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2. Beilage znm „Riesaer Tageblatt". AotatdmSdeu» nnd Verlag von Langer ä Ulntertlch in Stiess — Für di« vrdaktiM verantwortlich! Arthur Hllhnel in «les». «Schfischer Laadtag. Erste Kammes «le Erst« Kammer trat gestern vormittag um N Uhr «» einer kurzen Sitzung zusammen, vor Eintritt in di« Tagesordnung teilt« der Präsident Graf Vitzthum von Uckstädt in einer Ansprache mit, daß anstelle de» bedauer licherweise erkrankten Bischofs Dr. Schäfer der Dom kapitular Skala auf Grund von § 63 der Verfassung in dar Kammer erschienen sei. und hieß ihn willkommen. Dir Verpflichtung erfolgte, da Skala dem Hause bereit» früher «gehörte, durch Handschlag unter Hinwei« auf den früher geleisteten Eid. , Da» Hau» trat dann in die Tagesordnung ein. Die zur Beratung stehenden Petitionen um Erbauung einer doppelgleisigen Normalspurbahn von Dohma-Neustadt bi» Moldau oder Rehefeld—Pöbeltal—Moldau, sowie um Er richtung «ine» Haltepunkte» für Personenverkehr in Ober- Pretzschendorf beschloß da» Hau», in lleberelnstimmung mit der Zweiten Kammer ohne Debatte auf sich beruhen zu lassen. Nächste Sitzung heute vormittag N Uhr: Etat kapitel und Petitionen. ZweiteKammer. Der Präsident eröffnete die gestrig« Sitzung um 2 Uhr. Auf d« TapeSordnnng steht zunächst die Schlußberatung über Kap. 42 bi» 52 de» Rechenschaftsberichts sltr 1-10/11, betr. den Geschäft,bereich de» Ministe rium, de» Innern. Nach dem Berichte de» Abg. Wirth (Soz i werden die Kapitel debattelos genehmigt und die Etat-Überschreitungen nachträqlich bewilligt. ES folgt die Echlnßberatung über Kap. V7 der ordentlichen Etat» für 1914/15, betr. Landarmen- und Für- sorge« rztehungSwesen. Nach dem Bortrag de» ve- richterstatterS bittet Abg. Trüber (Kons.) um Erhöhung der Staatrbeiträg« an die Gemeinden, denen e» jetzt viel- fach unmöglich sei, die Kosten für Krankenbehandlung usw. zu decken. Auch die Vbgg. Kletnhempel (Natl.) und Wittig (Kons.) schließen sich diesem Wunsche an. Staat«- Minister Aras Bitzthümv. Eckstädt: Er sei dankbar, wenn nicht jeder Wunsch aus dem Hause in Form eine» Anträge» an ihn gelange. Es sei jedoch wünschenswert, daß derartige Wünsche, die das Finanzressort beträfen, ihm vorher gemeldet würden, damit er sich mit dem Finanz. Ministerium in» Einvernehmen setzen könnte. Abg. Klein- Hempel (Natl.): Er habe diesen Wunsch bereit» vor zwei Jahren vorgetragen. DaS Kapitel wird darauf antrag», gemäß angenommen. Bei Kapitel 61 deS Etat», Lande»- Pferdezucht betr., wird die Regierung von verschiedenen Seiten de« Hause» aufgefordert, die sächsischen Pferdezüchter nach Möglichkeit zu unterstützen, worauf da» Kapitel an tragsgemäß erledigt wird. Bei Kap. 63, 72 und 105 deS Etat» betr. Landwirtschaftliche versuch» st atton zu Leipzig-Möckern und betr. allgemeine und unvorhergesehene Ausgaben im Geschäfts- bere'iche de» Ministerium« de» Innern sowie Reich»tag»wahlen betr. findet keine Debatte statt uni die Kapitel werden dem Anträge der Deputation gemäß erledigt. Hierauf werden die Anträge auf Reform -er 1. Kammer bezw. Aufhebung derselben in allgemeine Borberatung genommen. Den nationalliberalen Antrag begründet Abg. Nitzs chke-Leutzsch, welcher au», siihrt, daß au» Gründen der Gerechtigkeit in der 1. Kammer alle Stände de» Lande« gerecht verteilt fein müßte«. Di« Gründe seien zu bekaunt, al» daß er darauf näher einzu gehen brauch,. Gin« klua, Regierung Ritte schon längst Maßnahmen ergreifen müssen, um bi« Intelligenz, die in den betreffenden Ständen zu find,» sei, dem Staat« nutzbar zu machen. Auch in der 1. Kammer werb« mit Pflichteif«r und Gewissenhaftigkeit gearbeitet, ab«r «inen Faktor «rwerbe man sich nicht durch SedurtSrecht und Besitztum, sondern nur durch Betätigung im praktischen Leben und da« sei die Erfahrung. Durch die Zusammensetzung der 1. Kammer in ihrer jetzig,» Gestalt sei ein Beruflparlament geschaffen worden, wie e« einseitiger nicht gedacht werden könne. 