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tvurde der Waffenstillstand zu Malmö adgeschlojsen, und am 29. sollte der Einzug der Truppen stattfinden. Aaa hatte es der Trauer wegen abgelehnt. mit unter den jnngen Mädchen zn sein, die am Stadttor die Heimkehrenden empfingen. Aber Klaus mit der Fahne in der Hund und einem Lvrbe voll Blumen auf dem Rücken, stand mit den Schulkameraden am Rege und schrie sich beinahe heiser, so laut ließ er das „Hurra" uno „Schleswig-Holstein, stammverwandt" er tönen. Mit beiden Händen griff er in seinen Kvrb nnd streute die Blumen aus. Im weißen Kleide, wunderbar lieblich in ihrer tiefen Bewegung, stand Sga auf der Schwelle ihres Hauses, drei Kränze über dem Arm, um die Heim lehrenden zu begrüßen. „Willkommen daheim?" hatte sie ihnen zurufen wollen. Als sie aber den Bater mit Tetlev und Weller kommen sah, wußte sie nichts anderes zu tun, als sich zwischen Jubel und Tränen an des Baters Hals zu werfen. Er küßte sie wieder und wieder. „Mein Tirn, mein treues, mein braves Kindt' Sanft machte er sich dann aus ihren Armen los. Jetzt konnte sie mit ihrem alten Strahlen, wenn auch die Tränen noch in ihren Grauaugen standen, den beiden anderen die Hände reichen und sie mit dem „Willkommen daheim" grüßen Ta kam wie ein Pfeil angeschwirrt Klans aus der Stadt zurink. „Later, ich habe Dir die dicksten Georginen zugeworsen," rief er ihm schon von weitem zu, dann flog er in seine Arme «nd nahm Bater und Bruder jetzt ganz sür sich in Anspruch. Weller beugte sich zu Aga : „Das ist gar nicht mehr die „lütte Tirn", die vor mir steht, sie ist ge wachsen — hoch gewachsen!" TaS Mädchen sah ihn verwundert an, sie erstand ihn nicht. Er aber fuhr fort: „Gewachsen au inner licher Größe, Gate, das bist Tu. Ich weiß alles, denn ich habe Deinen Bries an Detlev gelesen und sage, T« hast auf Deinem Posten hier ausgeharrt und für Deines Baters Glück gekämpft, so treu nnd mutig, daß ich Dich nur bewundern dann " Sie wedele ab ,F), nicht doch, Hans. Es war so wenig, waS ich tun konnte, und dabei habe ich nicht einmal gesiegt " „Auch bei einer augenblicklichen Niederlage kann der Soldat Heldenmut beweisen, und vielleicht zeigt er sich da in seiner größten Stärke," beharrte er Rathgen hatten die letzten Borte gehört, er wandte sich zu den beiden „Auf die Treue kvmmt'S allein an. ganz allein, aus das Ausharren ohne Verzagen, ringen nnd nie müde werden — hoffen — und Gott vertrauen!" Er brach ab, feine Gedanken wanderten zu seiner armen geliebten Krau, die er schmerzlich vermißte Mit Gewalt sich losreißend, ging er rasch auf anderes über, zog den Sohn heran und sagte: „Nun sieh Dir «al den Detlev genau an, mein Dirn, merkst Tu nicht»? Der Zunge hat uns Ehre gemacht, ist Unteroffizier geworden und, wiN's Gott, zählt er »uu auch bald zu den Offiziersaspiranteu." Schluß des ersten Teils. Herz Ehre. Boa Arthur Kam,. Fortsetzung. V. -»ran Lehnhard öffnete dem Leutnant Ihr gut- mutige» alte» Gesicht erglänzte vor Freude. >,AH, Eie, Herr Leutnant! — Wie geht es oenn Elöchen?" Klans Wollmar mußte sich Gewalt antun . die Frage freundlich zu beantworten .Lch danke, gut." tk küßte der alte» Tome wie „Mmer die Schtd. . „Vifior rüstet sich eben zum Ausgeyen," fuhr sie gesprächig fort. „Er wollte natürlich zur Braut." Sie lächelte. „Also ist er schon zu Hause?" fragte der Leutnant schnell. „Gewiß." Sie legte ihre Hand auf die Klinke, die zu ihres Sohnes Zimmer führte, und öffnete. „Biktor!" rief sie hinein. „Leutnant Wollmar ist da!" Ein Zucken der Neberraschung und eines geheimer: Schreckens lief über Biktor Lehnhards Züge. Aber er faßte sich rasch und ging dem Eintretenden ei« paar