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Beilage zam „Riesaer Tageblatt". Rotatioaldruck und «erlag van Langrr L «inlerltch t^Rtisa. — Flsr die «edaNlon verantwortlich» Arthur Htlhnel in Riesa, «ss'ck US. Montag, 18. Mai >»14, «beabS. " «7. Jahrg. SSchßscher Landtag. Erste Kammer. Lnr Regierungstischc Staatsminister Dr. Deck und Dr. Nagel. Dec Präsident eröffnete die vorgestrige Sitzung um U Uhr. Mehrere Etatkapitel werden zunächst ohne Debatte,in Uebereinstimmung mit der Zweiten Kammer verabschiedet. Es folgt oie Schlußberatung über das Pfarrbesoldungsgesetz. Dr. Wäntig-Rave- beul berichtet über die Deputation-Verhandlungen und beantragt die Annahme des Entwurfes in teilweiser Ab weichung von den Beschlüssen der Zweiten Kammer.» Die heutige Entscheidung des Hauses werde mit Ungeduld in den Kreisen der Geistlichen erwartet. Es sei «in schwerer Mangel, daß gerade die wichtigsten Vorlagen der Ersten Kammer viel zu spät zugingen, sodaß sie überstürzt er ledigt werden müßten. Oberbürgermeister Dr. Sturm ist überzeugt, daß der Entwurf in seiner Gesamtheit der Landeskirche nicht zum Segen gereichen werde. Rament- lich die größeren Gemeinden würden finanziell zu sehr belastet. Kammerherr v. Earlowitz erhebt ebenfalls Bedenken gegen die Annahme des Gesetzes. Kultusminister Dr. Deck weist demgegenüber auf die große Bedeutung der Vorlage hin, die einen großen Fortschritt im kirchlichen Leben bringe. Tas Gesetz sei seit langem vorbereitet, eine Ueberstürzung liege nicht vor. Die großen Städte würden allerdings etwas mehr belastet. Tas sei aber bei jeder Steuerreform der Falt, daß ein TeilZegenüber dem frühe- ren Zustand etwas mehr belastet würde. Er bitte um An nahme der Vorlage. Tie Oberbürgermeister Tr^ Beut- ler, Dr. Sturm und Tr. Dehne sprachen sich gleich falls in ablehnendem Sinne aus. Oberhofprediger Tr. Dibelius spricht sein lebhaftes Bedauern aus, wenn diese wichtige Vorlage durch die finanziellen Bedenken der großen Städte scheitern sollte. Oberbürgermeister Keil-Zwickau unterstreicht nochmals die Tatsache, daß die Städte finanziell zu sehr belastet würden. Oberbürger meister Dr. Dittrich stellt darauf den Antrag, zunächst statistische Unterlagen über die vom Pfarrbesoldungsgesetz zu erwartenden Wirkungen zu beschaffen, bis dahin die Beschlußfassung auszusetzen und die Regierung zu ermäch tigen, im Verordnungswege die Bestimmungen der 8 und 9 sofort in Araf^zu fetzen. Mltusministcr Tr. Beck und Finanzminister v. Seh de Witz treten nochmals dringend für die Annahme des Gesetzentwurfes ein in der Fassung der Deputation. Der Antrag Dittrich sei un durchführbar, da ex für oen Staat eine Mehrbelastung von 250000 Mark mit sich bringen würde. Nach weiterer Tiskussion wird ein Antrag auf Schluß der Debatte an genommen. In namentlicher Abstimmung wird der An trag Dittrich gegen 9 Stimmen angenommen. Damit ist das Pfarrbesoldungsgesetz gefallen. Es folgt die Schlußberatung zum Etatkapitel di rekte Steuern. Finanzminister v. Sehdewitz: Nach dem die Ergebnisse aus oen letzten Steüerbezirken ein gegangen seien, könne er das Gesamtergebnis des Wehrbeitrages angeben. Es stelle sich, demnach ans 75 755 023 Mark an Solleinnahme, die Jsteinnahme dürfte sich etwas niedriger stellen. Der höchste Ertrag entfalle auf den Bezirk Dresden mit 22,3 Millionen, darunter auf die Stadt Dresden 16,9. Auf den Bezirk Leipzig ent fielen 21,6, auf Chemnitz 7, Zwickau 3,7, Plauen 3,1 Millionen Mark. Tas Kapitel wird darauf bewilligt und der Antrag Günther auf Wegfall der beiden untersten Stenerstufen abgelehnt. Hierauf erstattet K^mmerherr Tr Sahrer von I Sahr den Bericht über das Dekret Nr. 33 und beantragt, in Uebereinstimmung mit der Zweiten Kammer der Er richtung einer Amtshauptmannschakt M Werdau