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A»s «Ser Wett. Hettstedt (Provinz Sachsen): In einem Neubau der Rheinischen Dynamitfabrik im nahen Leimbach ent stand gestern mittag gegen 1 Uhr, wahrscheinlich durch eine weggetvorfene brennende Zigarette, ein Brand. Durch den sich entwickelnden Rauch sind vier Maurer und drei Steinsetzer, die sich während der Mittagspause zum Schlaf niedergelegt hatten, erstickt. — Lu d w igs - Hafen: Als gestern mittag ein Gendarm einen Ein brecher, der in Rheinzabern verschiedene Einbrüche ver übt hatte, im Bahnhof festnehmen wollte, wurde er von dem Verbrecher erschossen. Ter getötete Gendarm heißt August Kißling, ist 29 Jahre alt und gebürtig aus Hördt in der Pfalz. Der Verbrecher, der in den Wald flüchtete, konnte noch nicht festgcnommen werden. — Wien: Vorletzte Nacht stieß das Automobil der Her zogin von Cumberland auf der Fahrt nach Penzing an der Ecke der Bcllariastraße mit einem Straßenbahn wagen zusammen. Durch den Zusammenstoß wurde die Vorderwand des Kraftwagens eingedrückt. Die Herzogin und ihre Begleitdame blieben unverletzt. Dem Chauffeur flogen einige Glassplitter ins Gesicht und verletzten ihn leicht. Tie Herzogin setzte die Fahrt in einem Privat automobil fort. — Lemberg: In dem Torfe Kamienio- pol entstand ein Brand, durch den 90 Häuser vernichtet wurden. Eine in einer Scheune übernachtende Frau ver brannte mit ihren beiden Kindern. — Warschau: Tas Torf Bogorja ist vollständig nieder-gebrannt; meh rere Personen wurden bei den Lüscharbcitcn schwer ver letzt- 209 ihres Obdaches beraubte Personen mußten die Nacht unter freiem Himmel verbringen. — An demselben Tage wurden in dem Torfe Sasow 26 Häuser einge äschert. TaS Feuer wurde von einem Kinde verursacht, das in einer mit Stroh gefüllten Scheune mit Pulver spielte. Ten unvorsichtigen Knaben fand man später als Leiche unter den Trümmern der Scheune. — Auf admini strativem Wege wurden 26 Personen zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, weil sie dem am vergangene» Montag von dem Bandit Daniel erschossenen Schulzen zu Klementynow keine Hilfe geleistet und nichts getan hatten, um den Banditen zu verhaften. Es wurden alle Personen bestraft, von denen man annahm, daß sic die Hilferufe des Ueberfallencn hören mußten. — In den, russischen Dorfe Woskresscnki sind 17 Personen ertrun ken, weil die Pferde von einigen Bauernwagen, durch Feuerwerk scheu gemacht, eine hohe Uferböschung hin abrasten." BerrrMtes. Der Kaiser als Schutz Herr der Vögel. Man weis;, daß Kaiser Wilhelm II. sein Interesse allen Gebieten des öffentlichen Lebens zuwendet. So lies; er sich auch, wie „Fürs Haus" berichtet, in letzter Zeit Bericht erstatten über die Ausbreitung der deutschen Vogelschutzstättcn. Die Anregungen für die verschiedenen RcgicrungSmaßnahmcn gingen häufig von ihm selbst aus, und er gab jetzt seiner Freude Ausdruck, daß sie auf fruchtbaren Boden gefallen waren. So hat z..B. die Eisenbahnvcrwaltung längs der Schicucnst-ränge neue Ge büsch- und Sträuchcranlagen geschaffen, die den Vögeln Schutz und Gelegenheit zum Brüten geben. Im königlichen Schloß in Celle hat der Kaiser selbst ein Vorbild geboten, wie man am vorteilhaftesten Vogelschutzstättcn anlegt. Er ließ dort die ganze westliche Berganhöhc 'des Schlosses mit einem prachtvollen Vogelschutzgehölz be pflanzen, und gab damit ein Beispiel, dein man auch in weiteren Kreisen folgt und folgen wird. Tic Mini sterien geben jetzt Anweisungen für den Schutz der Schwal ben heraus. Namentlich sollen die Besitzer von Burg und Schloßanlagen für der; Vogelschutz gewonnen wer den. Aber es ist zu hoffen, daß auch die ländlichen Guts herren. und Gemeinden dem kaiserlichen Beispiel folgen werden. Die Militärverwaltung hat übrigens ebenfalls Irauenkieöe. Roman von Clara Aulepp-StübS. 