27 Rittergut»-,sttzer hätten in Sachsen die Möglichkeit, di« ganze Gesetzgebung lahmzulegen und di« Arbeit der 2. Kam mer wertlo« zu machen. Die Regierung stehe der Reform der 1. Kammer entgegen, «eil sie in der I. Kammer ein konservative« Machtmittel besitze. Die Re- gterung fördere durch ihre Passivität ohne weitere» den Radikalismus. Da» beste Mittel,' die Sozialdemokratie zu bekämpfen, sei ein volkStüm- licht« Regieren und hierzu hab« der Liberalismus im Königreich Sachsen jederzeit di« Hand, geboten. Abg. Nitzschke beantragt die Berweisung seine« Anträge« an di« Gesetzgebungsdeputatton, nachdem er noch betont hatte, daß ,» der Regierung auf die Dauer nicht möglich sein könne, gegen denjenigen Teil de» Volke» zu regieren, der die Werte schaffe. Abg. Günther (Fortschr. vp.) beantragt gletchfall» die Verweisung feine» Anträge» an die Gesetz- gebung»deputation. Er geht auf die geschichtliche Ent- Wickelung der^verfaflung ein und meint, für die Regierung bestehe kein Hemmni», für eine Reform der 1. Kammer einzutreten. Redner verlangt auch für die Arbeiterschaft eine Vertretung in der 1. Kammer und hofft, daß eine gemeinsame Agitation der liberalen Partei zum Ziele führen werde. Abg. Müller begründet den sozialdemokratischen Antrag und beantragt, auch diesen an die Gesetzgebungs deputation zu verweisen. Er verlangt die gänzliche Be seitigung der 1. Kammer, die ein Hindern!» in der staalS- wirtschaftlichen Entwickelung sek. Vizepräsident Opitz erklärt, daß seine Partei nicht grundsätzlich gegen «ine Reform der 1. Kammer sei, bittet aber einen solchen Schritt nur unter gewissenhafter Erwägung zu tun im Hinblick auf Zellen, die vielleicht die schwersten Konflikte bringen könnten. Dann würde die 1. Kammer für den Staat von unschätzbarem Nutzen sein. EtaatSminister Graf Vitzthum». Eckstädt lehnt ein Eingehen auf den sozialdemokratischen Antrag sowohl wie auf den fortschrittlichen Antrag ab, glaubt aber, daß der nationalliberale Antrag in dieser Session so kurz vor den Neuwahlen keine Zweidrittelmehrheit erlangen werbe. Sollte da» aber doch der Fall sein, dann wäre es immer noch fraglich, ob die 1. Kammer im auch beistimme. Wir wollen, schließt der Minister, erst die Zusammensetzung de» neuen Landtage» abwarten. Die Regierung werde den Verhandlungen der Parteien über den nationalliberalen Antrag mit Wohlwollen, aber auch mit einer gewissen durch die politisch« Lage gebotenen Vorsicht folgen. Abg. Hettner (Natl.) erklärt, daß eine Verständigung mit den Sozialdemo kraten ausgeschlossen sei. Aber auch soweit wie der fort schrittliche Antrag e» wolle, könnten feine Parteigenossen nicht gehen. Sine rein berufständische Zusammensetzung der 1. Kammer wünsche seine Partei nicht, sondern lediglich eine Fortsetzung der Entwickelung der Kammer in der Richtung, daß auch der Industrie die berechtigt« Vertretung gewahrt werde. Abg. Stndermann (Soz.) polemisiert gegen die Borredner. Seine Partei habe kein Interesse an der