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1. Beilage ;nm „Riesaer Tagedlatt". Rotattaatdnuk «ad Verlag voaLa«g«r»Wl»t,rrlchl,»j,s» — FR» dl» Nrdaktt«, »««MwrNtchr Arthur Hilhael 1» Riesa. H los «itttvech, S. Wai ISIS. ave«»s. " «7. Jahr,. M tzmgMcklai« « Reanlise BD. Dem Reichstag ist eine interessante Denkschrift zugegangen. Sie beschäftigt sich mit den Beschwerden der Tualahäuptlinge, die vor einigen Wochen bei der Be ratung des Kolonialetats erhebliche Erregung verursach ten. Rechtsanwalt Dr. Halpert war, wie noch erinnerlich sein dürfte, von den Duala beauftragt worden, für sie eine Petition an den Reichstag aufzusetzen, in der sie da- Kameruner Gouvernement wegen eines Enteignungs verfahrens am Kamerunflusse heftig angriffen. Ferner beschuldigten sie die Kameruner Post der Verletzung des Postgeheimnisses und der unberechtigten Beschlagnahme eines Telegrammes, das am 15. Januar 1913 — die Ge schichte geht bis ins Jahr 1912 zurück — einer ihrer Wortführer, der Tuala Manga, an den Reichstag ab gesandt hatte. Bei den Kolonialdebatten nahmen sich vor allem Zentrum und Sozialdemokraten der Duala an. Da die Erwiderung der Regierung der Mehrheit nicht genügte, beschloß das Parlament, die Kvloniil- verwaltung um eine ausführliche Darlegung ihres Stand punkts zu ersuchen, und deren Frucht ist die eben er schienene Denkschrift. Daß in jedem Enteignungsverfahren, das Menschen zur Aufgabe der altgewohnten Heimstätte zwingt, eine gewisse Härte liegt, die man nicht ohne Not anwenden soll, ist sicher. Aber bei den schwarzen Gentlemen ist im allgemeinen das Heimatgefühl nicht sehr stark ent wickelt. Ter Neger „rückt" sehr rasch und ohne viel Be denken aus, wenn er glaubt, einer Steuer oder einer Fronarbeit dadurch entgehen zu können. Wenn daher die Tuala der Enteignung einen so überaus hartnäckigen Widerstand entgegensetzten und erst mit Gewalt aus ihren Hütten hinausgetrieben werden mußten, so werden tzei- matsgefühle schwerlich dabei eine Rolle gespielt haben. Tie Denkschrift führt denn auch den Widerstand der Tuala einzig und allein aus ihren spekulativen Sinn zurück. Tie Tuala, die früher den gesamten Handel in Kamerun beherrschten und deren Geschäftssinn auch heute noch, nachdem sie durch die Kolonialverwaltung aus ihrer Monopolstellung verdrängt wurden, keineswegs geringer geworden ist, haben sehr wohl eingesehen, wie sich durch die Eisenbahnen und die Wege, die'die Teutschcn anlegen, ihr Land im Werte steigert. Und darum haben sie gerade jetzt, da die Kolonialverwaltung ihres Besitzes zur Anlage der Manengubahn zu bedürfen glaubt, mit der größten Zähigkeit an ihrem Besitze festgehalten. Sie rechneten — und sicherlich nicht mit Unrecht —, daß sie aus ihrem Lande späterhin, wenn erst einmal die Bahn vollendet ist, einen Nutzen ziehen würden, dec die Entschädigung, die ihnen nach der Enteignung zusließt, um ein Vielfaches übersteigen werde. Ans die sem Grunde leisteten sie, wie die Denkschrift ausführt, der Enteignung jeden auch nur möglichen Widerstand. Sie suchten zugleich den Anschein zu erwecken, als ob sie von der Regierung in der brutalsten Weise übervor teilt seien. Mit diesen Vorwürfen setzt sich nun die Denkschrift eingehend auseinander. Taß auch sie nicht immer ganz unvoreingenommen ist, daß sie sich vor allem bemüht, über die Härten der Enteignung möglichst sachte hinweg zugehen, das kann wohl kaum bestritten werden. Uber es bleibt doch immer noch so viel an positiven An gaben übrig, um die Behauptungen der Duala zu wider legen. Nicht IV2 Stunden, sondern nur knapp 1/1 Stunde find die Enteigneten weiter ins Binnenland zurückge schoben, und nicht in das Ueberschwemmungsgebiet, wie sie behaupteten.' Auch die Entschädigungen betrugen nicht nur ein paar Pfennige, wie die Duala vorgeben, sondern bis zu 2,10 M., und,sie wären vielleicht noch höher ausgefallen, wenn die Eingeborenen sich nicht grnnd- sätzlich geweigert hätten, einen Preis zu nennen. Nur in einem Falle haben