47 Es ivar schon spät am Abend und so trennte man sich venu und bestellte sich beim Auscinandergehen noch scherzend gutes Wetter für den folgenden Tag, von welchem man sich viel versprach. Und wie man es gewünscht, so stellte es sich auch ein. Ein wundervoller Tag brach an. Die ägyptische Landschaft war vom hellsten Sonnenschein durchflutet, ohne daß die Straßen allzu brennend waren und die Ausflügler belästigten. Man hatte sich beim Frühstück herzlich begrüßt und brach kald auf nach Gizeh. — Bei den Pyramiden angelangt, be mächtigte sich der Ausflügler eine weiche, andächtige Stiin- uuiiig. Und wie eS jedem Sterblichen ergeht beim Anblick dieser malten, großartigen Grabdenkmäler einer grauen Vor zeit, so erging es auch hier denen, die gekommen waren, diese Wunderbanten zu sehen. Sie empfanden die eigene Kleinbeit und Nichtigkeit mit eiuem au Bedrücktheit grenzenden Gefühl. Die beiden Paare standen Arm in Arm, dicht aneinander geschmiegt, während der Geheimrat ihnen in fesselnder Weiss erzählte, wie diese Denkmäler entstanden. Obwohl das keinem etwas Neues war, so unterbrach doch niemand die begeisterte Schilderung des alten Herrn, dessen kun diger Führung sich Giovanni und Lotti nur zu gern überließen, wie auch Heinz Holm ja vorläufig keinen anderen Wunsch kannte, als sich im wohligen AuSrnhen, los und ledig aller Pflichten, ganz seiner lieblichen Braut widmen zu können. In zarter Aufmerksamkeit für den Gegenstand ihrer Liebe stand der Ehemann Gio dem Bräutigam Heinz in keiner Be ziehung nach. Ein so sonniges Miteinanderleben wie aus dieser Reise war ihnen daheim nicht vergönnt. Dort drängte sie das All tagsleben mit seinen Anforderungen und Pflichten oft aus einander. Doch auf der Reise gab «S keine Pflichten; man durste einmal ganz sich selbst leben. Auch die Stunden, die Giovanni der Musik widmete, wa- :en ja nicht verloren, denn dann saß Lotti in seiner Nähe und gab sich willig dem inachtvollen Zauber der Melodie» hin, die <Sio den Lasten entlockte. in de» Aärten der Kasernen und Lazarette Vogelschutz anlagen Herstellen lassen. CK. Ter Schatz der „Lut ine". Wird es in diesem Jahre gelingen, endlich dem Grund« der Zuidcr See die Barren von Edelmetall zu entreißen, die am 10. Oktober 1799 mit der englischen Fregatte „Lutiue" in die Tiefe versanken ? Tie Ingenieure hegen gute Hoff nungen, und die Aktionäre dtcr National Salvage Asso ciation rüsten sich bereits zur Entgegennahme der Snm- nun, die sie für die vielen Aufwendungen der letzten Jahrzehnte entschädigen sollen. Man weiß, daß die „Lutins" Gold- und Silberbarren im Werte von rund 2', Millionen Märk an Bord führte. 1826 überließ Holl land das Anrecht an diesem noch.immer unerreichbarem Schatze dem König von England, der seinerseits das Recht dem Lloyd übertrug, der rund 16 Millionen Mark Versichernngsgelder für den Untergang des Schiffes be zahlt hatte. Dem Lloyd blieb nur noch die Aufgabe, sein Eigentum in Besitz zu nehmen. Tas hat sich im Laure der Zeit als ein höchst schwieriges Problem er wiesen; feit 1857 sind zahllose Versuche zur Bergung der gesunkenen Schätze unternommen worden. Tie Schwierigkeiten erwuchsen durch den Umstand, daß unter der Einwirkung des Meeres die Goldbarren mit den Kugeln, die den Ballast des Schiffes