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Beilage znm „Riesaer Tagelisatt": RotatlonSdmck und Verlag von Langer t Winterlich l n»R lrsa. — Für die Redaktion vrranttvortlich: klrthnr HSHnel In Niesa. 27. Dienstag, 3. Februar 1»14, abends. «7. Jahrg. TSchfischer Landtag. Zweite Kammer. Im Regi«rung»tische Staat«mlnister v. Seydewltz. Der Präsident eröffnete die gestrige Sitzung um 2 Uhr. Auf der Lageßordnung steht zunächst die Schlußberatung über Titel 28 und Kap. 16 der ordentlichen Eta» für 1914/18, Umbau der Bahnhofes Schandau betr. Abg. H, ymann (Kons.) erstattet den Bericht der Finanzd,pu tativ» ö und beantragt die Bewilligung von 800000 M. (gemeinjährtg 400 000 M.) als 2. Rate nach der Vorlage. Die Abgeordneten Spieß und Frenz«! (Kons.) sprechen sich zu Eunsten der Forderung aus. Nach kurzen Erläute rungen der FtnanzMinister« v. Seydewitz tritt das Haus dem Anträge der Deputation bei. Abg. Gleisberg lKons.) erstattet hierauf den Bericht der Finanzdeputatio» L über Lite! 30 Le» außerordentlichen Etat» für 1914/15, Umbau de» Bahnhofe» Meißen und zweigleisigen Au»bau der Strecke Meißen—Meißen-Triebischthal betreffend, und beantragt, 1000 000 M. nach der Vorlage zu bewilligen. Da» Hau» beschließt ohne Debatte antragsgemäß. ES folgt die Schluß beratung Über eine Reihe von Petitionen. Die Petition um Errichtung einer GüterabferiignngSstelle in Niederoder- witz wird der Regierung zur Erwägung überwiesen. Die Petition des Stationsschaffners a. D. Haupt in Freiberg um weitere Anrechnung von Dienstzeit auf sein penflonS- fähiges Dienstalter bleibt auf sich beruhen, desgleichen die Petition de» vormaligen Bauschreibers Musch in Mügeln bet Dresden, seine Wiederanstellung^betr. Nach Erledigung zweier weiterer Petitionen vertagt sich das Haus. Nächste Sitzung heute nachmittag 2 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen einige Etatkapitel sowie die Fortsetzung der Be sprechung der Interpellationen über Arbeitsmilligenschub und KoalitiouSrecht. — Schluß 3Vs Uhr. N Mm in MWn Wmn BD. Auf den Wechsel der verantwortlich. . Vertreter der höchsten Zivilbehörden im Elsaß — der Statthaltrr geht bekanntlich erst in einigen Monaten — ist nun auch die Versetzung der hauptbeteiligten Offiziere des 99. Infanterie- Regiments gefolgt. Oberst von Reuter wird Kommandeur des 2. Brandenburgischen Grenadier-Regiments in Frank- furt a. O. und Leutnant von Forstner ist nach Bromberg versetzt worden. Damit ist eine Lösung der clfäßischen Wirren erfolgt, die dem Gerechtigkeitssinn des Kaisers alle Ehre macht. In Wirklichkeit hat ja auch niemand daran gezweifelt, daß die „entscheidende Stelle" nach beiden Seite», nach der militärischen wie nach der zivilen hin, mit glelchmäßiger Entschiedenheit geeignete Maßnahmen treffen werde. DaS hatte schon der Reichskanzler in den Zaberndebatten des Reichstages angekündigt. Das lag auch bereit» in den Telegrammen ausgesprochen, die der Kaiser Anfang De zember an die Zivil- und Militärverwaltung nach Straßburg gerichtet hatte, worin ein Handinhandarbeiten bei den Be hörden nachdrücklich gefordert war. Wenn jetzt der Wechsel in den militärischen Stellen um einige wenige Tage später als der in der Zivilverwaltung erfolgt ist, so liegt das ge wiß nur daran, daß die Zivilbehördcu durch ihre Ent lassungsgesuche und die Veröffentlichung derselben ein un beabsichtigt schnelleres Eingreifen nötig gemacht hatten. Vielleicht erklärt sich der kleine Zeitunterschied auch ganz zwanglos aus einem späteren Bekanntwerden des gleichzeitig mit dem Regierungswechsel verfügten OffizierSwechsclS. Jeden» fall» sollte man solchen unbedeutenden