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Riesaer W Tageblatt und Anzeiger (Mkblatt und Anzeiger). , Telegramm-Adresse: MW M» I Fernsprechstelle .Tageblatt'. Riesas ^44414^1^4^144 Nr. 20. für öle König!. Anrtshauptmannschast Großenhain, das König!. Anrtsgericht und den Rat der Stadt Riesa, sowie den Gemeinderat Gröba. 141. Montag, 22. Juni ir>14, aliends. 67. Ialrrg. Da» Riesaer Tageblatt erscheint jede» Tag abends mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Bicrteljährltcher Bezugspreis bei Abholung in der Expedition in Riesa 1 Mark 50 Psg., durch unsere Träger srci ins HauS 1 Mark 05 Psg., bei Abholung am Schalter der kaiserl. Postanstalten 1 Mark 65 Psg., durch den Briesträger srei in- Haus 2 Mark 7 Psg. Auch MonatsabonnÄncnts werden angenommen. Anzcigeu-Annahuir siir die Nummer deS Ausgabetages bis vormittag v Uhr ohne Gewähr. Preis siir die kleingcspaltene 43 mm breite KorpuSzeile 18 Psg. (LokalpreiS 12 Psg.) Zeitraubender und tabellarischer Sah nach besonderem Taris. Rotationsdruck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Goethe st raste 50. — Für die Redaktion verantwortlich: Arthur Hähnel in Riesa. MlMkll W SW-MIs-MkM! Nun seid ihr herbcigeeilt aus vielen Gauen unseres siichsisthen Vaterlandes, von nah und von fern hat euer Weg tuch herbeigeführt, einzelne auch aus den gesegneten Fluren des Böhmerlandes, aus den Slädten und Dörfern, in den«» dar einst verschüttete Evangelium eine herrliche Auferstehung gefeiert hat und will'S Gott zu immer schönerer Blüte sich entfalten wird! Und alle, die aus noch fernerer Heimat kamen, willkommen, willkommen! Mehr als ein Jahrzehnt ist inS Land gegangen, seit unserer Stadt die Freude wurde, de» Dresdner Haupt» verein der Gustav-Adolf-Sliftung in ihren Mauern zu be» Herbergen. Vieles hat sich seitdem verändert — unablässig ist's vorwärtSgegangen mit dem Aufschwung unserer Stadt. Mancher von euch, der damals bei uns zu Gaste war, wird mit Bewunderung wahrnehmc», wie das Bild unserer Stadt rin anderes geworden ist. Aber das versichern wir euch, wenn auch das Gewand unserer Stadt sich vielfach ver ändert hat, das Herz, daS dahinter schlägt, ist noch das gleiche geblieben. Wenn auch unsere Stadt ihre ganze Kraft in den Dienst des nimmermüden Handels, deS rast losen GewerbcfleißeS einsetzt — in weiten Kreisen hat sich unsere Bevölkerung doch den rechten Sinn bewahrt siir höhere, geistige Ziele. Sie weist es wohl, das; der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sie fühlt, welch unschätzbar hohes Gut die Freiheit evangelischen Glaubens ist, und darum hilft sie gern mit, denen dieses Gut zum sicheren Besitz zu machen, die sich irgendwie in bedrohter Lage be finden, und die zu solcher Freiheit zu führen, die sie noch nicht voll genießen dürfen. Dazu wollt ihr ja helfen, ihr Glieder und Freunde deS großen Gustao-Adolf-VereinS, und darum fühlen wir uns eins mit euch! Mögen die kommenden Tage, die ja so bald verrauscht sein werden, bleibenden Gewinn bringen — möchten die festlichen Veranstaltungen alle, die daran teilnehmen, mit neuer, hoher Begeisterung erfüllen für die große, heilige Sache, damit auch in den stillen Zeiten nach dem Feste der erhabene Gedanke des Gustav-Adolf-BereinS seine Segens wirkung entfalten kann, nach außen durch stete hilfsbereite Liebe zu den Glaubensgenossen, nach innen durch immer wirkungsvolleres Ankämpfen gegen den materialistischen Sinn unserer Zeit. Möchten aber auch diese Tage euch, unfern Gästen, ein freundliches Bild unserer Stadt ins Gedächtnis malen, unserer Stadt, die zwar nicht von Natur schönheiten