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'-W- ' Riesaer G Tageblatt ««d A«r»rg»r tLibeblatt mü> Atyeiger). Lckegramm-Wresser ß!^ 6Fernsprech stell« .Tageblatt". Mesa. Nr.». für die König!. Amtshauptrnannschast Großenhain, das König!. Amtsgericht und den Rat der Stadt Riesa, sowie den Gemeinderat Gröba. 216 Donnerstag, 17. Septemver 1S14, aveuds. 67. Jahrg. »*» Riesaer Täacklatt «schedü je»« T«s abend» mit Ausnahme der Sonn, und Festtage, «ierteljährltcher Bezug«-ret» bei Abholung in der «rpedltlon in NIesa 1 Mark SO Psg., durch unsere Träger frei in» Hau» I Mark 6» Psg., bei Abholung am Schalter der kaiserl. Postanstalten 1 Mark 65 Psg.» durch den Briefträger frei in» Hau» 2 Mark 7 Psg. Auch MonatSabounement» werden angenommen. Anzeigru-Anuahme für die Skmnmer de» ««»gabrtage» bi» vormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Preis Pir die kletngespaitene 43 ww breite Korpuszeile 18 Psg. ILokalPreiS 12 Psg.) Zeitraubender und tabellarischer Sah nach besonderem Tarif. RotattonSdmck und Verlag von Langer t Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Goethe st rasse VL — Fllr die Redaktton verantwortlich: Arthur HLHnrl in Riesa. Polizeiverordnung, die Anordnung einer Polizeistunde in den Schankstätten und an öffentlichen BergnügungSorten betreffend. I. Auf Veranlassung de» stellvertretenden Garnisonkommanbo» Riesa und in Neber- einstimmung mit einem einstimmig gefaßten Beschluß des StadtoerordnetenlollegiumS wird während der Dauer de» Kriege» für alle Schankwirtschaften, CasöS und öffentlichen Bergnügungßorte im Bezirke der Stadt Riesa Polizeistunde auf nachts 1 Nhr festgesetzt. Zu SchankstStten gehören nicht nur die iu den einzelnen Wirtschaften ge nehmigten Schankräume, sondern alle den Schankwirten zur Verfügung stehenden Räume, in denen sie nach Beginn der Polizeistunde weiterwirtschaften. II. Zuwiderhandlungen werden nach 8 365 de» NeichSstrafgesetzbuchS bestraft. Dieser lautet: . „Wer in einer Schankstube oder an einem öffentlichen VergnllgungSorte über die gebotene Polizeistunde hinan» verweilt, ungeachtet der Wirt, sein Der- treter oder ein Polizeibeamter ihn zum Fortgehen aufgefordert hat, wird mit Geldstrafe bi» zu fünfzehn Mark bestraft. Der Wirt, welcher da» Derweilen seiner Gäste über die gebotene Polizei stunde hinau» duldet, wird mit Geldstrafe bi» zu sechzig Mark oder mit Haft bi» zu 14 Tagen bestraft." Außer dem Wirt sind nach 8 161 der Reichsgewerbeordnung auch seine Vertreter verantwortlich. III. Die Polizeivelordnnng tritt sofort in Kraft. Ihre Aufhebung wird s-inerzeit öffent lich bekannt gemacht werden. Der Rat der Stadt Riesa, am 17. September 1914. Gßm. Oertliches und Siichfisches. Riesa, den 17. September 1914. —* In der Nacht vom Sonntag zum Montag ist einem hiesigen Geschäftsinhaber von einem hier vorüber- gehend wohnhaften Arbeiter die Glasscheibe des Schaufensters vorsätzlich total zertrümmert worden, wobei sich der Täter an der Hand eine erhebliche Verletzung zugezogen hat. Wie sich später herausstellte, hat der Arbeiter dem Geschäftsinhaber au» dem Schau fenster eine größere Anzahl bessere Würste entwendet, die später mit Blut befleckt auf der Straße gefunden worden sind. Der Täter ist ermittelt. —* Wir werden ersucht, darauf hinzuweisen, daß die Einnahme der am Freitag, den 18. September, statt findenden Vorstellung de» hiesigen Metropol- theater» lKino) ohne Kürzung der Unkosten je zur Hälfte dem Roten Kreuz und der KriegSnotspende über- wiesen wird. . —* Eine Schilderung von dem Leben im Felde entwirft folgender Feldpostbrief an einen Riesaer Einwohner: . . ., den, 8. 9. 1914. Mein lieber Herr B.i Heute erhalte ich Ihren lieben Brief vom 21. 