zuzustim men, die Errichtung einer solchen in Aue. aber abzulehnen. Oberbürgermeister Keil-Zwickau äußert verfassungs rechtliche Bedenken, über eine Etatposition zu beschließen, die erst 1916 in Erscheinung treten werde. Oberbürger meister Dr. Dehne- Plauen: Ter Plauener Bezirk stimme dem T«putationsantrag gern zu, obwohl einige Orte von der Plauener Amtshauptmannschaft genommen werden sollten. Staatsminister Graf Vitzthumvon EEst ädt: Etatrechtliche Bedenken beständen gegen das Dekret nicht. Tas Gehalt des neuen Amtsyauptmanns würde in den nächstjährigen Etat eingestellt werden. Nach weiterer Debatte wird der Teputationsantrag angenommen. Bei Kapitel 60, Landwirtschaft, Handel und Gewerbe im allgemeinen, erklärt Ministerialdirektor Dr. Roscher auf Anregung: Tie Meinungsverschiedenheiten, die zwi schen den wissenschaftlichen Verwaltern der Deutschen Bücherei und den Buchhändlern bestanden, seien nun überwunden und zwar nicht nur äußerlich. Er hoffe, daß die Deutsche Bücherei eine nationale Bücherei im wahren Sinne des Wortes werden würde. Tas Kapitel wird da- rauf bewilligt. > Der Rest der Tagesordnung, meistens Eisenbahn sache»!. und einige Petitionen, werden ohne wesentliche Debatte in Uebereinstimmung mit der Zweiten Kammer erledigt. Kammerherr Tr. Sahrer v. Sahr-Dahlen berichtet gemeinsam über die Petition der Staatsbeamten schaft der Orte Potschappel und Hainsberg um Versetzung dieser Orte in die 2. Ortsklasse für Wohnungsgeldzu schüsse und über die Petitionen der in den Riesaer Vororten wohnenden Eisenbahn beamten, der. Gemeinderäte zu Weida bei Riesa, Paunsdorf bei Leip zig und Zschölkau bei Oschatz, sowie des Gemeinnützigen Vereins zu Paunsdorf bei Leipzig um Gewährung des Wohnungsgeldzuschusses an die in den Riesaer Vororten, in Paunsoorf und in Zschölkau wohnhaften Eisenbahn beamten nach Ortsklasse II. Er beantragt, die erste Pe tition der Staatsregierung für die künftige Neuregelung der Ortsklasscneinteilung als Material zur Kenntnisnahme zu überweisen, überdies aber die Staätsregierung um eine Erwägung darüber zu ersuchen, ob nicht die 10 jährige Frist für die Neuregelung zu verkürzen ist. Die anderer» Petitionen beantragt der Herr Referent der Staatsregie rung zur Erwägung zu überweisen. — Die Anträge des Referenten wurden einstimmig und ohne Debatte ange nommen. Rittergutsbesitzer Dr. Becker (Kötteritzsch) berichtet über die Petitionen um Erbauung der Nordostbahn. Sei»» Antrag, die Kammer wolle sich in kkebcreinstim- mung mit der Zweiten Kammer a) mit der in der Zu schrift des Königlichen Finanzministeriums vom 15. April >914 bezeichneten Linienführung der genehmigten Teil strecke Radibor—Kamenz' einverstanden erklären, b) die um Erbauung der Nvrdostbahn eingegangenen Petitionen der Staätsregierung zur Erwägung überweisen, wird ein stimmig angenommen. Derselbe Herr Berichterstatter be- richtet über die Petition des Stadtrates und der Stadt verordneten zu Radeberg und'Genossen um Erbauung einer vollspurige,» Eisenbahn Arnsdorf—Radeberg—Rade burg und baldigste Ausführung des Teilplancs Radeburg- Priestewitz bez. Großenhain der Nordoftbahn. Den ersten Teil dec Petition läßt das Haus zurzeit auf sich beruhen und erklärt oen zweiten T^eil durch die hierzu einge- gangene Regierungserklärung und die dazu gefaßten Be- schlüsse für erledigt Tagesgefchichte ' Deutsche, «eich. Ter Kai>er in Wiesbaden. In Wiesbaden, wo jetzt der Neigen der Maisestsviele in Gegenwärt des Kaisers im Hostheater vor sich geht, haben anläßlich des Kinderhilfstages 1500 Kinder dem Kaiser eine herzliche Huldigung dargebracht. ' ' Herzog Adolf Friedrich von M e ck le n b ü t g, der Gouverneur von Togo, ist nach Deutschland zu-eiucnr auf »nehrere Monate berechneten Aufenthalt zurückgekrhrt Verhaftung eines