Reform der Kammer, sondern verlange deren Aufhebung; denn «I sei ihr ganz gleichgültig, ob ein Dutzend Ritter» gut»brsttz«r au« der Kammer verschwände und dafür «in Dutzend Großindustrielle einzöge, die doch schließlich an den bisherigen Zuständen nicht» ändern würden. Abg. Günther (Fortschr. vp.) kritisiert di« Ausführungen de« Vizepräsidenten Opitz (Kons.) nnd erklärt, ein Scheitern der vorlag« wäre nur dem Verhalten der Regierung und der 1. Kammer zuzuschreibe». Abg. Dr. Spt«ß (Kons.) beschäftigt sich mit den Ausführungen der fortschrittlichen und sozialdemokratischen Redner und verteidigt den konservativen Standpunkt. Hierauf werden nach einigen Schlußworten der Abg. Fleißner (Soz.), Günther (Fortschr. vp.) und Nitzschke (Natl.) di.« dret Anträge an die GesetzgebungSdrputatlon liberwiesen. Nächste Sitzung heute '/,10 Uhr vormittags. Tag«»ordnung: «isenbahnangelegenheiten. Das Geheimnis von Waköerg. ! Roman von F. Knntschner. 46 „Doch laß mich einmal Dein Bild sehen! Ah, da» scheint ja vortrefflich zu werden, nur —" „Was nur?" kam e8 hastig von KnrtS Lippen. „Nur bist Du damit noch nicht so weit gekommen, wie es, verzeihe meine Offenheit, der Fall sein könnte, wenn Du —" Er hielt inne, in die Stirn des jungen MalerS aber stieg' eine leise Röte, in den Tiefen seiner Angen blikte es auf und einen Moment schien es, als wolle er trotzig antworten; indes bezwang er sich. „Wenn ich fleißiger gewesen wäre," meinte er ziemlich ruhig. „DaS wolltest Du noch sagen. Nnn, man ist leider nicht in der richtigen Stimmung; da diese aber zum gedeihlichen Schaffen ««bedingt nötig, ist es — wenn sie fehlt — besser, den Pinsel gar nicht erst zur Hand zu nehmen." j „Da kann ich nicht streiten," kantete Richards von einem ! ernsten Blick begleitete Entgegnung; „ich meinerseits habe j mich aber immer gegen sogenannte Stimmungen energisch 1 aufznlehnen versucht." „Versucht! Ist es Dir aber immer gelungen, mich von ihm freizumachen?" fragte nicht ohne leise Ironie der Maler. „Vielleicht nicht immer, doch mochte e» eben dann an mir selbst liegen. Uebrigen» bin ich nicht zu Dir gekommen, um zn philosophieren, sondern in erster Linie an Dich eine Frage zu richten, die Di« mir, Deinem beste«« Freund gewiß ehrlich be antworten wirst." Ueber den fit Richards Worte»« und Mienen liegenden außergewöhnliche» Ernst bettoffen, erhob sich Knrt von seinen« Sitz in«d trat näher. , „Eine Frage —" „Wie ich gesagt, ja. Also liebst Du Albertine Durand noch Immer?" „Richard, ich —" Thalberg »nachte «ine ungednldige Handbewegung. „Ich bitte Dich, meine Frage einfach mit ja oder nein zn be antworten," sagte er beinahe schroff. „Also ja, ich lieb« sie anch heute noch und werde Ne in» > »»»er lieben. Dies — «»eine Antivort, wenngleich es mir un verständlich ist, warn»» —" „Nur Geduld! Erinnerst Du Dich noch meines Dir damals gegebenen Versprechens, Euch beide, falls ich die Damen finden sollte, miteinander bekannt zn machen?" „Ah, wenn ich Dich recht verstehe, so —" Kurts Erregung verschlug ihm die Stimme. „Jawohl, Dn verstehst mich ganz recht. Ich bi»« — wirklich durch einen ganz außerordentlichen Zufall — mit den Damen bekannt geworden nnd warum antwortest Dn »licht und starrst mich an, als »väre ich äuf einmal ein Wundertier geworden?" „Das bist Dn allerdings nicht," lachte Kurt, „aber Deine Freundschaft grenzt ans Wunderbare und ich weiß kaum, wie ich Dir danken soll!" „Sei nicht überspannt! Was tue ich denn Großes? Und danken