ihnen wohl auch die Engländer — noch einmal versucht haben, unseren rechten Flügel westlich der Oise zu umgehen, beweist nur, mit welcher Zähigkeit sie an ihrem ur- Ivrünglichen Plane festhalten, uns von rechts her zu Überflügeln. Dieser Plan ist ihnen auch am Mittwoch seh'geschlagen und der Kampf steht jetzt auf unserem rechten Flügel. . Und schon dieses Stehen bringt den Franzosen Nachteile. - Denn inzwischen gehen wir im Osten des gewal- Ligen Kampsseldes vorwärts. Zwischen Argonnen und Mias, aber auch jenseits der Maas waren unsere Vor stöße erfolgreich, Gegenstöße der Franzosen vermochten sie nicht aufzuhalten. Wie hartnäckig sich auch hier die Feinde ihrer Haut wehren, das bezeugen oie Ausfälle aus Toul unv Verdun, die Angriffe über die.Maas. Sie alle würden unter sch'.veren Verlusten, auch an Gefan genen und Kriegsmaterial zurückgewiesen. Ihr Zweck war, die Sperrforts zwischen Toul und Verdun zu ret ten, die jetzt von den Unfern nnr'aller .Macht ange griffen und beschossen werden. Schon beginnt diese Be schießung gerade bei den stärksten Sperrforts, wie Troyon, wirksam zu werden. Zugleich aber mit dem Angriff auf die Sperr forts gehen unsere Truppen auch in Französisch- Lothringen vor. Nach Meldungen, die über Genf zu uns kommen, ist man in der alten wie in der neuen Hauptstadt Frank reichs äußerst gespannt auf den Ausgang oes erbitter- - ten Kampfes um die Mäashöhcn, weil davon wichtige Entschließungen der französischen Heeresleitungen für die Gesamtheit der Bewegungen zwischen Oise und Marne abhängen. Diese etwas geheimnisvollen Andeutungen- besagen nichts anderes, als . daß nach einem Verluste der Maashöhen die Franzosen ihre Hoffnungen auf eine erfolgreiche Offensive begraben müssen. Unsere Truppen sind auf dem besten Wege, ihnen diese Ent täuschung zu bereiten. Wohl müssen wir uns noch ein wenig in Geduld fassen, ehe wir dies Ziel erreicht haken. Aber daß wir es erreichen werden, dafür gibt uns die Meldung des Großen Hauptquartiers neue Zu versicht. Die Lat »es v L. Die Lon-ouer Time- schlägt au- Anlaß de- Unter ganges der drei britische« Kreuzer vor, die deutsche iküste mit einem Minevgürtel zu ««geben, nm den Feind einznschlietzen. „Daily Mail" meldet noch folgende Einzelheiten: Der Kreuzer „Abukir" wurde im Kohlenraume von dem Torpedo getroffen, „Cresiy" wurde durch den ersten Torpcdoschuß nicht ernstlich beschädigt, obwohl die Ex- olosion heftig war. Während die Rettungsboote ausge- etzt wurden, stand die Mannschaft bei den Geschützen und gab einen Schuß auf das Periskop des Untersee bootes ab, das sich wenige Sekunden zeigte. Nachdem ne „Cressy" durch einen zweiten Schuß tödlich getrof- en worden war, warf die Mannschaft Stühle und Tische ibcr Bord, um sich daran festzuhalten. Die Besatzung der drei Kreuzer zählte insgesamt 2731 Mann. Im Ganzen sind etwa 1800 Mann ertrunken. Unter >en Erretteten befindet .'ich der Kapitän Nicholson des Schiffes „Hogue", der aber, als er an Bord der „Flora" kam und sich vorstellte, keinerlei Erkcnnungszeick»en trug, da ec in Unterhosen war. Da fast alle Geretteten nackt waren vno cs an Ziviltleidern mangelte, wurden viele von ihnen in holländische Uniformen gesteckt. Nachdem das RettungSwcrk auf See beendet war, erschien her eug- lische Torpedojäger „Lucifer" und erklärte sich durch Signalmeldung bereit, die Geretteten vom >,Titan" zu übernehmen, jedoch weigerten sich 25 von den Geret teten, auf daS englische Schis* zurückzukehren. Der Vorgang spielte sich 20 englische Meilen südwest lich von der Mündung dös Rotterdam-Kanal ab, wo übrigens der „Hogue" schon seit einigen Tagen statt o- nicwt war und das holländische Schiff „Hector" bet der Einfahrt anhielt. Die vernichteten drei Kreuzer dienten al>v zur Kontrolle des Hafens von Rotterdam, den oie englische Flotte ungemein belästigte. Ter Wert der drei vernichteten englischen Kreuzer wird iu der letzten englischen Flottenstasistik mit 80 Millionen Mark eingeschätzt. Die kühne Tat des „U 9" hat in England und noch mehr vielleicht im neutralen Auslände einen überaus starten Eindruck gemacht. Tic englische