sie sich dazu verstanden, und zwar haben sie, wie die Denkschrift versichert, gleich das Hundertfache des angemessenen Wertes verlangt. Wie die Tuala sich aber weigerten, Entschädigungssummen Lu nennen, so weigerten sie sich auch, Entschädigungen an zunehmen. Trotzdem behaupten sie, die Entschädigungs beiträge würden zurückbehalten. Der Reichstag steht jetzt vor der Frage, wem er mehr glauben will: der Kolonialverwaltung oder den Grund stücksspekulanten vpm Ufer des Kamerunflusses. Wir glau ben, die Ausführungen des Kolonialamtes haben denn doch mehr Anspruch auf Zuverlässigkeit als die des Herrn Rudolf Bell aus Kamerun, des Gewährsmannes des Herrn Tr. Halpert. Daß es nicht ohne gewisse Härten bei der Versetzung der Dualaleute abgegangen ist, daß auch die deutsche Verwaltung nicht ohne Fehler war — den übereifrigen Bezirksamtmann, der das Telegramm des Manga an den Reichstag dem Gouverneur übersandte, gibt die Denkschrift selber preis —, das wollen wir zu geben. Aber die Duala, die 8000 Mark an ihren Rechts anwalt schickten, als arme Opfer deutscher Vergewalti gung hinzustellen, das wäre mit Respekt zu sagen Humanitätsduselei. Der «rie- i« Mexiko. Die Beilegung der Wirren in Mexiko ist von zwei Faktoren abhängig, von der vollkommenen Machtlosig keit Huertas und dem neuerlichen Verbot der Waffen einfuhr, daS gleichzeitig mit einer amerikanischen Blok- kade verbunden ist. Huerta ist weder in der Lage, sich zu verteidigen, noch zum Angriff vorzugehen. Er ist schon jetzt ein „toter Rann". Huerta hat in den letzten zehn Togen nur von Branntwein gelebt, den er in großen Mengen vertragen kann; er schläft in Automobilen »nd ist ständig von Männern umgeben, denen er selbst nicht traut. Um den Frieden herbeizuführen, wollte man Huerta in einer der letzten Nächte ermorden, das Komplott wurde aber entdeckt und verschiedene einfluß reiche Mexikaner wurden hingerichtet. Tie Mexikaner im Norden haben inzwischen FranziSco Tellabarra als pro visorischen Präsidenten vorgeschlagen und Tellabarra ist bereits auf dem Wege nach Washington, um dort mit den Amerikanern über seine Stellungnahme zu verhan deln. General Carranza hat inzwischen auch einen Ver treter nach Washington gesandt, der seine Politik ver teidigen soll und der „Gauner-General" Billa rückt im Süden unaufhaltsam vor und betrachtet es als seine vornehmste Aufgabe, durch Mvrd und Brand zu er schrecken, um Tampico zur freiwilligen Uebergabe zu veranlassen. Tie Lage in Mexiko wird also immer ver worrener. Tie Spannung an der Front der amerikanischen Truppen in Veracruz ist so bedenklich, daß General Funston Geschütze von den Schiffen landen ließ. Ter mexi kanische Befehlshaber General Maaß soll in den letzten Tagen bedeutenden Zuzug erhalten haben; indessen wird in Washington mit dem dort üblichen Optimismus ver sichert, alles gehe glatt, und einer Meldung, daß der amerikanische Konsul Silliman in San Luis Potosi ge fangen gehalten und jeden Abend mit der Fufilierung am nächsten Morgen bedroht werde, wird angeblich nicht viel Gewicht beigelegt. „Tribüne" und „World" berich ten, in Kongreßkreisen herrsche jetzt allgemein Pessimis mus über den Ausgang des Vermittlungsversuchs. Ear- ranza scheint nunmehr aus den Friedensverhandlungen völlig ausgeschaltct zu sein, denn die Vermittler ließen ihm mitteilen, falls er keine Verpflichtungen für eine Waffenruhe eingehen wolle, werde mit ihm nicht mehr verhandelt. Zapata, der seit Jahren den Staat Moredos in der Nähe der Hauptstadt Mexiko unsicher macht, soll nach in Newyork vorliegenden Meldungen verkündet ha ben, er werde die Stadt Mexiko angreifen. Tas klingt nicht sehr wahrscheinlich. Bisher hieß es, er habe auf den amerikanischen Angriff hin seinen Frieden mit Huerta gemacht. Tie Rebellen der Nordstaaten haben mit ihrer Vorhut den Angriff auf Saltillo begonnen, wurden aber zurückgeworfen. Aus Veracruz wird gemeldet, daß auf Befehl des Generals Funston eine mexikanische Frau verhaftet wurde, die