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1. Beilage zum „Riesaer Tageblatt". «MÜ-nSdruck und Verla« v«, Langer » vlnlerllch «a «»,««. — Mir dl« «edaNian veranlwortNq> «rthar Hlltznel In «ie'fa. ' » IS. roanedea», A4. Zaaaar 1914, «beabs. . «7. Jayrg: «chßfcher Laabtag. Zweite Kammer: DaS Haus erledigte gestern verschiedenes isen- bahnangelegenheiten und bewilligte zu Kap. 16, Tit- 20 des Etats für die Einführung der Strecken- blockung auf Teilstrecken der Linie Borsdorf—Coswig 235000 M. ohne Debatte. Bei Tit. 14 des außerordentl. Etats, Erweiterung des Bahnhofes Wiesenbad (Ergän zungsforderung), werden 79 000 M. angefordert, die auch hier von der Kammer nach dem Berichte des Abg. Roch (Fortschr.) bewilligt werden. Sodann wird über die Petition des Ausschusses für Erbauung der Bahn strecke Zwickau—Reinsdorf—Wildenfels beraten. Abg. Nitzschke (Natl.) weist als Berichterstatter darauf hin, daß außerordentliche Schwierigkeiten der Erfüllung des Wunsches der Petenten entgegenstehen, wie eine Besich tigung der Strecke durch die Finanzdeputation B ergeben habe. Redner beantragt schließlich, die Petition auf sich beruhen zu lassen, und das Haus beschließt demgemäß ohne jede Debatte. Erst zu einem späteren Punkte bemerkte der Finanzminister v. Seydcwitz, daß eine elektrische Bahn zwischen Zwickau und Reinsdorf geplant sei. Hierauf bewilligte die Kammer gleichfalls ohne De batte antragsgemäß 135 000 M. zur Erbauung eines Güterzugsüberholungsgleises auf dem Bahnhofe Dorn- rcichenbach. Als dritte Rate zur Herstellung einer voll spurigen Nebenbahn von Theuma nach Planen i. V. werden 200000 M. gefordert. Abg. Günther (Fortschr.) weist als Berichterstatter darauf hin, daß bei den Ar beiten darauf Rücksicht genommen werden möge, daß die Arbeiter angemessene Löhne erhalten. Finanzminister v. Seh de Witz erklärt hierzu, daß als angemessene Löhne im allgemeinen doch wohl die tarifmäßigen Löhne anzusehen seien. Hierauf kam der Minister aus eine nm Schlüsse der vorgestrigen Sitzung stnttgefundenc Ge schäftsordnungsdebatte zurück, wobei Klagen darüber laut geworden waren, daß die Kammer in ihren Ar beiten nicht genügend vorwärts komme, da die Regierung Material zurückhalte. Ter Minister verwahrte die Re gierung gegen Len Vorwurf, daß sie der raschen Er ledigung der Arbeiten im .Hause hinderlich sei; sie gebe alle Unterlagen so schnell wie möglich an die Kammer. Der Abg. Gleisbcrg (Natl.) nimmt als Vorsitzender der Finanzdeputation B seine Deputation gegen den Vor- tvnrf in Schutz, daß sie nicht genügend gearbeitet habe. Präsident Dr. Vogel erklärt hierauf, daß er den De putationen keineswegs den Borwurf gemacht habe, nicht rasch genug gearbeitet zu haben. Abg. Fraßdorf (Soz.) meint, die Abgeordneten könnten sich eher da rüber beschweren, daß bis jetzt noch keine Interpella tion auf die Tagesordnung gestellt worden sei. Die Ab geordneten seien nicht nur dazu da, den Etat zu er ledigen, sondern auch die Wünsche ihrer Wähler zu ver treten. Tie Position wird hierauf antragsgemäß ge nehmigt. Nachdem das Haus noch die Petition des Geineindcratcs zu Secligstadt und Gen. um Errichtung eines Haltepunktes daselbst nach dem Anträge des Be richterstatters Dr. Rcntsch (Kons.) auf sich beruhen gelassen hatte, vertagte sich das Haus auf Mittwoch, den 28. Januar, nachmittags 2 Uhr. Auf der Tagesord nung stehen einige Etatkapitel und die Fortsetzung der Vorberatung über das Pfarrcrbesoldungsgesetz. Das Geheimnis von Thasöerg. Nomau von F. Kuutschner. 