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- Erscheinungsdatum
- 1911-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191111148
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19111114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19111114
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
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Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-14
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Monat
1911-11
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Jahr
1911
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Beilage zam „Riesaer Tageblatt". «otattonSdruck und «erlag von Langer t Winterlich in Riesa. — Für di« Redaktion verantworttich: Arthur Hähnrl in Riefa. sss. Dienstag, 14. November 1N11, abeiiss. «4. Jahrg. Sächsischer Landtag. Original-Bericht. )( Dresden, 13. November. Zweite 5 s! mm er. Die zweite Kammer nahm heute nachmittag 2 Uhr da» könig lich« Dekret Nr. 4 einen Gesetzentwurf wegen der vorläufigen Erhebung der Steuern und Abgaben in, Jahre 1Sl2 betreffend in allgemeine Vorberatung. Abg. Hähne! (Kons.) beantragte, das Demi sofort in Schlußberatung zu nehmen und von der Ernennung von Referenten und Korreferenten Abstand zu nehmen. Abg. Anders (Natlib.) stimmte dies»« Anträge zu, regte aber an, e« würde sich wohl empfehlen, das Etatsjahr in Sachsen in Ueberein- stimmung mit dem im Reiche und in Preußen zu bringen, nämlich vom 1. April bis 31. März. Die Sächsische Etatsaufstellung sei auch mit zu vielen nebensächlichen Dingen beschwert. Es sei wünschenswert, in einer besonderen Spalte da« heroorzuheben, waS neu im Etat erscheine. Die Beratung könne dann auf diese Gegenstände konzentriert werden. Abg. Smdermann (Soz.) bean tragte, unter den Steuern die Schlachtsteucr und die UebcrgangS- abgabe für vereinsländische und die BerbrauchSabgabe für vereins ausländische Fleischwerkc getrennt zur Abstimmung zu bringen. Die Anregung des Abgeordneten Anders wurde von mehreren Rednern für der Erwägung wert gehalten. Staatsminister v. Seydewitz sprach sich jedoch dagegen aus. Der Antrag Sinder- mann wurde gegen 26 sozialdemokratische Stimmen äbgelehnt. Der Antrag Hähne! auf sofortige Annahme des Gesetzes wurde im übrigen einstimmig gutgeheißcn. Nächste Sitzung Dienstag vor mittag IS Uhr. Schluß 2°/. Uhr. Deutscher Reichstag. 204. Sitzung, 13. November, 2 Uhr. Am Tische des Bundesrats: v. Breitend ach. Die Eisenbahner-Interpellation der Sozialdemokraten. Tie Interpellation lautet: „Ist es dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß Arbeiter der Reichseisenbahn »ach langjähriger, durchaus zufriedenstellender Arbeit aus ihren Arbeitsstellen ent lassen wurden, weil sie zur Vertretung ihrer wirtschaftlichen In teressen im Nahmen der bestehenden Reichsgesetze tätig waren? Was gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun, um solch willkür liches, der Gleichberechtigung der Staatsbürger widersprechendes Vorgehen der Reichscisenbahnverwaltung für die Zukunft un möglich zu machen? Abg. Emmel (Soz.): Tie Vorsitzenden und Schrift führer des Elsaßlothringischen Eisenbahnerverbandes wurden im Sommer entlassen, weil sie die wirtschaftlichen Interessen ihrer Berufsgenosscn außerhalb des Dienstes vertraten. ES handelt sich nicht um politische