Aeußerltchkeitrn keinerlei politische Bedeutung beilegen. Dalfelbe gilt von der Latsache, daß die Versetzung der Offiziere nicht den Charakter der Maßregelung trägt. Gewiß nicht! Da» Frankfurter Grenadier-Regiment gehört allerding» zu den sogenannten Eliteregimentern, und der Garnisonort Frankfnrt a. O. mag manche Vorzüge haben; auch dürfte Frhr. von Forstner lieber in vromberg al» in Zabern dienen. Allein, mit welcher vegründnng hätten denn diese vom Kriegsgericht freiaesprochenen Offizier« jetzt auch „strafversetzt" werden sollen? Und ist nicht auch den auf ihren Antrag pensionierten hohen Zivilbeamlen der Ab schied mit allen Ehren und Auszeichnungen bewilligt wor- den, die sonst üblich sind? Also e» bleibt dabei, daß die Gerechtigkeit bei der Entwirrung durchaus gewahrt worden ist. Deshalb bat auch die Ankündigung, daß mit dem Statthalter gleichzeitig der KorpSkommandenr. General von Deimling, aus Straßburg sortgrhen werde, sehr viel Wahr- schelnliche». Mit Genugtuung verdient noch verzeichnet zu werden, daß die Lösung der Krtst« in der elsaß-lothringischen Ve- völkerung im ganzen freundlich anfgenommen wird. Der bisherige Potsdamer Oberpräsidialrat Gräf Roedern wird als Staatssekretär und damit als oberster RegierungSoertreter wie ein unbeschriebenes Blatt erwartet, von dem man sich Gutes verspricht. Er hat, soweit bekannt, in seiner bis herigen DerwaltungStätigkeit alle jene Einseitigkeiten ver- mieden, die etwa schließen lasten könnten, daß er jetzt als ..starker Mann" käme. Vor allem ist er, wie jetzt ver- sichert wird, mtter Mitwirkung des Statthalters Graf von Wedel in sein hohes Amt berufen worden und soll von ihm auch erst in die Dienstgeschäfte etngestthrt werden. Grund genug, um nun endlich eine Beruhigung der auf geregten Gemüter erwarten zu lassen. Natürlich wird das Endurteil über den AuSgang der ganzen Affäre erst gesprochen werden könne», wenn auch der Statthalter seinen Nachfolger gefunden hat. Unter den Anwärtern auf diesen Posten gilt jetzt der Reichskanzler, Herr von Bethmann-Hollweg, als der aussichtsreichste. Die Vermutung hat mancherlei innere und äußere Wahrschein lichkeit für sich. Herr von Bethmann hat den RcichSlanden die neue Verfassung gegeben und wiederholt in starken Worten ein liebevolles Verständnis für den dortigen VolkS- charakter bekundet. In eingeweihten Kreisen war schon vor Jahr und Tag davon die Rede, daß er sich von seinem Berliner Kanzlerpalais nach dem Straßburger Statthalter palast wünsche, wenn die Zeit für einen sechsten Reichs kanzler gekommen sein werde. Auch die HiyauSschiebung des Statthalterwechsels, die auf seinen Wunsch erfolgt ist, würde sich unschwer daraus erklären lassen, daß er mitten in der parlamentarischen Hochsaison seinen jetzigen Posten nicht zu verlassen wünscht. Wie dem allen auch sei; die seitherigen Maßnahmen können alle Teile zufriedenstellen. Sie zeugen von Ge rechtigkeit und sie bekunden den festen Willen, die Wunden in den ReichSlanben, die durch die unglückselige Zaberner Affäre bloßgelegt wurden, baldiger Heilung entgegen zu führen. G Kreisdircktor Mahl ist mit dem gestrigen Tage von Zabern nach Thann im Obcrelsaß, Kreisdircktor Bcher- lein von. Thann nach Zabern versetzt worden. Tasesgeschicht». Dentsche» «etch. DeutschlandamTanganjika, Die Vollendung der großen deutsch-ostafrikanischen Mittellandhahn, welche di« Küste mit dem langgestreckten Tanganjikasee verbindet, ist reichlich zwei Jahre früher erfolgt als nrsprüngltch vor gesehen war; früher auch al« der Ausbau der beitzischen Bahn, die vom Kongostaate her zum westlichen Ufer des Tctnganjika führe» soll. Der