Schritte entgegen. ° Leutnant Wollmar stand unbeweglich unweit der Schwelle. Er machte keine Anstalten, seinen Schwager wie sonst zu begrüßen. Ta trat dieser dicht an ihn heran nnd streckte ihm, nach einem raschen, scheuen Blick auf seine Mütter, die hinter dem Besuch an der offenen Tür stand, seine Rechte entgegen. In dem Ausdruck seines Gesichts und in der Ärt, wie Biktor Lehnhard seinem Schwager die Hand bot, lag etwas so Zwingendes, daß der Leutnant mechanisch ein- schlug Aber als im nächsten Moment Frau Lehnhard vernehmbar die Tür schloß, riß er mit heftigem Ruck, sich über sich selbst ärgernd, seine Hand aus der des andern „Ich bin nicht gekommen," sagte er scharf, niit finsterem, drohendem Gesicht, „um mit Ihnen Höf lichkeiten auszutauschen, sondern um mich namens meiner Familie mit Ihnen für immer auseinander —" Biktor Lehnhard unterbrach den Sprechenden hart und gebot ihm mit einer gebieterischen Handbewegung Schweigen. Zugleich zischelte er ihm mit unterdrückter Stimme zn: „Nicht hier!" Er sah sich ängstlich nach der Wr um, hinter der seine Mutter verschwunden war. Ter Leutnant war im ersten Augenblick fo über rascht, daß er nicht gleich eine Erwiderung sand. Es war Viktor Lehnhard, der zuerst wieder das Wort nahm. Ein Ausdruck von Schmerz und von Empö rung spiegelte sich in seinen Mienen, während er flüsternd sagte: „Also hat Worbeser mich bei Ihnen angcllagt" „Er hat, wie eS seine Pflicht ivar, mir gewisse sehr merkwürdige Tinge aus Ihrer Vergangenheit —" „Still!" Es zitterten so viel Qual und Entsetzen in dem Ton oer Stimme des Sprechenden, daß der Leutnant unwillkürlich gehorchte. Kopfschüttelnd, zwischen Aergec und Mitgefühl schwankend, betrachtete er den ihm mit verzerrtem Gesicht Gegenüberstehenden. „Wollen Sic mir nicht erklären," sagte sr^ „was Ihr höchst befremdliches Verhalten — ?" „Traußen!" flüsterte Lehnhard. Und hastig sich zu dem Offizier hinüberbeugend, fuhr er nock» leiser fort: „Meine Mütter darf es nicht hören. Ich bitte, kommen Sie!" Er schritt an dem erstaunt zur Seite treteuden Offizier vorbei und öffnete die Tür. „Kommen Sie!" flüsterte er noch einmal zurück. Klaus Wollmar folgte willenlos. Eilig, als brenne ihm der Boden unter den Füßen, riß Biktor Lehnhard feinen Hut von dem im Kvrridor angebrachten Gar- dcrobenhalen. Aber er war noch nicht an der Tür, als Frau Lehnhard auf den Korridor hinaustrat. Sogleich orehte sich Viktor um und zwang ein freundliches, un bekümmertes Lächeln aus seine Lippen, nickte nnv sagte : »Lebe wohl, Muttchen! Ich gehe mit Klaus. Warte nicht mit dem Essen auf mich. Ich komme erst später wieder" Es war eine umpulsive Handlung, daß der Leutnant sich verbindlich verbeugte und die ihm entgegenge- streckte Hand der alten Dame küßte. Auf ver Treppe atmete Biktor Lehnhard au» tiefster Brust auf. Schweigend gingen sie hinab. Unten Wesirmmfle-e« für Rotattonützrnck. «icsK Goelheftraß» Nr. ö» hält sich zur Anfertigung nach stehender Drucksachen bet sauberer Ausführung und billigst« Preis- Peilung bestens empfohlen. «vis» Adrrtz- und Geschäfts» karteu Briefköpfe, vriefletsteu Bestellzettel Broschüren, vtlletS Deklarationen DanffasangS» and EtuladoogSbrief» Einlaßkarte« Etiketten all« Ar» Fakturen, Flugblätter Farmulare tu »t». Sorte« Frachtbriefe Sebrauch-anveisougeu Fremdenzettel Haus» «nd Fabrik» vrdnnngea Geburtsanzeige« HachzeitSeinladungen »Zeitungen und »Gedichte Kafteuschtlder Kostenanschläge Kataloge, Kontratte Kontobücher Lohnlisten, Mahnbriefe Mittet Inn gen, MeuuS Musterbücher, Nota» Vlakate Programm« PretSturaut, Postkarten, Quittungen Rabattmarke» Rechnungen Speisen- und Weinkarten Statuten, Tanzkarteu