Organisationen. Ter Verband schließt parteipolitische und religiöse Bestrebungen aus. Die Entlas sungen sind erfolgt, weil es sich angeblich um grobe Disziplin- Widrigkeiten handle. Davon war aber keine Rede. Kein Gesetz verbietet den Eisenbahnarbcitern die Koalition. Auch sie leben unter dem Reichsvereinsgesetz. TaS Vorgehen der Eisenbahn direktion ist also Mißbrauch der Amtsgewalt. Gegen solche Drohungen und Erpressungen haben die Staatsanwälte ein zuschreiten, auch wenn sie von Reichsbehördcn verübt werden. Wir wollen abwarten, wie das Zentrum sich hier verhalten wird nach der Stellungnahme der Zentrumsfraktion in Bayern. Chef der Reichscisenbahnverwaltung, Preußischer Minister v. Breitenbach: Tas Reichsvcrcinsgesetz läßt unberührt Rechtsverhältnisse, die sich ans der väterlichen Gewalt, dem Verhältnis des Lehrherrn, ans der Beamtendisziplin der Be hörden ergeben. Auch den Beamten und Arbeitern steht das Recht zu, sich in Vereinen zusammenzuschließcu und Versamm lungen abzuhalten. Dieses bestehende staatsbürgerliche Recht darf nicht über dasjenige Maß hinaus eingeschränkt werden, das durch die besonderen Bedürfnisse des Eisenbahnbetriebes bedingt ist. Es gibt im Gebiete der Reichseisenbahnverwal tung wohl an fünfzig Fachvcreine und gewerkschaftliche Bil dungen, die im wesentlichen in Frieden mit der Verwaltung gelebt haben. Ein großer Betrieb kann nur bestehen, wenn in ihm eine stramme Zucht und Ordnung herrscht. Das gilt >u allererster Linie von einem Betrieb au der Westgrenze Deutschlands. (Lebhafter Beifall.) Unsere Angestellten dürfen sich nicht an Bestrebungen beteiligen, die die Sozialdemokratie fördern. Es kann nicht geduldet werden, daß Arbeiter ihren Vorgesetzten mit Mißachtung begegnen^ ihnen den Gehorsam verweigern, daß sie ihre. Mitarbeiter zum.Widerstand gegen sie ausfordern. Jeder Arbeitgeber hat da» Recht, Disziplin'»» halten, und im schlimmsten Falle muß er von der Befugnis der Kündigung Gebrauch machen. In den vorliegenden fünf Fällen mußte von dem Recht der Entlassung Gebrauch gemacht werden, weil eben die Angestellten sich oer Hetze gegen die Verwaltung und der Gehorsamsverweigerung schuldig gemacht haben. Der Minister geht dann auf die einzelnen Fälle des näheren ein. ES war ein schwerer Entschluß für die Verwaltung, die Ent lassungen auSzusprcchen, da sie immer die Interessen ihrer Ar beiterschaft wahrnimmt. Das soziale Empfinden der Verwal tung steigert sich von Jahr zu Jahr. Das heiße Werben der Sozialdemokratie um unsere Angestellten nimmt von Jahr zu Jahr zu. Die Sozialdemokratie macht die gewaltigsten An strengungen, um unsere Arbeiter, auch unser« Beamten, wenn es anginge, zu organisieren, und ihren Zwecken dienstbar zu machen. Wer die Folgen solcher Organisationen in unseren Nachbarstaaten beobachtet hat, wird mir recht geben, daß «S eine der wesentlichsten Aufgaben der Verwaltung ist, diesen Be strebungen der Sozialdemokratie einen Riegel vorzuschicbcn. (Lebhafter Beifall.) Auf Antrag des Abg. Bebel (Soz.) wird die Besprechung der Interpellation gegen die Stimmen der Konservativen bc- schlossen. Abg. Becker-ArnS b'erg (Z.): ES ist schwer, sich ein richtiges Bild von den Fällen zu machen. Gewiß, die Aufrecht erhaltung der Disziplin ist unter allen Umständen notwendig, muß man aber gleich das stärkste