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flößenden Waldrand zu besetzen und so in unmittelbare Verbindung 'mit der ersten Brigade zu treten. Ties tollkühne, aber notwendige Durchschlagen hatte viel Leute gekostet. Auch Weller hatte einen Augenblick sich schwankend an den Knick gelehnt, als ein Streifschuß ihn am Kopf traf und das warme Blut ihm über die Schläfe niederrieselte. Doch er hatte die anfsteigende Schwäche überwunden und hielt sich nun mit zäher Energie aufrecht. Durch sein Taschentuch, das er fest um den Kopf gebunden hatte, sickerte nur noch langsam das Blut. Reben Wränge! hielt dessen vierzehnjähriger Hornist Beust wacker stand. Er war stets um seinen Hauptmann gewesen und hing mit rührender Anhänglichkeit an ihm. Wrangel hatte den frischen Burschen liebgewounen und hielt große Stücke auf Beust. Bei diesem schwere», kämpfenden Rückzug war der Junge nicht von seiner Seite gewichen. Jetzt traf ihn eine Kugel in oie Brust, und er sank bewußtlos zusammen. Wrangel durchzuckte bei diesem Anblick ein jäher Schmerz, aber jetzt war nicht der Augenblick, sich um Tote zu kümmern, er mußte weiter. Da richtete sich der Junge plötzlich auf und rief schlucksend: «Lassen Sie mich nicht liegen, Herr Hauptmann, nehmen Sie mich doch mit!" Wrangel kehrte sofort nm, und auch Weller sprang zu. Mit vereinten Kräften schleppten sie den stark bin« lenden Jungen hinter die Gcbände von Christianen berg. Seine Leute hatten sich hier gesammelt, auch sein Reit' knecht mit dem braunen Skiold wartete im Schutze des Gebäudes »einer. Als aber Wrangel eben den Fuß in den Bügel setzte, um das Pferd zu besteigen, riß eine Kugel den Bügel ab und brachte ihm eine leichte Ver letzung am Fuße bei. Weller war erschrocken zugesprungen. „Es ist nichts," bedeutete ihm Wrangel, „oder doch vielleicht ein Wor- nungSzeichen, daß ich nicht zu Pferde steigen soll." Sein Blick fiel dabei auf den kleinen Beust, und ein rascher Gedanke schoß ihm durch dtzn Sinn „Helfen Sie mir mal, Weller, wir wollen den Jungen auf den SkiolS heben, mein Reitknecht kann ihn so am beste» schnell vom Kampfplatz wegbringen." Beust wurde von den beiden Offizieren auf den Braunen gesetzt, der ihn, vom Reitknecht geführt^ bald in Sicherheit brachte. Wrangel hinkend, seinen Adjutanten zur Seite, dein trotz des Rotverbandes noch immer einzelne Blut-Strapsen über die Schläfe rollten, besetzte mit seine» Leuten den Waldjaum des Trelder Holzes. Doch kaum war das ge schehe«, als er aus dem Inneren des Gehölzes ein hef tiges Feuer in seiner Flanke erhielt; die 4. Jägerkom pagnie, die sich hier auch festgesetzt hatte, machte einen vergeblichen Versuch, sich des Waldes zu bemächtigen. Sin verheerendes Kreuzfeuer empfing sie und nötigte sie zur Umkehr. „Hans, wir lernen heute das RückwärtSgehen!" rief Detlev dem jungen Husarenofsizier zu, als er an ihm dorbeikam. Er war sehr bleich, Zorn und Schmer; sprach ans seinem Blick. i „Unsere Stellungen verlieren wir, aber nicht unsere Ehre, die halten wir hoch bis zum Tode," lautete die Antwort, und Weller nickte dem Freunde zu. „Das hast Du mit Deinem Blute besiegelt," be stätigte Detlev. Der andere hörte ihn nicht mehr, er war wieder an Wrangels Seite. Ter Waldsaum mußte aufge geben und neue Stellung an dem nächsten Knick genom men werden. Da dieser auf einer sanften Anhöhe lag, konnten sie von dort aus beobachten, wie auch auf Schanze 5 noch ein heftiger Kampf tobte. Hauptmann ArnSwald focht da, umdrangt von der Uebermacht der Feinde, bis er seine letzte Patrone, verschossen hatte, dann erst ergab er sich mit dem kleinen übriggcblic- dencn Rest seiner Leute. Wrangel hatte jetzt