Volltext Seite (XML)
Riesaer G Tageblatt und An;rigrr (Libeblatt «ud MMger). Telrgramm-Adress« ßW »H IFernsprech stell» .Tageblatt«. Riesa. Nr. LL für die König!. Amtshauptmannschaft Großenhain, das König!. Amtsgericht und den Rat der Stadt Riesa, sowie den Gemeinderat Gröba. 296. Donnerstag, 21. Dezember 1911, abends. 61. Iahrg. DaS Riesaer Tageblatt erscheint jeden Tag abends mit Ausnahme der Sonn» und Festtage. Vierteljährlicher BrzngSprei» bet Abholung in der Expedition in Riesa 1 Mark öl) Psg., durch unsere Träger srei ins HauS 1 Mark 63 Psg-, bei Abholung am Schalter der kaiserl. Postanstalten 1 Mark 63 Psg., durch den Briefträger frei inS Hauü 2 Mark 7 Psg. Auch MvnatSabonncinentS werden angenommen. Auzrigcn-Annahme sür die Nummer des Ausgabetages bis vormittag V Uhr ohne Gewähr. Rotationsdruck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Goethe st ratze öS. — Für die Redaktion verantwortlich: Arthur Hähne! in Riesa. Maul- und Klauenseuche belr. Nachdem die Maul» und Klauenseuche in Poppitz und Mergendorf erloschen ist, vird das von uns bezüglich dieser Orte bestimmte BeobachtungSgebiet (Stadt Riesa mit dem Rittergut GöhliS) wieder aufgehoben. Der östliche Teil der Stadt Riesa, von der Kirch- und Schützeustratze ab ge rechnet, auSschlietzltch dieser Stratzen, bleibt jedoch wegen eines in ihm neu ausge tretenen SencheufalleS bi« auf weitere« Sperrgebiet, während der andere, westliche Teil des Stadtbezirk- sowie da« Rittergut GöhliS bi« auf weitere» al« Beobachtungs gebiet zu gelten haben. Die für Sperr» und VeobachtungSgebtete geltenden Bestimmungen sind streng zu befolgen; insbesondere wird darauf hingewiesen, daß Hunde im Sperrbezirke festzu legen sind. Der Rat der Stadt Riesa, am 21. Dezember 1911. Glh. Oertliches und Sächsisches. Riesa, 21. Dezember 1911. —* Ueber die Frage der Einverleibung der Gemeinde Gröba nach Riesa, die bekanntlich von Gröba im Laufe diese« Jahres angeregt wurde, fand vor gestern in Riesa die erste Anssprache statt. An der Sitzung nahmen die von den hiesigen städtischen Kollegien zur Prüfung der Frage eingesetzte Kommission und der Rechts- und VerfassungSausschuß deS Gemeinderat« zu Gröba teil. —* Nach dem soeben erschienenen statistischen Bericht der Handelskammer Dresden über das Jahr 1910 betrug die Mitgliederzahl deS Konsum-Vereins sür Riesa und Umgegend im vorigen Jahre 2080. Der Verein er zielte einen Umsatz von 589 089 M. und einen Rohertrag von 98 604 M. — Beim Postamt Riesa einschl. der Zweigstelle Gröba wurden im Jahre 1910 aufgegeben: 3103 400 Briessendungsn, 89 545 Pakete ühne Wertangabe, 7065 Briefe und Pakete mit Wertangabe, 1986 Postauf- trüge und 19 293 Telegramme; ein gegangen sind: 2 905 000 Briefsendungen, 176 454 Pakete ohne Wert» angabe, 7387 Briefe und Pakete mit Wertangabe, 29 575 Postnachnahmesendungcn, 2346 Postaufträge und 19149 Telegramme. Postanweisungen wurden 101234 im Be trage von 4 840 200 M. eingezahlt und 85 055 im Betrage von 4 753 700 M. auSgezahit. Die Einnahme an Porto- und Telegraphengebühren betrug 294 398 M. Im Post scheckverkehr waren 26 826 Einzahlungen im Betrage von 3 300 200 M. und 4036 Auszahlungen im Betrage von 2 791000 M. zu verzeichnen. — Die