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Au 30 Jahren Gefängnis unschuldig ver urteilt. Ta» Tagesgespräch, in Nrwyort bildet jetzt der tlufsehenerregcnde Prozeß des früher im Ticnste des Millionärs Mortimer L. schiff gewesenen schwedischen TienerS Brandt, der vor fünf Jahren wegen TiebstahlS zu dreißig Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Brandt hatte eingestanden, daß er nachts zwei Kravattennadeln seines Herrn gestohlen habe. Aber nach der Urteilsvcr- kündung erklärte er, sein früherer Herr habe ihn be redet, sich deS TiebstahlS schuldig zu bekennen, um den guten Ruf einer dem Millionär sehr nahestehenden Per- so« zu wahren. Brandt war, nachdem er ans dem Dienste Schiffs geschieden war, eines Nachts in dessen Woh nung betroffen worden. Er behauptete, im Guten von Herrn Schiff gegangen zu sein; dieser habe ihm sogar noch Geld geschenkt. Der kurz darauf folgende Prozeß sei nur eine abgekartete Sache gewesen. Man habe ihm rersichert, er werde im Fall der Verurteilung mit einer leichten Strafe davonkommen und eS nicht zu bereuen haben, wenn er sich schuldig erkläre. Das überaus harte Urteil von dreißig Jahren Gefängnis hat die öffentliche Meinung int höchsten Grade erregt. Jetzt heißt es, daß Schjifs selbst Wiederaufnahme des Prozesses beantrage, nm den üblen Gerüchten ein Ende zu machen. Der Rich ter, der vor fünf Jahren das Urteil gegen Brandt ge fällt hat, hob es vorgestern selbst auf nnd ordnete eine neue Verhandlung an. CK. Ein Apparat, dcr Tote zuin Lebvn er weckt. Seit einigen Tagen füllen die Spalten der Chi cagoer Zeitungen ausführliche Berichte über die Lcistmngcn eines Arztes, der mit Hilfe eines besonderen Apparates Scheintote und, wie man behauptet, wirklich Tote wie der ins Leben znrückgebracht haben soll. Tie Nachrich ten nnd Berichte wiederholen sich mit solcher »Zähigkeit, daß ihnen irgend ein merkwürdiger Vorgang zugrunde liegen muß, wenngleich man wohl klug daran tun wird, den Einzelheiten der amerikanischen Schilderungen mit angemessener Skepsis cntgegenzutreten. Der wunderbare Apparat wird „Pulmotor" genannt nnd soll sogar eine deutsche Konstruktion sein; er besteht aus einen« ein fachen Behälter, der anßerordentlich stark kompriniierten Sauerstloff enthält; durch eine Pumpe und einen Schlauch wird dann der inzwischen verdünnte Sauerstoff unter einem Truck von zwei Pfund für jeden Quadratzoll dem 7,Toten" zugeführt. Am Montag soll in Chicago ein junger Mann namens Haas durch Kohlengas vergiftet worden sein; man fand ihn besinnungslos und nach dreistündigen vergeblichen Wiederbelebungsversuchen gab man den Gedanken an Rettung aus: der junge Mensch galt als tot. Man rief schließlich Tr. L. Lewis, der nach dreistündiger Arbeit mit seinem Pulmotor den vermeint lich Toten ins Leben znrnckrieß Ngch den Ausführungen der Chicagoer Zeitung soll dies der fünfte Fall sein, in den« ein von anderen Aerzten für tot erklärter Mensch mit Hilfe dieses Apparates wieder erweckt wurde. Ter Sauerstoff wjrd durch den Apparat zwangsweise in die Lunge er,«geführt; nach einige«, Darstellungen will man sogar in Notfällen durch die Anwendung eines gewöhn lichen elektrischen Vaccumreinigers ähnliche Erfolge er zielt haben. Auf diese Weise gelang es, die Herztätig keit einer sterbenden Frau, die eine schwere Operation durchgemacht hatte, 30 Stunden lang aufrecht zu er halte,.; die Versuche tvurden erst aufgegebeu, als sich in diesem Fall zeigte, daß das Herz zu schwach war, um nach