11 „Lieben Sie denn dieses Wien so?" „O ja — überhaupt —" sie stöckle unter seinen fragenden Blicken. ,Ueberhaupt?" wiederholte er und saß plötzlich dicht an ihrer Seite, ihre Hand, die sie ihm widerstandslos, ganz in ihre Gedanken verlieft, überließ, in der feurigen haltend. „Wol len Sic damit sagen, Frau Hedwig, das Sie sich hier noch immer nicht eingewöhnt haben, daß Sie sich fortsehnen?" Sie schüttelte nur traurig den Kopf. Reden konnte sie nicht, sonst iväre sic in Weine» ausgebrochen. Randolin, noch immer ihre Hand irr der seine», ließ ihr Zeit sich z» fassen. Er war ein leichtlebiger, genußsüchtiger und oft auch leichtsiuniger Mensch, aber er war nicht schlecht, keinesfalls schlechter als die meisten seiner vornehmen, reichen Freunde. Als er diese blonde, junge Frau zum erste» Mal gesehen, hatte sie ihn» sehr gut gefallen. Ihre seine, zarte, lichte Schönheit bildete einen starken Kontrast zu Ilonas imposanter Erscheinung und auch ihr fast mädchenhaftes, weltfremdes, scheues Wese» hatte eiueu besonderen Reiz — den der Neuheit — für den an den Umgang mit pikanten, schönen oder geistreichen Frauen gewöhnten Mann. Gewiß, sie gefiel ihm, sogar sehr, dieses schüchterne Weib, aber bis heute mischte sich in dieses Wohle gefallen noch teilt böser selbstsüchtiger Gedanke und er hatte «och keinen Moment vergesse», daß Hedwig das Weib eines andern war, deS Mannes, zu dem ihn eine seltene Sympathie hinzog. Als er sie nun so betrübt dasitzen sah, augenscheinlich mit ihren Tränen kämpfend, hatte er aufrichtiges Mitleid mit ihr und auch nur den Wunsch, lie zn trösten. Eine Seknnde lang durchzuckt« ihn der Gedanke, daß sie sich vielleicht in ihrer Ehe nicht glücklich fühle, doch konnte er dies bei Laurenz lau- terem Charakter nicht glauben. Endlich hobst« dieAugen.in derenTiefen eSfeucht schimmerte. „Nicht wahr, ich bin kindisch und »nein Mann hat recht, wen,» er mich ost anszankt," begann sie jetzt, mit leichtem Ver such, zu scherzen; „aber ich kam» mir nicht helfen, ich finde wich noch immer nicht in die neue Umgebung und sehne mich t urück in unsre schöne Heimat.- ArtebeaSfchlatz i« Reichst««». (Siehe den Reichstagebrricht.) BD. Was stimmungSgcmäß schon gleich nach dem Wicderzusammentrttt des Reichstags im neuen Jahre vorauSgesagt werden konnte, steht seit der» gestrigen Reden zu den neuen Zaberninterpellattonen auch vcr- handlungsmäßig fest: Reichskanzler und Reichstag be mühen sich einträchtig, die peinliche Zabern-Angelegen- heit nunmehr zu begraben. Die Formel, die der Reichs kanzler für dieses Bemühen gesunde,» hat, ist von allen bürgerlichen Parteien angenommen worden. Sie lautet: kein weiteres Aufwühlen, sondern Heilen der Wunden. Daß außerhalb des Reichstags die breiten Massen des Volks gleichfalls gern dieser Parole folge»» werden, kann keinem Zweifel unterliegen. Nur die Sozialdemokratie sträubt sich noch gegen einen Friedensschluß. Sie glaubt lange keine so gün stige Gelegenheit zur Agitation gegen Militarismus und Monarchismus, gegen Beamtenautorität und StaatS- autorität gehabt zu haben wie diese., Deshalb bemüht sie sich, noch weiter aus dieser Giftblüte Honig zu saugen. Die gestrige Rede des gewandte»» Revisionisten führers Frank zeigte das deutliche Bestreben, alle irgendwie mit Jabern in Verbindung zu bringenden Persönlichkeiten und Vorgänge zur Belebung sozial demokratischer Agitation auszunutzen. Dieses Bestrebe,» war so unverkennbar, daß der Eindruck der au sich geschickt zusammengestcllten Agitationsrede dadurch stark beeinträchtigt wurde. Auch die cingeflochtenen Witze und Bosheiten, die vorübergehend die Zuhörerschaft amü sierten, konnten nicht über die Gesamtwirkung hinweg helfen: man merkte die Absicht, und man blieb ver stimmt. So konnte sich denn auch der Kanzler einen guten Abgang verschaffen, als er zunächst einmal ganz kurz und temperamentvoll die sozialdemokratische Kritik an den kronprinzlichen Kundgebungen der letzten Zeit zu- rückwics und nachher seine längere Beantwortung