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2. Beilage znm „Riesaer Tageblatt". «otatio,»«druck »nd «erlag von Langer L Winterlich in Mesa. — Mr die MrdaMon verantwortlich: Arthur Hähne! in Riesa. Mittwoch, 2». April aveiivS. «7. Aaljrg. Bestellungen auf da« „Aiesaer Hagebtatt" Amtsblatt der Kgl. AmtShauptmannschaft Großenhain, der Kgl. und städtischen Behörden -u Riesa sowie des Gemeinderater zu Gröba mit Unterhaltungsbeilage „Erzähler an ter «lte« für den M»n»1 werd« angenommen an den Postschaltern, von den Brief trägern, von den Austrägern d. Bl., sowie von der Geschäfts stell« in Riesa, Goethestraße 59: in Strehla von Herrn Er« st Thieme, Schlosser, Kirchgasse 13. Bezugspreis wie bisher: »iM 8V Pf. bei Abholung in der Geschäftsstelle 88 - - - am Schalter jeder Post ¬ anstalt innerhalb Deutschland 88 - durch unsere Austräger frei ins HauS 88 - durch den Briefträger frei ins Haus. jeder Art finden im Riesaer Tageblatt in der Stadt sowohl wie auch in den Landbezirken, in allen Kreisen der Bevölkerung vorteilhafteste Verbreitung. Die «eschSftSftelle. Silchsischcr Landtag. Erste Kammer. Am ReglerungStische Finanzminister v. S^ewitz. Der Präsident eröffnete die gestrige Sitzung um 11 Uhr. Auf der Tagesordnung steht zunächst die Schlußberatnng über daS Kgl. Dekret Nr. 18 unter L 2 und Titel 40 des außerordentlichen Etats betr. die Herstellung einer voll spurigen Nebenbahn von Wtesenburg nach Wildenfels sowie die zu diesem Gegenstand eingegangenen Petitionen. ES liegt hierüber ein MehrheitS- und Minderheitsvotum der Deputation vor. Die Mehrheit der Deputation, für die Dr. Becker den Bericht erstattet, beantragt, die Herstellung einer vollspurigen Nebenbahn von Wiesenburg nach Wilden fels abzulehnen und die hierzu als 1. Rate eingestellten 500000 Mark zu streichen. Die Petitionen hierzu aber auf sich beruhen zu lassen bezw. für erledigt zu erklären. Die DeputationSminderheit, für die Oberbürgermeister Dr. Beutler den Bericht erstattet, beantragt, die Kammer wolle unter der Boraussetzung, daß daS erforderliche Land dem Staate unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, sich mit der Her stellung einer vollspurtgen Nebenbahn von Wiesenburg nach Wildenfels einverstanden erklären, und hierzu als 1. Rate 500000 Mark bewilligen. Die Petitionen aber auf stch beruhen zu lassen bezw. für erledigt zu erklären. Finanzminister v. Seydewitz empfiehlt die Annahme der Regierungsvorlage. Kommerzienrat Dr. Rrlnecker und Ober bürgermeister Dr. Keil-Zwickau befürworten daS Mehrheits gutachten, Präsident o. D. v. Kirchbach den Minderheits antrag. Dieser wird schließlich gegen 13 Stimmen abgrlehnt und der Antrag der DepntationSmehrhett angenommen. G» folgt die Schlußberalung über mehrere Etatkapitel, Ttsenbahnangelegenheite» betr. Für die Erweiterung deS Bahnhöfe« Olbernhau wirb die eingestellte Summe von 290000 Mark nach der Vorlage bewilligt. Desgleichen die geforderte 9. Rate von 370000 Mark für den Umbau der Strecke Chemnitz-Kappel und teilweisen Umbau des Bahn hofes Chemnitz, ferner 300000 Mark al« 1. Rate für die Erweiterung des Bahnhof» Waldheim und 400000 Mark al« 1. Rate für die Erweiterung des Bahnhof« Rochlitz. Sämtliche Punkte werden ohne erhebliche Debatte erledigt. Nach Erledigung einiger Petitionen vertagt sich -das Hau« auf morgen vormittag 11 Uhr. Schluß 1'/^ Uhr. Zweite Kam m e r. Am Regierungstische Finanzminister von Seydewitz. Der Präsident eröffnete die gestrige Sitzung um 2 Uhr. ES