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land zurück. Tie hiesige Kriminalpolizei hatte inzwischen Fahndung auf ihn eingeleitet und die Staatsanwalt schaft in Brüx einen Steckbrief hinter ihm erlassen. So gelang eS, ihn in Augsburg, wohin im wetteren Verlauf der Untersuchung ein Dresdner Poltzeibeamter entsendet wurde, zu verhaften, als er dort auf einem Postamt Geld erheben wollte. Ta sich inzwischen die Beweise für die Täterschaft Köhlers in der WtnNerschen Mordsache erheblich verstärkt hatten, wurde Köhler nun mehr auf einen vom hiesigen (Bericht erlassenen Haft befehl hin nach Dresden überführt und hier eröffnete man gegen ihn die Voruntersuchung wegen Mordes. Am Interesse dieser Voruntersuchung liegt es, daß sich alle Personen melden, die den Köhler in der Zeit vom 13. bis 12. Juni UN t,'möglicherweise anch früher oder später, in Dresden oder in der näheren Umgebung gesehen haben. Sachdienliche Mitteilungen sind an den Unter suchungsrichter beim Landgericht am Münchner Platz oder an die Kriminalabteilung der Polizei zu richten. 'Ans die bereits ausgesetzte Belohnung von 1000 Mark wird nochmals besonders hingcwicsen. Neustadt (Bez. Pirna). Lin aussehenerregender Vorfall «reignete sich Donnerstag nachmittag in der Kaiser straße im Hause de« Schmledemeister« Oswald. Bet diesem war ein Lehrling au« LangburkerSdorf beschäftigt, der wiederholt di« Lehre verlassen hatte und deshalb durch die Polizei mehrmals zurückgebracht werden mußte. Infolge dessen war der Vater de« Lehrling», «in Arbeiter au» LangburkerSdorf, mit dem Lehrherrn in Streit geraten. DonnerStaa abend trat er, bewaffnet mit einem scharf geladenen Revolver, in das OSwaldlche Hau« ein, zerschlug die Flurtür zur Wohnstube derart, daß sie vollständig zerschmettert wurde und der Beilstiel auseinander ging, sodaß da» Beil selbst in die Wohnung siel. Hier befanden sich die Angehörigen Oswalds, die sich vor dem Wüterich nur durch einen raschen Sprung au« dem Fenster retten konnten. Der Täter, ein geistesgestörter Mann, wurde noch am Abend in seiner Wohnung verhaftet, um der Irrenanstalt in Pirna zugeführt zu werden. Klingenthal. Der vorgestern auf dem hiesigen Bahnhose beim Rangieren verunglückte Wagenrücker Körner ist gestern morgen im Krankenhause in Zwickau, wohin er überführt worden war, verstorben. Flöha. In dem hiesigen Lehnertschen Tieinbruch verunglückte vorgestern nachmittag der aus Gchönerftadt bet Oederan stammende Arbeiter Bogel dadurch tödlich, daß er durch hereinfallendeS Leslein getroffen und schwer ver letzt wurde. Der Tod trat augenblicklich rin. Neustadt i. S. Line interessant« Wette wurde in einem hiesigen Restaurant ausgetragen. In einem Ge spräche über die Schwere unserer Geldmünzen wurde die Frage aufgeworfen, wieviel neue 25-Pfg -Stücke wohl einem 3-Markstücke da« Gleichgewicht hallen würden. Die eine Person riet 5, die andere 8, ein Dritter verflieg sich sogar zu der Zahl 12. Al« man zur Feststellung de« Gewicht« schritt, ergab sich die interessante Tatsache, daß schon 4 Stück der neuen Geldsorte um ein wenige« schwerer sind alS ein 3-Markflück. Leipzig. Der umfangreichsten Schwindeleien machte sich rin 24 Jahre alter Kaufmann an« Passau schuldig, der hier im Hause Uferstraße 12 im vorigen Jahre unter der Firma Ludwig M. Bauer ein Bankgeschäft eröffnete, da« sich insbesondere mit sogenannten Termingeschäften be faßte. Durch Inserate in auswärtigen Zeitungen bot er BörsentipS gegen Gewinnbeteiligung an, ließ bet den sich meldenden Personen durch sogenannte