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ich vor vier Tagen in Dem Hanse Ihrer Eltern begegnete, und der mir — ich gestehe, z» meiner Ueberraschung — als der Bräutigam Ihres Fräulein Schwester vorgestellt wurde." Leutnant Wollmar blickte befremdet auf- „Zu Ihrer Ueberraschung?" fragte er und runzelte die Stirn. „Allerdings, Herr Kamerad. Und ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich annchme, daß weder Sie noch Ihre ver ehrten Eltern über eine gewisse Periode in der Ver gangenheit des Herrn Lehnhard unterrichtet sind." In den Mienen des anderen Offiziers spiegelte sich immer deutlicher ein unangenehmes Erstaunen. Er reckte sich mit jähem Ruck straffer in die höhe. „Bon welcher Periode iin Leben meines Schwagers sprechen Sie, Herr Kamerad?" fragte er, seine Blicke durchdringend auf das Gesicht des ihm Gegcnübcrsitzen- den richtend. „Bon der Zeit vor seiner hiesigen Tätigkeit." „Bon seinen Studienjahren also?" Assessor Worbeser verneinte. „Bon der Zwischenzeit. Nachdem Herr Lehnhard seine Studien beendet hatte, war er Volontär in einer grvsicn Atticumaschinenfabrik in Berlin. Ich stand da mals in meinem lebten Semester. Als Student war ich mit Lehnhard befreundet gewesen, bis das Ereignis, auf das ich schon anspielte, uns entfremdete und zwischen mir und ihm eine unüberbrückbare Kluft schuf." „Eine unüberbrückbare Kluft?" rief Lentnant Woll mar stirnrunzclnd, und seine Augen blitzten drohend. „Was wollen Sic damit sagen?" Assessor Worbeser zuckte mit keiner Miene. „Hören Sie mich ruhig zu Ende an, bitte," erwiderte er in unbewegtem, gleichmäßigem Ton. ,Lch bat Sie schon, die peinliche Nachricht nicht mit dem Bericht erstatter, der objektiv berichtet, zu verwechseln. Herr Lehnhard hat sich während seiner Tätigkeit als Volontär eine Handlung zuschulden kommen lassen, die ihn für immer ans der Reihe der anständigen Menschen stößt." lieber Leutnant Wollmars Antlitz breitete sich flam mende Röte. Erregt sprang er auf. Sein Gesicht nahm einen noch finsteren und drohenderen Ausdruck an. „Tas ist eine ungeheure Anklage," sagte er scharf, „und ich muß Sie ersuchen, sich näher zu erklären und die Beweise für Ihre vorläufig unglaublich klingende Behauptung zu erbringen." Worbeser verlor nicht einen Augenblick laug seine Ruhe und Sicherheit. „Selbstverständlich," sagte er, sich auf seinem Sessel leicht verneigend, „bin ich in der Lage, Ihnen für die Wahrheit meiner Mitteilungen auch die Beloeise zu geben." KlanS Wollmar ließ sich wieder auf seinen Stuhl zurücksinken. „Ich bitte darum," bemerkte er kurz. Ter andere nickte. „Nun also," fuhr er fort, „um es kurz zu machen: LehulMrd hat vor etwas mehr als sieben Jahren eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten abgesessen, die er sich durch eine Unterschlagung zngczogen hatte." Wieder sprang Klans Wollmar auf, diesmal leichen blaß. Tie Hand, mit der er sich aus den Tisch stützte, zitterte merklich. Fortsetzung folgt. Wahres Pfingsten. Er wird euch mit dein heiligen Geist taufen (Marc. 1, 8). Johannes der Täufer ist ein Prophet auf Pfingsten. Mt er von der Menge de» Volks umringt wurde, die ihn für den erschienenen MesfiaS hielt, da wies er sie hin auf den Gewaltigen, der nach ihm kommen sollt« und der das Volk taufen würde »mit dem heiligen «eist-. Johannes — ! Druck und Berla« von Lana« t Winterlich, Riesa. — taufte mit Wasser. Wenn «S über die von ihm im Jordan