die Bereinigung mit dem ä, Bataillon Sekunden, und gemeinschaftlich übernah men nun diese Truppen die Deckung der linken Flanke, um einen Rückzug nach der Furt bei Jgeskov zu er möglichen. Da langte der Befehl von General Boni» an, die 1. Brigade habe sich aus Veilbh zurückzinichcn. Die Marschstrecke führte nun zuerst nach Jgesi'ov. Wellers Herz pochte bei der Annäherung an das Tors znm Zerspringen. Wo war die lütte Dirn, ohne die er nicht mehr leben zu können meinte? Die wilde Kriegsmelodie, die ihn im Kugelregen nmhenltc, schreckte ihn heute zum ersten Male und ließ ihn zittern, nicht für sein Leben, sondern für das Leben, das ihm teurer war als alles andere auf der Welt. Sie rückten in das Dorf ein und fanden den Westansgang desselben vom Feinde beseht, lieber Weller kam es wie eine Art Verzweiflung. DaS Dors, wo Aga die Nacht geweilt, von: Feinde besetzt, das Mädchen den Dänen preisgegcben, und er nicht imstande, nach ihr zu suchen oder das geringste für sie zu tun! Es war, um rasend zu werden, und aus Kampf und quälender Angst rang sich der flehende Schrei: „Herr, beschütze meine lütte Dirn!" Den Truppen war der Weg nach Veilbh al ge schnitten. Wie Wrangel befürchtet hatte, saßen sie Letzt in der Mäusefalle, denn von allen Seiten um drängte sie ein übermächtiger Feind. Er sagte jich, daß jetzt der Augenblick gekommen sei, wo nur nach die Furt übrigblieb, um die Truppen wor der Ge fangenschaft oder völliger Aufreibung zn bewahren. Koste cs, was es wolle, bis zur Furt mußten sie sich durcharbeitcn und sich mit dem Bajonett dahin eine Bahn schaffen- " Ein kurzes Kommandowort, und init Blitzesschnelle machten die Truppen kehrt und warfen sich so plötz lich und mit so elementarer Gewalt auf die sic verfol genden Dänen, daß diese, von dem Anprall überrascht, eilend znrückwichen- Der Weg nach der Furt war frei, Wrangel hätte am liebsten Hurra gerufen, wenn auch, was vor ihn» lag, noch ein großes Wagnis war. Mitten in seiner verzweifelten Stimmung hatte Weller es doch wie ein Aufatmen empfunden, als cs jetzt wieder einmal zum Angriff ging und ihm nicht taS erschreckliche Rückwärts bevorstand. Ten Leuten voran war er losgestürmt, mit Hurra hatte er sich Bahn gebrochen, bis ihn der Schuf; in die Schulter getroffen hatte. Ta war kein Wort mehr über seine Lippen gekommen, aber er hatte sich sortgeschleppt, bleich und blutüberströmt, in zäher Willenskraft, und rrst als seine umflorten Augen den Strohwisch er kannten, der die Furt bezeichnete, war er zusammen gesunken. Seine Leute hoben ihn aus und trugen ihn weiter, bis sie ihn unter einen Weidcnbaum unweit der Furt niederlegen konnten. — Und Aga, die lütte Dirn, nm die der getreue Hans in tausend Aengsten gewesen, sie hatte in dieser Nacht voll Kampsund Gefahr keinen Augenblick den Mat und die klare Ueberlegung verloren und war ihn» jetzt näher, als er ahnen konnte. In der Nacht, als das Gewehrfeuer die Be wohner von Jgeskov geweckt hatte, war ihr in dem selben Augenblick klar gewesen, was sie tun wollte. Detlev hatte ihr von der Furt erzählt, und daß er erfahren habe, dies würde die einzige Rückzugslinie der Truppen sein, wenn sie, was immerhin möglich wäre, von den Dänen hier eingeschlosscn würden. Ter Gedanke hatte Aga nicht schlafen lasse», und jetzt, wo die Gefahr hereinbrach, war ihr Entschluß gefaßt. Sie kannte die Furt genau von der Zeit her, wie sic hier- täglich gebadet hatte, und wenn daS heu tige Gefecht mehr bedeutete als einen Ausfall, wie er schon oft gewesen, wenn wirklich dann den Truppen kein anderer Ausweg bliev als die Furt, dann konnten dort auch ihre schwachen Kräfte von Nutzen sein. Sie bestürmte daher die .Verwandten, einen alten schwächlichen Onkel mit seiner Frau, ihr den Bauer, Massenauflagen für Rotationsdruck. Avise Adreß- uud Geschiiftü» karten Briefköpfe, vrlefletften Bestellzettel Broschüren, villet» Teklaratiouea TanksagungS- und EinlavungSbries« Einlaßkarten Etiketten aller Art Fakturen, Flugblätter Formulare in dtd. 