der beiden Interpellationen mit einer scharfen Polemik gegen die Sozialdemokratie schloß. Mas Herr v. Bcthmann, der rednerisch einen guten Tag hatte, im übrigen vor trug, goß Oel auf die ohnehin nicht mehr sehr hochgehen den Wogen der Erregung bei den bürgerlichen Parteien. Im Anschluß an die Darlegungen des zweiten Jntcr- pellationsredners, des bekannten fortschrittlichen Rechts lehrers Professor v. Litzt, grenzte der Kanzler den Streit fall dahin ab, daß lediglich nachzuprüsen sei, ob die jenigen Teile der Kabinettsorder von 1820 in den Offi- zicrsdienstvorschriften noch heute rechtsgiltig sein könn ten, die ein militärisches Eingreiffen ohne Ansuchen der Zivilbehördcn regelten. Diese Nachprüfung sei im Gange, und damit sei alles geschehen, was zurzeit in der leidigen Angelegenheit überhaupt geschehen könnte. Ter Nachweis, daß die gesetzliche Regelung aller Fülle, in denen die Zivilverwaltung an rechtzeitiger Requirierung des Militärs verhindert sein könnte, äußerst schwierig sei, war überzeugend und wurde durch die historische Reminiszenz vom Jahre 1851 noch ver stärkt. Besonders aufmerksam wurde aber die loeitere Er klärung ausgenommen, daß nach den gerichtlichen Fest stellungen in den Reichslanden tatsächlich viel geschehen müsse, nm dort normale Zustände für Reich und Land zu schaffen und daß mit Bestimmtheit in dieser Rich tung das Mögliche werde veranlaßt werden Merkwürdig, wie sie auf einmal so frei und leicht mit diesen, Manne reden konnte ; als sie sah, wie seine Augen so ganz anders auf ihrem Gesicht ruhte», mit schier freundschaft lichem Ausdrücke und seine Hand die ihre umschlossen hielt, überkam sie jäh eine fast dankbare Empfindung ihm gegenüber und lebhaft, wie lange nicht, sprach sie nun weiter, von ihrem einstigen trauten, freundlichen Heim erzählend, von den dunk len, rauschenden Wäldern, den blumigen Wiesen rundum nnd wie alles nur eitel Licht und Sonne war, als sie dann auch auf die liebe, gute, alte Dame, auf Lanrenz Mutter, zn spreche» kam, perlten große Tränen über ihre Wangen, Gregor von Randolin aber drückte leise und verständnisvoll ihre Hand. Sie ahnte nicht, die junge Frau, daß dieser weit-und frauenkundige Mann aus ihren Klagen nm Heimat und Mut- ter noch etwas anderes, Ernsteres herausyörte, etwas, das sich leise anklagend gegen den Gatten richtete: so war denn doch nicht alles so licht und klar in dieser Ehe, wie Randolin eS sich vorgestellt hatte? Er fragte sich jetzt nicht, wer, wenn eS nicht so war, der schuldtragende Teil sei, ob vielleicht beide zu der Mißstimmung beitragen ,nachten, und versuchte nur tröstend auf Hedwig einznsprechen. „Lasten Sie nur erst den abscheulichen Winter vorüber sein, Fran Hedwig," sagte er, „dann »vird es sich schon mache»»., Auch bei uns gibt es ja Sonne und Licht und Glanz »nid auch Blumen. Also nur frohen Mut! Sie haben ja doch auch schon Freunde gewonnen, die Ihnen nur das Beste wünschen und Sie glücklich sehen möchten. Ich rechne also bestimmt auf Ihr Erscheinen und werde gewiß alles tu»», nm meinen Gästen Amüsement zu verschaffen." DaS klang so liebenswürdig, ja herzlich, Laß Hedwig 'N»- möglich kalt ablehnen konnte, nm so weniger, als ja Josef, auch ohne ihre Zusage, sicher diese Einladung angenommen hätte. Nach einige» höflichen Worten löste sie ihre Hand au» der. seinen, die er offenbar nngern freigab, und er verabschiedete sich. Nachdem sie »vieder allein war, blieb sie en» paar Sekun den stehen »»»»d trat an» Fenster, nm indes gleich darauf tief errötend znrückzufahren. Ai» der gegenüber liegenden Straßen seite stand Randolin, der mm nochmal» grüßend dm Hut zog; Auf diese Weise war der Boden vorbereitet, um vor verallgemeinernden Schlußfolgerungen ^aus den. Vor?» kommnissen in