Stimm-, Theater» und Sackzettel vtfltea» nnd PerlobnugSkartea Wechsel, Werke Zirkulare, Zeugnisse re. rc. re. Dl« Buchdrucker«» »an LmsertMterliek Messer Irgedlstt — Amtsblatt — Fernsprechstell« Nr. 20. Telegramm-Adresse r Tageblatt Riesa. im Hausflur aber konnte der Offizier seine Empok-ng nicht länger zurückhalten. „Wozu die Komödie?" fragte er schroff. Biktor Lehnhard blieb stehen und drehte ihm sein ernstes, in heißestem Seelenschmerz zuckendes Ge sicht zu. „Sehe ich aus, wie jemand, der Komödie spielt?" fragte er. „Aber wozu dann diese Heimlichkeiten vor Ihrer Mütter? Sie wird es ja doch erfahren, daß — daß Sie vom heutigen Tage ab nicht mehr der Verlobte meiner Schwester sind." „Was wollen Sie damit sagen?" Ter Offizier zuckte mit den Achseln, als wenn er sagen wollte: das kümmert mich nichts! Laut erwiderte.er, ganz von seiner Entrüstung beherrscht: „Ich begreife nicht, wie Sie es mit dieser Vergangen heit wagen konnten, sich um die Hand meiner Schwester zu bewerben." „Das war auch nicht meine Absicht. Ich sagte mir selbst, was Sie mir soeben gesagt haben, daß ich mich nicht um die Liebe Ihrer Schwester be werben dürfe. Und so wollte ich Else meiden und die Stadt verlassen, aber da brachte mir ein Zufall die Entdeckung, daß sie mich bereits innig liebte, innig nnd stark, wie ich sie liebe." Klaus Wollmar machte eine Bewegung des Er staunens; dann fuhr er finster, zürnend fort: „Ihre Pflicht wäre es wenigstens gewesen, meinem Vater offen und ehrlich zu bekennen, welcher Schatten auf Ihrer Vergangenheit ruht, und ihm die Entsi^i- dung zu überlassen, ob er Ihnen unter diesen Um ständen die Zukunft seiner Tochter anzuvertrauen gewillt sei oder nicht." Viktor Lehnhard hielt seine Schritte an und sah mit Blicken, in denen sich Schmerz, Bitterkeit und Unwillen malten, seinem Begleiter ins Gesicht. „Meinen Sie wirklich," sprudelten seine Empfindun gen über, „daß man gerechterweise diese Forderung an mich stellen konnte? Glauben Sie, daß es meine Pflicht war, mich selbst aus dem Paradiese, das meine Augen bereits schauten, für immer zu verbannen? Ich mußte mir ja doch sagen, daß Ihr Vater, daß Sie mich un erbittlich zurückweisen würden, sobald Sie von meiner Jugendsünde erfuhren. Ich aber liebte Else mit aller Kraft meines H<n-zens, mit allen Fibern meiner Seele. Ich hatte gesehen, daß auch sie mich liebte, und da war natürlich das Verlangen, sie die Meine zu nennen, mich ihrer Liebe zu erfreuen, übermächtig in mir und ver drängte alle Bedenken. Dazu kam, daß ich das Bewußt sein hatte, daß ich das, was ich als unbesonnener Jüng ling gefehlt, längst ehrlich gesühnt hatte, daß gerade die Erfahrungen und Leiden jener furchtbaren Epoche meines Lebens mich gestählt, gegen jede Versuchung ge feit und mich schneller haben zum ernsten Mann reifen lassen. Ich hatte die Gewißheit, daß ich die Kra.it und die Fähigkeit besaß, Else glücklich zu machen. Und da sollte ich hingehen und sollte aus freien Stücken zu Ihnen sagen: ,Hch liebe Else, sie liebt mich, aber vor langen, langen Jahren ist etwas geschehen, das Sie berechtigt, mich mit Schimpf und Schmach von Ihrer Schwelte zu weisen." Nein! Gibt es denn keine Sühne, gibt es denn kein Verzeihen und Vergessen?" Viktor Lehnhard schwieg, erhitzt und erschöpft. Ter Leutnant stocherte mit seiner Säbelscheide in dem Sande der Landstraße nnd bemühte sich mit innerer Anstrengung, sich von dem Eindruck frei zu machen, den die Worte und der Ton des Sprechenden auf ihn hervorgebcachl hatten. „Es ist nicht meines Amtes," sagte er, „die Frage zu entscheiden, ob ein Mann, der sich mit dem Straf gesetz und mit dem, was zu den selbstverständlichen Eigen schaften