Volltext Seite (XML)
Beilage znm „Riesaer Tageblatt". NotaNonttmck und Verlag von Langer t Winterlich in Rir^a. — Für dl« Redaktion veranttvoitlich: Arthur Höhn«! tu Riesa. SS DienSta-, 17. Mir; I»14. abends. " S7. Jflhrg. SSchfischer Landtag. Zweite Kammer. Mn RegkenmgStische Koninüssare. Der Präsident eröffnete die flestrig« Sitzung um 2'/, Uhr. Zunächst wird die Petition des Ä«samtoorstandes de» Sächsischen Landesverbandes des Bundes Deutscher Militäranwärter in Dresden um Berücksichti gung der Zivilversorgung der Militäranwärter bei den Maßnahmen wegen Geschäft-Vereinfachung der Staatsverwaltung und Umge staltung des mittleren Staatsdienste« nach kurzer Berichterstattung de« Aba. Braun (Natl.) auf sich beruhen gelassen. Es folgt die Gchluboeratung über die Petition der Staatsbeamtenschaft der Orte Potschapvel und Hainsberg um Versetzung dieser Orte in die 2. Ortsklasse für WohnungSgeldzuschüsse. Aba. Singer (Natl.) erstattet den Bericht der Beschwerde» und Petinonsdeputation und beantragt, die Petition der Regierung für die künftige Neuregelung her Ortsklasseneinteilung als Material zur Kenntnisnahme zu über weisen, überdies aber die Regierung um eine Erwägung darüber zu ersuchen, ob nicht die lü jährige Frist für die Neuregelung zu verkürzen ist. Die Abgeordneten Koch (Fortschrtl. Vp), Wittig (Kons.) und Anders (Natl.) verwenden sich zu Gunsten de« An träge« der Deputation. Ministerialdirektor Geheimrat Dr. Schrö der erklärt sich mit dem ersten Teile des Deputationsantrages einverstanden, erhebt jedoch gegen den zweiten Teil Bedenken. Als im Jahre 1911 die Feststellung der Ortsklasseneinteilung erfolgt sei, wurden die Orte Potschappel und Hainsberg durchaus den da maligen Verhältnissen entsprechend berücksichtigt. An anderen Orten lägen die Verhältnisse ganz ähnlich. Zu eiuer Aenderung liege gar kein Anlaß vor, zumal die Feststellung eine monatelange mühselige Arbeit erfordere. Nach weiteren Ausführungen der Ab geordneten Fräßdorf (Soz.) und Wittig (Kons.) wird der Deputationsantrag einstimmig angenommen. Zu den Petitionen der in den Riesaer Vor orten wohnen den Eisenbahn beamten und Genosse» um Gewährung des Wohnungsgeld zuschusses nach Ortsklasse 2 erstattet ebenfalls Abg. Singer (Natl.) den Bericht und beantragt, die Petitionen der Regierung zur Erwägung zu überweisen. Geheimer Finanzrat Dr. Otto er klärt namens der Regierung, daß diese keinen Anlaß sehe, den gegenwärtigen Zustand zu ändern. Es steht den Beamten frei, ihren Wohnort zu wählen. JnNvderau z. B. wohnten 13 Etsenbahnbeamtc, von denen nur 2 eine Kleinigkeit Miete mehr zahlten, als der WohnungSgeldzuschuß betrage. Achnlich lägen die Verhältnisse an anderen Orten. Die Abgg.-Lange (Soz.), Greulich (Kons.), Haufe (Kons.) und Anders (Natl.) ver wenden sich zu Gunsten der Petenten. Hierauf wird der Depu tationsantrag einstimmig angenommen. Nächste Sitzung morgen nachmitttag 1'/, Uhr. Schluß 4' « Uhr. Auf der Tagesordnung der heute nachmittag um 1'/, Uhr be ginnenden Sitzung der 2. Kammer stehen zunächst die Etatkapitel 82 und 33, Gesamtministerium und Staatsrat sowie KabinettS- Mhnensterne. Kriminalroman von M. Kossak. 24 Sie vergaß, daß ihr Mann Arzt war.zu dessenPflichten eSam Ende doch mich gehört, nicht nur Kranke zu warten, sondern auch die denselben Nahestehenden zn trösten, sie überlegte nicht, daß das, was die beiden Damen gesprochen, schließlich nichts weiter war, als eine mißfällige Bemerkung, wie sie der Augenblickihueueingegeben — sie nahm überhaupt nichts wahr, als die beiden an einander geschmiegten Gestalten, von denen die eine ihr Gatte mar. Dieser Augenblick aber machte sie toll. Ohne der Beruunst Raum zu geben, verurteilte sie ihn wäh rend der Spanne weniger Minuten. Ihrer heftigen Natur