Aussehen der künMichei« Atmung seine Tätig keit aufzunehmen. Akk die MÜWz in Tim. CK. Seit einigen Jahion ist die Wissenschaft der Tierpsychologie in eine neue Phase eingetreten. Man begnügt sich nicht mehr damit, wunderbare Beispiele von der Schärfe des Instinkts «lud der Klugheit bei Tieren zu geben, allerlei Heldentaten von Affen und Wosen und Dornen. Roman von Arthur Zapp. 36 Auch diesmal blieb ihm ihre Befangenheit nicht verborgen, und forschend, in stiller Besorgnis sah er sie an. Aber erst später, als er sich voir ihr verabschiedet hatte und über alle Einzelheiten dieser überraschenden, unerwarteten Begegnung noch einmal nachdachte, kam ihm der Gedqnke: sollte sie sich nicht wohl fühlen in ihrer Stellung, litt sie unter unwürdiger, unziemlicher Behandlung? Und da durchfuhr eS ihn wie ein erleuchtender Blitz: Herr Scholz, der Junior-Chef, der unver heiratet war, war als flotter Lebemann in dem Kreise der Branche bekannt. Lag hier die Ursache ihres verlegenen Er rötens bei seiner Frage, wie sie sich in ihrer Stellung ge falle? Heiß wallte eS in den, jungen Mann auf, und sein Herz klopfte ungestüm bei dein Gedanken, daß ein anderer eS> wagen könnte, seine Augen begehrlich auf sie zu richten, in der sich die ganze Poesie seiner Jugend, die zartesten, schön sten, heiligsten Regungen seiner Seele verkörperten. 12. Kapitel. Bis zum Schluß des ersten Aktes war Arno Zöller» Drama vorgeschritten, und so oft er ein paar Szenen vollen det hatte, las er sie getreulich Else Genrich und ihrer Tante vor. Plötzlich aber trat eine Pause ein. Der Dichter ließ sich in der Wohnung des Hausbesitzers nicht mehr blicken, und als Else einmal durch Frau Kübler anfragen ließ, wie eS den», mit der Fortsetzung seiner Arbeit stehe, ließ er sagen, erhübe ha» Drama vorläufig beiseite gelegt. Else erschrak. Sie hatte das Gefühl einerbeschämenden Ent täuschung. Hatte er nicht die Kraft, die Arbeit zu vollenden? Fühlte er, daß er sich an eine Aufgabe gen,acht habe, der er nicht gewachsen war? Würde das Drama, dessen erster Akt sie entzückt, begeistert hatte, nie vollendet werden? Sie hatte sich schon auSgemalt, wie schön e» sein müßte, wenn da» vollendete Werk, da» gewissermaßen vor ihren Augen ent standen, nun in einem der ersten Theater vor einer tausend köpfigen Menge dargestellt werden wurde. Schauer de» Ent- »tmenS und stolze Genugtuung hatte sie bei solchen Phan- «fit» empfunden. Da» Hey batte ihr in der Vorfreude ge- Hunden zu erzählen, so«,Pern man stellt exakte Ex- peri mente mit ihnen an, um zu erkenne», »nie sie in bestimmten Situationen sich benehmen. In eine»» vor kurzem erschienenen. Buche über Lierintelligenz stellt einer der bahnbre'chenden Gelehrten ans diesem Gebiet, Edward L. Thorndike, seine Versuche zusammen. Er hat Katzen, Hunde und Küchlein, die Hunger hatten, in mif einer bestimmten Vorrichtung verschlossene Käfige gebracht nnd beobachtet, was für Anstalten sie trafen, um zu dem außerhalb des Käfigs hingelegten Futter zu gelangen. Tie eingeschlossenen Katzen benehmen sich z,»nächst außerordentlich aufgeregt, beißen und kratzen an den Stäben herum, stecken die Pfoten durch sie Zwischenräume, bis sie die Nutzlosigkeit ihres Beginnens erkennen. Nach acht bis zehn Minuten werden sie ruhig und versuche«, auf weniger gewaltsame Weise aus den, Käfig herauszukommen. Sie probieren an dem Ver- schlnß herum, bis sie zufällig auf das System der Ocff- nung stoßen und sich befreien. Wird der Versuch mehrere Male