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Tas klang alles ganz einfach und natürlich, und die alten Leute sahen keine große Gefahr dabei. Nach einigem Hin- und Herreden gaben sie nach und teuren froh in dem.Gedanken, das Mädchen in Be gleitung des Schloßmüllcrs wieder bald auf dem Wege nach Kolding zu wissen und zugleich armen Verwundeten dabei zu helfen, die der Pflege im Lazarett gewiß sehr bedurften. Schweren Stand hatte Aga mit dem Schloßmüller. Ihm mnßte sie ihren Lanzen Plan vertrauen, den sie sich für den Fall znrechtgelegt hatte, daß das Gefecht, das immer heftiger zu werden schien, einen schlimmen Ausgang für die Belagerer haben sollte. Fortsetzung solgt. Herz und Ehre. Bon Arthur Zapp. Fortsetzung. In der Einsamkeit seiner Gefängniszelle empfand er es mit Wehmut und schmerzlichem Sehnen, wie »ehr es ihm bereits zur lieben Gewohnheit geworden mir dem lebhaft empfindenden jungen Mädchen zn plaudern, nnd mit heißer Ungeduld sah er dem Tage entgegen, wo sein Zustand ihm erlauben würde, wieder seine weiten Spaziergänge ausnehmen zu können. Znm Glück machte seine völlige Genesung schnelle Fortschritte, aber als er nun eines Tages zum ersten Male wieder rn geheimer froher Erwartung die Landstraße anfinchte, die ihm einst die Bekanntschaft der beiden Damen ver mittelt hatte, wurde ihm eine bittere Enttäuschung zuteil. So sehnsüchtig seine Augen auch die Straße ab suchten, von den Spaziergängerinnen war keine Spur. Erst als er sich traurig, niedergeschlagen auf den Heim weg machte nnd »ich der Villa der Damen näherte, erspähten seine Augen Fräulein Erika, die am Fenster stand und anscheinend angelegentlich hinausschaut-'. Als sie ihn erblickte, strahlte ein Lächeln über ihre Züge, und sie nickte ihm in Erwiderung seines Grußes freundlich zn . Aber gleich darauf trat sie jäh, mit hastigen Schritten zurück, als würde sie plötzlich ab gerufen. Klaus Wollmar hatte nicht viel Zeit, über diese Begegnung nachzudenken, denn als er in die Zitadelle znrückkam, wurde ihm eine während seines Spazier ganges cingetrofsene Nachricht mitgeteilt, die ihn im ersten Augenblick mit hellodernder Freude erfüllt?, der jedoch rasch ein schmerzliches Bedauern folgte. Seine Begnadigung war verfügt worden, obgleich erst die Hälfte seiner Strafzeit hinter ihm lag. Mit zitternden Händen, während eine Flut widerspruchs voller, einander bekämpfender Empfindungen in ihm wogte, packte er seinen Koffer. Sollte er die Stadt verlassen, ohne Erika noch einmal gesehen zn haben? Unmöglich dünkte ihm das. Sie nie mehr zn sehen, sie nicht mehr zu sprechen, einfach ohne Wort davon- zugehen, ohne ihr noch einmal zu danken, ohne ihr zu sagen, wie sehr er das Scheiden bedauerte, und daß sie immer in seiner Erinnerung leben würde, das schien ihnl undenkbar. Nein! Plump und gefühllos wäre cs gewesen, ihr nicht Lebewohl zu sagen, ihr nicht noch einmal die Hand zn drücken. Aber dann tauchte wieder die kühle, ablehnende, düstere Miene Frau Schraders in seiner Erinnerung auf, und er sagte sich, daß sie das Abschicdnehmen von neulich sicherlich als ein definitives betrachte, und daß sie sein abermaliges Erscheinen als eine Taktlosigkeit, als eine Zudringlichkeit empfinden würde. ! Als der andere Morgen gekommen war, entschloß sich Klaus Wollmar trotz einiger Bedenken, die