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Da» .war «als an und für sich sehr gleichgültig. Er fühlte ab« dennoch sei» Heptz Kopsen, als eines HIHend», ehe man zum «ff« Ong, das MRdchen zwei Visitenkarten hereinbrachte, auf denen der Name vcher stand. «n Augenblick der Verwirrun« folgte, kante Ellen sah zmn Lade erschrocken au», Wolf sagte gleichmütig: »Er »tust mit un» essen," und Martha errötet« ohne allen Grund und ärgerte sich daß die noch ihre Morgen bluse an hatte. Der Gast kam dann mit vielen Entschuldigungen Herei», er war in Uniform; er tat seit Oktober Dienst bei seine« Ulaneuregiment und hatte morgen» wenig Zeit. Sehr gern wolle er mitessen. »Na, Ämt« Ellen, dann hoffe ich hast Du etwa» Oute»," sagte Nolf scherzend und bat den Gast, seinen Kübel abzulegen, während die alte Dame in die Küche eilte. Order erkundigte sich bei Martha, wie ihr der Theater-Abend bekommen sei. Dann fügte er hinzu, er habe sich nach Fräulein von Röben» Adresse er- kundigt. Der Geheime Kommerzienrat, in dessen Hau» sie lebe, heiße Flachhuber und wohne in der Dorotheenstraste Nr. 51. Der Abend »erging dann sehr angenehm. Wenig- sten» erschien e» Martha and Dante Ellen so. Herr von Order wustte so manche» zu erzählen au» der Nach barschaft SeebergS, unter anderem auch, daß die Benziner Herrschaften diesen Winter an der Riviera »»brächten, und dast der alte Goldstein gestorben sei, woraus man wohl schließen dürfe, daß Frau von Röben gut geerbt habe. „Waren Eie auch kürzlich in Sceberg?" warf plötz lich Wolf in die angeregte Unterhaltung hinein. Er hatte meistens sehr still dabeigesefsen. Vermutlich ging ch« eine komplizierte Strafsache in dem Kvpfe herum. Herr von Order wurde rot wie ein ertappter Schul junge, al» er sagte, daß er auf Seeberg nicht verkehre. „Aber Eie waren doch ein Mal auf einem Balle dort," erwiderte Wolf erstaunt. La, freilich, vor etwa drei Jahren." Eine etwa» peinliche Pause folgte. Tann begann Wolf von anderen Dingen zu reden. „Konrad wird wohl Dinge vollführt haben, die seinem früheren Regiment zu Ohren gekommen sind, er diente ja auch bei den Ulanen," dachte er bei sich. Eine große Angst packte ihn. Würde der Vetter noch den guten alten Namen Markart ganz in den Staub ziehen? . ES schien wirklich so. Tie Wolken zogen sich immer mehr um da- schöne Seeberg zusammen. Erst tauchten leise Gerüchte auf, dann redete man Wolf darauf an, ob er wahr sei, daß Seeberg verkauft werden sollt«? Wolf erhielt eines Tages einen Brief von dem alten Verwalter, der sich vertrauensvoll an ihn als an d«S Herrn Barons nächsten Verwandten wandte »ad ihn flehentlich bat, einmal nach See berg zu kommen. Der Herr Baron fei immer fort, und die Zustände auf de« Gute würden von Tag zu Tag trauriger. TaS Gut sei so belastet, daß man kein Geld mehr bekommen könne; Holz werde geschlagen ohne Sinn und Vernunft, die Gebäude und da» Weh sähen so aus, daß der selige Herr Baron sich im Grabe umdrehen würde, wenn er eS sehen könnte. Wolf stand in tiefes Sinnen verloren an seinem Schreibtisch, al» er, eben vom Gerichte zurückgekehrt, diesen Brief la». Als» so weit hatte Konrad es gebracht. Das aUe schöne Erbe seiner Väter verpraßte er im Spiele. So nur ließ sich diese Sachlage erklären. Er selbst hatte lange Zett keine Nachricht von ihm bekomme». Einmal, fett jener merkwürdigen Episode, die hie Vettern eimmder näher gebracht hatte, hatte Km«ad ihn in Berlin aufgesncht. Er hatte einen trau rige» Eindruck gemacht durch sein bald ausgeregtes, bald schlaffes Wesen. Woks stand nnfMSssig da. Er konnte nicht» ändern an der Lage der Dinge. Ter alle Rentmeister Lehrend war bor die verkehrte Türe gekommen. Er antwortete ihm sofort, daß er sich an die Exeku tiven deS Seeberger Fideikommisses zu wenden habe, und daß er diesen reinen