Untergelauchten dahinrauschte, da redete eS wohl in diesem heiligen Augenblick von der wichtigen Aufgabe der Reinigung der Seele von aller Sünde — aber weiter gab eS dem Getauften nichts. Jesus aber sollte die, welche zu ihm kamen, nicht mit Wasser laufen, das von ihnen wieder abfloß, ohne ihnen zu wirklicher Läuterung verhalfen zu haben, sondern durch ihn sollten sie umfangen werden „vom heiligen Geist-, von helfender GotteSkraft. „Heiliger Geist- nennen wir das Göttliche, Ewige, daS bei irgend einem Anlaß nnS entgegenweht wie ein Hauch des großen GotteS. Ob eS eine Stunde wahren Gottesdienstes ist, die unsre Seele mächtig erhebt, ob eS die Größe und Pracht der Natur ist, die unS gewaltig ergreift und eine göttliche Sprache zu unS redet, ob eS besondere Führungen im Leben der Völker oder im Leben einzelner Menschen sind, die un» eine ewig« Weisheit kundtun — in dem allen spüren wir GotteS selige Nähe, und wir nennen ihn als diesen Nahen, unS Umfangenden: „heiliger Geist. - JedeS Christen ernstliche- Streben muß eS nun sein, solche Stunden der Erhebung durch daS Erfassen des nahen GotteS nicht mehr nur vereinzelte Lichtpunkte sein zu lassen, die unS hier und da einmal entgegenleuchten, sondern da ganze Christenleben soll ein ununterbrochene- Nmwehtsein durch die Gottheit werden. Ohne Ende soll der rechte Pfingstgeist seine Seele erheben über die kleinen Sorgen des Erdenlebens und mit der größten aller Sorgen ver- traut machen: um die rechte Vollendung der Persönlichkeit für Gottes Welt. Wo solches wahres Pfingsten leise anhebt, da zeigt der Gottesgeist seine Kraft in doppelter Weise. Zunächst macht er die Augen des Menschen immer lichter, immer schärfer, so daß er in allen Stunden genau zu unterscheiden vermag, was göttlich ist und was dem Wesen Gotte- widerspricht. Da- ist eine große, wertvolle Gabe de» PfingstgeisteS, denn die Menschen sind oft gar so kurzsichtig und wissen nicht, daß sie auf falschem Wege gehen und damit immer weiter von ihrem wahren Glück sich ent fernen. Dazu kommt al- zweite Gabe des wirkenden PfingstgeisteS: hinter den so sehend gemachte» Augen steht ein Wille, der immer energischer darnach ringt, auf dem erkannten rechten Wege vorwärtszuschreiten und die Arm« immer mehr auSzustrecken nach dem wahrhaft beglückenden Leben, das im Gehorsam gegen GotteS heilige Ordnung heranreift. Ob auch Hindernisse sich in den Weg stellen, ob alte Leidenschaften wieder lodern, ob Entbehrungen und Kämpfe abschrecken wollen — Gotte- Seist, der den Menschen ergriffen hat, führt ihn ohne Zagen vorwärts. Wir erkennen e» gleich, ob an einem Menschen die heilige Arbeit de» PfingstgeisteS begonnen hat. Da» zeigt sich darin, daß der Mensch immer edler, immer reiner, immer gütiger, immer bereitwilliger wird im Vergeben und im Helfen. Wenn wir solche edle Menschen sehen, wollen wir dann daran denken, woher ihnen solche Kraft kommt: e» ist bei ihnen wahre» Pfingsten geworden. Dann stehen solche Menschen mitten unter dein Volk, alle um Haupte» Länge überragend und von allen für Heilige» Empfänglichen bewundert. Was sind sie dann für ein Segen für ihre Umgebung! Sie werden ihnen allen Ueberbringer desselben GotteSgeifteS, der sie so hoch emporgehoben hat. Daß wir alle einen solchen edlen Menschen täglich vor den Augen stehen hätten, in dem uns der reine Geist Jesu immer neu «ntgegenleuchtet und von dem ans er auch in unsere Seele einzieht. Da» jährliche Pfingstfest der christlichen Kirche soll nun ein Dankseft sein für solche GotteSgabe und zugleich eine Mahnung und Erinnerung für alle, die erst wenig oder garnicht« von solchem GotteSgeist in ihrer Seele tragen, daß fie ihr Herz auftun in willigem Glauben für dies« heilig« SotteSsonnel Wahre» Pfingsten — selig, wer e» schon an sich erlebt hatl R. Kür di» Redaktion verantwortlich; Arthur Hähnel, Riesa. 