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Beilage zum „Riesaer Tageblatt". Rotationsdruck und Verlag vo« Lang,» t Winterlich t» Rtrja. — Für die Redaktion verantwortlich: Arthur Hllhnel in Riesa. S8. Dienstag, 1V Aebraar 1914, abends. 67. Jahrg. -vrje trän- Sächsischer Landtag. ZweiteKammer. Am RegierungSttsch« GtaatSministrr Graf Vttzthum v. Eckstädt. Der Präsident eröffnete die gestrige Sitzung um S'/, Uhr. Auf der Tagesordnung steht zunächst die allgemeine Vorberatung über den Antrag Clauß (Natl.) betr. die Umgestaltung de» Landeskulturrats. Abg. Clauß (Natl.) führt zur Be gründung de» Anträge» au»: Seine Freunde hätten bereits im Jahr« 1919 den gleichen Antrag gestellt. Die jetzigen Wahlkreis- vrzirke für den Landeskulturrat seien viel zu groß und infolge dessen da» Jntereff« an seinen Verhandlungen außerordentlich ge- ring, vor allem fehl« ihm auch die wünschenswerte Verbindung mit den Wählern. Die kleinen Landwirte und Gärtner seien zu schwach vertreten. Der Landeskulturrat habe sich dahin auS- gesprochen, daß auf jede der 27 AmlShauptmannschaften rin Ver treter entfalle und die Zahl der vom Ministerium zu ernennenden Personen auf S erhöht werde. Die finanzielle Seite werde sich durch Erhöhung de» Staatsbeitrages regeln lassen. GtaatSministrr Graf Vitzthum v. Eckstädt: Die Regierung könne nach wie vor ein Bedürfnis zu einer Vermehrung der Mitglieder de» Landes kulturrate» nicht anerkennen. Er habe die Gründe hierfür bereit« 1912 dargelegt. E» handele sich nicht darum, Vertreter einzelner Jntereffenkreisc in diese Körperschaft hineinzubekommen, sondern Fachmänner. Die Wähler hätten schon durch das allgemeine, direkte Wahlrecht Gelegenheit, ihre Wünsche zum Ausdruck zu bringen. Auch sei die Wahlbeteiligung gestiegen. Die Wahl kommissare seien angewiesen, für die demnächst stattfindenden Wahlen möglichst viele Stimmabgabestellen zu errichten, damit die Wahl erleichtert werde. Der Landeskulturrat habe die ihm ge stellten Aufgaben bisher jederzeit in gewissenhafter Weise erfüllt. Daher müsse die Regierung den Antrag Clauß ablehnen. Abg. Friedrich (Kons): Der Antrag Clauß bezwecke nur, Zwietracht zwischen dir kleinen und großen Grundbesitzer zu säen. Die jetzige Zusammensetzung de» Landeskulturrates genüge durchaus. Präsi dent Dr. Bogel: Er sei au» dem Hause gefragt worden, ob er den vom Minister gegenüber dem Abg. Clauß gebrauchten Aus druck „geschmacklose Aeußerung" zulasse. Er habe darauf zu er klären, daß er diesen Ausdruck, wenn er von einem Abgeordneten gebraucht worden wäre, als unparlamentarisch gerügt hätte. Staatsminister Graf Vitzthum v. Eckstädt: In diesem Falle würde er den Ausdruck nicht gebräucht haben. ES handle ich um die Zurückweisung einer die sächsischen Tierärzte beleidigenden Aeußerung, daß die Tierärzte beim Körgesetze die Interessen des Bundes der Landwirte vertreten hätten. Diese Beleidigung sei sachlich schwerwiegender als die bei ihrer Zurückweisung gebraucht» Aeußerung. Abg. Donath (Kons.): Er stehe auf einen anderen Standpunkte als seine Parteigenossen und werde für den Antrag Clauß stimmen. Der Entwurf, den die Regierung vor einigen Jahren vorlegte, habe im großen und ganzen den Wünschen ent sprochen. Der Minister möge den Entwurf von neuem einbringen. Abg. Schwager (Fortschr.): Er stimme mit den Ausführungen des gut konservativen Abgeordneten Donath völlig überein. Der mittlere und kleinere Grundbesitz müsse durchaus besser vertreten sein. Ein Zollschutz für Gemüse und Gärtnereiprodukte sei zu ver werfen. Abg. Schulze (Soz.): Auch die Arbeiter müßten Sitz und Stimnie im Landeskulturrate haben. Seine Freunde seien deshalb