bei den Kämpfen in Veracruz acht amerikanische Matrosen und Marinesoldaten erschoß. Sie soll wegen Mordes vor ein Kriegsgericht gestellt werden, Ta-esgeschichte. Deutsches «eich. Reichstagsabgeordneter Semler schwer erkrankt. Der nationalliberale Vertreter deS Wahl kreises Aurich-Wittmund, Rechtsanwalt Semler in Ham burg, ist derart erkrankt, daß sein Befinden zu ernsten Besorgnissen Anlaß gibt. Tr. Semler, der dem Reichs tage seit 1900 angehötte, spielte früher im Reichstage als Kolonialpolitiker eine recht bedeutsame Rolle. Er war wiederholt Berichterstatter der Budgetkommission über den Kolonialetat. Ta er auch zu kolonialen Gesell schaften in geschäftlichen Beziehungen stand, legte er sein Referat nieder, um nicht den Anschein zu erwecken, als ob er geschäftliche und politische Geschäfte miteinander verquicke. Semler, der am 5. Oktober 1858 in Hamburg geboren wurde, ist schon seit geraumer Zelt kränklich und trat darum nur wenig im Parlamente hervor. Er ge hörte zu den wenigen nationalliberalen ^Abgeordneten, die bei den .Hauptwahlen des Jahres 1912 schon im ersten Wahlgange den Sieg davontrugen. 12855 Stimm zettel lauteten auf seins« Namen, außerdem wurden 4516 freikonservative, 2686 sozialdemokratische und 1846 fortschrittliche Stimmen abgegeben. Der Neubau des Militärkabinetts in der Budgetkommission abgelehnt. In der Budgetkommission des Reichstages wurde gestern bei der Beratung des Militäretats die Forderung für den Neu bau des Militärkabinetts in der Biktoriastratze nach länge rer Aussprache gegen sechs Stimmen der Konservativen und der Hälfte der Nationalliberalen abgelehnt. Die Ausländer und die Wehrsteuer. Mehr fach ist in letzter Zeit die Meldung aufgetaucht, die Ver treter einiger auswärtiger Mächte hätten bei der deut schen Regierung Vorstellungen gegen die Heranziehung ihrer Staatsangehörigen zur Wehrsteuer erhoben. Nach den Erkundigungen des „Lokalanzeigers" an Stellen, die dariiber unterrichtet sein müssen, ist von irgendwelchen diplomatischen Demarchen auswärtiger Staaten nichts bekannt. Tas Blatt bemerkt noch: Unserer Meinung nach dürften auch solche, falls sie gemacht würden, schwerlich auf einen Erfolg zu rechnen haben. Das Pressereferat des Kriegsminifle- riums. Ter Leschäftsführende Ausschuß des ReichSver- bandes der deutschen Presse richtet zu dem Beschluß der Budgetkommission des Reichstages, der die für das Pressereferat im Kriegsministerium angeforderteu Mittel ablehnt, die nachstehende Petition an den Reichstag: An den hohen Reichstag richtet der Reichsverband der ? deutschen Presse als. chi« berufene Vertretung der deut schen Redakteure ohne Unterschied der Parteien die dxing- liche Bitte, entgegen dem Beschlüsse der Pudgetkommis- siou die Mittel für die Nachrichtenstelle im Kriegs- Ministerium unverkürzt zu bewilligen und auch weiterhin den Ausbau des Nachrichtendienstes den Bedürfnissen der Presse entsprechend fördern zu helfen. Tas Presse referat im Kriegsministerium ist in seiner jetzigen Ge staltung auf eine Anregung des ReichsverbandeS der deutschen Presse hin geschaffen worden und hat sich nach dem einstimmigen Urteil der Zeitungen aller Par teien durchaus bewährt. TaS Kriegsministerium hat durch diese Einrichtung die» Presse in dankenswertester Weise in der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt und damit zugleich erreicht, daß Nachrichten, deren Ver breitung aus Gründen der Landessicherheit nicht wün schenswert war, von dec deutschen Presse nicht veröffent licht wurden. Ter in der Budgetkommission ausgesproche nen Befürchtung gegenüber können wir feststellen, daß daS Pressereferat sich jeder politischen Beeinflussung der Zeitungen enthalten hat, wie cs auch selbstverständlich sein Material der Presse aller Parteien gleichmäßig ohne jede Bevorzugung zukommen ließ. Sehr bedauern wür den wir es auch, wenn einem in der Budgetkommission geäußerten Wunsche gemäß an die Stelle der jetzigen Leitung des Nachrichtendienstes durch aktive