erfolgt zunächst die Wahl einer außerordentlichen Depu tation für den Antrag des Direktorium« auf Genehmigung der von ihm im Entwürfe vorgelegten neuen Landtagsord- nung. Auf Vorschlag de« Abg. Kleinhempel (Natl.) werden durch Zuruf gewählt die Abgg. Böhme (Kons.), Brodaus (Fortschr.), Hettner (Natl.), Langer (Soz.), Nitzschke (Natl.), Schmidt (Kons.) und Stndermann (Zoz.). Hierauf erstattet Abg. Po fern (Natl.) einen längeren Bericht über eine Anzahl Kap. de« Rechenschafts bericht« für 1910/11 und beantragt, die vorgekommenen EtatSüberfchreitungen nachträglich zu genehmigen. Die An träge werden debattelo« zum Beschluß erhoben. Gegen da« Kapitel „Leip,. Ztg." stimmen die Sozialdemokraten. D-datteloS wird ferner die Ueberstcht 6 zum Rechenschafts bericht auf die Finanzperiode 1910/11, Ausgaben und Reservate de« außerordentlichen Staatshaushalt« auf die Finanzperiode 1910/11 betr. nach den Anträgen der Depu tation erledigt. Es folgt die Schlußberatung über den schriftlichen Bericht der Nechenlchafttzdcpntation über Ueber- sicht v, sowie über Bilanz L und die Uebersichten b', O und H des mit dem Kgl. Dekret Nr. I vorgelegten Rechen schaftsberichts auf die Finanzperiode 1910/11 und über Er teilung der Entlastung hinsichtlich des gesamten Rechen schaftsberichts auf die genannte Finanzperiode und über erhebliche Minderausgaben gegenüber den Etatansätzen ins besondere bei Gehältern und Löhnen. Finanzminister von Seydewitz geht auf die in der Deputation geäußerten Klagen über zu große Ersparnisse bet einzelnen Besoldung«- und Lohntiteln ein und rechtfertigt bisherige vorsichtige Auf stellung de« Etat», die die Gewähr biete, un« auch über eine plötzlich auftretende ungünstige Konjunktur hinüber- zuführe». Der Minister schließt, ich al« Finanzminister muß e« ablehnen, die Etataufstellung auf anderen Grund sätzen vorzunchmen. Bleiben wir bei unseren bewährten Grundsätze», bleiben wir ans den Bahnen einer soliden Finanzwirtschaft. Abg. Kleinhempel (Natl.) erklärt, daß seine Freunde nicht wünschen könnten, daß man von der jetzigen vorsichtige» Etataufstellung abweiche. Er dankt dem Minister und allen Beamten, die zu dem günstigen Abschluß der Finanzperiode 1910/11 beigetragen haben. DerDeputationSanlrag findet schließlich einstimmig Annahme. Abg. Fräßdorf (Soz.) referiert nunmehr über den Antrag betr. die Wahlen der Vorstände und Ausschüsse bei den Landkrankenkassen. Die RechenschastSdeputation beantragt zu beschließen, dem nächsten Landtage eine Ueberstcht vor- zulegen, au» der sich nach dem Stande vom 31. Dezember 1914 ergibt, in wieviel Fällen in Sachsen Landkranken- kaffen nach 8 230 der RcichsversicherungSordnung für sich allein bestehen, wieviel von den Mitgliedern der Land krankenkaffen in landwirtschaftlichen oder anderen Berufen beschäftigt find, und wie viele da« 21. Lebensjahr erfüllt haben, und au« der sich da« Verhältnis der Beiträge und Leistungen der Landkrankenkassen gegenüber den Ortskranken kassen ergibt. Die Kammer beschließt ohne Debatte in diesem Sinne. Ferner wird debattelo« beschlossen, gegen die veränderte Fassung der Ziffer 42 de« Gebührenoerzeich- nisse« zum Kostengesetz, die die Ausführung deS ReichS- und StaatSangehviigkeitSgcsetzes betrifft, Bedenken nicht zu erheben. Zu Kap. 59, betr. staatliche und andere gewerb liche Schulen, landwirtschaftliche und Handelsschulen im all gemeinen liegt auch eine Petition der Gemeinde Copitz um Weitergewährung deS staatlichen Zuschusses für die Fort