wiederholt, so gelingt e» der Katze sogleich, den Riegel zurückzuschleben oder de,, Knopf oder Strick zu finden. Wird sie in einen anderen Käfig gesetzt, dann miaut sie erst nicht mehr kläglich, sondern versucht so gleich zu öffnen. Tie Hunde zeigen eine davor« ver schiedene Art des Benehmens. Sie sind von Anfang an viel ruhiger, gelangen schneller zum Verständnis des öffnenden Mechanismus und erinnern sich dann mit gro ßer Genauigkeit. Tie größte Erregung und die geringste Fähigkeit sich aus ihrer Lage zu befreien, zeigen die Hühner, so daß aus diesen Experimente«, die Hunde als die klügsten Tiere hervorgehen. Thorndike komint nach seinen Erfahrungey zn den, Schluß, daß die Tiere nicht wie wir denken und daß bei ihnen den Antrieb zu der Handlung unmittelbar das Nnlustgefühl des'Eingeschlossenseins, der Wunsch sich zn befreie,« usw. hervorruft. Er leugnet zwar nicht jede Vorstellungsfähigkeit bei den Tieren, aber er hält sie für rudinttmtär. Die Associationen können bei Tieren sehr kompliziert sein, aber dann bedarf es langer Zeit, Lis sie sie erwerben. So gelvöhnte Thorndike nach 40 bis 60 Versuchen eine Katze daran, ihren Käfig zu ver lassen, »Venn er sagte: „Ich will meinen Katzen zn essen geben"; aber es waren 380 Versuchst nötig, bevor das Tier auf das Gegenteil: „Jchwill meinen Katzen nicht zn essen geben, richtig reagierte nnd in dem Käfig blieb. Nachdem die Katze aber diese beiden Sätze zu «rnter- scheidcn gelernt hatte, hatte sic sie auch nach 80 Tagen noch nicht vergessen. Tie Zahl der Associationen, die ge bildet werden, kann beträchtlich sein. So haben Küch lein 23 verschiedene Associationen gelernt; einige drei Tage alte Küchlein crlvarbcn in einen« Tage zehn Asso ciationen. Tic große Frage, mit der sich die Tierpsychologie in neueste'. Zeit eingehend beschäftigt, ist die Abgrenzung der beiden Mächte, die in, tierische«, Lebe«« die größte Rolle spielen: von Instinkt und Gewöhnung. Amerika nische Gelehrte sind in dieser Beziehung besonders tätig gewesen; durch zahlreiche Experimente haben sie be wiesen, daß ganz junge Tiere ohne vorausgcheNde Be lehrung durch ihre Ettern oder Gefährten und ohne Hilfe des menschlichen Beobachters eine Handlung ganz richtig durchführen zum ersten Male, wenn die Situa tion eine solche Handlung von ihnen fordert. Tiefer Tatsache gegenüber erregte es Aufsehen, daß vor einiger Zeit Tr. C. S. Berry durch das Experiment nachgcwiesen haben wollte, daß junge Katzen keine Mäuse fangen. Tie Professoren Verles und Bloomfield von, Psycholo gischen Institut der Harvard-Universität haben aber ein wandfrei festgestiellt, daß auch! die jüngsten und uner fahrensten Katzen „nicht das Mausen lassen." Tie jun ge«, Katzen, die ohne jede Berührung mit ihren Müttern aufgezogen waren, verfolgten zunächst ruhig die Be wegungen der Maus, die zu ihnen in den Käfig ge lassen war, und berührten sic dann mit der Nase. Nach 12 Minuten etwa wurde die Aufmerksamkeit der Katzen ten Werk habe, und als ob auch ihr ein Teil deS Erfolges und des Ruhmes, der dem Dichter zuteil werden würde, ge bühre. Und nun sollte das alles nur Trauin bleibe», und nie Wirklichkeit werden? ElseS Unruhe nahm von Tag zu Tag zu. Gar zu gern hätte sie den Dichter selbst gesprochen, seinen Ehrgeiz an stacheln mögen, aber es gelang ihr nicht, zu einer unge störten Aussprache mitihm zu kommen. Wenn sie ihm gelegent lich auf der Treppe begegnete, eilte er scheu an ihr vorüber, wie jemand, der ein schlechtes Gewißen hat