umgeben ist wie so mancher Ort es ist, ans dem ihr gekommen seid, die aber Menschen in sich birgt, die euch mit Freuden aufnehmen und mit euch erglühen in Begeisterung für daS hohe Ziel, das wir gemeinsam er streben. Rasch rückt der Zeiger vor — bald wird die Stunde schlagen, die daS große Fest beginnen läßt — drum hört daS Wort, daS aus treue» Herzen kommt: Willkommen! Oertliches iniS Sächsisches. Riesa, den 22. Juni 1914. —* Se. Majestät der König haben Se. Majestät den Kaiser von Rußland zum Chef des S. Feldartillerie- Regiment» Nr. 28, das künftig die Bezeichnung „2. Feld» arttllerie-Regimeiit Nr. 28 Kaiser Nikolaus II. von Ruß. land" zu führen hat, ernannt. Da« Regiment hat auf den Epauletten und Achselstücken der Offiziere, sowie auf den Schulterklappen der Mannschaften an Stelle der bisherigen Abzeichen den Namenszug seines erhabenen Chefs nach den von Seiner Majestät dem König genehmigten Proben zu tragen. (Siehe auch den Artikel: „König Friedrich August in Rußland".) —* Im Sommertheater im „Stern" wird morgen das Holtei'sche Schauspiel „Lorbeerbaum und Bettel stab" zur Aufführung gelangen, worauf aufmerksam ge macht wird. Ist doch dies da« Gastierstück von Friedrich, Haase, LewinSky, Possart rc. und ein Werk, daS hoch- literarisch und im Btedermeierrahmcn besonders wirksam ist. Da die Direktion einen abwechselnden Spielplan bietet, wird der Besuch deS sehr beliebten Sommertheaters wohl weiter ein zahlreicher bleiben. —* Heute mittag gegen 1 Uhr scheute auf der Poppitzer Straße das Pferd deS Gutsbesitzers Knisse aus Poppitz und ging durch. DaS Tier raste mit dem Wagen, in dem sich Herr Knisse befand, durch die Poppitzer und Schützenstraße, am Eisbahnplatz und dem Rathaus vorbei bis zur Albertstraße. Hier wurde es von einigen Männern ausgehalten, wobei cs nach der Parkfreitreppe zu einbog. In dem Augenblick, als daS Pferd ausgehalten wurde, brach da« linke Vorderrad des Wagens, wodurch Herr Knisse aus dem Wagcu geschleudert wurde, aber ohne Verletzungen davonkam. —* Von der hiesigen Polizei festgenommen wurde der vom Amtsgericht Rybnik bereits seit mehreren Jahren steckbrieflich gesuchte Arbeiter Mühlheim aus Friedrichgrätz, ferner wegen Bettelns und Hausfriedensbruches ein hier zugereister Bettler, der sich in mehreren Geschäften rüpel haft ausführte und tu einem Falle sogar den Geschäftsin haber tätlich «»griff, sowie drei Frauenspersonen, die sich in letzter Zeit in hiesiger Stadt Herumgetrieben und der Uebertretung nach 8 861" schuldig gemacht haben. —* Von geschätzter Seite wird uns berichtet: Daß es unserer Vogelwelt nicht an neckischem H u m o r gebricht, zeigte am gestrigen Sonntag Nachmittag eine Schwalbe, die auf der Hauptstraße mit einem au der Leine geführten kleinen Dackel zu allgemeiner Belustigung der Passanten ihren Ulk verübte. Mit fröhlichem „mitt! witt!" flog sie dicht über dem Kopfe des Hündchens vorbei, das dann ver geblich nach ihr schnappte, um in der Höhe einen turzeu Kreis zu beschreiben und dann blitzschnell denselben Weg wieder zurückzulegen. Dieses ergötzliche Schauspiel voll zog sich wohl 15 bis 20 mal, so daß ein bloßer Zufall ganz ausgeschlossen war. — Einjährig-freiwilliger Militärdienst. Bei der Königlichen Prüfungskommission für Einjährig-Freiwillige werden im September 1914 die Herbstprnfnngen über die wissen schaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen M ilitärdienst abgehalien werden. Junge Leute, die im Re gierungsbezirke Dresden wohnhaft sind und das 17. Lebensjahr vollendet haben, wollen ihr schriftliches Gesuch um Zulassung zu der Prüfung an die Königliche