Zahl der Fern sprechstellen beim Ortsfernsprechnetz Riesa belief sich Ende 1910 auf 535 (gegen 479 Ende 1909), Haupt anschlüsse waren vorhanden 92 mit PauschgebÜhr (140 M.) und 252 mit Grund» und EinzelgesprächSgebühr. Von 100 Hauptanschlüssen zahlten in Riesa Ende 1910 73,3 Einzelgebühr. Gespräche wurden ausgeführt im Ortsver kehr 1 123 200, im Fernverkehr 88 300, tngesamt 1211500 (gegen 1 099 200 im Jahre 1909). —* In drei Tagen ist Weihnachten! Der Weih nachtsmann hat seine Reise durch die Welt schon ange treten. Strahlende Kinderaugen schauen sehnend zu den Herrlichkeiten auf, die in den Schaufenstern und auf dem Christmarkt aufgebaut sind. Taunenbäume breiten ihre Zweige aus, al» verlangten sie nach buntem Schmuck und Lichterglanz. Ueberall wispert und raunt e» geheimnisvoll und frohe Weihnachtslieder klingen von frischen Kinder, lippen. Nur die regnerische, stürmische und milde Witte rung ist so gar nicht nach unserm Sinn. Sie beeinträchtigt nicht nur die WeihnachtSstimmung, sondern macht auch die Hoffnungen vieler Geschäftsleute zu Nichte. Dem gestern abend wieder einsetzenden Regen folgte tn der Nacht ein Orkan, wie man ihn nur selten erlebte. DaS war ein Fauchen und Heulen an den Fenstern, auf den Dächern, in den Esten und Oefen, daß man glauben konnte, die wilde Jagd stürme mit Hussa und Horrido über die Erde. Der Sturm ist nicht ohne Schäden geblieben. Im Stadlpark hat er eine Eiche 1*/, Meter über dem Erdboden glatt ab gebrochen. Am Realprogymnasium erprobte er seine Kraft an einer großen Fahnenstange, die er ebenfalls umbrach. Außerdem hat der Sturm noch eine Anzahl Bretterzäune umgeworfen und mannigfache Schäden an Dächern an gerichtet. —Ll. Grit dem 12. Oktober d. I. ist der am 14. Dezember 1891 in Delitz bet Grimma geborene land- wirtschaftliche Arbeiter und Vierfahrer Richard Paul U. Soldat in Riesa. Al« Rekruten unter Führung eine» Unteroffizier« am 22. Oktober einen Ausflug nach einem benachbarten Dorfe machten und im Gasthofe eingekehrt waren, benützte U. die Gelegenheit» einen schon seit einigen Tagen gefaßten Plan zur Ausführung zu bringen. Er schnitt sich im Garten deS Gasthofs mit seinem Laschen- mester ein Glied deS rechten Zeigefingers ab und behauptete dann, er habe sich das Glied versehentlich obgcquetscht. Der wahre Sachverhalt kam aber bald heraus, da man da« abgetrennte Glied fand. In der Haupt verhandlung gab U. zunächst an, daß er nur von seiner Truppe weg und zu einem anderen Truppenteil gewollt habe, später gestand er aber zu, daß er Sehnsucht nach seiner Geliebten gehabt habe und deshalb entlassen sein wollte. Die Verletzung ist innerhalb vier Wochen ohne Komplikation geheilt. Zum Dienst beim Train und mög- licherweise auch bei der Artillerie wird U. immer noch brauchbar sein. Unter Anrechnung eine« Monats der Untersuchungshaft wurde er vom Chemnitzer Kriegsgericht zu einem Jahre Gefängnis und Versetzung in die zweite Klasse deS SoldatenstandS verurteilt. —* WeihnachtSpostverkehr. AmK^nmta g, den 24. Dezember sind in Riesa sämtliche Schauer von « bis 9 Uhr vorm. und von 10'/, bis 1 Uhr nachm. geöffnet, von 1 bis 6 Uhr nachm. nur die Paketschalter für die Annahme und die Ausgabe von Paketen. Briesbestellungen