gebildet hatten, durch eine dichte Rostschicht verbunden sind. Dadurch entstanden gewaltige riesige Metallblöcke, die zu schwer sind, um von Tauchern gehoben werden zu können Außerdem herrschen rings um das versunkene.Wrack heftige Meeresströmungen, die vom Zuider See üer Nord see zuströmen und die Bergungsarbeiten außeroroentlich erschweren. Trotzdem ist cs gelungen, rund 2 Mlliouen zu bergen: in diesem Jahre soll nun der letzte ent scheidende Versuch zu Ende geführt werden. Um die Ar beiten zu erleichtern, hob man auf dem Meeresgründe einen 1600 Meter taugen Graben auS, in dessen Mitte jetzt daL Wrack der „Lutiue" liegt. Allein wiewohl man dabei gegen ir/e Millionen Tonnen Sand beiseite schaffte, die beabsichtigte Wirkung ist nicht in vollem Umfange cinaetreten. Jetzt hat man zur neuen Kampagne das Bergungsschiff,,Lyons" neu ausgerüstet und mit einem Ricsenmagnctcu versehen, der imstande ist, Metallgc- wichte. von 3000 Kilogramm anzuzieheu. Man w'll die in den Wasserticfcn ruhenden Edclmetallblöcke durch.Ex plosivstoffe sprengen und damit in kleine Stücke teilen, die der Magnet heben kann. 47 Mann sind an Boro der „Lyons" tätig, nm das große Werk zu vollbringen, und die nächsten Monate sollen nur entscheiden, ob der Lloyd seine Millionen wiedercrlaugt oder nicht. CK. Ein verhängnisvoller Osterk u ß. Im Petersburger Untersuchungsgefängnis sitzt gegenwärtig trübselig und gebrochen ein junger russischer Student namens Iwanow, der auf seine Verurteilung wartet und ohne Zweifel nach Sibirien geschickt werden wird. Und das alles um einen Kuß, um einen russischen Aster kuß! Man kennt diese russische Ostersiite, am Ostcrmorgcn begrüßen sich alle Freunde und Bekannte durch einen Kuß. „Christ ist erstanden," sagt der Erste, und der Geküßte erwidert: „Ja, in Wahrheit, er ist erstanden " Die sranzösischc Kolonie in Petersburg pflegt diesen Brauch nicht. Trotzdem war der junge Iwanow gesonnen, am letzten Sonntag, dem russischen Ostersonntag, unter allen Umständen die reizende Mlle. Lise Alibcrt, eine französische Studentin, zu küssen, denn feit langem seufzte der junge Mann im Stillen nach der Gunst der hübschen Komilitonin. Tie Macht der Liebe war stärker als die Vorsicht, und so begrüßte denn Iwanow die hübsche Mlle. Lise am Ostermorgeii mit einer innigen Umarmung und einem Kusse, der kein Ende nehmen wollte. Tie junge Dame aber sträubte sich voll Empörung, schrie nm Hilfe und lärmte so sehr, daß der im Nebenzimmer weilende Bruder hcreinstürzte und voll Wut auf den Ostcrgast wshieb. Er schlug ihm ins Gesicht, und nun riß, vor Zorn sinnlos geworden, der junge Russe einen Revolver aus der Tasche und gab einen Schuß auf Singen konnte er nicht meh:; die Heiserkeit des Organs wollte durchaus nicht weichen. Doch er vermißte die Stimme jetzt nicht in dem Maße, wie früher beides zusammen. Er sagte wohl mit etwas müder Resignation: „Alles kann der Mensch nicht haben," quälte sich aber weiter nicht mit Experimenten ab, die schließlich doch erfolglos sein würden, sondern wandte sich der Kompost liou zu. Mit leidenschaftlicher Inbrunst war in ihm der kühne Wunsch erwacht, eine Oper zu komponieren. Die jahrelange, ungestillte Liebe zur Kunst hatl« eine unermeßliche Fülle von Sehnsucht in ihm aufgespeichert, die ihn jetzt, mm sie entfesselt mar, zu stürmischem Vorwärtsdrängen förmlich peitschte. Er sand kein Genug und hätte wohl am liebsten ganze Tage am Flügel zngebracht, wenn nicht seine Liebe zn Lotti ihm ein ge bietendes „Halt" zugernfen hätte. Armer Giovanni! Die Kunst ist