Wein einschenken müsse. Dm»» siegelte er den Brief zu und strich sich mit der Hand Über die Stirne. Die Sorge» um Seeberg waren vergessen. Er dachte nur an ein blasses, ernstes Frauenantlitz, das er neulich flüchtig gesehen hatte, und das ihn verfolgte im Wachen und im Traume. Unter den Linden war es gewesen. Zwei Damen waren aus einem eleganten Wagen gestiegen, als Wolf gerade vorüberging. Achtlos und zerstreut hatte er den Kopf nach ihnen umgewandt, und dann war es wie ein elektrischer Strom durch seinen Körper gegangen. Er hatte den Hut gezogen, und ihre Blicke waren sich begegnet, eine Sekunde nur! Dann war sie mit ihrer Begleiterin, einem sehr jungen und sehr auffallend gekleideten Mädchen, in einen Laden getreten. Aber dieser Augenblick hatte genügt, um die Flamme wieder mit elementarer Gewalt «mporschießen zu lassen, die er so gern ersticken wollte. Wie gealtert sie war, wie schwermütig der Aus- druck des schönen Gesichtes! ,Zch will zu ihr gehen und sie fragen, ich kann sie nicht in diesem Elende lassen, in dieser unwürdigen Stellung. Ob eS leichtsinnig ist, ob es Sünde ist? Ich kann mir nicht Helsen, jetzt weiß ich, was ich tun will und muß!" — „Du ißt ja gar nicht, Wolf?" Tante Ellen berührte sanft seinen Arm. Er raffte sich empor und sah sie freundlich an. Sollte er sie um Rat fragen? Za, das wollte er. Nach dem Essen wurde Martha sehr bald zum Schlittschuhlaufen abgeholt. Sie ergab sich seit einigen Wochen diesen Freuden, und die Tante freute sich darüber. Cie lächelte auch heute und sah Wolf bedeutsam an. Ter aber hatte kaum gehört, was um ihn vorging. „Kommst Tu noch mit in mein Zimmer, Tantchen?" ,„Gern, mein Wolf; glaubst Du nicht auch, daß Oedcr bald Ernst machen wird? Jeden Tag laufen sie stundenlang aus dem Eise miteinander." „Martha? Wirklich? Tas wäre ja famos!" Wolf sah ganz verblüfft auf die Tante. Erfüllt von feinen eigenen Plänen und Grübeleien, hatte er an eine ernst liche Absicht des jungen Herrn von Oeder kaum gedacht. „Tann bleiben Tu und ich allein, mein lieber, alter Zunge!" Die alte Dame sah ihn liebevoll an. „Tante Ellen," Wolf gab sich innerlich einen Ruck, „würdest Tu es unrecht von mir finden, wenn ich mich verheiratete?" Tante Ellen flog beinahe von ihrem Stuhle. „Tu, — Tu willst — heiraten, mein lieber, lieber Wolf? Wie würde ich Gott danken dafür! Wer ist es nur? — Du kennst ja niemand, — ich meine — ist es eine Berliner Bekanntschaft?'" „Rein, Tante Ellen, ich kenne sic seit fünf Zähren und liebe sie fast ebenso lange. Aber darauf kommt es nicht an. Findest Du, daß ich es vor Gott verantworten kann, einen Hausstand zu gründen, ich, der ich nichts besitze als mein Gehalt und meine Schriftstellerei? Sie hat nämlich nichts." — La, das kannst Du, Wolf," sagte die Baronesse nach kurzem Besinnen, „ich würde ja sagen: „warte, bis Märtha sich verheiratet, aber dann"" sie stockte. „Warten kann ich nicht, ich muß jetzt — jetzt gleich eine Entscheidung treffen. Das Scherflein» was Tu und Martha beansprucht, ändert auch nichts an der Sache; aber freilich, die Hoffnung, von der Du eben sprachst, ist mir fast ein Wink von Gott. Oeder ist sehr wohlhabend und ein famoser Kerl, es wäre ja ein riesiges Glück, in unserer Zeit, wo kaum jemals ein Mädchen ohne Vermögen heiratet. Und ich glaube jetzt. Du hast recht, aber ich, ich was soll ich tun?" Die VMHdrmkertt ooa Langer iVditeM «les» «oetbektratze Ar. S» hält sich zur Anfertigung nach stehend« Drucksachen bet sauber« Ausführung und billigst« Preis- strllung besten» empfohlen. IWtft Adrctz- und Geschäfts» karte» vrteftipfe, vrtefletsten Bestellzettel Broschüren. villetS Deklarationen Danksagung-- und LinladungStrikse Einlaßkarte» Etiketten all« Art Fakturen, Flugblätter Formulare in »iv. Sorten Frachtbriefe Gebrauchsanweisungen