Geschütz ausfahren, die Entlas sung? Das geht doch zu weit! Selbstverständlich muß der Eisenbahnarbeiter auf das Streikrecht verzichten. Um eine Neu regelung des Koalitionsrechts kommen wir aber nicht Herum. Da mit meine Worte aber nicht verdreht werden, erkläre ich aus drücklich: Wir lehnen eine Zuchthausvorlage ab. Mit der Polizei schlägt man Ideen nicht tot. Man gebe den Eisenbahnern daS ihnen zustehende freie Menschenrecht, dann brauchen wir hier nicht immer Klagen vorzubringen. (Beifall.) Ter Redner ivöndet kick sodann aeaen die Sonaldemokraten. die er auifvrdert. zunächst von ihrein Terrorismus zu lassen und den nicht sozialdemokra tischen Arbeitern nicht fortgesetzt das Koalitionsrecht unter binden zu wollen. Abg. Graf Westarp (k.): Vereinsgesctz und Gewerbeord nung hindern die Unternehmer nicht, ihre Arbeiter zu entlassen. Ein Beamter darf nicht Sozialdemokrat sein. DaS wäre gegen seinen Diensteid. Er darf auch nicht für Sozialdemokraten stimmen. (Rufe links: Aha!) Auch die „Freisinnige Zeitung" hat es als Beleidigung hingestellt, wenn man behauptet, ein Beamter habe für einen Sozialdemokraten gestimmt. Die Ar beiter sind durch keinen Eid gebunden, aber auch bei ihnen muß die besondere Disziplin, die im öffentlichen Interesse erforder lich ist, aufrecht erhalten werden. Bedauerlich ist cs, wenn Ar beiter entlassen werden müssen. Wer wenn die Disziplin e» erfordert, muß über solche menschlichen Rücksichten zur Tages ordnung übcrgegangen werden. Die Sozialdemokratie will den Verkehrsstrcik. Wir müssen ihre verhetzende Agitation von den Arbeitern fernhalten. Abg. Beck (Heidelberg ul.): Wir verlangen für Beamte und Arbeiter das Recht, sich in Vereinen und Verbänden zu jammenzuschließen. Daran halten wir unter allen Umständen fest. Eine Art Polizeiaufsicht über die Konferenzen der Arbeiter darf nicht sein, die anwesenden Beamten müssen selbst wissen, wann sie zu gehen haben. Ein Streikrecht dürfen die Arbeiter nicht haben, aber das Recht, sich über ihre dienstlichen Verhält nisse und ihre gemeinsamen Angelegenheiten zu beraten. Also alle Rücksicht auf die Koalitionsfreiheit, soweit eS nur möglich ist. Vertrauen gegen Vertrauen. Abg. Dr. M ü l l e r - Meiningen (Vp.): Es handelt sich nur um taktische Fehler der Arbeiter. Wie kann man da so dra konische Strafen verhängen! Unzweifelhaft liegt eine Beschrän kung des Vereins- und Versammlungsrechts vor. Mit der Bc- vormnndungspolitik wird der Minister keine» Erfolg haben. Die Unzusriedenheit wird wachsen. So fördert man nur das Spitzel- tum und wirkt aufreizend. Ueber sozialdemokratischen Terror klagen auch die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvercine. (Hört! Hört! im Zentrum.) Wir verlangen endlich ein klares positives ge setzliches Koalitionsrecht. Das wird eine wichtige Aufgabe des neuen Reichstags sein. Zeigen Sie den Arbeitern mehr Ver trauen, cS wirb sich glänzend lohnen. Abg. Dr. Höffe! (Rp.): Sozialdemokratische Anmaßungen müssen zurückgewresen werden. Man soll die Arbeiter mit großer Rücksicht behandeln, aber die Disziplin müssen sie halten. Das GroS oer Beamten und Arbeiter hat auch keine demago gischen Allüren und hält sich nicht zu de» Sozialdemokraten, die wegen," sagte sie matt, „können wir denn aber auch bald reisen?" „Ich hoffe übermorgen. Triff Deine