folgend, reiste sie gleich am nächsten Morgen ab. Hinterher kamen ihrwvhl verständigere Erwägun gen, aber sie verscheuchte sie, wollte nichts mehr von dem Mann wissen, der sich so leicht durch eines fremden Liebreiz bezaubern »ieß. Denn bezaubert war er, wenn auch vielleicht nur augen blicklich, von der Tarainellatänzerin, die Bewunderung, mit der er sie betrachtet, ließ sich nicht ivegleuguen. Paula aber wollte keinen Mann, der außer ihr noch andere Frauen für anziehend und bewunderSwert hielt. In Deutschland wieder angelangt, warf sie sich mit ver doppeltem Eifer auf ihre Kunst und bei angestrengter Arbeit, welche der Erfolg lohnte, gelang eS ihr, ihres Kummers und ihrer Enttäuschung Herr zu werden. Nur in stillen, müßige» Stunden pochte die Sehnsucht mit leisem Finger an ihr Herz. Dies heute, war so eine Stunde und während sie an den verlorene» Garten dachte, vergegenwärtigte sich ihr auch die Szene, bei der sie ihn znm letzten Mal gesehen. Deutlich stan den die Gestalten der beiden kämpfenden Männer ihr vor Air gen, wieder sah sie die Messer blitzen und vernahm sie die hei seren, aufgeregten Zwischenrnse und das ächzende Atmen der Wütenden. Wie verzerrt das bartlose, gelbe Gesicht des einen schien, wie den» ander» die Augen ranbtierartig funkelte». Aber diese Augen. — Paula sprru.g plötzlich von ihrem Stuhl und faßt« sich an die Stirn. DieseAiig«n, diese wuuLerbarstrahlende» Angen, die lelbst in dem Augenblick sinnloser Wut picht ihre Schönheit kanzlet betr. und 34 Ordenskanzlei, ferner di« allgemeine Vorberatung über den fortschrittlichen Antrag betr. die alljährliche Ein berufung de« Landtages sowie den sozialdemokratische» Antrag betr. die alljährliche Einberufung des Landtage« sowie einjährige Etatperiodcn. Den letzte» Punkt der Tagesordnung bildet die allgemeine Vorberatung über den Antrag Schmidt und Gen. (Kons.) den Berkaus des „BerlinerTageblatteS" auf allen Stationen der Sächsischen Staatseisenbahnen z» ver bieten. Suiltt Nntus ui Äm tzq« Am heutige» Dienstag werden in zwei Wahlkreisen Rcichstagsersatzwahlen vorgenommcn, deren AnSgang »ran überall mit lebhaftem Interesse entgegensieht. Die Wähler des Posenschen Kreises S amter — Birnbau m — Obornit werden an die Urne gerufen, einen Nach folger zu küren für den Grasen Brudzewo Miel- zynski, vcr: bekanntlich nach der Schreckenstat von Dakowyntolrc nach einigem Zögern sein Reichstagsman- oat niederlegte. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Tat eines einst hochgeehrten Polenführers manchen polnischen Wähler von der Urne zurückhält. Aber allzu großen Erwartungen datf man sich in dieser Beziehung nicht hingebcn. Die polnischen Wähler wissen iin allgemeinen vortreffliche Disziplin zn halten. DaS bewiesen sie ge rade in Samter—Birnbaum vor zwei Jahren. Damals war Gras Mielzynski, der vor allem die Polen zur Zustimmung für die Reichsfinanzresorm bewogen hatte, bei seinen Stammesgenossen schon reichlich unbeliebt ge worden, sodaß er eine Niederlage befürchtete und sich vorsichtshalber auch in dem oberschlesischeu Kreise Pleß- Rhbnik aufstellc» ließ. Aber er siegte doch in Samter —Birnbaum mit 15857 gegen 13164 deutschkonservative und 1087 sozialdemokratische Stimmen, Seine Mehrheit war stärker als im Jahr 1907. Immerhin sehen die Polen den Ausgang der Wahlschlacht mit einiger Be sorgnis entgegen, und die liegt begründet in der Un sicherheit der Stimmung der deutschen Katholiken. Tie Polen gebenden sich ja immer als die allein wahren .Hüter des Katholizismus in der Ostmark. Um diese Behauptung durch ein praktisches Beispiel zu widerlegen, haben die Deutschen, wie auch bereits 1912 einen Ka tholiken deutscher Älbstammung, den konservativen Ritter gutsbesitzer v. tzaza auf den Schild erhoben. Die Polen