für eine Ueberweisung der Vorlage an die Gesetzgebungs deputation und würden dort ihre Stellungnahme näher darlegen. Abg. Schade (Kons.): Die durch den Antrag Clauß entstehenden Kosten würden ganz beträchtlich sein. Auch sei ihm nicht» davon bekannt, daß man in kleineren und niittleren Besitzcrkreisen den Wunsch hege, im Landeskulturrate vertreten zu sein. Er halte eine Umgestaltung dieser Körperschaft in dem beantragten Sinne durch aus nicht für erforderlich. An der weiteren Debatte beteiligten sich noch die Abgg. Göpfert (Natl.), Heymann (Kons.), Hähne! (Kons.) als Vorsitzender des Landeskulturratcs und Schmidt (Kons.). Der Antrag Clauß wird hierauf an die Gesetz gebungsdeputation verwiesen. ES folgt die Schlußberatung über zwei private Peti tionen, die antragsgemäß aus sich beruhen bleiben. Das HauS tritt hierauf in die allgemeine Vorberatung über das Dekret Nr. 24, den Geschäftsbericht der Lan'desbrandversiche- rungSanstalt für 1910,11 betr., und das Dekret Nr. 25, den Personal- und Besoldungsetat der Landesbrandversichsrungsanstalt für 1914,15 betr., ein. Abg. Braun (Natl.): Da» Jahr 1911 sei das brandreichste seit langer Zeit gewesen. Das Vermögen der Anstalt sei daher nur unerheblich angewachsen, auch habe die Anstalt Kursverluste erlitten. Doch sei ihr Wohlstand fest begründet. Die Mobiliarversicherung habe sich gut eingerichtet. Er beantrage, den Geschäftsbericht an die Rechenschaftsdcputation und den Personal- und BesoldungSetat an die Ftnanzdeputation zu Überwelsen. Abg. Opitz (Kons.) spricht sich für eine Berücksichtigung der Wünsche der technischen Räte der Anstalt aus. Abg. Singer (Natl.): Sehr auffällig und bedauerlich sei die laxe Moral in Brandsachen. In dem Berichte wilrden 736 Fälle von Brandstiftung aufgeführt. Durch die Gewährung von Baubeihilfen würde mancher dieser Fälle verschwinde» und die Moral gehoben. Abg. Langer lSoz.): Wenn Gehaltserhöhungen vorgenommen werden müßten, sü könne die« nur bet den unteren Stellen geschehen. DaS Reisc- kostengesetz »erde von de» höheren Beamten vielfach umgangen. Damit schließt die Besprechung. Die Dekrete werden antrags gemäß an die Rechenschaft«- bezw. Finanzdeputation X überwiesen. Nächste Sitzung heute nachmittag 2 Uhr: RechenfchaftS- und Etatkapitel. Schluß 7'/, Uhr. SO Milliarde« Spargelder. BD. Das Gesamtergebnis des Spargeldverkehrs im vergangenen Jahre liegt nunmehr vor. Danach belaufen sich die Spareinlagen des Jahres 1913 auf mehr als eine ganze Milliarde Mark. Diese Höhe der Einlagen entspricht der der Jahre 1909 und 1911. Tie schlechte Zeit des Balkankricges, wo die Einlagen unter einer Milliarde blieben, sind also wieder überwunden. Im Ganzen aber hat uns das Jahr 1913 der zwanzigsten Milliarde an Spareinlagen bis auf eine Kleinigkeit nahe gebracht. Tie deutschen Sparkassen behaupten also unter allen deutschen Kapitalgruppen die erste Stelle. Man wird diese Entwicklung mit großer Genugtuung begrüßen.-Welche Unsumme von fleißiger Arbeit und wirtschaftlicher Ordnung drückt sich in den genannten Zahlen aus! Oft wird unsere Zeit gescholten. Man spricht von ihrer Vergnügungssucht und ist mit ihrer Kinobe geisterung und ihrem Alkoholismus recht unzufrieden. Gewiß sind diese Vorwürfe auch nicht alle unbegründet. Und wo sie auf fruchtbaren Boden fällen, sollen sie uns recht sein. Trotzdem vergesse man nicht, um gerecht zu sein, sich neben aller Kino- und Kneipenfregucnz auch jener stilleren und doch so vielsagenden Zahlen der deutschen Sparkassen zu erinnern. Bon den arbeitsamen und sparenden Leuten hört und sicht man weniger wie von den geputzten und ver gnügungslustigen. Auch muß man nicht