Kremdenzettel Haus- und Fabrik» Ordnungen Geburtsanzeige« HochzeitSetnladungeu -Seit»«,en und -Gedichte Sastenschilder Kostenanschläge Kataloge, Kontrakte Kontobücher Lohnliste», Mahnbriefe Mitteilung««, Menns Musterbücher, AotaS Plakate Programme Preis kurante Postkarte», Quittungen Rabattmarke» Rechu»»ge» Speise»- »»» Weinkarten Statuten, Dmzkartr» Stimm-, Theater- «ad Sackzettel Visiten- ,u» verlobungSkarteu Wechsel, Werke Zirkulare, LeuMiste re. re. re. Masseuauflagea kür Rotationsdruck. Mvaer Isgedlstl — Amtsblatt — Fernsprechstellt Nr. 20. Telegramm-Adresse r Tageblatt Riesa. Er ging im Zimmer auf und nieder, totenblaß, den Blick starr auf den Boden geheftet. „Du sollst ruhig handeln und Gott vertrauen," sagte Tante Ellen sanft. Er wandte sich nach ihr um und beugte sich zu ihr herab, indem er ihre Hand küßte. „Tu liebes, gutes Tantchen, wenn Du mir Absolution erteilst." — — ,^Fa, Wolf, das tue ich, das tue ich, — ich kann es nicht für Pflicht halten, darum ledig zu bleiben, weil man nicht reich ist. Du hast Dein Gehalt, Dar machst gute Karriere, Du bist jung und klug, — wahrscheinlich wirst Du durch Deine Bücher viel verdienen, und endlich, wenn Kinder kommen — ja, ist es unreif, so weit zu denken? Konrad wird gewiß nicht heiraten!"" „Nein, Tante Ellen, jetzt wirst Du schlecht, aus jemandes Tod spekulieren will ich nicht." Wolf sah plötzlich ganz finster drein, aber die Tante lächelte nur: „Tue ich das denn? Gott bewahre mich vor so schwerer Sünde, ich dachte nur an sein trauriges Schicksal, und daß er wohl fortan auf Heiratsgedanken verzichten wird. Sei nicht böse."" Er faßte noch einmal ganz sanft ihre magere kleine Hand und drückte seine Lippen darauf. „Sei Du nicht böse, Tante Ellen, verzeih mir das dumme Wort! Zch bin Dir ja so dankbar, ja, ich wälze jetzt alle Verant wortung auf Dich. Aber ich habe manchmal ein Ge fühl, als könnte ich ein Nervenfieber bekommen. Zch weiß nicht mehr, was Pflicht, was Egoismus ist."" „Hab' guten Mut, mein liebes Kind, vertraue auf Gott! Darf ich aber nicht wissen, wer es ist?"" „Hast Du es wirklich nicht erraten?"" Gespannt waren die guten, freundlichen Augen Tante Ellens auf Wolf gerichtet. „Es ist doch nicht . .. ich hatte einmal eine Ahnung, daß sie Dich interessierte, aber Du kennst sie ja kaum. Ich meine, ist — es — Julia?"" . ,Hä, es ist Julia, und sie lebt hier als Hausdame bei einem Bankier, der ein ganz unmögliches Indivi duum ist; ich kann das nicht mit ansehen."" Er ging schnell zur Türe. Tie alte Tame sah ihm nach mit unendlicher Liebe in den Augen. Er war ihr wie ein Sohn gewesen, von Kind aus, und jetzt in ganz besonderem Maße. Noch einmal steckte er den Kops herein. „Tante Ellen, ich habe es mir so ausgedacht, ich lasse mein Leben versichern, dann hätte sie doch immer etwas, und von meinen Büchern zahle ich jährlich die Schulden an Konrad ab, der Leipziger Verleger hat mir gestern 2000 Mark geboten fürs letzte!" „Guter Junge, Du wirst Dich noch tot arbeiten." Er lachte nur, und fort war er. Julia stand schwer aufatmend in ihrem eleganten Wohnzimmer, das Herr Flachhuber „Boudoir" nannte. Würde sie noch ein halbes Jähr hier aushalten können, in dieser Umgebung, die ihrem ganzen Wesen widerstand? Würde sie das tägliche Beisammensein mit Elsa Flach huber ertragen können? Tas Mädchen war so unfein in jeder Regung ihres Gemütes, wenn es überhaupt ein Gemüt hatte. Cour- machereien, Liebeleien, Klatsch und Toilette, — darum drehte sich Elsas Denken und Reden. Und der Alte? Julia hatte sich zuerst gefreut, daß er Herrn Goldstein so unähnlich war, aber je mehr sie ihn kennen lernte, je größere Scheu empfand sie vor ihm. Aber wenn sie ging, was dann? Daß es schwer war, einen Posten als Gesellschafterin zu bekommen, das hatte sie während der nun verflossenen