2. o Z <s L s «» Erzähler an der Elbe. Belletr. Gratisbeilage zum „Riesaer Tageblatt". Nr. 22. . NP ewig «ngedeelt. Vaterländische Erzählung von A. v. Liliencron. Fortsetzung. Jetzt schlossen auch diese sich der Kompagnie an. Doch weiter ging es nicht, denn in der qucrlaufenden Straße, am Fluß entlang, waren alle Häuser von Dänen besetzt, die auf die Ankommenden schossen, und zugleich ergoß sich ein verheerendes Feuer auf sie von der stark verbarrikadierten Brücke, die über den Fluß führte und den Weg versperrte. Es galt, einen geschützten Platz zu entdecken, um von da aus die Stadt zu beschießen. Eine freigelegcne rote Scheune, an der die Truppen bei ihrem Einmarsch vor beigekommen waren, wurde dazu auserlesen. Sie war fest verschlossen, und es gelang nicht, sie zu öffnen. Pio niere mußten die Hintere Wand cinschlagen und Schieß scharten bohren. Tie Jäger setzten sich darin fest, wur den aber von einer feindlichen Batterie stark beschossen. Doch brachten die Geschütze, die Oberstleutnant von Zastrow dagegen aufsahren ließ, das feindliche Feuer zum Schweigen. Stunden um Stunden vergingen, und es war schon 7 Uhr abends gcuwrden. Tie Dänen hatten nene Ge schütze ins Tressen geführt, deren Kugeln auf di- rote Scheune gerichtet wurden. Die dünnen Wände hielten nicht stand, jeder Schuß schlug durch, und Mauersteine stürzte» herab. Ein längeres Venveilen darin ging nicht an, und so wurden denn die Jäger hinter die Knicks ver teilt, um von da aus weiter zu feuern. Doch nur noch kurze Zeit, da die Dunkelheit dem Gefecht ein Ende inachte. Nun wurde» Vorposten bis in nächster Nähe der verbarri kadierten Brücke gestellt, und die Patrouillen mußten das Ufer bewachen. Etliche hundert Meter dahinter, gedeckt von den Knicks, war das Lager aufgrschla^en. Nicht lange währte die Nachtruhe, denn schon früh 2 Uhr langte die Meldung an, die Däne» Hütten nach l Uhr die Stadt geräuschlos verlassen, und nm das bewerkstelligen zu können, die Wagenräder mit Stroh umwickelt und den Pferden Strümpfe angezogen. Ein ganz deutsch gesinnter Bürger der Stadt war der tteber- bringer dieser Nachricht gewesen, worauf sich eine Kom pagnie sofort in Marsch grient hatte, um die Verfolgung aufzunehmen. Auch wurde das Lager alarmiert, und die Jäger kompagnie von der Heyde übernahm den Vormarsch durch die Stadt, dein Wälochcn von Ulsshuus zu. Unter wegs fanden sie zwölf von den Dänen bestellte und nicht benutzte Leiterwagen. Die Jäger kletterten eilig hinauf, und nun ging es im munteren Trabe dem fliehenden Feinde nach. Hauptmann Wrangel sowie Leutnant Weller hatten sich den Jägern angeschlossen. Tie Dänen sollten sich nach Ehristiansfeldc zurückgezogen haben, und dahin wurde die Richtung genommen. Es war ein prachtvoller Sommermorgen mit lachen dem Sonnenschein, jubelnden Vögeln, taufrischen Wiesen und wogenoen Kornfeldern. „Eine köstliche Fahrt," meinte Detlev zu dem an seiner Seile stehenden Kameraden, „man könnte sich ein bilden, man mache eine lustige Landpartie." Aber die Worte waren kaum