8. Recht herzlichen Dank. ES war mir eine rechte Erquickung, Ihre lieben Zeilen zu lesen. Ma» steht, daß auch Ihr draußen im Baterland Anteil nehmt an der großen Begeisterung, an der großen, wenn auch sehr schweren Sache. Gerade heute find die Gesichter ernster, denn die große Entscheidung steht bevor. Man hört seit 3 Tagen schon von ferne die Kanonen donnern. Stba 15 Kilometer von hier tobt eine Riesenschlacht. Die Verluste sind furchtbar, denn eS scheint ein letztes verzweifeltes Ringen im Gange zu sein. Unaufhörlich raffeln Ärtillerie-MunitlonSkolonnen vor und lange VerwundetentranSporte kehren zurück. — Die Gegen- säße im Kriege sind kr'tzß! Draußen donnern Kanonen und verbluten Kameraden. Ich sitze hier in einem reiche» franz. Hause im Herrenzimmer am vornehmen Schreibtisch und lasse mir Kaffee serbteren und rauche Zigaretten. Stündlich erwarte ich den Befehl zum Vormarsch. — Ich denke oft an Euch tn der: Heimat. Der Krieg ist furchtbar für Sieger und Besiegte. Man sieht unsagbar viel Jammer. Aber auf der anderen Txlie gibtS heitdre Momente genug, wenn auch die Strapazen ungeheuer find. Man lernt, daß Hunger weh tut. Denn bei dem ungeheuer raschen Vor- gehen der Truppen können-die Wagenkolonnen nicht immer folgen. Man muß sich selbst helfen, z. v. lagen wir alle vor ca. 10 Tagen tn einem herrlichen franz. Schloß, das verlassen war. Der Park bot reiche Früchte, Vieh gab e» aiüf der Weide, Hühner und Eier gebug, denn niemand war da, der fl« aß. Wir kamen ausgehungert dahin. Ein Ochse wurde geschlachtet, Hühner gekocht, Omelette» gebacken, au» dem Keller Wein und Sekt geholt, und nun ging die Schmauserei lo». Plündern ist allerdings streng verboten. — Herzlichst Ihr T. L. — Eben höre ich, daß die Schlacht für un» gut steht. Danket Gott! —MI. Zum Eintritt in Italien ist jetzt der Besitz eine» von einer italienischen Konsularbehörde visier- ten Passe» erforderlich. — Die Zigarrenspende« in Feldpost, -riefen kommen infolge mangelhafter Verpackung sehr häufig in unbranchbamm Zustande an, schreibt rin Feldpost. beamter. Die Pappumhüllung kann bei der Länge der Beförderungsdauer und mit Rücksicht darauf, daß die dicke» Briefe lose in die Briefbeutel gesackt werden, keinesfalls standhalten, weshalb eS ratsam ist, kleine Holzkästchen oder Blechschachteln zur Versendung der Zigarren zu verwenden. —* Wir machen hiermit besonders darauf aufmerksam, daß die Verlustlisten der Königlich Sächsischen Armee im hiesigen Rathaus sür jedermann zur Einsicht ausliegen. — In den jetzigen KrkegSzeiten wird es leichter als sonst vorkommen, daß Personen in Not geraten, deshalb ein Darlehn suchen oder ihr verringertes Einkommen durch Nebenerwerb oder Heimarbeit zu vergrößern trachten. Diese wirtschaftliche Notlage veranlaßt die be- kannten DarlehnS- und Nebenerwerbsschwindler, in er- weitertem Maße auf den Kundenfang auszugehen. ES besteht die Gefahr, daß die Arbeits- und Unterhaltslosen in dieser Zeit eher geneigt sind, derartigen Angeboten Folge zu leisten. ES sei deshalb auf das dringlichste vor allen Personen gewarnt, die grundsätzlich Vorschüsse von Darlehnsuchenden verlangen oder ihnen das Aufgeben von Anzeigen in ihren wertlosen Blättern empfehlen. Nur Unkosten bringt in den allermeisten Fällen der nach Vorauszahlung von 1.75 M., 2.90 M. usw. angebotene Nebenerwerb durch Heimarbeit oder Adressenschreiben. Auf dem Gebiete der Heimarbeit blüht jetzt besonders der Stickmusterschwindel. Wenn auch dank der Tätigkeit der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schwindelfirmen in Lübeck, Parade 1, die Bevölkerung aufgeklärter ist als früher, so ist eS doch unter den jetzigen Verhältnissen leicht möglich, daß die Schwindelunternehmungen wieder neue Kunden fangen. Geschädigte Personen wollen ihre Beschwerden der oben genannten Zentralstelle oder dem Deutschen Zentral verband sür Handel und Gewerbe, Leipzig, Grimmatsche Straße 13, unterbreiten, die gern mit Rat und Tat an Hand gehen. Meißen. Begegnungen auf feindlichen: Boden zwischen Verwandten und Bekannten, die in verschiedenen Truppen teilen dienen, kommen, wie aus eintreffenden Briefen und Karten ersichtlich ist, unter den Soldaten öfter vor und wecken in beiden Teilen natürlich immer eine freudige Stimmung. Leider sind dies aber meist immer nur kurze Augenblicke des Glückes. Ein längeres Zusammensein genießt durch einen ähnlichen Zufall ein