Reisende die weiteren Abmachungen vornehmen und seine Opfer zur Hrrgabe be deutender Summen, bi« zu 15 000 Mark, verleite», die er dann mit seinen Helfershelfern einfach verjubelte. Ai» aber einer der Interessenten seine Gewinnanteil« forderte, wurde der Schwindler mit seinen Kumbanen entlarvt und festgestellt, daß sämtliche Einzahlungen verloren waren. Der Geschäftsinhaber konnte zwar sofort hinter Schloß und Riegel gebracht werden, doch war von seinen Angestellten keine Spur mehr zu entdecken. Jetzt erst gelang es der Kriminalpolizei, einen der Betrüger in einem 28 Jahre alten Handlungsgehilfen au« Neiße zu ermitteln und fest- zunehmen. Die Gauner haben innerhalb zweier Monate Gelder in Höhe von 30 000 Mark erlangt und durchgebracht. Leipzig. In einem Fieberanfall hat gestern früh der Juwelier Burckhardt, in der Stetnstraße wohnhaft, seinen Kompagnon, den Juwelier Ernst Treusch, der eben- fall« dott wohnhaft ist und an seinem Krankenlager weilte, mit einem von der Wand herabgeriffenen Dolch durch einen Stich in die Brust schwer verletzt. Dann verließ der Krank« da» im Lrgrfchoß gelegene Zimmer durch ein Fenster nach der Straße zu, wo er von Borübergehendrn aufgehalten und in di« Wohnung zurückgebracht wurde. — Da« Reichsgericht verwarf die Reoisten de« Seemannes Gasfke, der am 8. Dezember 1911 vom Schwurgericht Danzig wegen Morde«, begangen an einer Frau Laschewsky, zum Tode und dauerndem Verluste der bürgerlichen Ehren- rechte verurteilt worden war. — Vor kurzem wurde im Südotertel von Leipzig eine Verhaftung vorgenommen, die in weilen Kreisen Aufsehen hervorruft. SS handelt sich um eine Fra» Lina P., die unter der hochklingenden Firma: „SchönheitS-Jnstitut. Fabrik hygienischer Bedarf«- arttkel" da« schimpflich« Gewerbe trieb, welche« durch die 88 218 und 219 unter Strafe gestellt ist. Der Frau P. sind mehr al» 60 Fälle nachgrwtesrn. Vom alte« Tiplomateugeist. CK. Wie so manche Erscheinung der guten alten Zeit ist auch der Typus des Diplomaten von ehedem so ziem- . lich ausgestvrbcn. Ter diplomatische Vertreter eines Staates bei einer fremden Macht ist heute zumeist nicht viel mehr als der Uebcrmittler der Aufträge seiner Re gierung; seine Stellung ist nicht mehr durch den rein persönlichen Zauber bedingt, durch den in vergangenen Zelten der Gesandte eine glänzende Wirkung ausüben staunte. W« doch damals derjenige „Minister", wie man die Botschafter nannte, der trefflichste Vertreter seines Fürsten, der die blendendste Erscheinung als Hof- und Weltmann, al« Plauderer- Gesellschafter und geist- voller Unterhalter darbot. In jenen Epochen der großen höfischen Kultur, in der Blütezeit der Salon-, der in timen Feste und der »Kunst des feingeschlisfeneü Bon mots siegte der Held deS Parketts, der Löwe der Gesell schaft am häufigsten auch in »den schwierigen Schach zügen der Politik. Aus dieser klassischen Zeit der Tiplo- matie, da der Esprit die Kabinette und Völker regierte, gibt Carl Niebuhr in einen« Aufsatz von Neber Land und Meer einige anmutige Ausschnitte. In dem Um kreise der Zentralsonne, die her Hof Ludwigs XlV. dar stellte, tauchen zuerst einige jener strahlenden Sterne am Himmel der Diplomatie auf, deren Glanz um den ganzen Stand einen zauberhaften Nimbus breitete. Da mals war freilich bisweilen neben dem Geist auch noch ein kräftiger Körper für den Tiplomateu vonnöten; die alten rauhen Sitten kamen nämlich in der verfeinerte» Höfsphärc noch immer zum Durchbruch. Besonders eifrig wurde in Edikettenfragen gestritten, denn in ihnen