Bau der 1270 Kilometer langen Bahnlinie stellt somit «inen großen Erfolg deutscher Technik dar. Daß die Bahn für Deutschostasrika ein?» ge waltigen Vorteil bedeutet, daS braucht wohl nicht erst gesagt zu werden. Die Erfahrungen, die alle Kolonialvölker und nicht zum mindesten auch wir Deutsche mit unseren Ko lonien vor und nach dem Bahnbau gemacht haben, reden deutlich genug für die Notwendigkeit kolonialen BahnbaueS. Erhöht aber wird die Bedeutung dieser „Tanganjika"-Bahn noch dadurch, daß sie auch einen Teil des Verkehr» de» Osten» der Kongoko'onie nach Deutschostafrika ziehen dürste. ReichStag»ersatzwahlinOffenburg-Kehl. In dem badischen Wahlkreise Offenburg-Kehl-Oberkirch findet am 3. Februar die Ersatzwahl um das Mandat de» na tionalliberalen Abgeordneten Kölsch statt. Abgeordneter Das Geheimnis von Hhasöerg. ' Roman von F. Knntschner. 28 ' " „Und dadurch gezeigt, daß, wenn er auch kein Lebenskünstler in Deinen! Sinne ist, Pap», doch das Leben sich lebenswert und inhaltsreich zu machen weiß," kam es jetzt zur ungeheuren Ueberraschung des Herrn von Nandolin mit sanfter, doch fester Stimme von Eva zurück. „Ah, da schau. Kleine," lachte er nun hell anf, „da hält' ja der Herr Papa bald eine ganz nette kleine Strafpredigt wegbekommen? Na, na, ich bin nicht böse, Kind, nnd von Dir wnndert es mich weniger, bist ja immer so eine kleine Denke rin gewesen. Alles, was sich zur Gesellschaft rechnet, wird er scheinen. Freust Dn Dich, Everl?Jhr könnt dann miteinander fchöngeistern, Dn und Dein Freund! Na, na, mußt nicht so rot werden, Everl.ich spotte wirklich nicht,und, alles was recht ist, ein ganzer, tüchtiger Mensch ist er wirklich, dieser einstige Mllionenerbe." ' Z'„Ja, Napa, das ist Richard und das ist auch tausendmal mehr wert, als wen» er—" U „Eilt Lebenskünstlcr nach meinem Sinn wäre, willst Du sagen? Schon gut, schon gut! Also berate Dich uun mit Deiner Mama wegen Festtoilette nnd so rveiter, ich will Euch nicht länger stören." .- . Der Tochter die Wange streichelnd nnd seiner Gemahlin zunickend, verließ Herr Gregor, die neuste Operettenarie vor sich hinsummend, das Gemach, während Fran Ilona wirklich die hochwichtige Toilettenfrage in Anregung brachte, ohne je doch bei Eva viel Eingehen darauf zu finden, da ja deren Ge danken sich iveit mehr mit demjenigen beschäftigten, den sie so innig lieble und nach dessen Wiedersehen nach so langer Trennung sie sich so innig sehnte. Herr von Randoliu hatte mit seiner Bemerkung, daß alle, die sich zur „Gesellschaft" rechneten, beim Feste auf Schloß Lhalberg erscheinen würden, recht gehabt, denn nicht nur An gehörige der Geburt«-und Geldaristokratie, sondern auch nam hafte Vertreter der Kunst- und Gelehrtenivelt hatten dein Rnfe >e» Schloßherr» und seiner Gemahlin mit Vergnügen Folge jeDstet und füllten nicht nur die weiten, prunkvollen Räume des Schlosses, sondern ergingen sich auch — namentlich die Jugend — in den prächtigen Laubgängen des herrlichen Parkes. Man lachte, plauderte, kritisierte und medisierte nach Her zenslust, kokette, fragende, zärtliche Blicke wurden ausgetauscht und mehr oder minder geistvolle Witz- nnd Scherzworte flogen hin und her. Bei vielen der Gäste drehte sich das Hauptgespräch um den heimkehrenden Sohn des Hanfes. „Finden Sie nicht, Baron, daß Richard sich sehr zu seinem Vorteil verändert hat?" fragte eine alte Dame ihren Nachbar. „Hm, meinen Sie sein Aeußeres, Gnädigste ? Dann kann ich Ihnen nicht zustimmen, denn diese letzten zwei Jahre haben ihn kaum hübscher gemacht. Daß er so sonnverbrannt ist, steht ihm ja schließlich nicht übel, aber — weil wir schon da von reden — distinguiert sieht er just nicht aus und, wenn man nicht bestimmt wüßte, daß er des seinerzeit so schönen Leon Thalbergs leiblicher Sohn ist, so möchte man beinahe sagen —" „Aber, bester Freund —" unterbrach ihn dis alte Dame. „Sie gehen doch zu iveit. Uebrigens meinte ich mit meiner Bemerkung, daß er sich günstig verändert habe, nicht seine äußere Erscheinung, sondern das ins Auge springende Ernste, Männliche und Gediegene in seinem ganzen Gebaren. Schauen Sie nnr dorthin, Baron," — dies wurde ganz leise geflüstert — „kann es einen größeren Kontrast zwischen Vater und Sohn geben als diesen?" „Das hab ich mir heute nicht zum ersten Mal gesagt," gab Baron von S. ebenso leise zurück, „der Vater Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle und daneben der Sohn mit der Gestalt, den fast derben- Gesichtszügen und dem rauhen Be nehme» eines — Pardon, Gnädigste — eines Bauern." „Nun, so arg ist es doch nicht, wenn man auch kaum glau ben kann, daß so schöne Menschen, wie seine Eltern — also nein, schön nnd elegant ist er keineswegs, der jnnge Thalberg, aber schöne Männer laufen zu Dutzenden herum. Richard Thalberg hingegen interessiert durch sein« Eigen art, seinen Charakter; daß er ein Charakter ist, zeigt jeder Zug seines Banerugesichts, jede seiner energischen, kraftvollen Bewegungen und —" „Und ich würde planben," fiel Baron von S. mit leich ¬ tem, spöttischen Lächeln ein, „wenn Gnädigste eine Tochter hätten—" „Werden Sie nicht boshaft, mein Freund," lachte dis Dame, ihm mit dem Fächer einen leisen Schlag auf die Haud gebend, setzte jedoch daun sehr ernst hinzu, daß! wenu sie Mut ter einer Tochter wäre, sie sich keinen lieberen Schwiegersohn wünschen würde als eben den jungen Thalberg. „Ein Wunsch, den sämtliche gegenwärtig hier anwesenden Mamas heiratsfähiger Töchter teilen werden," entgegnete mit seinem satirischen Lächeln Baron von S. „Der Glanz der Millionen läßt Richard Thalberg in den Augen aller Frauen als einen wahren Apollo erscheinen nnd ich —" „Und Sie sind henke garstiger denn je." Damit wandte sich die alte Gräfin von Harden lachend einer ihr befreundeten Dame zu, während Baron von S., auf seinem Platze verhar rend, mit seinen scharfen Ange» die auf und nieder wogende Menge musterte. Eva von Randolin, die sich so leidenschaftlich nach dem heutigen Tage gesehnt hatte, stand eben ziemlich isoliert von der übrigen Gesellschaft in einer tiefen Fensternische und blickte traurig vor sich hin. Außer einem flüchtigen Gruße hatte sie Mit Richard, der, ivie selbstverständlich, konstant von Gästen umringt ivar, noch kein Wort gewechselt und es war auch wenig Aussicht vorhanden, daß ec sich seiner „kleinen Fremn din" noch im Laufe der nächsten Stunden würde nähern kön nen. Sie mußte sich ungeheuer beherrschen, um nicht ihrs schmerzliche Enttäuschung durchblickea zu lassen, und, wäh rend sie ein heiteres Lächeln auf ihre Lippen zwang, wenn jemand sie ansprach, schrie ihr Herz sehnsuchtsvoll nach dem geliebten Mann. Dort stand er, neben einein Pfeiler, umgeben von einem Kranz blühender Mädchen, deren Augen und Lippen ihm süß znlächelten. Er jedoch, — das erkannte Eva deutlich, sah ermüdet, wenn nicht gelangweilt, ans und sein Lächeln machte «men gequälten Eindruck anf sie. 217,20 Wenn sie nnr ein paar armselige Minuten mit ihm allein sein, mit ihm sprechen könnte. Die leidige Etikette verbot ihr natürlich, sich ihm zn nähern, ihn so zn begrüßen, und, wie ihr Herz es verlangte; ohne daß sie es zuerst merkte, rannen ihr die Tränen über die feinen Wangen; als sie sich dessen aber dann doch bewußt wurde, schrak sie freilich heftig zttsarrmuük :