russischen Spions in Graudenz. Großes Aussehen erregt in Graudenz die Verhaftung eines rn'sischen Spions. ES handelt sich um den 26 Jahre alten Bäckergesellen Max Scheffler, der Son einem russischen Spionage-Bureau in Warschau beauftragt worden war, die Entfernung zwischen der Zeppelin-Luft- schiffhallc in Gruppe und der Fliegerstation Graudenz festzustelleu. Scheffler hatte zu diesem Zweck von der russischen Regierung eine von einem russischen General- stabsoffizier gezeichnete Karte erhalten, in die er die Entfernungen eintragen sollte. Für diese Tätigkeit hat er von der russischen Regierung 60 Rubel erhalten. Scheff ler ist — wie die Telegraphen-Union erfährt— ein un sicherer Heerespflichtiger und wird außerdem von der deutschen Staatsanwaltschaft wegen schweren Diebstahls steckbrieflich verfolgt. Er »var seinerzeit flüchtig geworden Damen, die eine systematische haar- und Kopfpfleae als heilige Pflicht ansehen. Verschwundene Pracht beklagen, schafft kein Härchen zurück. ES liegt ganz bei Ihnen, beizeiten für die Erhaltung des schönsten Schmuckes, deS prachtvollen Haares zu sorgen. Schenken Sie volles Vertrauen dem berühmt« vrviAUes Kirkentlsarzvazxer Gebrauchen Sie eS regelmäßig und freuen Sie sich über seine belebende Wirkung auf den Haarwuchs. Ihr Haar wird voll und geschmeidig werden und Kopfschuppen, Jucken und Haarausfall verschwinden. Sie werden glücklich sein in dem Gefühl, Ihren Haarschmuck durch vr. Dralle's Birken-Wasser, daS Arzt« undl'aien loben und anwenden, zu erhalten. Str kausen da« echt, 0r. Drall«'« Birken-Wafferin Drogerien, Var» sümerien, FriseurgeschSsten sowie in Apotheken. Mk. 1.K und S.70. Km goldenes Mutterherz. Roma»» von Erich Ebenstem. 29 Dann kam ihr plötzlich eine phänomenale Idee. Wie sie darauf nur »licht früher verfallen »var! Die nette»» Mansarden zimmer in» erste,» Stockwerk mußte»» doch nicht leer stehen? Mit der Küche und dem Dienerzinnner gab eS eine ganz nette Wohnung. Früher, als die Eltern noch lebten, war oben auch vermietet worden. Nur Hans hatte keine fremden Leute im Hanse dulden »vollen, so sparsam er sonst auch »var. Sie dachte an Peter Lott, verwarf den Gedanken aber gleich »vieder. Der wohnte nun schon fünfzehn Jahre bei der alten Majorin, war ganz zufrieden und schwärmte zudem nur für westseitig gelegene Wohnungen, während die Zimmer oben nur Morgensonne hatten. Auch wäre eS peinlich gewe sen, ste ihm geradezu anzutragen. Aber «S würde ja kein Kunststück sein, die nette Woh' uung zu vermieten? Gleich morgen wollte sie annoncieren. Au» Abend, als Barbe mit dem RechnungSbuch kau», sagte Frau Lore so beiläufig: „Weißt Du, Barbe, daß ich mich jetzt manchmal geradezu fürchte, so allein mit Dir irr den, großen Haus?" „Fürchten?" Barbe riß die Augen weit auf, und ihre Nüstern bläh ten sich, als wittere ste etwas Unbestimmtes, das ihr nicht in den Kran, passe», würde. Dann sägte sie sehr bestimmt: „Mein Lebtag hab' ich mich noch nicht gefürchtet da. Gar, seit wir die SicherheitSkette haben." „Wenn auch. Es ist doch unheimlich." Barbe glaubte plötzlich zu verstehen: mit der Fabrik deS noblen Schwiegersohnes staud es faul, und Fran FabriziuS wollte das junge Paar zu sich nehmen. „Sie werden doch nicht so dumm sein, sich auf so waS «inzulassen?" sagte sie ziemlich respektlos. Denn das ging ihr doch über die Hutschnnr. „Wieso? Was meinst Dl» denn?" „Na, daß Ste etwa da au»ziehen wollen — sich auf Ihre alte»» Lage verdrängen lassen." .Frau Lore lachte. „Aber was fällt Dir denn ein, Barbe?!" Wer sollte mich denn verdrängen wollen! Und da anS dem lieben, alten Haus hinails, wo ich als Kind gespielt habe und grau geworden bin? Nein, das erlebst Dl» nicht." „Also, was denn?" „Vermieten »vill ich! Die Mansardenwohnung oben. Da mit »vir uns nicht mehr