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s. Beilage znm „Riesaer Tageblatt". Rotationgdruck und Verla, v«u Langer d Winterlich ln'Nles«. — Für dl« Redaktion nercmvwttllch, Arthur Hihnel l« »les«, n DieaStag, M. Februar l»18, ad,ad». «s. Jahr-. II. Haatzt»ersa«»la«< des Verbandes Lichfifcher Jndnstrieller. Unter starker Beteiligung seiner Mitgliedsfirmen trat der Verband Sächsischer Industrieller am Montag, den 24. Februar in Dresden zu seiner dieSiährigen Tagung zusammen. Ebenso wie in früheren Jahren schieden sich diese Verhandlungen in die nur für die Mitglieder z»«- gängige Mitgliederversammlung »nd die am Nachmittag abgehaltene Allgemeine Versammlung und das an schließende Festmahl. Mtgliederdersammlnng. Nach Eröffnung der Versammlung durch den Vor- sitzenden, Herrn Kommerzienrat Lehmann, der insbe sondere des verstorbenen stellv. Vorsitzenden der Orts gruppe Dresden, des Herrn Kommerzienrat Schumann, Generaldirektor der Vereinigten Eschebachschen Werke in Dresden, mit einem Nachruf gedachte, erstattete Herr Syndikus Tr. Stresemann den Geschäftsbericht über das vergangene Geschäftsjahr. ' Die Entwicklung des Verbandes ist auch im ver gangenen Jahre eine aufsteigendc gewesen; denk Aus scheiden von 218 Mitgliedsfirmen durch Auslöschen der Fixmen, Tod oder Austritt steht die Neuaufnahme von 777 Mitgliedssirmen gegenüber, sodaß der Verband um mehr als 550 Firmen im vergangenen Jahre zugcnommen hat. Die Arbeiten des Verbandes betrafen auf dein Ge biet der Reich s ge s eh g e b un g insbesondere die Stel lungnahme zur Aenderung des BranntweinsteuergesctzcS, das leider nicht im Sinne der von der Branntwein ver arbeitenden Industrie gewünschten Weise zur Erledigung gekommen ist, ferner besonders die Frage der Neurege lung her französischen Tarabestimmungen und auf dem Gebiete der Sozialpolitik die in sächsischen Industrie kreisen äußerst lebhaft erörterte Frage der Auslegung des K 136 Abs. 1 der Gewerbe-Ordnung, betreffend die Vor- und Nachmittagspausen für jugendliche Arbeiter. Die Einführung der Reichsversichcrungsorö- uung und der Pensionsversichernng für Privatbeamte hat den Verband veranlaßt, einmal die Mitglieder darauf hinzuweise«, in Zukunft bei der Neuorganisation der Ortskrankenkassen tatkräftig mit- zuwirken und ihren Einfluß geltend zu machen, im übri gen für die Aufrechterhaltung der Betriebskränkenkassen einzutreten. Ebenso hat ans dein Gebiet der Pensions versicherung der Privatbeamten die Frage der Ersatz- und Zuschußkassen, vor allem aber die Vorbereitung der Wahlen der Arbeitgebervertrcter zur Augestellteuversiche- rung den Verband lebhaft in Anspruch genommen. In den meisten sächsischen Wahlbezirken erfolgte die Auf stellung der Arbeitgeber-Kandidaten auf Veranlassung des Verbandes Sächsischer Industrieller, der auch im Ein verständnis mit den gewählten Vertretern diese in einer Vereinigung der Vertrauensmänner und Ersatzmänner zusammenfassen wird, um möglichst ein einheitliches Vorgehen der gewählten Vertrauensmänner herbeiführen zu können. Außerordentlich bedanert der Verband, daß bei den Vorschlägen des Deutschen HandelS- tages für die Besetzung der Verwaltungsorgane der neuen Reichsversicherungsanstalt die sächsische Industrie durch aus nicht in einer ihrer Bedeutung entsprechenden Weise berücksichtigt worben ist. ' Ter Verband hat weiter zu der Frage der Aenderung deS 8 74 ff. des Handelsgesetzbuches (K onturr en z - klausel), ferner wegen der Erwirkung von Ausnahmen des neuen Heimarbeitsschutzgesetzes Stellung genommen und weiterhin auch Schritte eingeleitet, um die Bestim mungen über die Beschäftigung polnischer Ar beiter unter voller Berücksichtigung