finden vormittags zwei und ferner eine Geldbestellung statt. Die Paketbestellung und die Brieskastenleerungen werden wie Werktags auSgeführt, deSgl. die Landbestellung. — Am 1. Weihnacht Sfetertage sind die Schalter wie an Sonntagen geöffnet. Ebenso findet die Ortsbriefbestellung wie an Sonntagen statt. Dagegen werden Geldsendungen für den OrtSbestellbezirk vormittags einmal und Pakete zweimal, vor- und nachmittags, bestellt. Die Landbestellung ruht gänzlich. — Am 2. Weihnachtsfeiertage erfolgt die Ortsbriefbestellung wie Sonntags und die Landbestellung vormittags wie an Werktagen. Die Geld- und Paket bestellung im Orte fällt dagegen wie Sonntags aus. —* Gestern wurde von der hiesigen Polizei der Maschinengehilfe August Schieber auS Lipine festgenom- men, der von der Staatsanwaltschaft Gleiwitz wegen Sittlichkeit-verbrechenS steckbrieflich gesucht wurde. Der Verhaftete wurde tn da« hiesige AmtSgerichtSgefängniS eingeltefert. — AuS Anlaß eine» besondereu Falles gibt da sächsische Ministerium der Innern in einer Verordnung bekannt, daß durch die Verordnung über Tanzvergnü- gungen vom 8. Dezember 1910 daS gesamte Tanzwesen im ganzen Lande grundsätzlich einheitlich geregelt werden solle. ES seien darum alle bestehenden Lanzregulatioe aufgehoben pH-» mit Ausnahme der Bestimmungen, die sich auf Abgaben von Lustbarkeiten zu öffentlichen Kassen, so wie auf die Erteilung von Tanzunterricht bezögen. Maß gebend seien also tn Zukunft mit den vorerwähnten Aus» nahmen nicht mehr die einzelnen Tanzregulatioe, auch soweit sie sich inhaltlich mit der Verordnung vom 8. Dezem- ber 1910 deckten, sondern nur diese Verordnung sehst. Hiermit sei eS deshalb nicht vereinbar, wenn, wie e» vor gekommen sei, der Stadtrat einer sächsischen Stadt seiner seits wieder dar gesamte Tanz- und Bergnügungswesen dadurch selbst Neu regele, daß er die in der Verordnung vom 8. Dezember enthaltenen Bestimmungen, ohne sich überdies durchweg an deren Wortlaut zu halten, unter Hinzufügung einiger Zusätze als eigene« Regulativ, wie e» geschehen sei, bekannt mache. —* Bet der Handelskammer Dresden, Albrechtstraße 4, kann ein Bericht deS Handelssachoerstän- digrn beim Kaiserlichen Konsulat tn Chtkaga über die deutsche Ausfuhr nach den Vereinigten Staaten von Ame rika 1901—1910 eingesehen werden. Der Bericht enthält ferner Ausführungen über die gegenwärtige Stellung Deutschlands auf dem Einfuhrmarkte der Vereinigten Staaten und ihre voraussichtliche Weiterentwicklung. —* Wie die StaatSeisenbahnoerwaltung bekannt macht, wird beiderHandgepäck-AufbewahrungS- stelle der Station Riesa für die Aufbewahrung von Gegenständen, die von Reisenden in der Stadt gekauft und von den Verkaufsgeschäften nach der Handgepäck-Aufbewah rungsstelle geschickt werden, folgendes Verfahren eingerichtet. DaS Verkaufsgeschäft hat dis Gegenstände mit Nummer zetteln zu bekleben und den Reisenden einen Ausweis auS- zuhändtgen, aus dem die Zahl und die Nnmmerbezeichnung der Gegenstände zu ersehen ist. Der Ausweis berechtigt zur Empfangnahme der Gegenstände bei der Handgepäck- AusbewahrungSstelle. Dem Boten, der die Gegenstände zur Aufbewahrung überbringt, fertigt die Handgepäck-Aufbewah- rungSstelle