immer gleich Menschen, die sich nach harter Woche einmal eine Ab wechslung gönnen, für unwirtschaftlich und verschwen derisch halten, selbst wenn die Art dieser Abwechslung nicht denk entspricht, was ein feiner gebildeter Geschmack als solche wählen würde. Die in den Spargeldern auf gespeicherte Arbeit legt ein gutes Zeugnis ab, das über jenem schlechten nicht übersehen werden darf. Tie Sparkassen dürfen als ein erzieherischer Faktor von bedeutendem Wert für die Nation eingeschätzt wer den. Tas ist es, was ihre Erfolge so erfreulich macht. Sie sind nicht nur ein finanzieller, sondern ein mora lischer Gewinn. So sehr mau den kühnen Unterneh mungsgeist des großen Kapitals für die Entfaltung der nationalen Wirtschaftskräfte schätzen wird, so wenig darf man daneben verkennen, was die Sparsamkeit des kleinen Kapitals bedeutet. Sie schafft gewissermaßen einen gesunden Grundstock, das Mark des nationalen Wirtschaftslebens. Und nicht nur dies. Es hängt geradezu das körperliche und geistige Gedeihen des Volkes von dieser wirtschaftlich ordentlichen Gesinnung ab. Wo in einer Familie gespart wird, da kann man im allgemeinen stets eine günstige Prognose für die Zukunft dieser Familie, für ihre Widerstandskraft in den Nöten des Lebens, für das Gedeihen ihrer Kinder, für ihr gesamtes Vonoärtskommen pellen. Man weiß da den Wert des Geldes wirklich zu schätzen. Meist eben deshalb, weil cS selbst und sauer erworbenes Geld ist. Man überschätzt es aber auch nicht wie der leichtfertige Spekulant oder gar der Verbrecher, denen es nur um das Neichwerden um jeden Preis zu tuu ist.'Die Spar kraft des Volkes ist ein Barometer, Mr die Stärke dcS tüchtigen guten Mittclschlags von Menschen, auf denen immer die Gesundheit des Staatswesens in erster Linie sich gründet. Freilich ist sie ja auch ein Baro meter für die wirtschaftliche Gunst oder Ungunst der Zeiten. Deshalb brachte sich in ihrem Rückgang der ver hängnisvolle Einfluß der Balkanwirren gleich so deut lich zum Ausdruck. Gerade die Freude am Sparen erwächst nur aus dem Vertrauen zur Stetigkeit des Wirtschaftslebens. Ihr Rückgang in kriegsbedrohten Zei ten beweist, wie schwere Verantwortung die auswärtige Politik selbst dann auf sich lädt, wenn sie mit Kriegs problemen auch nur aus weiter Ferne zu tun hat. Wir sollen mit nnserm Leben vernünftig rechnen und nicht Lotterie spielen! Taß viele Leute die Wahr heit dieses Satzes richtig begriffen haben, dafür sind unsere 20 Milliarden deutsches Sparkapital der Beweis. Ter Sparer kann mit einigem Vertrauen in seine eigene Zukunft schauen, gibt aber auch für den Staat im Ganzen einen Rückhalt von Vertrauen- Moralisches und materielles Kapital sind hier fast ein und dasselbe. Von diesem Gesichtspunkt aus gilt eS nicht nur du Sparlust der Einzelnen nach Möglichkeit zu fördern sonder» auch die allgemeine Sphäre des Vertrauens, worin sie allein gedeihen kann, gewissenhaft zu schonen. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Dars der Beamte durch Stimmenthal tung Sozialdemokraten unterstützen? Eine bemerkenswerte Entscheidung in der Frage, ob ein Be amter durch Stimmenthaltung indirekt die Wahl von Sozialdemokraten unterstützen darf, hat der Tisziplinar- senat des Berliner Oberverwaltungsgerichts gefällt. In dem vorliegenden Fall handelte es sich um die Wahl von Schulkommissionsmitgliedern in einer Landgemeinde. Ter Gemeindevorsteher hatte sich der Stimme enthalten und so mit dazu beigctrageu, daß Sozialdemokraten zu Mitgliedern der Schulkommission wurden. Tie Sache kam zur Anzeige; es wurde daraufhin ein Disziplinar verfahren gegen ihn eingeleitct. Der Disziplinarsenat bejahte die