und einem lästigen Mahner nicht Rede stehe«, möchte. Ein paar,,,al ging sie zn Frau Kübler hinauf, in der Hoff nung, ihn im Zimmer der Witwe festhalten und befragen zu können. Aber er kam nicht zum Vorschein, gerade al» ob er sich vor ihr fürchtete und ihr geflissentlich aus dem Wege gehen wollte. Als sie sich einmal bei Frau Kübler nach dem Dichter er kundigte, machte diese eine Gebärde de» Entsetzen». „Mit dem ist jetzt gar nicht auszukommen," sagte sie mit einer Miene, in der sich lebhaft« Entrüstung spiegelte. „Wie ein brüllender Löwe geht er umher, und ich bin froh, wenn ich ihn nicht sehe. Weiß der Kuckuck, wa» ihm wieder ein mal in die Krone gefahren ist l Ja, ja, die Dichter! Sie soll ten nur einmal sehen, was für ein Gesicht der jetzt immer macht, wie acht Tage Regenwetter. Nicht» ist ihm recht: bald ist der Kaffee zu dünn, bald da» Fleisch zu zähe, und wehe, wenn ich, während er arbeitet, in meiner Küche mal 'n Löffel oder 'n Deckel fallen lasse. Gleich fährt er wie ein Beserker aus seinem Zimmer: „Zum Doknerwetter, Frau Kübler, wenn Sie nicht gleich still sind, muß ich auSziehen!" „Also arbeitet er?" fragte Else, die mit rastlosem Stau nen dieser befremdenden Schilderung -«hörte. „Freilich! Gewiß doch!" „An seinem Drama?" Die Witwe zuckte mit den Achseln. „Weiß ich'S! Denken Sie, daß er » mir sagt? Wenn ich ihn einmal frage: „Na, Herr Zöller, die Arbeit fleckt wohl nicht recht? ES ist wohl was sehr Schwere», daß Sie immer so nn- zuftieden und so brummig sind/' da sieht er mich mit einem gewißen Blick an, wiffen Sie, Fräulein, so recht von oben stärker, sie waren von dem Anblick der Mau» wie fas-i- eitert, liefen, obwohl erst einen Monat alt nnd noch sch,vach und ungelenk, hinter der Maus her und hatten sie in wenigen Sekunden zu Tode gebissen. Bei See- sck/valben hat Prof. F. H. Herrick festgestiellt, daß die ganz jungen Tiere noch kein Zeichen von Furcht er kennen lassen. Läßt man sie im Nest aufwachsen,, so entwickelt sich der Furchtinstinkt in wenigen Tagen, da gegen läßt sich das Tierchen wenige Stunden nach der Geburt fangen, ohne daß Furcht zeigt. Schon am ersten Tage ihres Lebens kann man bei der Seeschtvalbe Handlungen beobachten, die mit der Rahrnng-auf- nahme zusanlmenhängen und charakteristisch für die ganze Art sind; während der ersten drei Tage entwickelt sich die typische Schlafstellung, die Art deS „Putzen»" der Federn, und so bildet das Tier seine Instinkte aus, auch ohne das geringste Vorbild von den Eltern zu er halten, in völliger Isolierung aufgezogen. Prof. Breed von der Michigan-Universität hat das Picken de» Huhns experimentell untersucht. Er teilte die ganze für das Tier charakteristische Handlung in drei Einzelhandlungen: schnappen, greifen, schlucken. Tas Schnappt» entwickelte sich an, raschesten und war bereits am fünften LebcnS- tage ausgebildet, während das Greifen viel langsamer sich entwickelte und das Picke«, erst am 25. Tage gut ausgesührt wurde. Küchlein, die die Eltern zum Vorbild hatten, lernten es schneller, als solche, die isoliert auf gezogen wurden. Tie Bedeutung der Nachahmung für die Entwicklung von Fähigkeiten der Tiere bewies am deut lichsten ein Experiment des Tr. Conradi von der Clark- Universität: er machte nämlich aus einem Spatz einen Singvogel. Sperlinge wurden sogleich nach ihrer Ge burt unter Kanarienvögel gebracht. Zunächst erschien der angeborene Zwitscherton der Spatzen, aber allmäh lich wurde er durch das Piepru-der Kanarienvögel