von seinen Lippen, da knatterten Schüsse aus dem Wäldchen, an dem sie eben vorbeifuhren. Ter erste Wagen, in dem der junge Rathgeu saß, bekam da» Feuer, doch gingen die Kugeln über die Leute S7. Sitzrg. fort. Im Nu waren die 'Jager aus sämtlichen Wagen her ausgesprungen und schwärmten aus. Tas war kein Gefecht, was sich jetzt entwickelte, sondern das Anseinanderstoßen der Feinde gestaltete sich zu einer regelrechten Treibjagd. Die Dänen feuerten unausgesetzt, aber so hastig und ohne zu zielen, daß nur wenige Kugeln die Nachstürmenden trafen. Der Feind hatte es sehr eilig, davon zu kommen, die Jäger aber noch eiliger, ihm nachzusetzen. Sie ließen sich keine Zeit zum Feuern, sondern nahmen mit einem brausenden, fast unausgesetzten Hurra hintereinander neun parallel lau fende Knicks. „Das reine Hürdenlaufcn mit Hindernissen," flog es Detlev durch de,; Sinn, denn zum Sprechen fehlte ihm Zeit und Atem. So ging vie Jagd eine geraume Zeit fort, dann aber hatten die Dünen Bjernink er reicht und setzten sich dort in der Kirche fest. In Schützenlinie gingen nun die Jäger vor, als sie unerwartet von der Kirchhofsmauer her Feuer erhielten, und zwar so heftig, daß sie sich hinter die Häuser zn- rnckziehen mußten. i Detlev sah mit blitzenden Augen um sich. „Wenn wir da von der südlichen Ecke dem Feind in den Rücken fallen, wer weiß, ob er dann stand hält," murmelte er halb für sich und äugte scharf nach der Kirchhofsmauer. Ter Oberjäger Langhof, oer neben ihm stand; hatte oic Worte aufgefangen. Er wandte sich zu ihm: „TaS habe ich auch gedacht? Wir machen'- — noch ein paar entschlossene Leute, und wir versuchen den Handstreich." „Vorwärts! Dem Mutigen hilft Gott?" jubelte Detlev. Ein kleiner Trupp wagemutiger Jäger führte den Plan aus, der so glänzend gelang, daß die überrumpelte« Tönen ohne Kampf den Kirchhof verließen. Von neuem begann die Jagd und wurde hin und wider nur dadurch unterbroclpm, daß neue feindliche Ko lon neu erschiene:;, die sich zur Wehr setzte;;. Rach kurzem Feuerkamps aber gaben sie es auf und wandten sich ebenfalls zur Flucht. Vor ihnen lag Christiansfelde und die Brücke, die in das Städtchen hinein führte. Gelang es, durch eine rasche Umgehung diese vor dem Feinde zu erreichen, so konnten zwei dänische Linienregimenter abgedrängt wer den. Aber in dem Augenblick, als Oberstlentnant von Zastrow den Befehl dazu erteilen wollte, mußte dem Vorwärtsstürme;; Halt geboten werden. Prinz Roer, der das Gros der Truppen führte, erschien in eigener Person, gab Befehl, das Gefecht abzubrechen und sich dem GroS anznschließen, das nach Aller marschierte. Wer Soldat ist oder gewesen ist, oder auch cm junger Heißsporn, der sich in die Lage der Truppen versetzt, wiro ihnen nachfühlen können, wie schlvcr da ist, in solchem Augenblick umkehren zu müssen. Aber der streng militärische Gehorsam, der bei kriegerischen Be wegungen unumgänglich nötig ist, wird dem Offizier wie dem Soloaten als eine jo wichtige Pflicht anerzogcn, daß auch hier, trotz allem innerlichen Widerstreben, die Verfolgung aufgegeben wurde. Die Truppe» vereinigte:; sich mit dem Gros, um n;it diesem zusammen von neuem die Verfolgung aufzu nehmen Vorausgesandte Dragoner-Patrouillen sanden EhristianSfelde geräumt, und als sie bis nach Heilsmünde weiterjagten, sahen sie, wie eben die drei Kriegsschiffe, auf die sich der Feind zurückgezogen hatte, die Anker lichteten. ' Meia, den 3V. Mat 1914