Schuldfrage und verurteilte den Angeklagten zu 30 Mark Disziplinarordnungsstrafe. Ursprünglich war Dienstentlassung beantragt worden. Für die Bemessung der Strafe war ausschlaggebend, daß der Gerichtshof sich auf den Standpunkt stellte, die Wahl zu Schul organen sei eine Wahl zu Staatsorganen und es sei für den Beamten unerläßlich, den sozialdemokratischen Ueber- griffen auf die Erziehung der Kinder unbedingt ent gegenzutreten. Selbst die Angabe des Gemeindevor stehers, er habe gemeint, daß Sozialdemokraten als Mit glieder der Schulkommission nicht anerkannt würden, wurde nicht als Entschuldigung für sein Verhalten an gesehen. Freiherr von Recheuberg, der frühere Gou verneur von Deutschostafrika, ist aus dem einstweiligen Ruhestand, in dem er sich seit April 1912 befand, in den dauernden Ruhestand übergetreten. Er war als Kai serlicher Gouverneur von Deutsch-Ostafrika während der Das Heheinmis von Watverg. ! Roman von F. Kuntschner. 40 ! „Soll sich des Kindes Herz nicht zuerst der Mutter erschlie ßen ? Wie habe ich oft die Kinder der ärmsten Leute beneidet, ivenu ich sah, wie sievon den Eltern liebkost wurden, während ich, aufgezogen im Schoße des Reichtumes, arm war, ärmer als alle anderen." „Und warum hast Du nicht längst so zu mir gesprochen ?" rief die Freifrau in größter Erregung. „Warum ließest Du uns, Deinen Vater und mich in dem Glauben, Du liebtest uns nicht?" Ein bitteres Lächeln flog über Richards tiefernstes Antlitz. - „Es bedurfte also wirklich erst meiner Worte, umDich über meine wahren Empfindungen aufzuklären? DaS sagt mir deut lich genug, daß Du mich nie verstanden hast und — wie ich fürchte — auch in Zukunft nicht verstehen wirst." Noch erregter werdend, suchte Frau von Thalberg vergeb lich nach Worte, um dem Sohn etwas Tröstliches zu sagen. „Richard," rief sie ihm endlich fast schüchtern zu, brach jedoch dann, ohne weiter etwas sagen zu können, die Hände über die Augen legend, in neuerliches Weinen aus. Ohne sich zu nähern, blickte der junge Mann ernst zu ihr hinüber und merkwürdigerweise fehlten jetzt auch ihm die rich tige» Worte, nm sie zu trösten, wie ihn auch, obwohl sie ihm leid tat, doch ein unerklärliches Etwas zurückhielt, zu ihr zu eilen und sie in die Arme zu schließen. Langsam, wie zögernd, verließ er das Gemach; draußen aber fühlte er sich auf einmal von Sehnsucht nach dem Vater erfaßt; da dieser jedoch von einem Besuch in der Nachbarschaft erst zum Souper zurückerwartet wurde, sucht« er zuerst auch jetzt wieder Zuflucht bei feinen Büchern, erhob sich indes, da ; eS ihm nicht gelingen wollte, seine Gedanken zu konzentrieren, > ungeduldig anssenfzend, sehr bald wieder vom Sessel, nahm ' feinen Hut und begab sich in den Park hinab, wo er in der un ter den rauschende» Baumkronen herrschenden grüngoldigeu s Dämmerung ruhiger zu werden und Ordnung in seine regellos umherflatternden Gedanken zu bringen hoffte. Obwohl eS Richard stark nach Wien zog, doch nicht, wie er < Ach ebrlich einaeftaud. um den Freund zu sehen sondern — so > wenig Aussicht dazu auch vorhanden war, — irgendwo den beiden Damen zu begegnen, unterdrückte er doch, um seiner Eltern willen, diese Sehnsucht und blieb wirklich volle zwei Wochen auf Thalberg, was die Freifrau im geheimen nicht wenig wunderte und Herrn von Thalberg offensichtliche Freude machte. Vater und Sohn waren jetzt oft stundenlang beisam men, machten Ausflüge zu Pferd in die nächste Umgebung oder saßen, wenn das Wetter weniger günstig war, plaudernd und rauchend im Studierzimmer Richards, wo es dem älter» Freiherr» augenscheinlich sehr wohl gefiel, obwohl dieses keines wegs die luxuriöse Einrichtung der