er- setzt und sie sangen Mießlich mehr oder weniger ähn lich den Kanarienvögeln, jedenfalls deutlich verschieden von den« gewöhnlichen Spatzengezwitscher. Als aber diese singenden Spatzen wieder unter ihr Geschlecht gebracht Wurden, so behielten sie nur noch die ersten zwei oder drei Wochen ihre Pieptöne bei; an« Ende der sechsten Woche aber hatten sie ihre Kunst ganz vergessen und zwitscherten wieder wie Spatzen. Das kür die Firma Franz Heinisch H Co., G. m. b. H., Riesa, BtSmarckstc.1l, patentamtlich geschützte poliersäyige WachSglanzcrem Heiuol kann mit vollem Recht als eiuS der besten deutschen Erzeugnisse der Gegenwart bezeichnet werden. Heinol dient zur parademäßigkn Wi> »er- herstellung von Leibriemen, Helmköpfen, Palronentaschen, Sattelzeugen und jedem Schuhiverk. Heinol wird in jeder Farbe geliefert und vereinigt alle dem Leder zuträg lichen Bestandteile, weshalb ein Brechen deS Leder» un möglich ist. Laut Anzeige in vorliegender Nummer der Buchhandlung Otto Zehrfetd, Leipzlg-N., Io'epbinenstraße V, ist soeben erschienen: „Erinnerungen an meine Reise nach dem Sudan nnd «ach Aegypten" von Seiner Maje:«üt dem König von Sachsen. sR lle für da» „Riesaer Tageblatt" bestimmten Einsendungen (redaktionelle Beiträge,Jnseratere.) wolle man nicht persönlich an einen der Redakteur« oder einen der Firmeninhaber adressieren, sondern nur: „An das Riesaer Tageblatt", andernfalls bei Abwesenheit de» betr. Adressaten Ver zögerungen in der Veröffentlichung eintreten können. herab, so recht höhnisch und maliziös. „Was verstehen Sie denn davon, Frau Kübler? Bleiben Sie doch bei Ihrem Kochtopf! „Nee, nee, Fräulein, ich gehe ihm am liebsten au» dem Wege. Mag er doch kujonieren, wen er will!" Die Mitteilungen der Krau Kübler fachten ElseS geheime Unrnhe und Sorge nur noch immer mehr an. Endlich eines TageS faßte sie sich ein Herz und suchte den Freund des Dichters in seinem Kontor auf. Ewald Bohm blickte nicht wenig erstaunt, als plötzlich die Tochter deS Haus besitzers bei ihm eintrat. „Wollen Sie eine Bestellung aufgeben, gnädiges Fräu lein?" scherzte er lächelnd. „Schön, daß Sie einen Anfänger unterstützen und mir Ihre werte Kundschaft zuwenden. Wie viel Waggons darf ich notieren?" Aber sie schüttelte mit schme»licher Miene den Kopf, und während sich eine brennende Röte über ihr Gesicht breitete, sagte sie: „Ich wollte mich bei Ihnen über Herrn Zöller er kundigen. Sein Verhalten ist mir rätselhaft. Sie wissen, wie lebhaft ich mich für sein Drama „Finsternis" interessiere. Ich kenne die Vorgänge, die dem Drama zugrunde liegen, ich kenne die kleine Familie, die gewissermaßen sein Modell ist. Ui«d nun habe ich seit einigen Wochen nicht» mehr von sei ner Arbeit gehört. Ist es denn wahr, daß er sein Drama auf gegeben hat?" Der junge Kaufmann nickte. „Vorläufig wenigstens." „Vorläufig? Ja, warum denn Eivald Bohm lächelte. „Die Kunst geht nach Brot, Fräulein Else." Das junge Mädchen starrte den ihr auf seinem Drehschemel Gegenübersitzenden erstaunt, verständnislos an. „Ich verstehe Sie nicht, Herr Bohm." „Sehr einfach, Fräulein Else. Unser Freund befindet sich wieder einmal in einer jener Krisen, die nun einmal mit dem Künstlerberuf verknüpft sind. Er hat seine große Arbeit bei seite legen müssen, weil er sich den, Zwange der eisernen Notwendigkeit fügen muß. Auch «in Dichter kann nicht von der Luft leben. Ehe da» Drama vollendet ist, und ehe er auf einen materiellen Lohn dafür hoffen kann, können Jahr« vergehen." UflAv