kannst Du mir, «venu Dn es durchaus tun willst, so bald Di« Dein Ziel erreicht hast." In kurzen Worten berichtete hierauf Richard, »vie er Fran nnd Fräulern Durand im Hause seiner Freunde getroffen und in» Laufe der sehr animierten Konversation auch seiner, des Malers Knrt Volkmar, Erwähnung getan habe. Frau von Randolin habe dann in ihrer lebhaften, sympathischen Art den Wunsch geankert, Kurt, den er, Richard, als seinen liebsten Freund bezeichnet, kennen zn lerne», und so bringe er eben heute von der Familie Randolin eine Einladiyig für den zweitnächsten Abend. „Ich denke," schloß er, „Dn kannst nun wohl zufrieden sein; denn Dein Wunsch, Albertine zu sehe»! l«nd zi« sprechen, geht in ungeahnter Weise in Erfüllung." Eine Weile herrschte tiefes Schweigen im Atelier, bis Kurt, der — während Richard in einer Mappe mit Skizze»« blätterte, nachdenklich dagesessen hatte, plötzlich anssprang und den» Freunde beide Hände entgcgenstreckte. „Richard, verzeihe mir!" „Verzeihen? Daß Du Fräulein Durand liebst?" „Scherze nicht, Richard! Di« weiktja nicht, daß ich—" „— daß Di« eine,» Groll auf mich gehabt, meinst Du? O, das habe ich sehr wohl erkannt, war Dir aber »licht bös« des wegen ; nur tat es mir leid, daß Dn mich verkanntest." „Also, nochmals, verzeihe mir! Ich «var töricht." „DaS »varst Dn; sonst hättest Dn Dir sagen müssen, daß ich Dein Vertrauen nie mißbrauche»« würde." ' „Also, mein lieber Freund, »vie spricht es sich mit den Damen? Welchen Eindruck machten sie auf Dich?" Ueber des jungen Freiherr» ernstes Gesicht flog ein Heller Schein. „Das kann ich Dir »licht in kurze»,, dürren Worten sagen, genug an dem: Frau Durand könnte ich lieben — »vie ein Sohn die Mutter liebt uud verehrt, und Albertine —" ! „Nun. Albertine?" ! hat auf mich den Eindruck gemacht, daß der Man«., - der ihre Liebe zu gewinnen weiß, sich glücklich schätzen darf. I Doch Du wirst sie ja bald sehen und dann selbst urteilen. ! Ich verlasse Dick» jetzt, komme aber in zwei Snrnden wieher, j um wegen übermorgen das Nähere mit Dir zi» besprechen. Auf s Wiedersehen!" In alter Herzlichkeit tauschte» die Freunde einen Hände druck, »vorauf der junge Freiherr das Haus verließe um den auf ihn wartenden Fiaker zn besteigen und zum PalaiS Ran dolin zn fahren. „Also, lieber Richard," flüsterte Fran Ilona dem stei gern gesehenen und auch heute freudig empfangenen Gast in einen» passenden Moment zi», „Ihr interessanter Maler wird kommen?" „Wie sollte er nicht? Hofft er doch —" „Don sich sagen zu können:--ich kam, sah und siegle," fiel die heitere Dame lachend ein. „Und im Ernste, ich wünschte, es käme so." „Aber* aus welchem Grunde dein», Fran von Randolin?" fragte der junge Mann mit ausfallender Ungeduld. „Nun, weil ich finde, daß diese zwei jungen Leute aus gezeichnet zu einander passen würden." 217,20 „Meinen Sie? Nun, man wird ja sehen," entgegnete Ri chard mit so kalter Stimme, daß Fran Ilona, plötzlich auf» merksam werdend, ihn schärfer»»« Auge faßte u»»d ihr blitz schnell ein Gedanke durch den Kopf schoß, den st« jedoch für den Moment nicht verfolgen konnte, da Eva sich näherte. „Ah, meine liebe Frenndin, wie freimdlich, daß Sie kom me»«, uns Gesellschaft zu leisten! ES ist ohnedies so selten —" „—daß man Sie bei uns sieht," neckte dar junge Mäd» , chen, »«eben den» Jngendfrennd Platz nehmend, während Frau Ilona mit der Bemerkung, daß sie sich auch um andere um» ' schauen müsse, sich in den anstoßenden große»» Salon b«gab. .