suchen dieser Kandidatur eines deutschen Katholiken da durch zu begegnen, daß sie einen katholischen Geist lichen, den Prälaten Klos, als Kandidaten aufgestellt haben. Ter Dienstag wird zeigen, wer in diesem Ringen nm die Stimmen der deutschen Katholiken Sieger bleibt. Aber selbst wenn deren Abstimmung das Ergebnis zu Gunsten des -Herrn v. .Haza beeinflussen würde, so.wird der deutsche Borstoß doch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht stark genug sein, um die Polen aus einem Wahls kreis zn verdrängen, de» sie seit 1874 besitzen und in dem die Mehrheit der Wähler immer noch sich zur.' polnischen Nationalität rechnet. Ein deutscher Wahlsiege ist nach Lage der Verhältnisse nicht ganz ausgeschlossen, - aber er ist unwahrscheinlich. . i Ganz ungewiß ist dagegen der Ausgang der Wahl schlacht in dem sächsischen »reise Borna — Pegau, die ebenfalls am heutigen Dienstag ansgefochten wird. In diesem Wahlkreise wurden vov zwei Jahren 11566 sozial demokratische, 7331 freikonscrvativc und 7217 national liberale Stimmen abgegeben. In oer Stichwahl siegte dann der freikonservative Kandidat, Generalleutnant z. T. v. Liebert, der frühere Gouverneur von Teutschost? asrika und jetzige Vorsitzende oes Rcichsverbandcs gegen die Sozialdemokratie mit 13081 Stimmen über oen So zialdemokraten Ryssel, der 13058 Stimmen erhielt. Un regelmäßigkeiten bei der Wahl führten bei der M-irige» Mehrheit, die Liebert erhalten, zur Ungnltigkeitserklü- rung des Mandats in oer Kommission. Liebert wartete die Entscheidung im Plenum nicht ab, sondern legte , sein Mandat nieder. Auch diesmal wiro es zweifellos Stich wahl geben. Einer der Teilhaber wird ebenso zweifel los wieder der Sozialdemokrat Rüssel sein. Aber gver ihm die Palme streitig machen wird, oas ist vorher auch nicht mit annähernder Wahrscheinlichkeit zu sagen. Die Nationalliberalen hoffen stark, ihren Kandidaten, den Landtagsabgeordneten Nitzschke, der schon 1912 nur um. 114 Stimmen hinter Liebert zurnckblieb, diesmal in. die Stichwahl zn bringen. Andererseits setze» aber oie rechtsstehenden Parteien alles daran, das Mandat, das von 1877—1903 in konservativem und von 1907 ab jn freikonservativem, in Lieberts Besitz war, für Liebert zu behaupten. Der Wahlkampf war, Ivie sich das bei den unsicheren Mehrheitsverhältnisscn denken läßt, sehr hef tig. Es ist aber zu hoffen, daß die 'Heftigkeit des.Wahl kampfes bei den bürgerlichen Wählern von Borna- Pegau kein allzu starkes Echo finoct und daß cs den Sozialdemokraten nicht durch die Uneinigkeit der Bür gerlichen gelingt, die Scharte von Jerichow anszuwetzen. L. Lsrxsr, üröda-Risss.. ItzlocksIklBul-KusslsIIung VS» Atttvoed, 18 Mrr, »d. lonsogebende ^eulleitsn sind irr vaemsm verßrösssrtsu Oeselläktsloksl reiell- llaltiZ ausgestellt, ru deren rvaygloser Lssiolltiguug lell ergebeust eiulade. Individuelle Bedienung. k. keiM, M NM 6lröbs, M«8Lvr 8tr»88v 16. eingebüßt, dies feine, schmale Gesicht von vlivengclber Farbe mit einem seltsam geheimnisvollen Ausdruck, das — ja, großer Gott, täuschte sie ihre Erinnerung nicht? — das waren ja die Augen, die Züge ihres italienischen Lehrers, des Signor Lan- zani! Wie oft hatte sie sich gefragt: „Wo habe ich diese Augen, dies Antlitz schon gesehen?" Und immer vergeblich, denn ge rade die Ange» des jungen Lehrers in der Wilson-Scool hat ten sie gehindert, in ihm jenen Artisten aus Neapel wieder zu er kennen, denn die dunklen Sterne, die dazumal so wunderbar, so unheimlich, fast übernatürlich geleuchtet, bedeckte jetzt ein Knei fer. — Aber wie mochte es zngehen, daß Lanzani die Bühne ver lassen und sich dem Lehrfach gewidmet hatte? Als Rezitator verdiente er doch sicher viel mehr, als bei der Wilson-Scool, und zweifellos war auch bei der letzteren seine