bildungsschule vor. Abg. Roth (Fortschr.) äußert verschie dene Wünsche bezüglich der Gewerbe- und Handelsschulen und fordert unter anderem für die Handelsschullehrer die Gewährung de« passiven Wahlrechtes. Abg. Frenzel (Kons.) und Abg. Fräßdorf (Soz.) treten für die Petition der Gemeinde von Copitz nm Beibehaltung deS Staat«- zuschnsses für die Copitzcr Fortbildungsschule ein. Abg. Dr. Löb ner (Natl.) wünscht eine Erhöhung deS staat lichen Beitrages für die Handelsschule in Leipzig. Ministerial direktor Geh. Rat Dr. Roscher bemerkt, die Regierung habe keine Veranlassung, Staatsbeihilfen zu dem Zwecke zu gewähren, daß Ausländer in Sachsen studieren können. Die Kammer beschließt dann antragsgemäß, die Einstellungen zu genehmigen und die Petition der Copitzer Gemeinde auf sich beruhen zu lassen. ES folgt nunmehr die Schlußberatung über den An< trag Clauß und Gen. nm anderweite Vorlegung eine! Gesetzentwurfes zur Umgestaltung deS Landes- in §roAer Es war ein schmerzvoller Blick, welchen Mutter und Sohn wechselten. „Ja, es wäre schrecklich," erwiderte diese, „aber für Lotts wäre es besser; ibre Leiden hätten doch daun ein Ende —* „O, Mutter, Du meinst doch nicht etwa " „Nein, nein! So meine ich cs nicht, Heinz," beruhigte die Mutter den Aufgeregten, „an das Schlimmste wollen wir nicht denken!" „Es wäre ja auch zn furchtbar," murmelte Heinz Holm. Er war bis ins Innerste erschüttert. Vom schlanken Turme der Villa Arnheim wehte die Flagge ans Halbmast. Und oben im großen Salon sah daS wnnderschöne Frauen bildnis durch den'schwarzen Schleier des FlorS ans den stillen Schläfer nieder, der da auf weißen Seidenkissen ruhte. Ein leiser Lufthauch, der durch ein geöffnetes Fenster strich, hob den Flor ein wenig von dein Bilde, und da schienen die Angen zu reden. Diese großen, leidenschaftlichen Angen wurden plötzlich krank und matt und lciduoll. Und nm den Mund lag ein Weh, ein herzzerreißendes, folterndes Weh nur den toten Sohn im Sarg. Und ans einmal war in der Luft ein Klingen, eins leise, leise Melodie schwebte durch den Raum; man hörte sie nicht, man fühlte sie nur, wie ein süßes Singen aus Muttermund, wie ein Wiegenlied ans uralter Zeit. Die roten Rosen dufteten, der Luftzug spielte mit den Spitzen des Sterbekisseus, ivarf eine dunkle Locke i»S To- teugesicht und zauberte den Schimmer eines Lächelns hinein. Und immer noch schwebte die Melodie durch den Raum. — Und während draußen auf dem Datenfeld ein Posaunen chor den ergreifenden Schlnßchoral über den Hügel schmet terte und danach die Leidtragenden die Häupter entblößten znm stillen Gebet, kämpfte drüben im Direktorhaus ein jun ges Leben das schwerste Martyrium des Weibes durch. Die beiden Damen, Fran Bankier Czerny und Frau Ma jor Holin, die sich unten im Eßzimmer befanden, erzitterten in bangem Harren. Wie endlos lang die Stunden verstrichen — und noch immer keine Nachricht, kein Zeichen von oben, wo die Aerzte um dis junge Frau bemüht waren. 2l9,20 „Ach, ick will Di wat segg'n," erwiderte Life Larsen da rauf. „Sieh, de Frn, dat is een von de stillen, fasten Natu ren, de deit höchstens den leeveu Gott ingestahn, wenn sei dat Hart iveh deiht, de awers süs kenn grot Geweh vnn ehr Wedag maken!" „Ja, dat is woll so," sagte Marthe StesfenS gedanken voll, „vel Klagen, dat is nn gvrnich ehr Sak. Dat war schonst so, as ehr lccw Mntting storv.