Zahre ge lernt. Es gab zu viele Mädchen ohne Vermögen, — die Konkurrenz war zu groß. Nells hatten sie so inständig gebeten, bei ihnen zu bleiben, ihnen eine mäßige Pension zu . zahlen; sie hatte eS auf die Länge nicht ausgehalten, so untätig bei anderen zu leben. So war es denn endlich dazu gekommen, daß sie ein Anerbieten erhielt und zugriff. Es hatte ja so solide geklungen: ,Kch suche eine Haus dame als mütterliche Freundin meiner 16 jährigen Toch ter. Christliche Grundsätze Bedingung." Nun war sie schon ein halbes Jähr bei dem Kommerzienrat, — auf ein Jahr lautete der Kontrakt. Also sie mußte so lange aushalten! Ja sie mußte. Sie hatte ja auch Schwereres ge konnt. Seit ihrer unglücklichen Verlobung erschien ihr nicht» unerträglich. Sie war auch innerlich eine andere ge worden. Eie hatte eS »erlernt, sich beständig aufzu lehnen gegen ihr Schicksal, indem sie beschämt und mit demütiger Selbsterkenntnis immer wieder sich selbst an klagte. Sie hatte Konrad nicht mit Entschiedenheit zurück gewiesen, und dann hatte sie die Verlobung gelöst. Jetzt geschah eS ihr ganz recht," wenn sie nicht auf Rosenwegen wandelte. Julia verlangte gar nichts mehr vom Leben. Nicht Glück, nicht Reichtum war's, nach dem ihr müdes Herz sich sehnte, nur nach Frieden mit Gott, nach freudigem Glauben rang sie täglich, und zuwellen war es, als bräche ein Sonnenstrahl durch die finsteren Wolken, die sie umgaben. Elsa Flachhuber fuhr auf den Wunsch ihres BaterS sonntäglich zur Kirche. „LS ist zum Sterben langweilig, aber der Vater sagt ja, eS muß sein," seufzte sie. Sy. kam es, daß Julia oft ein beredtes Zeugnis vom Glauben an Christum, von der Liebe Gottes anhören durste,.: und dann war es wohl, daß sie gehoben und beseligt das Gotteshaus verließ. Julia mußte auch heute immer ' au ein solches Glaubenswort denken, über das der / Prediger im Tom gesprochen hatte: ,^Laß dir an meiner . Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig!" Sic setzte sich an ihren Schreibtisch, um den Spruch zu suchen in Tante Ellens Testament. — Dante Elleu. — oer Gedanke an sie glitt zwischen die Zellen des heiligen Buches und ihre Seele. Plötzlich wäre».: die Schatten wieder da. Würde sie denn niemals zur Ruhe kommen? Hatte Gott kein Erbarmen mit ihr? " Es klopfte an ihre Tur. Der Diener brachte eine Karte. Flüchtig glitt ihr Wick darüber hin, dann sagte sie mit tonloser Stimme: „Fragte der Herr nach mir! oder nach Fräulein Flachhuber?" : Nach dem gnädigen Fräulein von Röben. Soll ich r annehmen?"" r „Ja, ich lasse bitten." ' Wolf trat ein. „Verzeihen Sie, gnädiges Fräulein, daß ich Sie aufsuche. Es ist ja eigentlich nicht Usus, daß man jungen Damen Besuche macht." ,Hch bin nicht mehr jung. Es ist sehr freundlich von Ihnen» daß Sie kommen!"" Julia hatte ihm ihre eiskalte Hand gereicht und auf einen Ässel gedeutet. Jetzt saßen sie sich gegenüber und schwiegen. Wolf faßte einen energischen Entschluß. Er wollte nicht in banalen Redensarten die Zeit verstreichen lassen. , „Haben Sie sich ganz erholt, Baron Markart?"" Sie fand dies Schweigen gar zu beklemmend. Er sah auf, und ihre Blicke begegneten sich. „Ja, ich danke," sagte Wolf als Antwort auf ihre Frage. Tann fuhr er ohne Uebergang fort, während seine Augen wieder fest auf dem Fnßteppich hafteten. ,Zch darf wohl gleich sagen, was mich herführte. Daß ich — Sie liebe, wissen Sie, ich durfte und konnte mich bisher nicht erklären, jetzt wage ich Sie zu bitten, mein Los zu teilen."" : ' Julia war bei seinen Worten noch tiefer erblaßt, ihre Augen hatten ihn förmlich erschreckt angesehen. Als er jetzt schwieg, war es so still im Zimmer, daß man ihre Atemzüge hören konnte. Wolf wartete noch immer. Eine große Angst erfaßte ihn. War er zu vermessen gewesen, indem er ihrer Liebe gewiß zu sein glaubte?