Tätigkeit viel anstrengender. Wäre er nur nicht plötzlich verschwunden ge wesen, so hätte es ihr wohl gelingen müssen, daS Rätsel zn lösen. Und wo war er jetzt? War er wirklich verunglückt, wie man allgemein meinte? Etwas in Paula wehrte sich, an seinen Tod zu glauben. Man hätte dann doch eine Spur von ihm finden müssen, denn heutzutage gab es keine jungfräulichen Berg schluchten und undurchdringlichen Urwälder, m denen die Leute ihren Tod finden, ohne daß die Polizei eS entdeckt. Wenn ge genwärtig ein Mensch verschwand, so steckte ei» Verbrechen oder doch znm mindesten eine Schuld dahinter. Eine Schuld! Was für eine Schuld? Sie suchte sich alles zu vergegenwärtigen, was sie während der wenigen Unter richtsstunden, die sie bei Lanzani gehabt, mit ihm geredet, um irgendwelche Anhaltspunkte für die Lösung des Geheimnisses zu finden. Plötzlich stutzte sie, denn es fiel ihr ein, wie seit,am der Italiener gewesen war, als sie ihm von der Ermordung Graf Welshofens erzählt hatte. AufS äußerste betroffen war sie schon damals durch sein Benehmen gewesen, aber sie hatte es tatsächlich der Nervosität zugeschoben, mit der er selbst eS entschuldigte. Jetzt dagegen, wenn Lanzani am Ende gar bei dem Verbrechen seine Hand im Spiele gehabt? Seine Hand mit im Spiel gehabt? Großer Gott, welch ein toller, phantastischer Gedanke ihr mit einein Male kam I War das möglich? Konnte das sein? Jener Mensch, deratS der Ermordung Graf Welshofens verdächtig sich in Untersu chungshaft befand, war ja auch ein Italiener, ein Artist und Rezitator, und er, Lanzani, war genau so lange verschwunden, als jener mutmaßliche Mörder im Kerker schmachtete! Wenn der Sprachlehrer Lanzani und der Rezitator Olsers nun eine Person waren? So ungeheuerlich die Vermutung im ersten Augenblick er schien, so gewann sie beim längeren Nachdenken ständig mehr Wahrscheinlichkeit. Paula hatte alles, was über de» Fall Welshofen in den Zeitungen stand, genau gelesen und mußte daher, daß deS Grafen Verlobte, die schöne Anita Brusto, in der Sache eine wichtige Rolle spielte, insofern, als man meinte, daß Olsers sie liebte und den Grafen ans Eifersucht umge bracht hatte. Jene Tarantellatänzerin, «m derentwillen der Streit zwischen den beiden Artisten damals in Neapel aus gebrochen war, hieß ja auch Anita. Kein Zweifel, Lanzani und OlferS waren eine Person! Aber allen Nachforschungen der Polizei war es nicht gelmv gen, diese seltsame Tatsache zu entdecken. Aufgeregt eilte Paula zu einem Bücherregal, auf dem di» Zeitungen der letzten Wochen anfgestapelt lagen und suchte sich die heraus, welche sich mit der Mordsache beschäftigten. Gespannt las sie die Berichte darüber von Anfang bis zu Ende >urch. Jn einer der letzten Nummern fand sie etwas, VaS sie ehr betroffen machte. Da stand nämlich, daß eS de» Nachfor« chnngen des Untersuchungsrichters, des Doktor Hellman» ge- nngen war, zn erkunden, daß am 25. Oktober, dem Tage vor der Nacht, in der Graf Welshosen ermordet worden, ein unbekannter junger Mensch sich mit Hilfe eines zweifellos gefälschten Rezeptes in der Bärenapotheke Gift, daS heißt Morphium, verschafft hatte und daß die Beschreibung, welche der Provisor von ihm gab, genau auf Felix OlferS paßte. Man hatte ihn dann mit dem Provisor konfrontiert, aber ein absolut sicheres Resultat hatte sich ans der Gegenüberstellung der beiden nicht ergeben. Der Provisor meinte zwar, daß Ol sers recht gut jener Morphinmkäufer sein könnte, daß anderer seits aber zu viele Herren seitdem in der Apotheke gewesen seien, als das er mit Bestimmtheit ihn zn erkenne» vermöchte. Ungefähr so Hütte jener simge Mensch, der am SS. Oktober in der Apotheke gewesen war, wohl anSgesehen, aber wie leicht man sich in solchen Fällen irre» könne, wisse ein jeder. 218,Stz