Prüfungskommission (Schloßstraße Nr. 34,36, 2. Etage) spätestens den I. August 1914 gelangen lassen. Nach diesen! Tage eingehende Gesuche können nicht berück sichtigt werden. — In Chemnitz sind falsche Z w c i in a r k st ü ck c mit den Jahreszahlen 1004 und 1908 und dem Münzzeichen im Um lauf, welche aus einer Silberleaierung mit nachgemnchten Stempeln geprägt sind und nur einen Wert von etwa 60 Pfg. haben. Das Gewicht stimmt fast niit dem eines echten Stückes überein. Die Prägung ist gut, aber matt. — Der Hauptkassierer des „Spar- und Vorschußvcreins" in Ober lenke nsdorf in Böhmen hatte am 16. d. M. einem unbekannten Mann, seiner Meinung nach einem Holzhändler, 780 M., darunter 390 M. in Silber, in österreichisches Geld eingewechselt. Später stellte sich heraus, daß drei unter dem Silbcrgcld befindliche Dreimarkstücke Falsifikate waren. Sie tragen den Kopf und die Umschrift des Königs Otto von Bayern und die Jahreszahl 1899. —tz Auf der Jahresversammlung der Deutschen Gesell schaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten begründete im weiteren Verlaufe der Verhandlungen Geheimrat Professor Dr. Neitzer-Breslau seinen Antrag, wonach die deutschen Bundesregierungen ersucht werden sollen, sämtliche Schulbehörden zu beauftragen, alle Knaben und insbesondere Mädchen, die schon während der Schulzeit sich durch Liederlichkeit, Hcrumtreibc», sexuelle Frühreife und Exzesse und dcrgl. auffällig bemerkbar machen, den zuständigen Behörden, Jugendpflege- und Jugendfürsorge vereinigungen spätestens bei der Schulentlassung zu'melden, nm diese Stellen in den Stand zu setzen, diesen besonders gefährdeten Personen ihre besondere Aufmerksamkeit zu schenken, sie zu über wachen und für sie zu sorgen. Der Antragsteller betonte, daß die entstehenden Kosten durch eine Kostenersparnis auf dem Gebiete der Beobachtung gefallener Mädchen reichlich gedeckt werden würden. AuS der eingehenden Besprechung des Problems der Fürsorge für jugendliche Prostituierte ist zu erwähnen, daß die Meinungen über die Sterilisation unverbesserlicher Dirnen, um im Interesse deS Staates deren gefährdeten Nachwuchs zu verhindern, auseinander gingen. Ferner wurde auf Grund der Erfahrungen fcstgestellt, daß der größte Teil der Kontrolldirncn an Schwachsinn leidet. Bon weiblichen DiSlkussionSteilnehmern traten mehrere für eine vermehrte Förderung der Kinderschntzheimc, für ein höheres gesetz liches Schutzaltcr siir Mädchen, für Abschaffung der gerichtlichen Bestrafung von Mädchen unter 14 Jahren und für eine Verstärkung des Einflusses der Frauen auf die Gesetzgebung ei». Auch ein engeres Zusammenarbeiten der Fürsorgcvrganisativnen mit den Aerzten wurde gewünscht. Schließlich sand der oben erwähnte An trag Ncißer ciustimmigc Annahme; ebenso eine Anregung, nach tun alle Fürsorge-, Kinder- und Mutterschntzvcreine, ZuslnchtSstätten und dergl. gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten einen Vorstoß gegen da» VolkSübcl unter nehmen sollen. AuS dem erstatteten Bericht über die rege Tätig- keit der Gesellschaft im letztverfloficnen Geschäftsjahre war zu ent nehmen, daß die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten durch viele hundert belehrende Ausführungen „Der SchiffSbrüchigcn" von Brienx und durch eine ausklärende Wanderausstellung, der „Schreckenskammer" der Hygicneausstcllung Dresden zwar erhebliche Geldopfer erfordert hat, aber trotzdem in verstärktem Maße fort geführt werden soll. Einen weiteren fördernden Faktor im Kampfe der Gesellschaft erhofft man von den gesetzlichen Krankenkassen, denen die Geschlechtskrankheiten mit