der hierbei in Frage stehenden nationalen Interessen so zu fassen, daß sie sich mit der Aufrechterhaltung des Betriebes mehr vereinigen läßt, als dies bei den jetzt in Aussicht ge nommenen Bestimmungen der Fall ist. Die von dem Verband durch umfangreiche Erheb ungen vorbereitete Stellungnahme -n der lebhaft um strittene» Frage des Schuhes der Arbeitswil ligen ist in der Ausschuß-Sitzung des Verbandes vom 5. September 1912 auf Grund eines Referates deS Herrn Oberverwaltungsgerichtsrates Dlüher erfolgt., Ter Ver band hat sich in der im Anschluß an dieses Referat und der nachfolgenden Debatte angenommenen Entschließung auf den Standpunkt gestellt, daß ein stärkerer Schutz der Arbeitswilligen notwendig ist, um den von dein Ver band stets vertretenen Grundsatz der Koalitionsfreiheit für die Arbeiterschaft nicht illusorisch zu machen und durch einen tatsächlichen Koalitionszwang zu ersehen, der die Willensfreiheit des einzelnen Arbeiters aufhcbt und zur Alleinherrschaft der gewer'kschastlichen Organi sationen führt. Ter Verband hält ein Eingreifen der Gesetzgebung erst dann für notwendig, löenn die Selbst hilfe versagt. Er hat durch die Begründung des Deut schen Jndustrieschntzverbandes eine machtvolle Organi sation der Arbeitgeber geschaffen, die den Schutz seiner Mitglieder in Streitfällen übernimmt und ferner durch sein Rundschreiben vom Januar 1911 seinen Mitgliedern die Bekämpfung deS Terrorismusses ausdrücklich zur Pflicht gemacht. Der Verband steht jedoch auf dem Stand punkt, daß die Selbsthilfe in Streikfällen fast durchiveg versagen mutzte, weil die Behörde» vielfach nur schwer öder nicht zu bewegen sind, auf Grund der bestehenden Gesetze dein Arbeitgeber ihren Schutz angedeiheu zu lasse». Aus diesem Grunde hat der Verband in seiner Kund gebung zunächst gefordert, daß die Verantwortlichen Or gane der Verwaltung durch eine entschiedene Anwendung der bestehenden Gesetze die Achtung vor der öffentlichen Ordnung, das Vertrauen zu den Machtmitteln des Staa tes wicderhcrstellen und im Interesse der erzieherischen Wirkung eine schleunige Aburteilung bei Strei kexzesscn verlangt. Ter Verband ist weiter für die Verleihung der Rechtsfähigkeit an die Berussvereinc wie für die Ein führung der Schädenhastung und eine weitere Fassung des Nötigungsparagraphen eingetreten. Die Einführung dieser notwendigen Gesetzesvorschriften hat der Verband gewünscht im Rahmen der Reform deS-StrafgesetzbucheS und nicht im Wege des Sondcrgesetzes. Bei den bestehen den Gesetzesvorschriften hat der Verband insbesondere die Anwendung der Gesetze bei de» Ausschreitungen beim Streikpostenstehen gefordert und darauf hingewiesen, daß ein gesetzliches Verbot des Streikpostenstehens sich nicht umgehen lassen werde, wenn die vielfach zu beobachtende Schutzlosigkeit der Arbeitgeber in Streikfällen anhtelte. Gegenüber der Kritik, welche die Leipziger Zeitung an die Beschwerde des Verbandes über das mangelnde Eingreifen der Behörde geknüpft hat, weist Herr Dr. Stresemann auf verschiedene Firmen hi» und betont weitcrhiu, daß eine große Anzahl von deutschen Handels kammern sich in demselben Sinne geäußert habe. Mit Genugtuung konstatiert der Geschäftsbericht, daß die von dem Verband Sächsischer Industrieller in dieser Frage vertretene Haltung sich auch mit der von der über wiegenden Mehrheit des Deutschen HandelstagrS ver tretenen decke und daß die von dem Verband einge nommene Haltnng allgemeine Anerkennung weit über die Kreise des Verbandes hinaus gefunden hat. Ans dem Gebiete der Landcsgesetzgebung nimmt der Geschäftsbericht Stellung zu der Frage der Reform der Landgemeindeordnung und bedauert, daß die Bestrebungen