zu bangen brauchen allein. Ist das »»icht ein glorioser Gedanke ?" „Der—»nie—len?" Barbe sagte es langsam und dachte dabei angestrengt nach, was dahinter wohl stecke»» könnte? Aber sie konnte nicht ins Klare kommen. „Ja, Barbe," fuhr Frau Lore ganz glücklich fort, „Lenke nur, wie angenehm, wen», »vir eine nette Partei bekommen! DaS gibt gleich mehr Leben iin HauS, nicht wahr? Vielleicht findet mau auch eine Ansprache — und eigentlich ist'S doch eine Verschwendung, so eine hübsche Wohnung leer stehen zu lassen." Barbe war im Klaren. Aha, sie hatte noch nicht genug für „die da drüben!" Das war's. „Na, mir kann'S recht sein," brummte sie, „die HanLfrau sind ja Sie! Aber das sag' ich Ihnen bloß: lassen Sie sich nicht auf Hunde, Kinder oder Mannsbilder ein, den» da von hat man nur Aerger und Scherereien." Ein glücklicher Zufall wollte eS, daß die Wohnung gleich am ersten Tage vermietet wurde, und wirklich ohne „Kin der, Hunde und Mannsbilder." ^-> Fränlein Agathe Reinting, eine alleinstehende alte Dame, die n,it ihrer ebenfalls schon bejahrte»» Dienerin von den Zin sen eine» mäßigen Vermögen» lebte, zog ein. r«»-- Sie hatte nur eine Leidenschaft: Blumen. Selbst jetzt im Winter sähe»» die beiden Zimmer wie Gärten aus, und im Sommer, da würde man erst die Auge»» aufreiße», versicherte Lene Barbe, mit der sie gleich Freundschaft geschlossen hatte, zwischen abgeladenen Kästen und Kisten. Fräulein Agathe war leidend und ging selten au», da rum wollte sie e» daheim behaglich haben. Seit Jahren schon suchte sie solch «ine ruhige Wohnung draußen vor der Stadt und bei anständigen Leute». Sie hatte «in Zeine», blasseS Ge« sicht und trug sich altmodisch, so daß sie ailSsah wie ein lebendig gewordenes Bild aus Großväterzeiten. Fra»» Lore strahlte. Sie hatte mehr für die Wohnung be kommen, als sie gehofft hatte, und das erste Quartal war natürlich im voraus bezahlt worden. Nun freute sie sich dop pelt auf Weihnachten. Mit Assunta hotte sie schon alles besprochen. Die freute sich uatürlich auch. Nuu mußte sie nur die Schlohstädter noch eiuladen, denn »ua:» schrieb schon den 4. Dezember, eS war also höchste Zeit. Während eben in der Mansarde geklopft und gehämmert wurde, schrieb Frau Lore eine»» laugen, herzliche» Brief an Rudi und Eva. Zur selben Zeit musizierte Peter Lott in der Billa Retirä »nit Assunta. Er hatte neue Noten mitgebracht und sich schon die ganze Woche gefreut, sie »nit Assunta zu probieren. Aber es war merkwürdig: keines »var heute recht bei drt Sache. Assunta »var zerstreut »nid schweigsam. Lott aber bil dete sich ei», ihre Augen sähe»» heute merkivürdig flimmernd und glänzend aus, just so, als ob sie geweint hätte. DaS ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Er hatte sich mit leidlicher Fassung in seine Lage gefunden, so lange er sah, daß sie ganz und gar glücklich war. Jetzt stand auf einmal alles, war er für sie gefühlt hatte, mit neuer Gewalt auf, »nachte ihn linkisch und unsicher, sodaß er nicht einmal wußte, was er spielte. Immer wieder flog sein unruhiger Blick zu ihr. Wen» er ste doch hätte ii» d»e Arme nehme»» können, ihren Kopf an seine Brust bette»» und fragen, was ihr fehle? Den» sie litt bestimmt. Dieser Mensch, der ihn» immer vorkam »Vie en» schlecht gebanteS Instrument, dem ma» außen kostbare»» Lack aufgeftrichen hatte, nm eS besser verkaufen zu können ä« Markt de» Lebens, behandelte ste sicher schlecht. Was »var denn dem, der nur Verständnis hatte für ihren frischen Far- benreiz und die blühende Gestalt, Assuntas Seele? 221,20 Verächtlich kniff der Alte die Mundwinkel ein. Bah, er kannte ihn. Ganz und gar kannte er ihn seit jener Unterred düng damal» über de» Schwager» Testament und «r trug nicht da» mindeste Verlangen, die, Bekanntschaft sortzusetzef».