—Ja, ja, de sonnerbare Ah nung in mitt Geinöt, de let sich gor nicht awschüddeltt, se be- drttgt ock uich!" Auch Marthe benutzte nun den Schürzenzipfel, um die dicken Tränen, die ihr in den Angen standen, nicht in die Tasse mit dem danipfenden Trank sattelt zu lassen, die sie danach znm Munde führte. „Ja, dat is nun mal so," seufzte sie dabei tiefsinnig. Life Larsen rührte den Kaffee nicht an. Sie stand auf rind wandte sich zum Gehen. Ans der Schwelle drehte sie sich noch einmal nnr und sagte: „Ja, ick ga nn to Hns, de Görn sünd alleen!" Und Life Larsen ging heim. Sie ivar wohl selbst eine jener „stillen, sanften Naturen, die höchstens dein lieben Gott ein gestehen, wenn ihnen das Herz weh tut, die aber sonst kein großes Gejammer von ihren Schmerzen machen." Und deshalb verstand ivohl diese arme Fischersfrau die reiche, vornehme Dameso gnt; sie waren — trotz des gro ßen, äußeren Abstandes — in ihren tiefsten Schichten ver wandte Naturen. „Es ist schrecklich," sagte die verwitwete Frau Major Holm zi« ihrem Sohne Heinz, der am Begräbnistage Gio vannis in aller Morgenfrühe schon kam, nm nach Lottis Be finden zn fragen. „Es ist schrecklich, was sie zu leiden hat!" Und Heinz fragte nicht weiter. Er sah seiner Mutter an, daß sie die Nacht schlaflos verbracht hatte. Jetzt harrte sie mit baugeiu Herzen auf den Arzt. Ihr Sohn reichte ihr die Hand. „Ich koinnie gleich nach dem Begräbnis wieder herüber," sagte er. Seins Stimme klang fast ranh vor innerer Bewe gung. „Wenn das KMd geboren würde — gerade heute — um. Mutter >" Irauenlieöe. Noniail von Clara Anlcpp-Stübs. 52 Ach, sie waren ja das Band, das ihre angstvolle, zitternde Weibseele mit dem Geliebten verband! Doch erschauernd hatte sie längst gefühlt, daß sie ans keine Dauer rechnen konnte, daß ein anderer komnien würde und es ihr ans den Händen winden. Und in ihrer ver zweifelten Hilflosigkeit lebte sie jetzt nnr noch, wenn sie ihn sah. Die Sinne wollten ihr vergehen, wenn sie an das Ende dachte, das nnansblcibliche, nut gransnnier, dämonischer Macht nahende Ende. Ihre Spannkraft fing an z» reißen. Ihre Aussprache gestern war durch einen Instand ihres gepeinigten Herzens herbeigeführt, das nnter dein Zwang und dec Vorstellung, von dem Geliebten nnßachtetzn werden, Höllenqualen litt. Und nun stand sie hier — vor ihr der kalte, stumme Tote, und fror nnd fror. Es kam ihr vor, als würde alles um sie herum schwarz nnd leer und sie stehe allein mitten in diesem Schwarzen, Leeren. Eine unaussprechliche Trostlosigkeit bemächtigte sich ihrer, Ihre Sinne fingen an, starr zn werden, starr auch ihre Angen, die noch immer an dem bleichen Totenantlitz hingen, starr die Hand, die das Linnen fallen ließ, das sie bis jetzt krampf haft festgehalten. Und in dieser toten Starrheit ging sie hinaus, die Treppe hinunter ans dein Hanfe in die wallenden, wogenden Nebel hinein, die sich hinter ihr zu verzerrten, grotesken Gestalten formten und einen seltsamen Neigen anssührten. — Cs war wohl der Totentanz? Währenddessen saßen unten in der Küche Life Larsen und Marthe Steffens sich gegenüber. Fran Larsen hatte den Korb mit der fertig gesäumten Küchenwäsche, die sie hatte ablie fern wollen, vor sich ans den Boden gestellt. Sie nahm den Schürzenzipfel und wischte sich die Augen. Emma, die ein paar Tassen aut deu Küchentisch setzte «nd sie mit Kaffee stillte, war scbr blaß. „Wenn die gnädige Fran den Schlag nur aushält! Sie liegt so still und schreit »richt und weint nicht." menrte sie ! besorgt. II »L «M «L Ubiäor, 8I»8«ll, Löelrv, Rüutvl tzto. — RseeRkaus I R I TLII"I - m USMMWWSUMWMIMMGMSSSEWISSSVSWWMMWMW ««««»»»so