des Verbandes auf eine stärkere Ver tretung der juristischen Personen in den Gemeinderäten nicht völlig erfüllt worden sind, wenn es auch ge lungen sei, den jetzigen Zustand bedeutend zu verbessern. Bei der Reform des Gemeindesteuerwesens hat der Verband in seinen Eingaben durch die ihm nahe stehenden Mitglieder der Zweiten Ständekammer vor allem dem Gedanken der Erhebung einer allgemeinen Gewerbesteuer, einer Kohlenstener »nd einer Umsatzsteuer von Großbetrieben im Kleinhandel widersprochen und vor allen Dingen lebhaften Einspruch erhoben gegen die direkt industriefeindliche Stellungnahme der Ersten Kam mer, welche sich bemüht hat, der Industrie und dem Handel in einseitigster Weise ungerechte Lasten aufxu- bürden, namentlich durch ihre Bestrebung«» auf Wieder herstellung der Möglichkeit der Erhebung einer Kohlen steuer sowie der von ihr gewünschten Besteuerung deS fingierten Gewinnes der Handels- und gewerblichen Groß betriebe in tatsächlich gewinnlosen Jahren. Ter Ge samtvorstand hat einstimmig festgestcllt, daß die Be schlüsse der Deputation der Ersten Kammer jede Rücksicht aus Handel und Industrie in Sachsen vermissen lassen. Der entschiedenen Stellungnahme des Verbandes ist es wohl mit znzuschreiben, daß im Vcreinignngsverfahren die Erste Ständekammer in den wichtigsten Punkten nach gegeben hat, weil sic sich von der llnhaltbarkeit und Einseitigkeit des von ihr eingenommenen Standpunktes überzeugt hatte. Die Tatsache, daß in der Deputation der Ersten Stäudekammer, welche diesen oft so tief in <7«ks «kks Oet-am-Lamp« MU«» äw „OLÄ^Lk" k-SAsn. — vebee-alr et-LäMwL. ^uofA»»stt»oka/4 Lw-ttn 0. 77. ßditha. Roman von Clarissa Lohde. 33 „Aber wie — wie sollte das möglichsein ?" fragte Bruno. „Man kann dem Manne nicht verbieten, seineWohnung zu betreten." „DaS nicht, aber die Fran Baronin hatte eine Idee, die sie Ihnen mitteilen wird. Mich ruft leider die Pflicht fort. Mit dem alten Pastor in Frauenstein steht es schlecht, eben kam ein Bote hierher mir nach. Aber wenn der Herr Baron gestat ten, spreche ich in den nächsten Tagen einmal in Schön walde vor." „Ich bitte darum," eutgegnete Bruno höflich, um sich dann zurückzuwenden und Ediths entgegenzugehe», die eben aus dem Hause trat. „Ich bin bereit," sagte sie freundlich, den Fußweg neben der Landstraße einschlagend. Bruno nahm dem Jungen, der das unruhig gewordene Pferd nicht ohne heimlichen Stolz aus und nieder führte, den Zügel ab, und «S durch sanftes Streicheln zu stillerer Gangart bringend, schritt er an ihrer Seite hin. „Der Doktor hat Ihnen gesagt?" begann st« sogleich. „Daß Sie den elenden Menschen für einige Zett von sei nem gequälten Weibe zu entfernen wünschen," fiel er ihr beistimmend ins Wort. „Ich bin ganz Ihrer Ansicht unp werde sehen, den Schul- auf dem Vorwerk zu beschäftigen, wo «in tüchtiger und strenger Inspektor, und die Entfernung weit genug ist, um ihn von seinem Hanse, vorläufig wenig stens, fern-u halten." „Freilich nur ein Surrogat für ein schwere», unheil volles Leiden," sagte sie, und etwas wie Bitterkeit klang durch ihre Stimme, di« ihn schmerzlich traf. „Das Leiden Einer unglücklichen, durch ungezügelte Leidenschaften zerstörten Ehe." „Besonder», wenn diese Leidenschaften sich zur vnttakität steigern, die dann zu Mißhandlungen an dem unschuldigen Weibe au-artet." „Halten Eie wirklich sene Mißhandlungen, di« die arm« Fran hat erleiden müssen, für da» Allerschlimmste, da» st« de- troffen ha». Bruno? Mich dünkt, bitterer tst e» selbst für diese zerdrückte Seele, den Man», den sie gesiebt hat, den Vater ihrer Kinder, rettungslos dem Untergange entgegen gehen zu sehen." Wie dunkel der To» ihrer