den Folgeerscheinungen be trächtliche Summen kosten. Mit den statistischen Aemtern der deutschen Großstädte ist die Gesellschaft erfolgreich in Verbindung getreten und man wird nun in nächster Zeit nach den bereits vor liegenden Ergebnissen zu urteilen ein äußerst wertvolles statistisches Material über die fragliche Sache erhalten. — In Verbindung mit der Tagung fand die Uraufführung des lehrreichen Tendenzstückes „Die Verlorenen" von W. Beutler im Zentralthealec verdienten, lebhaften Beifall. —* Der Name „Insekten" hat im großen und ganze» keiiieu guten Klang, denn allznviele Schädlinge birgt diese Tierklasse in sich. Da sind die Raupen der Schmetterlinge, die Larven der Motten, die Fliegen, zahl reiche Käfer-Arten, die unsere Früchte besaiten, die Wan- derhenschrcüe, die Schaben, Wanzen, Flöhe, Läuse — von ihnen allen droht uns Schaden und Verderbe». Aber wiederum bringt die Jnscktenwelt auch nützliche Arten hervor, die jenen Schädlingen nachstellen, abgesehen von den Bienen, die — gleichsam als Haustiere — uns nm- mittelbar Dienste leisten. Von letzteren soll hier nicht die Rede sein, sondern von den erstgenannten Feinden schäd licher Insekten, die znm Teil weniger bekannt sind. Wir nennen in erster Linie die Schlupfwespen, deren Weibchen die Eier mit ihrem Legebohrcr unter die Haut von Raupen, auch anderen Insektenlarven, Insekten eiern, Puppen und entwickelten Tieren bringen, wo sich dann die ausschlüpfenden Larven von den Säften des Wirtcs ernähren und so den Tod desselben herbeisnhren. — Den Fliegen nnd anderen fliegenden Insekten gehen die zu den Geradflüglern gehörigen, von anderen zu den Netzflüglern, oder Bolden gerechneten Wasserjung fern oder Libellen zn Leibe. Sie ergreifen ihre Bente im Fluge nnd verzehren sie dann, auf Schilf oder dürren Zweigen sitzend. Aber auch im Iugendzustande schon, als gefräßige Larven im Wasser lebend, machen sie Jagd ans allerlei Wasserinsekten, die sie mit der zangen förmigen, vorschnellbaren Unterlippe ergreifen- — Höchst eigentümlich ist das Verhalten der Larve der gleichfalls zu den Netzflüglern gehörigen Ameiscnjnngser, welche N in. cisen > öw e genannt wird. Tie Tiere stellen in san digen Waldgegenden trichterförmige Gruben im Erdboden her, in derrn Mitte sie sich so weit versenken, daß nur noch der Kovf mit den geöffneten Kieserzangen hervor ragt. Rutscht nun ein vvrnberkommendcs Insekt in eine solche Fanggrnbe hinein, so wird es von dem dort lauern den Ameisenlöwen ergriffen, ansgesaugt und der Kadaver wieder hinausgeworfen. Vor allem verfallen Ameisen diesem Geschick, daher der Name „Ameisenlöwe". — Noch ein anderes nützliches Insekt stellt die Ordnung der Netz flügler: die Flor fliege. Dieselbe befestigt ihre lang gestielten Eier an der Unterseite der Blätter von Bäumen und Sträuchern, die von Blattläusen heimgcsncht werden. Tic auSkriechendcn Larven saugen mit ihren sichelförmi gen, nach innen mit einer tiefen Rinne versehenen Sang zangen die ihnen begegnenden Blattläuse ans, deren Häute sie auf ihrem Körper ansgehäust mit sich »mhcrtragen. — Als letzten Vertreter der Insektenwclt haben wir hier das niedliche M a r i c n kä f e rch en zu nennen, das sei nen Namen des unschuldigen Aussehens wegen nach der Jungfrau Maria erhalten hat. Die hurtig auf den Blät tern umhcrlaufendcn Larven des Käfers ernähren sich gleich der vorigen Tierart von Blatt- »iid SchUdläiiseii sowie ähnliche» weiche» Insekten nnd mache» sich hier durch, da sie fast während des ganze» Sommers ange- trvfscn werde», im höchste» Maße nützlich. Seiilitrinlisliz. MIM Ilmlm f-S W Ml«? wklm-WM-liMiirt.