Flotte stand nun einmal in der ganzen Welt unter dem Nimbus der Un- überwindlichkeit. Daß sie jetzt durch ein Unterseeboot dreier Panzerkreuzer beraubt wurde, das hat vor allen Dingen in Italien doch gewaltiges Aufsehen gemacht. Uno dieser Eindruck wird auch nicht verwischt durch die Erwägung, daß rein militärisch die Engländer durch diesen Verlust in ihrer Ueberlegsnheit uns gegenüber so gut wie gar nicht geschwächt sind. Die britische Flotte hat bis jetzt in diesem Kriege verloren: 3 Pan- zerlreuzer, 3 geschützte Kreuzer, 2 .Hilfskreuzer, 1 Unter seeboot, 1 Minensuchboot und 1 Torpedobootszerstörer. Diele Zahlen fallen bei einer Flotte von dieser Stärke kaum ins Gewicht. Wohl wurden ja auch noch weitere englische Kriegsschiffe „totgesagt", aber es handelt sich dabei nur um Gerüchte, denen jede Bestätigung fehlt. Möglicherweise wurden diese Gerüchte aus ganz be stimmten Gründen in die Welt gesetzt, um unsere Kreu zer zu täuschen. Daß die Briten solche Gerüchte eigen« erfinden, das steht ivenigstens für unsere Handelsmarine fest. Gar manches englische Kauffahrteischiff wurde von der englischen Presse als gekapert oder gesunken ausge- gebin, um unsere Kaperkreuzer von der Bersolanna ab zuhalten. In Besprechung der Vernichtung der britischen Kreu zer weist die „Times" auf die Möglichkeit hin, daß die jetzt gebräuchliche Art bei den Rettungsarbciten für sin kende Schisse geändert werden müsse. Die Rettungs arbeiten würden vielleicht den Zerstörern oder anderen kleineren Fahrzeugen überlaisen werden müssen. Zur Vorsicht in der Offensive der englischen Flotte mahnt der Marincsachverstäno'ge der Londoner „Daily New". Die englische Flotte müsse jetzt Wacht halten, bis der Feind herauskomme. Sie habe unerwartete Vor stöße zu gewärtigen und müsie jetzt in der Nähe der Ostküste, d. h. in der Richtung der deutschen Untersee boote bleiben. Das Wiener Korrespondenzbüro versendet folgende Gegenüberstellung von Ereignissen: Am gleichen Tage, da dir erfolgreiche heldenhafte Tat des deutschen Unter, seebootes „U 9" gegen starte englische Schiffe bekannt wurde, erfuhr man, was die französische Flotte bei Pslagosa getan hat. Hier wurde das Trinkwasser armer Leuchtturmwächtcr durch Matrosen unflätig verunreinigt und der wenige Proviant sowie einige Wäschestücke ihnen weggenommen. . Si« Uulerseeboot auf Patrouille. Die Schilderung eines Müncheners, der mit einem deutschen Unterseeboote die Fahrt nach Schottland mitgemacht hat, wird von den »Münch. N. N." wie folgt wiedergegeben: »Fünfzehnhundert Meter vom Feind weg haben wir Ziehharmonika gespielt. Und der Feind hat e« nicht ein- mal gehört. Manchmal wir nicht einmal selbst, wenn unsere Motore gar zu großen Radau machten. Unsere Ohre» hörten nicht, was die Ziehharmonika spielte. Aber wir sähe» daS Lied an den Bewegungen de- Spieler«, an seinen Mienen, an seine» Fingrrn, wie sie über die Knöpfe glitten, an seinen Füßen, die den Takt schlugen, an dem Instrument selbst. Und wir haben da» Lied mitgebrüllt. Gebrüllt, was unsere Lungen noch Kraft halten, und doch haben wir von unserem eigenen Sang nicht« gehört. So lärmen die Maschinen im Unterseeboot! WaS ich weiß von der Fahrt an die schottische Küste? Fast nichts! Wir wußten nur eine«: siegen oder sterben! Bequem ist'« nicht in so einer Nußschale. Der Mann« fchastSraum ist ganz gewiß kein Tanzfaal, und war die Lunge zum Atmen bekommt, ist keine vergluft. Petroleum! Petroleum und wieder Petroleum! Da schnappt man nach Luft, wenn das Ding wieder in die Höhe taucht. Zehn Tage waren wir unterwegs. Wir wußten nicht, wohin e» ging. »In den Tod oder zum Sieg. Mehr weiß ich selbst nicht", sagte unser Kommandant. Und dann ging'« mit den anderen Unterseebooten hinau» ins Meer. Anfang» zusammen. Dann trennten wir un». Die »^l 15" haben wir nicht wieder gesehen, die ist oorm Feind gr blieben. An der ganzen englischen Küste ging'» entlang. Zeitweise unter Wasser. Sech» Stunden Arbeit und f«ch- Stunden Schlaf. Durch zehn Tage hindurch! Da gib?» kein Kommando. Man hört nicht» al» Lärm. Wie «in Taubstummer ist man. Man hört mit den Augen ustd