einen HtnterlegungSschein auS, der jedoch nicht zur Empfangnahme deS Gepäck» berechtigt, sondern nur als Bescheinigung über die Abgabe an die Aufbewahrungsstelle dient. Zu den Ausweisen und Nummerzetteln haben die Verkaufsgeschäfte einen besonderen Vordruck zu verwenden, der bet der Aufbewahrungsstelle zum Selbstkostenpreis von 15 Pfg. für ein Heft — 50 Stück — erhältlich ist. Die Annahme und Auslieferung von Handgepäck auf andere al« amtliche Ausweise findet nicht mehr statt. Im übrigen gelten die bisherigen Bestimmungen für die Aufbewahrung von Handgepäck. —88 Sin interessanter Strafprozeß, der nacheinander sechs Instanzen beschäftigte und schließlich zu einer Verurteilung de» Angeklagten zu — einer Mark Geldstrafe führte, fand jetzt vor dem Kgl. Sächs. Ober» landeSgericht seinen endgültigen Abschluß^ Der Fabrik besitzer Kempf in Syrau im Vogtlands errichtete im vorigen Jahre in Syrau einen Fabrikneubau, in welchem auch eine Wohnung für den Werkmeister eingebaut wurde. Im September 1910, als der Neubau bereits fertiggestevt, aber zur Inbetriebnahme noch die Genehmigung^ der Amts» Hauptmannschaft auSstand, trat der Fabrikherr eine Reise in» Ausland an. Er verbot aber zuvor seinem Werk meister, die neue Wohnung in der Fabrik zu beziehen, bevor nicht die amtshauptmannschaftliche Genehmigung eingetroffen sei. Am 27. September kehrte der Fabrik besitzer von der Reise zurück. Am 28. September erfuhr er, daß sein Werkmeister, der mit seiner zahlreichen Familie kein Unterkommen hatte finden können, während seiner Abwesenheit die Wohnung in der Fabrik bezogen hatte. Er fragte seinen Baumeister um Rat, der ihm sagte, daß die amtshauptmannschaftliche Genehmigung in jeder Minute eintreffen müsse. In Wirklichkeit traf sie aber erst am 4. Oktober ein. Der Fabrikbesitzer wurde nun wegen Vergehens nach 8 161 deS BaugesetzeS unter An klage gestellt. Da die Strafverfügung aber bereits am 27. September, an dem Tage, als er von der Reise zurück gekehrt war und somit von dem Einzuge seine» Werk meister» noch keine Kenntnis erhallen hatte, ausgestellt war, konnten die Vorinstanzen keine strafbare Handlung konstruieren und erkannten auf Freisprechung. Die Staats anwaltschaft legte hiergegen Revision beim OberlandeS- gericht ein und daS letztere verwies bis Sache zur noch maligen Entscheidung an da» Landgericht Plauen zurück. Wiederum erkannte dieses auf Freisprechung und abermals machte die StaatSanwaltschast von dem Rechtsmittel der Revision Gebrauch. Diesmal nahm die Sache einen anderen Verlauf. DaS Oberlandesgericht hob da» frei sprechende Urteil auf und verurteilte den Angeklagten zu der niedrigsten Geldstrafe von — einer Mark. DaS Ober- landeSgericht war der Ansicht, daß «in Dauerdelikt vorliege und der Fabrikherr sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht habe. Auf die niedrigste Strafe sei deshalb er kannt worden, weil der Angeklagte durch seinen Werk- meister in eine gewisse Notlage versetzt worden sei und bei der starken Familie de» Werkmeister» nicht zu ZwangS- maßregeln verschreilen konnte. —* Man schreibt uns: Tie Zauber-Gesellschaft llferini, welche z. Z. Deutschland bereist, wird am Anzeige« aller Art mtMMte beste Verbreitung.