eins tyrannische Göttin? Eine gebietende Königin, die Dir zum Zeichen ihrer Macht den Fuß auf den Nacken setzt. Und beugst Du Dich ihr nicht, ergibst Du Dich ihr nicht ganz mit jeder Faser Deines inneren Seins, zollst Du ihr nicht willig Gehorsam, allein ihr dienend zu jeder Stunde, dann stößt Dich ihr Fny hohnlachend in die großen Massengräber derer, die ebenso wie Du sich vermaßen, zweien Göttern bienen zu wollen, und deren Verzweiflungsschrei unge- hört ans der Tiefe dringt, im Weltall verhallt. Armer Giovanni! Ans wieviel tausend nnd abertausend Menschenkinder mö gen die Pyramiden wohl schon herabgeschen haben? Menschenfrende und Menschenleid — wie kurz ist daS! Eine winzige Spanne Zeit nnd solch zuckendes Herzlein schlägt nicht mehr und hat doch Wunder gedacht, wie groß sein Leid, wie jubelnd die Freude und wie wichtig sein armes, kleines Leben sei! Törichte Menschenkinder. Der Geheimrat Forster hatte seine interessanten Erklärun gen beendet und war zu Lotti getreten. „Sehen Sie dort? Wir sind trotz der frühen Stnnde nicht die einzigen Besucher," sagte er, auf drei Damen und zwei Herren deutend, welche denselben Weg kamen. Lotti sah de» Ankommenden entgegen und plötzlich verloren ihre Züge den AnSdrnck von Ergriffenheit:«» breitete sich ein Zug von Spun den Angreifer ab, glücklicherweise ohne zu treffe». Nie ein Sturmwind flog Iwanow auf die Straße, sprang auf ein Automobil, zwang den Chauffeur mit vorgehal- tencm Revolver zur Entfaltung der größten Geschwindig keit: und das Ende war «ine wilde, an Zwischenfälle» reich« Automobitjagd. Tenn die Polizei nahm auf drei Automobilen die Verfolgung des stürmische» Liebhabers auf. Iwanow feuerte aus die Verfolger, aber wieder war ihm das Geschick günstig, und er traf Niemanden. Als die letzten Schüsse verfeuert waren, begann der Chauffeur, dec bisher durch die Angst vor der Schußwaffe einge- schüchtert war, den jungen Studenten mit den Fäusten zu bearbeiten, die Polizciautomobilc holten die Flücht linge ein, und Iwanow wurde verhaftet. Nun schwebt gegen ihn die Anklage wegen tätlicher Auflehnung gegen die Staatsgewalt und wegen versuchten Todschlages. Bei der juristischen Lage der Sache wird er dem Schicksal, nach Sibirien gesandt zu werden, kaum entgehen.'; und alles das, weil er, wenn auch vielleicht etwas zu stür misch, einen von altersher geheiligten russischen Oster- branch befolgte und die Annehmlichkeiten dieser Sitte seine hübsche französische Komilitonin Mitempfinden lassen wollte. Carusos teuerste „Leidenschaft". Enrico Caruso ist jetzt abermals wegen Bruchs des Ehever- sprcchcnS auf Zahlung eines.Schadenersatzes von 400000 Marc verklagt worden. Die Klägerin, eine sehr hübsche 29jährige Tame, namens Mildred Neffcrt erklärte, daß ihr der berühmte Tenor mehrfach in Gegenwart von Freunden das Ebeversprechen gegeben habe. Bereits seit dem Jahre 1909 wurde sie überall als Frau Caruso vorgcstellt, Caruso hat sie dann unter den verschiedensten Ausreden hingehalten, um sie schließlich im Herbst 1913 ganz zu verlassen. Eine gütliche Einigung hat der be rühmte Tenor abgelehnt und der Prozeß wird nun in den nächsten Tagen seinen Anfang nehmen. Tie Störche im Elsaß. Jetzt ist die Zeit da, wo die. Störche zurückkommen, aber sic werden immer seltener, selbst im Elsaß, wo man sie früher besonders häufig traf. Um das Jahr 1820 gab cs z. B. in .der Stadt Kolmar auf den Dächern noch!2 Storchennester. Davon waren im Jahre 1871 aber mir noch 8 bewohnt. Nach und nach verringerte sich die Zahl auf 2,4,3 und 2. Seit