anderen Räume aufwies, vielmehr der Arbeitsstätte eines auf den Verdienst durch seine geistige Tätigkeit angewiesenen Mannes glich. — „Und was ist denn mit Deinem Freund, dem Maler gesche hen? Man hört und sieht ja gar nichts von ihm. Sollte ihm sein erster Erfolg so zu Kopfe gestiegen sein, daß er darüber sei nes besten Freundes vergessen könnte ?" Lachend verneinte Richard diese — natürlich nnr scherz haft gemeinte — Frage des Vaters, der dann die weitere fol gen ließ, warum er, Richard, seinen Freund den» nicht einmal nach Thalberg mitgebracht habe. „Du bist sehr gütig, lieber Papa," lautete die Antwort, „aber, nachdem Mamas'seltsame Abneigung gegen den arme» Kurt bekannt ist, konnte ich es mir eben nicht erlauben, ihn hier- Herz» bringen. Er ist übrigens gestern abend, wie ich weiß, nach G—stein gefahren?" „Studienhalber? Ist er denn auch Landschaftsmaler? Nun, wen» er wieder zurück jein wird, brntge ihn nur aus eine Zeit zu uns heraus! Vielleichtschwindet dann der Mama Eifer- suchtauk ihn," lachte Herr von Thalberg gut gelaunt. „Denn a»k «was andern, als Eifersucht beruht ihre Abneigung ge wiß «richt." „Meinst Du, Papa, daß sie im Ernste auf den armen Kurt eifer iichrig ist? Wenn es so wäre, dann —" „Tann. Warum sprichst Du nicht zn Ende?" „Daun würde sie mich doch lieben," entgegnet« Richard, dem Vater freimütig in die Angen schauend. „So zweifelst Du wirklich an der Liebe Deiner eigenen Mutter? Kannst Du Dich denn nicht von dieser fixen Idee losniachen?" fragte der ältere Freiherr, dein Sohne forschend in di« ernsten Züge blickend und die Hand auf dessen Arm le gend. „Zweifelst Du vielleicht an meiner Vaterliebe?" fügte er hastig hinzu. „Du, Papa, bist mir ja nie unfreundlich oder kalt entqe- i gengekommen und ich hatte auch immer mehr Vertrauen zuDir, ! aber trotzdem—mein Gott, so recht heimisch — Verzeihung, > lieber Vater," bracher rasch ab, als er den Freiherrn tief er- ! blassen sah — „ich wollte Dir nicht wehe tun — und vielleicht j trage ich selbst die meiste Schuld, daß wir uns früher nicht so I recht verstanden haben. Doch seit meiner Heimkehr —" „Hat sich das Gefühl des Fremdseins vermindert, willst Du hoffentlich sagen?" „Ja, seitdem Du. mein lieber Vater, mir so besonders gütig entgegenkommst —" > „Rede doch keinen Unsinn, Richard? Du bist «nein Sohn nnd wir verstehen uns jetzt wirklich ganz gut. Mama dage gen ist eine etwas sensitive Natnr, die mit besonderer Berück sichtigung ihrer Eigenschaften behandelt werde» muß. Aber sie hat Dich gerade so lieb, wie ich Dich lieb habe. Und damit »vird sich der junge Herr nun wohl zufrieden geben?" Wieder lachte der Freiherr lustig auf, doch war in diesem Lachen etwas wie ein nervöser Klang, das Richard vielleicht hätte herauShören müsse», ivenu nicht seine Gedanken bei der Mutter geweilt hätten. Nochmals durchlebte er im Geist jene kurze Szene zwischen ihr und ihm «nid «nutzte sich mit Trailer aufs neue sagen, daß die Kluft, die beide trennte, wohl kaum je zn überbrücken sein würde. Die Stimme des Freiherr» riß ihn aus seinen unerquickli chen Träumereien. „Was läßt Du denn jetzt den Kopf hängen? DaS ist doch sonst nicht Deine Gewohnheit. Weißt Du was, ich lasse a«l- spannen und dann fahren wir alle drei «ach A—selb hin übeh wo wir einen Gegenbesuch jchnldtg sind. Willst Du?" „Aber gewiß, Papa, recht gerne! Die A—selber sind sehr angenehme Leute." „Also geh' einstweilen zn Mama, um eS ihr z» sagen. Sie ist anch eine Freundin der Familie A—feld und «vird gen« von der Partie sein." 817,20 Drei Tage später erhielt Richard von Kurt die nur qaru t kurze Nachricht, daß er wieder in Wien sei, weiter nichts.