offen barte sich am sichtbarsten Macht und Ansehen des Staa tes und seiner Vertreter. Man denke an den preu ßischen Gesandten von Besser, der sich mit Fanstschlägcn den ersten Platz bei der Audienz eroberte, oder etwa an jenen skurrilen Kampf, der 1661 in London zwischen den» spanischen und dem franzöfischen Gesandten aus- gesochten wurde. Beide Minister verlangten, mit ihrer Karosse sogleich hinter dem königlichen Gefährt bei der feierlichen Auffahrt zu erscheinen. Um diesen Wettstreit zum Austrag zu bringen, ward ein Gefecht ungeordnet, bei dem das bewaffnete Personal beider Gesandtschaften während der Auffahrt auf offener Straße die Kräfte messen sollte. König Karl von England ließ sogar seine Trabanten und die Londoner Stadtwachc ausrücken, da mit — kein Engländer sich einmischc. Die Spanier in Harnischen und Degen setzten den zahlreicheren Fran zosen so zu, daß diese zum Schluß fünf Tote zu be klagen hatten. Außerdem waren drei Pferde der fran zösischen Karosse niedergestochen, sodaß der französische Gesandte d'Estradcs nicht weiter konnte und der spanische Gesandte Baron Vattcville direkt hinter dein König durch die City fahren durfte. Am Hose Friedrichs des Großen hatten dann frei lich die Waffen des Geistes über körperliche Kraft den Sieg davongetragen und alle Staaten bemühten sich, zur Tafelrunde des geistreichen Preußcnkönigs ihre witzigsten Vertreter zu schicken, lieber die Zopfdiplo maten des alten Stils machte der große König sich weid lich lustig, vor allem über den in den kleinlichsten Etikettensragcn verstrickten Rattenschwanz der Reichs diplomaten in Regensbnrg, die mit unendlichen Schnör keln und Zeremonien die Zest totschlugen. In seinen amüsanten Memoiren hat der Ritter von Lang die Sil houette eines solchen Ministers, des Baron Bühler, bei dem er Sekretär war, scstgchalten: „Einen wahren Jam mer gab es, wenn nun gar eine ministerielle Note bei der StaatSkanzlei, zum Beispiel um einen Mantpaß, über geben werden sollte. Ta konnten nicht genug rhetorische Zierate, auffallende Eingangs- und Schlnßformen, un gewohnte Redensarten und prcziöse Papicrsortcn herbei geschafft werden; selbst die Reinschrift, wegen immer noch mißlungener Striche und Schnörkel, mußte zehu- bis zwölfmal wiederholt werden und noch öfter die Ku- verte, bis auch der Siegelabdruck untadelig auSfiel." Einmal läßt der Baron Lang aus dem Bette holen und an das seinigc führen, um ihn auseinander zu setzen, daß er den i-Punkt nie ganz gerade setze und Seine Ex zellenz ihm das jetzt, wo es ihm grade cinsalle, streng stens anbefchlc. Als der Gesandte schließlich einmal mit Eilpost einen Auftrag erhält, hinter dem er ein ge waltiges Staatsgeheimnis vermutet, stellt sich nachher heraus, daß er 12 Paar Parkcttschnhc für Scrinissima besorgen solle. Ter Typus des geistvollen Weltmanns nnd Diplo maten war zu Ende des 18. Jahrhunderts am deutlich sten in dem Fürsten von Ligne verkörpert, diesem schön geistigen Rosenkavalier des ancien regime, der noch als Achtziger nur Rosenrot, nicht bloß in Kleidung und Mö beln, sondern selbst beim .Hausanstrich um sich duldete. An der Tafel Friedrichs des Großen wie an der der nordischen Scmiramis Katharine ließ er Raketenfencr des Witzes aufsteigen, die alle entzückten. Sein leichthin- spielcnder, frivol-ironischer Witz erschöpfte sich in Bon mots, wie etwa dem folgenden: Als unerwartet die Nachsicht vom Tode emes Herrschers cintraf, der im Rufe stand, viel zu versprechen und wenig zu erfüllen, errang er allgemeinen Beifall mit