eines anständigen Menschen gehört, in Wider spruch gebracht hat, -das Recht auf ein volles Verzeihe,r und Vergessen besitzt, ob er beanspruchen darf, wieder i als vollwertiges Mitglied in die gute Gesellschaft auf- l genommen zu werden. Ich sehe nur, daß ich nicht anders, handeln tann noch darf, als ich handle. Ich weiß, daß ich mich den Anschauungen der Gemeinschaft, in der ich lebe, unbeoingt zu fügen habe, und die Abschaltungen meiner Kameraden versehmen Sie und gebieten mir, dis Zumutung, Sie als Schwager willkommen z» heißen, mit aller Entschiedenheit von mir zu weisen." „Auch wenn Sie dadurch mein Glück, das Glück Ihrer Schwester zu Grunde richten?" rief Viktor Lehn hard mit zuckenden Lippen. Ter Leutnant richtete sich hoch auf und stützte sich auf seinen Säbel. „Ich weise jede Verantwortung von mir," entgegnete er kalt. „Tas, was Sie jetzt erleiden, die Enttäuschung, die meine bedauernswerte, arme Schwester erfährt, ist eine Folge Ihrer einstmaligen Handlung, Ihrer Schuld und die klare Schlußfolgerung gesellschaftlicher Anschau ungen, die ich nicht geschaffen habe, und für die ich nicht verantwortlich bin. Niemand hat ein Recht, von mir zu verlangen, daß ich gegen meine Ueberzeugnng handle, und daß ich meinen Empfindungen, dis iir meiner Erziehung und in den Anschauungen meines Stan des wurzeln, Gewalt antue." „Gut! Mögen Sie es nie bereue«, und mögen Sie die herbe Bitterkeit, die mich jetzt zu Boden drückt unv mir alle Lebensfreude vernichtet, nie am eigenen Leibe erfahren! Ich will Ihnen nur «och bemerken, daß ich Ihre Entschließung als ein schweres, schreiendes Unrecht empfinde, und daß andere, die Ihnen an tadellosem Lebenswandel und an Ehrenhaftigkeit nicht nachstrhen, weniger hart und weniger unduldsam gegen mich ge handelt haben." „Andere?" „Mein Chef, Herr Meinardus, dem gewiß niemand in der ganzen Stadt bestreiten wird, daß er ein durch und durch ehrenhafter Mensch ist." „Wie, er wußte?" rief der Offizier erstaunt, zweifelnd. „Er weiß alles, er wußte eS schon, als ich bei ihm eintrat. Ter Staatsanwalt, der in meiner Sache die Anklagcbehörde vertrat, hatte eine so warme mensch liche Zuneigung sür mich gefaßt, daß er mich nach Ver büßung meiner Strafe seinem Freunde Meinardus em pfahl. Uno Herr Meinardus dachte hochherzig und vor urteilsfrei genug, um e» mit mir zu versuchen und mir zu helfen, wieder ein ehrlicher Mensch zu werden. Er hat seine Güte nicht zu bereuen gehabt." „Aber" — der Leutnairt stieß in einer ärgerlichen Aufwallung mit dem Säbel auf — „das hat er wissent lich vor mir geheimgehalten." „Weil er es für seine Menschenpflicht hielt, zu schweigen, weil ich in seinen Augen wieder ein an ständiger Mensch geworden bin, dem er selber sich nicht scheut, freundschaftlich die Hand zu drücken und in seiner Familie Gastfreundschaft zu gewähren. Und nun, Herr Leutnant Wollmar, habe ich eine letzte Bitte an Sie," Klaus Wollmar runzelte oie Stirn, und seine Augen blickten noch kühler, noch abweisender und unnahbarer als vorher. „Ich wollte Sie und Ihre Angehörigen bitten," fuhr Biktor Lehnhard weich fort, „daß Sie meine arme Mutter schonen. „Schonen- Wie meinen Sie das?" ,Zch deutete Ihnen bereits an, daß meine Mutter den Grund, warum Sie sich weigern, mich in Ihre Familie auszunehmen, und warum Sie mich zwingen, auf Else zu verzichten, nie erfahren darf." Ter Leutnant machte eine Bewegung unnmtigen Erstaunens. „Wie, Ihre Mutter wüßte nicht, daß —" „Taß ich einst schwer gefehlt und dafür im Ge fängnis gebüßt habe. Sie weiß es nicht." - Leu Mienen Klaus Wollmars war deutlich ein so starker Unglaube ausgeprägt daß Biktor Lehnharo Mik tiefer Bitterkeit rief: - .