Stimm« dabei klang, wie schmerzdurchzittert. Ist «S der Nachklang selbsterfahrenen Lei de», ging es Bruno durch den Sinn, daS der edlen Frau dieses tiefe Mitgefühl mit jenem armen geprüften Weibe einflößte? Sie bemerkte, was in ihm vorging, und den Eindruck zu verwischen suchend, de» ihre, von der Bitterkeit der eige nen Erfahrungen verschärften Worte auf ihn gemacht hat ten, lenkte sie plötzlich das Gespräch auf etwas anderes, emp fahl einige Arme Schönwaldes seiner Aufmerksamkeit und kam dann auf die Reise, die sie vorhabe. „Wohn» gehe» Sie zunächst?" fragte er. „In daS oberbayrische Gebirge. Asta hat mir eine so anziehende Beschreibung von der Schönheit und Einsamkeit jener Gegenden gemacht." „Suchen Sie d,e Einsamkeit? Ich glaubte auch in Frauen stein lebten Sie einsam genug." „Ich werde die Einsamkeit deS Gebirges mit meinem Manne teilen. Hier in Frauenstein rufen ihn seine Geschäfte, sein« kameradscbaftlichen Verbindungen oft von meiner Seite. Dort werde ich ihn mehr besitzen." E» ging dabei wie ein Hoffnungsschimmer über ihr blei che» Gesicht, wa» Bruno tief bewegte. Ach, daß ihre Erwar tungen sich erfüllten, daß Dietrich wirklich die Liebe zu der Lebensgefährtin wtedrrfcinde, ohne di« kein Glück, kein Friede möglich ist! Er freilich, vermochte diese Hoffnung kaum zu lei- len. Nach allem, wa» er von Dietrich gehört hatte, schien ibn» solche Umkehr, wie Ediths sie ersehnte, außer dem Bereich der Möglichkeit zu liegen. Dor dem Forsthause spielte der kleine Günther mit der Bonne. Der alte Förster schnitt ihm Pfeifen au» Weichsel rohr. Unter den Bäumen stand der offene Jagdwagen, den Ediths benutzt hatte. „Der Kleine wurde ungeduldig." sagte der Förster, »ach- dem er die Ankommenden begrüßt hatte. „Da mußte man schon fiir seine Unterhalt,»ng sorgen." Ediths faßte den blondlockigen Knaben bei der Hand »md führte ihn Bruno zu. „Sage dem Onkel guten Tag und reiche ihm die Hand." Der Kleine tat, wie die Mutter ihm geheißen halte. Bruno nahm ihn, innerlich bewegt auf den Arm und küßte ih,u „Ein herziger Knabe." „Mein Glück und meine Hoffnung für die Znkunft," sagte sie, während ihr Auge mit strahlender Zärtlichkeit sich in das fröhliche Kindercmtlitz versenkte. Noch einmal ging sic zu der Försterin hinein, die schon seit Monaten das Bett hütete. Dann, nachdem sie von der Kranken, der ihr Besuch stets wie ein Sonnenstrahl erschien, der ihr dunkles Leben für Momente verklärte, Abschied ge nommen hatte, schritt sie, den Kleinen an der Hand, dem Wa gen zu. Bruno half ihr beim Einsteigen. „Auf Wiedersehen," sagte sie, ihm noch einmal die Hand reichend. „Sie bleiben in Schönwalde?" „Den Sommer über, ja." „Und wann heiraten Sie?" „Wahrscheinlich zum Winter." „Für da» nächste Jahr darf ich also hoffen, daß Ihre junge Fran an der Sorge für meine Schönwalder Pfleglinge sich beteiligen wird. Grüßen Sie Ihre Braut »«nd sage«» Sie ihr, daß ich mich darauf freue." Wie lieb nnd gütig das klang! Ein dankerfüllter Blick a»S Brunos Augen traf sie. Lange sah er dem davonfah- reflden Wagen nach. EdithaS Helferin! Welch ein Glück für Ellen, von einer so gütigen Seele in die Pflichten ihre» Be rufes al» Gutsherrin eingeführt zn werden! Aber würde seine Brant diese edle Seele so verstehen, wie er e» hoffte nnd wünschte? Er fand kein volle» freudige» Ja aus diese Frage. Wieviel fehlte Elle» noch, um einer Edith« ähn lich zu werden. Erst deS Förster» höfliche Frage, womit er dem Herrn Baron dienen könne, entriß ihn seinen Gedan ken. Rasch wurde alle» Nötige besprochen. Dann schwang sich Bruno wieder auf» Pferd, um nach dem Vorwerk zu rei ten und dort der mit Tditha besprochenen Mission nachzu kommen. — SOS,«)