der Bemerkung: „Tas konnte er leicht, denn er hatte es niemals versprochen." Bei der letzten großen Diplomatenversammlung alten Stils auf dem Wiener Kongreß glänzte er noch und starb gleichsam auf seinem Schlachtfelde, dem Parkett, indem er sich bei einem der zahlreichen Bälle erkältete. Sein letztes Witzwort war: „Dieser Kongreß macht statt der Fortschritte Tanzschritte." Ein Größerer hatte unterdessen schon sein Erbe als Fürst der Witze' und diplomatischen Ränke angetreten: Talleyrand, der wohl der genialste, aber auch der gesinnungsloseste der Diplomaten von ehe dem war. Als er unter Louis Philipp, dem sechsten Re gime seiner Laufbahn, noch einen Gcsandtschaftsposten annahm, soll der neue Herrscher zu ihm gesagt haben: „Mein lieber Fürst — was Ihnen auch von anderer Seite geboten werden sollte, ich gebe Ihnen immer das Doppelte." Wie sein Diplomaten manchmal Kleinigkeiten psychologisch auszudeuten wissen, dafür zum Schluß ein Beispiel. Als Königin Viktoria und Kaiserin Eugenie bei einer Galavorstellung ihre Logenplätze einnahmen, sagte ein Gesandter: „Tie Königin setzte sich einfach nieder, während die Kaiserin sich erst nach ihrem Stuhl um sah. Sie ist eben nicht für ihren Beruf erzogen. Wenn eine Königin sich setzt, bedarf cs keiner eigenen Sorge um den Sessel hinter ihr. vermischtes. Eine Flugpostlinie in Deutschland- Zwl- schen den Städten Köln, Düsseldorf und Reuß wird näch stens die erste regelmäßige Flugverbindung für Passa giere und gleichzeitig eine regelmäßige Postverbindnckg durch Flugzeug eingerichtet werden. Die beiden Flieger Kleinle und Tr. jur. Hooö werden diese« Unternehmen in« Leben rufen. Es stehen zunächst vier Flugzeuge mit vier Fliegern zur Verfügung. Diese Zahl soll aber später vergrößert werden. Als Ausgangspunkt ist der Flug platz bei Köln gedacht, später solldie Verbindung bis nach dem neu zu gründenden Flugplatz im Industriegebiet' ausgedehnt werden. Vorfrühling im Süden. Man schreibt dem „L. T." aus Rom: Tic Wetterberichte aus dem Norden künden uns Eis und Schnee und Kälte, die nach dein bekannten Menschcngcdcnken noch nie so groß gewesen sein soll wie in diesem Februar. Cs wird daher unsere nordischen Landsleute interessieren, zu hören, daß uns in Mittel- und Süditalicn ungewöhnlich warme Tage be schicken sind. Am 7. Februar kletterte das Thermo meter iu deu Nachmittagsstunden in Rom auf 17 Grad Celsius, vorgestern hatten wir 18 Arad Wärme. Tas Minimum betrug in den frühen Morgenstunden deS vor. gestrigen Tages 12,0 Grad, gestern 10 Grad. Jin ganzen Januar hatte Rom kaum sünf Frostmorgen. Tabei ist bekanntlich hier der Januar der kälteste Monat. Schnee gab cs Heuer noch kein einziges Mal. Tic Zahl der Sonnentage ist ungewöhnlich groß. Wer in Rom zu leben gewohnt ist, weiß, daß die abendliche Kühle meist mit Sonnenuntergang sehr schroff cinsetzt, und daß die Nächte namentlich außerhalb der Stadtmauern strenge Kälte bringen. Auch in diesem Punkte haben wir uns bisher nicht zu beklagen gehabt. Tic anhaltend warme Witterung ist ganz anormal. Mit geheimem Schaudern gedenken wir des vorjährigen Januars nnd Februars, die ebenso anormal kalt waren wie sie Heuer anormal warm sind. Erst die ersten Märztage brachten uns frierenden Römern Erlösung. Wie kalt das Wetter im Vorjahre war, wird man am besten daran ermessen können, daß die Schulaufsichtsbehörden im Sommer ein mütig beschlossen, Heizungsanlagen in den Unterrichts anstalten cinrichtcn zu lassen, daß es wiederholte Kälte- serien gab. Nun die Hejzunasanlagen da