beini Train stehender Gutsbesitzerssohn aus der Umgegend, der während einer größeren Rast in der Nähe vor einem Wagen einer Artillerie-Abteilung ein Pferd aus seines Vaters Stalle zu erkennen glaubte. Wie er über diese Begegnung heim berichtet, wollte ihm dies zunächst niemand seiner Kameraden glauben, bis er das Tier anrief und dies ihm offensichtliche Freude seinerseits zu erkennen gab. Einer seiner höheren Vorgesetzten, der der freudigen Begegnung zugeschaut hatte, vermittelte darauf einen Umtausch des Tieres, so daß der Trainsoldat in dem Besitz des ehe maligen väterlichen Tieres gelangte. Hoffentlich ziehen beide gesund später wieder in der Heimat ein. M. T. * Dresden. Mehr al» 200 verwundete Krieger kamen vorgestern nachmittag »ach 5 Uhr auf dem Abstell» bahnhof in Dresden Neustadt an, auf dem der König zu ihrer Begrüßung erschienen war. Er unterhielt sich mit mehreren Soldaten und ließ sich da» Sanitätspersonal vor stellen. Die Leichtverwundeten wurden tn Automobilen nach den hiesigen Lazaretten gebracht, während zum Trans port der Schmeroerwundeten Möbelwagen besonders auS- gestattet worden waren. Co wurde auch mit der Belegung deS AuSstellungSpalasteS begonnen. Dorthin wurden un gefähr 20 Krieger gefahren. * Dresden. Der Oktoberjahrmarkt soll trotz deS Krieges am 18., 19. und 20. nächsten Monats abgehalten werden. Freiberg. Bei dem Eintreffen von Siegesnachrichtcn werden nach einem Vorschläge des Garnisonkommandvs die Kirchenglocken von 7 bis 8 Uhr abends geläutet. Daran schließt sich eine patriotische Musikaufführung des Stadt- musikkvrps von 8 bis 9 Uhr auf dem Obcrmarkte. Ferner soll die Eiuwohnerschaft gebeten werden, beim Eintreffen von Siegesnachrichten mit dem Beflaggen der Häuser sich nach dem Nathausc zu richten und die Fahne höchstens 24 Stunden, wenn aber die Siegesnachricht am Vormittag eintrifft, nur bis zum Abend desselben Tages hängen zu lassen. Bodenbach. Die französische Sprachlehrerin Frau Oktavia Fürst wurde am Zeughause in der Sächsischen Schweiz von einem Automobil überfahren, wodurch sie einen Bruch des Schlüsselbeins, Verletzungen am rechten Auge und am Hiuterkopfe erlitt. Sie wurde vom Chauffeur uud von Passanten in ein Fremdenzimmer des Zeughauses gebracht, Wo ihr ärztliche Hilfe zuteil wurde. Frau Fürst wollte ihr kleines Hündchen, das auf der Straße herumlief und vor das Auto kam, einfangen. Der Chauffeur fuhr, um ein Unglück zu vermeiden, an den Garten des Zeughauses und zertrüm merte dabei mehrere Säulen und ein Stück des Garten zaunes, trotzdem gelang es ihm nicht, den Unfall zu verhüten. Frankenhauscn (Kysfh.). Das Geschäft des Bäcker meisters Ziegenborn wurde polizeilich geschlossen, weil trotz wiederholter Warnung dort Brote verkauft wurden, die das festgesetzte Mindestgewicht nicht hatten. Tischlowitz a. H. Bei Tischlowitz fuhr in der Nähe der Landungsbrücke ein mit Obst beladener Kahn des Obst händlers Wenzel Kretschmer aus Topkowitz auf einen Stein und erhielt ein bedeutendes Leck. In kurzer Zeit war das Wasser 1 m eingedrungeu. 12 Mann hatten angestrengt zu arbeiten um ein weiteres Eindringen des Wassers zu ver hindern nnd die Ladung zu sichern. Gommla (Neuß ä. L.l. Der Pächter der Gommlaer Jagd, Herr Rohleder aus Greiz, hat den Gemeinden Alt- und Neugommla das mit großem Danke angenommene An erbieten gemacht, eine große Anzahl wilder Kaninchen, die er schießen wird, an die durch Kriegsnot betroffenen Armen beider Gemeinden zu schenken. Auch der Feldhausbesitzer Thoma von Gommla hat einen großen Teil seiner diesjährigen Birnenernte zu gleicher Verwendung zur Verfügung gestellt. * Görlitz. In Scheibe bei Setdenberg erhielt ein Einwohner eine Feldpostkarte, auf der der Absender, ein Soldat des Infanterieregiment» Nr. 102, nur di« Worte geschrieben hatte: „Die herzlichsten Grüße." Sein Feld- webel hatte die Worte hinzugefügt: „Die letzten von ihm gefallen." Mit diesem Zusatz hatte er die Karte -er Feld post übergeben, so daß die Botschaft vom Heldentod der Krieger» auf seiner eigenen Karte eintraf.