Vorbereitungen, ich werde jetzt sogleich zr?Lydias Vormund gehen und die nöti gen Verabredungen mit ihm treffen." Er verließ sie im Bewußtsein des erkämpften Sieges und in der Hoffnung, womöglich noch leichteres Spiel bei dein Konsul Elster zu haben, um diesen in seiner hübschen ViÜa auf dem Schiffbauerdamm aufzusuchen. Der Konsul mar ein wohlbeleibter und noch recht gut erhaltener jovialer Herr in der Mitte der Sechziger, der sich schon längere Zeit vom Geschäfte zurückgezogen hatte und hier in seinem hübschen Besitztum der Ruhe pflegen wollte, die er jedoch nie fand. Es waren ihm eine solche Menge von Ehrenämtern aufgebürdet morden, daß er jetzt weniger Zeit hatte, als bevor er sein umfangreiches Geschäft seinen beiden Söhnen übergeben hatte. Der Konsnl empfing Herrn von Noßwitz in seinem Ar beitszimmer, das trotz der behaglichen und wertvollen Ein richtung doch etwas an ein Kontor erinnerte, und rief, ihm beide Hände entgegenstreckend: „Wie liebenswürdig von Ih nen, Herr von Noßwitz, ich wollte Sie heule anfsuchen, nun kommen Sie mir zuvor." „Ich bin der Jüngere, Herr Konsul," erwiderte Noßwitz, den anaebotenen Lehnstuhl annehinend; „die letzten kraurigen Tage haben Ihnen der Aufregung so viel gebracht, daß Sie der Ruhe bedürfen werden." „Ruhe, die gibts für mich nicht viel," lächelte der Konsul und deutete mit der Hand nach dem Schreibtisch und den daneben befindlichen Repositorien, die mit Briefen, Akten, Geschäftsbüchern usw. hoch bepackt waren; „ich habe gegen fünfzehn Aemter, die Vormundschaftssachen noch gar mcht mitgerechnet, da gibt es Arbeit. Und wie gern wollte ich noch mehr von meiner Ruhe opfern, könnte ich dadurch unsere Lydia dem Grabe entreißen, das ihr leider so vorzeitig zu teil geworden ist," fügte er, eine Träne ans der grauen Wim per wischend, hinzu, sagte aber sogleich mit einer energischen Handbewegung: „Vorbei, vorbei! DaS arme, schöne Kind ist tot. Denken wir an die Lebenden. Wie geht es Edith?" „Nicht gut," antwortete Noßwitz und sah schweigend 'vor sich nieder. „Ich fürchte Schlimmes," fügte er halblaut hinzu. Das Geheimnis der Akuten. Roman von Jenny Hirsch. 37 „O,Volkmar, wie kannst Du so grausam sein," schluchzte sie und wandte sich ab. „Was kümmert mich das elende Geld?" Noßwitz warf einen ironischen Blick zuerst auf den Anzug seiner Frau und dann auf ihre Umgebung. In der Tat bil deten beide eine eigentümliche Illustration zu dieser Ver achtung des Irdischen. Edith trug ein Kleid, das ganz aus Krepe und schwarzem Schmelz zu bestehen schien, und das Zimmer, in dem sie sich befand, war mit einer kostbaren, weinroten Sei dentapete bekleidet und mit Rokokomöbeln aus vergoldetem Holze und Ueberzügen aus rotem, weißgeblümtem Brokatstoff, mit kleinen Tischen und Elageren von seltener eingelegter Arbeit ausgestattet. An den Wänden hingen wertvolle Kup ferstiche in schwer vergoldeten Rcchmen, altmeißener Porzel lan, venerische Gläser mit schönen Blumen gefüllt und andere leitens Nippessachen standen umher, in einem großen Bauer flatterten bunte exotische Vögel, unter einer wunderbar schö nen Musa stand eine Nachbildung der kapitolinischen VenuS in Marmor von hohem künstlerichem Werte. „Ich begreife vollkommen, daß Du keinen Wert auf etwas so Geringfügiges legst," sagte er, und seine Stimme hatte einen spöttischen