Menschengcdenken waren diese beiden, die von St. Mariin und der Hospital Kirche niemals unbewohnt ge blieben. Aber auch da sollte ein Wandel eintretcn. Ter Stoc'ch von St- Martin kehrte zurück, um seine Störchin zn erwarten. Aber sie blieb ans. Ta machte auch er sich eines Tages auf nnd flog auf Ninimerwiedcrsehn davon. Und jetzt ist nur noch das "Nest auf der Hospital- Kirche bewochnt. Die Störche verschwanden. Warum? Vielleicht finden sie nicht mehr genügend Nahrung in den Teichen und Tümpeln. Vielleicht stellt man auch den Vögeln in Afrika Zn viel nach. Wie dem auch sei — die traurige Erscheinung, daß die Störche nicht nur im Elsaß sondern in Deutschland überhaupt von Jahr zu Jahr seltener werden, kann leider keinem Naturfreund verborgen bleiben. Die Messer Filiale der Allgemeinen Deutsche» Credit-Arrstalt i» Riesa empfiehlt sich ziüil An- imd Verlauf von Wertpapieren und zur AuSjühriing oller bankgeschäftlichc» Transaktionen. Laut Verord- luiig des K. S. Justizministeriums von, 13. März 1800 dürfe» bei ihr Mündelgelder im Sinne deS 8 1808 SeS Bürgerliche« GeieizbuchkS eingelegt werden. Jede Dams die sich vor Einkauf ihrer Friihjahrstollette auf bequeme Art und Weise über die seht herrschende Moderichtung orientieren will, möge den der heutigen Zeitung beiliegenden Pro- spekt der Firma Hcrm. Mühlberg, Hoflieferant, Dresden, einer genauen Durchsicht unterziehen. Er bietet ein klare Uebersicht Uber die heutige Mode und zeigt eine reiche Auswahl entzückender Friihjahrsmodcn jeden Genres, wobei dem einfachsten, wie dem verwöhntesten Geschmack Rechnung getragen wird. mmg ans, ein staunendes Zweifeln, dann sagte sie lebhafter, als es sonst ihre Art war . „Das ist ja Käte von der Wenge mit ihren Eltern nnd ihrem Bräutigam und Maud Mertens!" Eine leise Unbehaglichkeit lag im Ton ihres Ausrufes, der ihrem Manne nicht entging. Er drückte wie beruhigend ihren Arm an sich und meinte etwas ungeniert: „Na, die branchtcn uns hier auch nicht über den Weg zn laufen!" Alles lachte und Lotti sagte nur mah nend: „Aber Gio!" Mit ganz besonders eigenen Gefühlen erfüllte sie der Anblick der blaß nnd in sich gekehrt erscheinenden einstigen Jugendfreundin Maud Mertens. Von dem Fallissement des Hauses'Mertens und dem jähen Tod des Inhabers hatte sie gehört, wohl auch jeinerzeit in heiß aufivallendem Mitgefühl des stolzen Mädchens gedacht, dessen Lebensverhältnisss durch diesen Schickjalsjchlag eine vollständige Umwälzung erfuhren. Wie sie eL wohl ertragen würde? Lotti wußte ja nur zn gut, was es bedentele, aus sorg losen Daseinsfrenden herausgeschlendert zu werden, o, sie kannte sie, die dunklen Bolen der Finsternis: das Leid und die Sorge! Und aus impulsivem Herzensdrang heraus streckte sie Maud nun dach beide Hände entgegen; sie hatte auch das Verlange», ihr einige Trostworte zu sagen, obwohl sie zu erst einen Augenblick gezögert, quasi abwartend, wie von Mauds Seite die Begrüßung ausfallen würde. Deren weißes Gesicht veränderte sich jedoch kaum. Kühl und formell legte sie ihre Fingerspitze» in Lottis ihr so warm entgegengestreckten Hände und kühl und formell war auch ihr ganzes Wesen allen anderen gegenüber. War es Absicht? Verschloß sie in herbem Trotz, in ohn mächtigem Zorn gegen daS Schicksal ihr Inneres absichtlich den mitfühlenden Freunden, oder war diese kühle Ruhe eine erkünstelte? — War ihr wirklich alles so unentwegt gleichgül tig? „Sie kommt mir vor wie eine Sphinx," äußerte sich Heinz Holm Giovanni gegenüber über sie, und dieser neigte nach denklich den Kopf. 819.80