Offiziere inaktive gesetzt würden. Wir sind sowohl nach sen lang jährigen Erfahrungen im Reichsmarineamt wie nach den kürzere» im Kriegsministerium der Ueberzeugung, daß die Besetzung dieser Stelle mit aktiven Offizieren sich als durchaus zweckentsprechend erwiesen hat. Französische Verdächtigungen. TaS Echo de Paris beschäftigte sich in einem Leitartikel mit dem von der deutschen Presse gegen die.Fremdenlegion eingelei teten Feldzug und bemerkt dazu: „Ter Pangcrmanismns ist eine kriegerische und äußerst verständige Form des Patriotismus, die sich erweitert oder verengt, je nach den Anregungen der Regierung. Tic Gefahr für das. französische und russische Volk besteht jedoch nicht im Pangermanismus, sondern in der dauernden Vermeh rung des deutschen Heeres. Ein Volk, das nicht voll kommen idiotisch ist, läßt sich nicht fortwährend zur Ader lassen, ohne einen bestimmten Zweck zu erreichen. Tresen Zweck kennen wir aber sehr gut, denn der deutsche Kaiser hat ihn oft genug betont. Im deutschen Volke- herrscht darüber vollkommene Einigkeit- Deutschland sieht den Tag voraus, wo seine Industrie keine genügenden Absatzgebiete mehr besitzen wird, wo das deutsche Volk zum Feiern und zur Auswanderung gezwungen sein wird, Deutschland ist infolgedessen mit aller Macht bestrebt, sich in exotischen Ländern einen vorherrschenden Einfluß, zu sichern. Dieses Bemühen kann man nur als gerechtfertigt anerkennen und niemand wird sich dem widersetzen, zu mal ja die Welt beinahe vollkommen ansgeteilt ist." Angebliche FremdenlegionSwerber. UnS gehen die folgenden Mitteilungen zu: I» letzter Zeit gingen mehrfach Nachrichten über angebliche Tätigkeit von Fremden legionswerbern durch die Tagespreise, bei deren Nachprüfung durch die Behörde sich herauSstellte, daß diese Geschichten z, T. aus lautgewordenen Vermutungen zu »Tatsachen" auf gebauscht, z. T. von den angeblich Angeworbenen glatt er funden waren. ES sei nur an zwei Fälle erinnert, di« geradezu typisch dafür sind. Bor kurzem erschien in einigen Zeitungen die Nachricht, daß in Kassel fünf junge Leut« eine» Nachts heimlich nach Amsterdam abgereist wären. „Wie ermittelt, sind sie von einem Werber der Fremden legion angeworben worden, der seine Opfer über Amsterdam nach Frankreich gebracht hat." Die polizeilichen Nachfor schungen ergaben, daß einer dieser jungen Leute in Gemens schäft mit einigen Altersgenossen sich durch gefälschte Unter- schriften ans den Namen deS Geschäfts, in dem er tätig war, von einem Bankhause größere Beträge erschwindelt hatte und dann mit einem dieser Freunde zu flüchten ver suchte. Die geängstigte Mutter de» einen hatte von der Abreise ihre« Sohne» Kenntnis erhallen und war ihm auf den Bahnhof nachgeeilt, ohne jedoch seine Abfahrt hindern zu können. Die durch das Berhalten ihre» Sohne» und di« sonstigen Umstände aufgeregte Frau äußerte die Ver mutung, ihr Sohn könnte Werbern für die Fremdenlegion in die Häude gefallen sein, und diese in der Aufregung getane Aeußerung genügte, um dem Publikum die oben er wähnte Nachricht von dem angeblich bereit» polizeilich fest gestellten Treiben eine» Werber» der Fremdenlegion vor zusetzen. Der andere Fall betraf da» vor kurzem gemeldete Berschwtnden rlne» jungen Manne» au» einem Borort Berlin», der natürlich auch Werbern für die Fremdenlegion in die Hände gefallen sein sollte. Festgestellt wurde, daß der junge Mann ein Opfer der Schundliteratur geworden war: »Erzählungen von Löwenjagden der FrrmdenlegtouSre" hatten die Abenteuerlust diese» hoffnung«volleu jungen Manne» geweckt und ihm mit noch einem Gesinnung». genossen zum Wanderstab greifen kaffen — natürlich heimlich. LSir lade« alle Besucher Bremens höflichst et«» «ufere Aabrflanlagen, die infolge lhrer Originalste» «nd der Vollkommenheit ihrer technische« «Ad hygienischen Einrichtungen eine EleheuStvürdigEett Bremens find, zu besichtigen «nd sich die Bearbeitung des rosseinfreie« Kaffee Hag erllSre« znlasfem Koffrr HmwckS MlMeagesMcheftj