Klang, jenen Klang, den Edith mehr fürchtete, als seinen Zorn, „desto mehr ist es meine Pflicht, Dein Interesse und das meiner Kinder im Auge zu behalten. Ich darf nicht mit Dir viele Monate verreisen, ohne unsere Vermögensver- hältniffe geordnet zu haben. Du hast gesehen, wie schnell der Tod den Menschen antritt. Wenn ich stürbe ..." „Volkmar, sprich nicht etwas so Schreckliches, ich kann eS nicht ertragen." Sie umfing ihn mit beiden Armen und schmiegte sich an ihn. „Du bist wirklich sehr nervös, meine arme Edith, man kann gar nicht ernsthaft mit Dir reden," sagte er schmeichelnd und doch mit leisem Vorwurf, während er sie zum Sofa zurückführte und neben ihr auf einem Sessel Platz nahm. „Ich will Dir ja alles so bequem wie möglich machen, Du wirst Dein Zim- mer nicht zu verlassen brauchen, nur Deine Unterschrift mußt Du vor Zeugen geben. Kannst Du das?" Sie war schon müde und sehnte sich nach Ruhe. „Meinet- die Freiheit nur im Munde führen. Infolgedessen haben'wir auch die besten Eisenbahnverhältnisse im Reiche. Abg. Nowicki (Pole) protestiert gegen die Beschränkung der Koalitionsfreiheit der Eisenbahnarbeitcr. Abg. BehrenS (Vgg): Wir wünschen das unbedingte Der« cinSrecht für die Arbeiter, aber ohne Streikrecht! ES ist das Verdienst des heutigen TageS, daß alle bürgerlichen Parteien sich aus diesem Grundsatz zusamnicngesundcn haben. Tie Arbeiter sollen nicht sozialdemokratisch stimmen, aber aucN nicht die Beamten. TaS ist aber zu der Zeit de» Grotzbiocksige- schehen. In dem vorliegenden Falle trifft die sozialdemokratische Agitation mindestens ein Teil der Verantwortung für die Ent lassung der betreffenden Arbeiter. Der Redner spricht über den Terrorismus der Sozialdemokraten gegenüber ander» gesinnten Arbeitern. Die Freiheit des Arbeitsvertrags, die freie Aus- Übung des Koalitionsrechts, die Freizügigkeit ist nirgends so schlecht gewahrt, als wo die Sozialdemokratie die Macht bat. DaS HauS vertagt sich auf Dienstag 1 Uhr: Kleine Altien. Danach Wciterbcsprcckmng der heutigen Interpellation. Schluß gegen 6 Uhr. - ' Illlsm StlmiilMM ml die deM MA md MWni'MiWk. Man schreibt unS: Bei der gestern stattgehabren Herbsttagung der Tech nischen Kommission deS Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee» gab zunächst der Vorsitzende Karl Supf mit Bezug auf die Marokko-Kongo-Derhandlungen die Erklärung ab, eS liege nicht im Wesen de» Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees, kolonialpolitische Agitation und Polemik zu treiben. Nach Abschluß de» Marokko-Kongo-VertrageS erachte «» da» Komitee al» seine Pflicht, mitzuarbeiten an der Aufgabe, die neu erworbenen Gebiete im Interesse der heimischen Volkswirtschaft, insbesondere sür Handel und Industrie, nutzbar zu machen und zunächst der Frage einer Motor schiffahrt auf dem Kongo und seinen Nebenflüssen sein Interesse zuzuwendcn. Die Versammlung gedenkt dann der Verdienste de» bisherigen Staatssekretärs von Lindequist um die wirt schaftliche Entwicklung unserer Kolonien und insbesondere der tatkräftigen Förderung, welche er den gemeinnützigen Arbeiten de» Komitees hat zuteil werden kaffen. Die Tagesordnung umfaßte u. a. folgende Gegenstände: Die Motorschiffahrt in den tropischen Kolonien (Ref. Dr. ing. h. c. R. Diesel-München), die drahtlose Telegraphie mit und in den Kolonien (Ref. die Direktoren der Gesell schaft für drahtlose Telegraphie Gras von Arco und H. Bredow-Berlin), daS wassertechnische Projekt der Mkatta- steppe (Ref. Geh. Oberbaurat Schmick und Ingenieur BooS- München), Kolonial-Maschinenbau (Ref. Dr. Gustav Fischer, Professor an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, Dahlem). Ueber einen Zusammenschluß der Metall- und Maschinenindustrie mit dem Kolonial - Wirtschaftlichen Komitee erstattete Herr Generaldirektor Dr. ing. h. c. von Oechelhaeuser-Dessau ein interessantes Referat, dem wir auszugsweise folgende» entnehmen: Den Beweis der Entwicklungsfähigkeit unserer Kolonien liefert die fortgesetzt wachsende Ein- und Ausfuhr. Im Jahre 1910 betrug die Einfuhr an Metallen und Metallwaren nach den deutschen Kolonien in Afrika und der Südsee etwa 33 Millionen Mark, an Maschinen sür Landwirtschaft, Industrie und Transport etwa 7 Millionen Mark, insgesamt etwa 40 Millionen Mark; die Einfuhr über den Hafen von Tsingtau an Waren fremden — nicht chinesischen — Ursprungs betrug über 50 Millionen Mark. „O nicht doch, nicht doch," rief der Konsul erschreckt; „Sie sehen zu schwarz, sind selbst von all den schrecklichen Din gen, die auf Sie eingestürmt sind, erschüttert." „DaS gebe ich zu, aber ich überwinde daS schon, anders steht cs mit Edith." „Sie ist doch eine ruhige Natur." „Darin liegt es eben; diese ruhige Natur ist gänzlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Es muß sofort energisch etwas sür sie getan werden, und ich will es Ihnen nur gestehen, daß ich in dieser Angelegenheit zu Ihnen gekommen bin." „Ich stehe Ihnen mit der größten Bereitwilligkeit zu Dien sten," versicherte der Konsnl zuvorkommend, nur kann ich gar nicht begreifen, in welcher Weise ..." Er brach ab und blickte Noßwitz erwartungsvoll an, der aber spielte mit der Quaste deS Sessels, schaute verlegen da rein und wußte offenbar nicht recht, ivie erbegiunen sollte. End lich sagte er stockend und zögernd: „Es ist eine so delikate Sache, Herr Konsul, eS wird mir schwer, sie Ihnen vorzutragen, in des ich hoffe, Sie werden mich nicht mißverstehen." „Bitte, bitte," sagte der Konsul und rückte unruhig auf sei nem Sitz umher, unfähig, sich vorzustellen, wo sein Gast eigent lich hinaus wollte. Noßwitz fuhr sich mit der Hand über die Stirn und sprach dann, ohne den Konsul anzusehen: „Sie wissen, daß die Schwurgerichtsperiode in Eutin, in welcher die unselige Ge schichte zur Verhandlung kommen wird, für den nächsten Mo nat anberaumt ist?" Elster nickte. „Gewiß, ich fürchte, ich werde dort auch noch als Zeuge zu erscheinen haben." ,^Für mich unterliegt das keiner Frage, ich bin einer der Hauptzeugen," fuhr Noßwitz lebhafter fort, „und man wird auch Ediths Anwesenheit verlangen. Aber das darf nicht sein, es hieße sie geradezu töten. Ich hatte zuerst die Absicht, bis nach den Verhandlungen hier zu bleiben und dann mit Frau und Kindern während des ganzen Winters nach dem Süden zu gehen; ich habe jetzt diesen Plan geändert. Wir werden schon Anfang der nächsten Woche reisen, ich lasse die Meinigen in der Schweiz und komme zu dem Termin nur auf einen oder zwei Tage nach Eutin. ES soll mir nicht schwer werden, für Edith Dispensation vom persön lichen Erscheinen zu erwirken." 191,20
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