Zaber», zu warnen und „die nervöse Stimmung" zu kritisieren, die zu bedauerlichen D»S- schreitungen des PartikularismpS geführt . u«H den in neren Frieden unter de,» Bundesstaaten gefährde? habe, In diesen» Zusammenhänge wurde von allen Skiten das starke Lob begrüßt, das oer Kanzler den militärischen Tugenden und den» deutsch-nationalen Geist cilsxr»Stäm me, -insbesondere aber den Bayern, zplltk- Jetzt, war. die Stimmung vorhanden, in der die Mähuyyg allste-, mein willig ausgenommen wurde, nicht länger iy. drn Wunde»» herumzuwühlen, sondern sie zu schließen. Mil einer Verteidigung des Heeres, die sich auch die stärk sten Kritiker der Zaberuer Vorfälle gefalle»» lasse»» konn ten, sofern sie nicht grundsätzliche Gegner des deutschen Heerwesens sind, schloß die Kanzlerrcde. Für ihre Aufnahme im Hause war nichts bezeich nender als die Antwort des Zentrumsabgeordneten) s ehrcnbach, der zwar von seinen berühmt gewordenen Ausführungen am 3. Dezember v. Js. nichts zurück nahm, aber den größten Teil der gestrigen Darlegungen deS Kanzlers unterschreiben zu wollen erklärte. Auch die übrigen Redner der bürgerlichen Parteien wa(txtz° auf diesen Ton gestimmt. Man darf also annehckcn/ daß tatsächlich unter die Zabern-Affäre endlich chch- Reichstag, und hoffentlich bald auch in der öfferit- lichen Tislussion — ein dicker Schlußstrich gezogen Wixd.^ Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Stiftung. Zehn Nürnberger Bürger stellten dem Oberbürgermeister Dr. v. Schuh 100000 Mark für einen der Gedanke, er könne glauben, daß sie seinetwegen hinabge» schaut habe, ärgerte sie und sie machte sich Vorwürfe, ihm so - frenndlich begegnet zu sein. ' . Mit Ungeduld erwartete sie Josef, um ihm von NandolinS Besuch nnd Einladung zu erzähle». ' „DaS ist nett von ihm," meinte dieser; „man hätte sonst^ wirklich nicht gewußt, wie man diese Tage anständig ver leben sollte." .^Früher hast Du nie so gesprochen, Josef; da fühltest Di» keine Sehnsucht nach anderem," flüsterte Hedwig, worauf er nur stumm die Achseln znckte und sich dem Kinde zuwandte. „Was ist mit der Kleinen? Sie kommt mir so still vok Willst Du nicht mit Papa spielen, Julerl ?" Die Kleine hob das Köpfchen und lächelte den» Vater zu; aber es war ein mattes Lächeln, kein frohes Anfjubeln wie sonst. „DaS Kind ist unwohl, schon doch nur, Hedwig!" rief. Josef, die Kleine aufnehmend, bestürzt aus. „Aber nein, eS ist nur müde. Ach — wenn eS nur schon Frühling werden wollte!" klagte die junge Frau. „So frisch wie sonst ist Julerl freilich nicht mehr, seitdem wir —" „Hier sind, natürlich! Das ist bei Dir schon zur fixe»» Idee geworden, daß seitdem alles anders geworden ist," unter» brach sie Josef, unnmehr geärgert und blieb für den Rest des Abends dann sichtlich verstimmt. Stumm und hastig nahm er das Nachtmahl ein und rauchte dann eine Zigarre in seinem klein«»» Zimmer, das er sich als eine Art Herrenzimmer einge».. richtet hatte und in das er sich stets flüchtete, wenn er, was in jüngster Zeit immer hanfiger der Fall »var, bei seinen» junge» Weib keine rechte Ansprache fand. Hier saß er auch jetzt rauchend in der Sofaecke und blickte sinnend den Ringe»» seiner Zigarre nach. 217,20 Hedioig hatte eigentlich nicht so unrecht mir ihrer stets, wiederkehrenden Klage: eS war nicht mehr zwischen ihnen wie eiystens. Wohl liebte er seine Frau auch heute noch gleich innig und treu, hatte aber trotzdem das Gefühl, als habe etwa« Freiydes, Unfaßbares sich zwischen sie geschoben; auch fehlt« ihnen gar sehr die alte Mutter, ihr kluger Rat, ihre ruhige Hei terkeit, ihr klarer Geist; und wie gut hatte sie Hedwig zi» len ken verstanden, »veit bester als er selbst! Er empfand jetzt sa -recht, daß er mit der Mutter die Vermittlerin verloren yqtzse»