Damen noch einmal anfzusnchen. Zu übermächtig war das. Vcr-, langen in ihm, noch einmal, das letzte Mal, Erikas lieb-' liches Antlitz zu schauen, ihr noch einmal zu sagen, wie unvergeßlich schön die Stunden für ihn gewesen, die er in ihrer Gesellschaft hatte verleben dürfen. Es war eine frühe Vormittagsstunde als er jich aus den Weg nach Frau Schraders Villa machte, da er schon mit dem Mittagszugc nach seiner Garnison zurückkchrcn mußte. Er sand Fräulein Erika allein, die ihn mit sichtlicher Befangenheit begrüßte, wie einen Besuch, der zwar angenehm ist,, den man aber nicht erwartet hat. „Mama ist aus einem Geschäftsgänge in die Stadt," erwiderte sie auf eine Frage nach Frau Schrader. „Da muß ich also doppelt um Entschuldigung bitten," sagte er, „daß ich zu so ungeschicklich früher Stunde störe. Aber ich wollte doch nicht die Stadt verlassen, ohne Ihnen und Ihrer Frau Mutter noch einmal meinen aufrichtigen Dank abzustatten." Er »ah, wie sie sichtlich erschrak. „Sie rei;en schon ab?" stammelte sie. „Aber ich glaubte, daß Sie noch drei — drei Monate —" „Allerdings," fiel er ein, als sie plötzlich abbrach „Ich hätte eigentlich noch ein Vierteljahr bleiben sollen. Doch Seine Majestät haben mich begnadigt." „Ah!" Ihre Hand streckte sich ihm entgegen, und ihre Augen lächelten ihn an. „Tas freut mich! Da beglückwünsche ich Sie von Herzen." Er drückte ihr stumm die Hand und sah mit geheimer Bewegung in ihr erglühendes, rosiges Gesicht. Eine schmerzliche Erregung erfaßte ihn, und seine Mienen verdüsterten sich unwillkürlich. „Ich kann mich, offen gestanden," erwiderte er, „über die Gnade Seiner Majestät nicht freuen. Gern wäre ich noch ein paar Monate hier geblieben in der frohen Hoffnung, Ihnen hier und da zu begegnen. Wir haben so hübsch Miteinander geplaudert, und ich fühle, daß mich die Erinnerung an diese gemeinschaftlich verlebten schönen Stunden nie verlassen und ich mich wohl noch ost nach einer Wiederholung derselben schmerz lich sehnen werde." Er hielt ihre Hand noch immer in der seinen. Deutlich fühlte er, wie sie zitterte, und nun sah er, daß plötzlich der rosige Schimmer von ihrem Antlitz schwand. Und zugleich ließ sie ihr Köpfchen tief auf ihre Brust herabsinken, um ihn die schmerzliche Er griffenheit, die in ihren Lügen zum Ausdruck kam, nicht ;ehcn zu lassen. : - Ein heißes Weh durchfuhr den jungen Offizier, und zugleich zuckte ihm der Impuls in allen Gliedern, sie in seine Arme zu nehmen, und nur fit: einen kurzen, seligen Moment ihr Haupt an seine Schulter zu betten und ihr zu sagen, daß er sie liebe mit alter Kraft feines Herzens. Ja, er liebte sie! In allen Fibern erfüllte ihn dieses Bewußtsein, und in dem Sturm der in ihm erwachten Leidenschaften breitete er seine Arme gegen sic ans, nnd ganz von'dem Verlangen beherrscht, das Glück zu erobern, rief er: „Ja, Fräulein Erika, ich nehme Ihr holdes, süßes Bild mit mir; unverlöschlich ist es meinen» Herzen eingeprägt, denn ich liebe Sie, ich liebe Sie, Erika, aus dem Grunde meiner Seele!" Aber da geschah etwas Unerwartetes, Unverständ liches. Erika Schrader erhob ihren Blick; ihre Äugen öffneten sich weit in starrem Schrecken, und sie zog sich ein paar Schritte von ihm zurück, in jeder Miene, in jeder Bewegung fassungsloses Entsetzen. Auf Klaus Wollmar wirkte diese von allen Zeichen der Furcht und' der Scherl begleitete Ausnahme »einer Erklärung im höchsten Grade ernüchternd, nieder schmetternd. „Verzeihung," stammelte er. „Ich habe Sie verletz', gnädiges Fräulein. Verzeihen Sie mir, und leben Sie wohl!" Er wandte sich, um zur Tür zu gehen, aber ein krampshaftes Aufschluchtzen,das / hinter. ihm erklang.