sind, spielt die hohe Temperatur, die nnS au die ersten Maicntage in Norddcutschland erinnert, den Behörden einen neuen Streich. CK. Auf der Flucht vor dem Buschbrnnd. Mit der in Australien fetzt herrschenden Hitze und Trockenheit ist über das Land eine wahre Hochflut von Buschbränden lcrcingebrochcn nnd oft gelingt es den Ansiedlern nur mit inapper Not, sich den Fängen dieses lodernden Ungeheuers zu entwinden und das nackte Leben zu retten/ Jetzt sind die Fran und die Tochter eines dec reichsten Getreidehändler von Australien nur mit knapper Not »nd nach einem aufregenden Wett rennen mit den Flammen einem schrecklichen Tode ent ronnen. Mr. Wilson Hall wohnt in der Nähe von Mplör in Südanstcalien; er war zufällig verreist nnd nur seine Fran und seine Tochter in dem Landhause anwesend, als plötzlich ein Buschbrand eintrat. Mit unglaublicher Schnelligkeit bahnten sich die Flammen über das Land ihren Weg, und die beiden Frauen wurden sich der Ge fahr erst bewußt, als sie plötzlich die leuchtende Glut über ihren Garten hereinbreclwn sahen. Ein paar Se kunden später war bereits das Hans vom Feuer erreicht nnd begann zn brennen. Nnr dürftig beileidet rann ten die beiden Frauen znm Stall und stürzten sich aus das vor Angst bereits wie tolle Pferd. Es war keine Zeit, an Sattel und Zaumzeug zn denken, ohne wei teres sprang man auf den Rücken des Tieres, die Mut ter saß vorn und lenkte das Pferd mit den Händen. Zum Glück gelang es, dem scheuen Pferde die Richtung ans den benachbarten Fluß zu geben; hier sprangen die Frauen ab und liefen hastig in das Wasser, bis sic bis zum Halse in die Fluten sanken. Während das Feuer vorübcrzog, tauchten die beiden Frauen so oft als mög lich unter und sic kamen schließlich glücklich mit dem Leben davon, da der Wind den Buschbrand schnell weiter sortriß. CK. Ein Protest gegen die Streichholz schule. Tic „Wiedergaben berühmter Meisterwerke", die jetzt in Form von winzigen Buntdruckbildchen die fran zösischen Streichholzschachteln schmücken, veranlassen Louis Latzarus im Figaro zu kritischen Betrachtungen. „Ich trat in den Tabakladen, um Streichhölzer zu kau fen. Man gab mir deren vierzig und einen Tcniers. So viel hatte ich für meine zwei Sous garnicht verlangt. Morgen wird man mir vielleicht gar einen Rembrandt geben. Ich verlangte nur Streichhölzer, und man gab mir Unterricht. Nun trage ich in meiner Westentasche Schule, Bildung, Kunst, ein Meistierwerk für zwei Soll und dazu noch vierzig Streichhölzer. Und doch, die Sache ist unangenehm. Meine Bildung hat Lücken. Also schön. Aber wo steckt dieser anonyme Magister, der mir mein ganzes Leben lang Schulaufgaben geben will? Mein Bruder, der schlichte Arbeiter, ist kein schlechter Mensch. Wenn er mich besucht, plaudern wir freundschaftlich mit einander. Er arbeitet tapfer die ganze Woche und wid met den Sonntag seiner Frau und seinen Kindern. Aber ich merke es nun, er hat fürchterliche Freunde. Tas sind die Leute, die kciuc Streichholzschachtel scheu kön nen, ohne sich zu fragen: wie kann diese Schachtel meinem Bruder nützen, dem Arbeiter, dem Armen, kurz dem Volke. Mir erschien die Antwort immer so ein fach Steckt möglichst viele und möglichst gute Streich hölzer in eine anständige Schachtel. Mehr verlangen die Enterbten des Reichtums nicht. Und ich auch nicht. Aber jene schlimmen Freunde meines Bruders, jene anonymen Magister, die denken das nicht. Die Qualität des Streichholzes — eine erbärmliche, alltägliche Frage — mit der ein hoher idealer Geist sich nicht beschäftigt.