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H 1«8. Beilage zam „Riesaer Tageblatt". N-tatümSdr«« «d »«jag »«, Lanzer » Winterlich in Riesa. — Mr dl« Redaktion vumUwottlichr Herma«» Schmidt d, M«s<u Areitaz, SS. Jali 19VS, adeavs. ' «S. J«hr^ „Die deutschen Vettern". «, Das von der »Daily Mail" herauSgegebeve vuch über Leutschlaud, daß weiteren Kreisen des englischen Volkes «in »wahrheitsgetreues- Bild von dem Wesen und der Kultur ihrer deutschen Vettern und Nebenbuhler vermitteln soll, enthält auch sür uns mancherlei des Interessanten, sei iS auch nur, um zu erfahren, wie in dem Leiste einiger oon politischen Besorgnissen erfüllter englischer Schriftsteller deutsches Leben und deutsch« Arbeit sich spiegeln. Die national« Sorge über Deutschlands kaufmännisch« Erfolge lebt -wischen den Zeilen, die dem Wesen des deutschen Kaufmannes gelten. »Durch ehrliche Mittel hat sich der deutsche Kaufmann seinen Ehrenplatz in der Achtung der Welt errungen. Er ist sorgsam erzogen, er ist gebildet, er ist fleißig, er ist unternehmend. Mit eiserner Entschlossen heit und militärischer Schlagkraft ringt er um die Triumphe auf dem Felde, da« er sich abgesteckt auf dem Weltmarkt. Durch keine Denunziationen der Habgier und durch kein« Verdächtigungen läßt er in seinen Erfolgen sich aufhalten. Di« deutsche Konkurrenz kann nur bekämpft werden mit den gleichen Waffen, die Deutschland als wirksam erprobt hat. Zölle allein reichen nicht aus. Sie würden nur dem ganzen System des deutschen Handel« und der Industrie neue Waffen aufzwingen, diesem System, da» da heißt: sorgsame Erziehung, technische Erfahrung, Militärdienst, Sparsamkeit, Vorsicht, Ehrgeiz und Patriotismus. DaS ist die deutsche Kombination und daS ist eine Kombination, die siegen muß." Der beispiellose materielle Aufschwung hat jedoch nach dem Urteil der englischen Kritiker in ge wissen Gesellschaft!kreisen eine wachsende Neigung zum Luxus und Aufwand gezeitigt: „Man lasse vor seinem geistigen Auge die Bondstreet am Vormittag erscheinen, die Lälerde» Carlton-Hotel zur Teezeit, den Raum des Covent- garden-TheaterS bei einer Gala-Borstellung, das Saooy- Hotel nach dem Theater und man hat da» moderne Deutsch land in einer Nußschale. Man süge dem Bilde die Er innerungen an den großen Renntag des ASeot-Eup an, die endlos« Kette von Automobilen und Equipagen von Picea» dtlly, di« eleganten Wohnhäuser von West-Kensington und die reizendsten vergnügungslokal« des Pariser Montmartre vnd man kommt dem Deutschland, wie «S ist, noch näher. Alles zeigt lärmend« Nachahmung, ist bizarr und über- steigert, aber das Bild ist realistisch genug» um da» Schlag, wort von der biertrinkenden Nation zu zerstören und an deren Stelle die Erscheinung eines luxusliebenden pluto- krattschen Volkes zu setzen. Die« Kaleidoskop von Reich- tum und Eleganz beschränkt sich nicht auf Berlin. Gewiß tritt eS in der Hauptstadt infolge der größeren Beoölke- rungSzisser stärker zu Tage, aber auch in einem halben Dutzend anderer großer Städte haben Seide, Federn und Champagner vier und Wolle verdrängt; in Hamburg, mit seinen prachtvollen Hotel» und eleganten Läden, in München, Dresden, Leipzig und Köln; überall hat der luxuriöse Geist de» Deutschland» von 1S0S die Gesellschaft ergriffen und hat die „Einfachheit und Sparsamkeit" der vorfahren zu vergessenen Idealen werden lassen. Luxus ist die Regel geworden, einfache» Leben die Ausnahme". Am klarsten spricht diese Entwicklung au» der Lebensweise der modernen deutschen Frau. „Sie fahren in prächtigen Automobilen, in eleganten Equipagen und sie kleiden sich von Kopf bis zu Fuß mit den kostbarsten Gewändern, die deutsches Gold erkaufen kann. Die e» sich leisten können — und auch Tausende, die eS nicht können — wollen'nicht» mehr hören von Toiletten oder Hüten, die nicht aus Paris, London oder Wien kommen. Die meisten fahren zu den fremden Modezentren, um dort ihr« Kleider zu bestellen". Aber dieser Kritik einer „jungen Gesellschaft" fügen die britischen Beobachter andere Bilder an, die mit Anerkennung nicht geizen. „Der Aufschwung Deutschlands ist der Triumph des Kollektioiemur- im Gega^atze zum britischen Indivi dualismus. Ter Genius BiHmariW konstruierte eine macht volle Maschine au» einer gelehrigen, phantasielosen und geschmeidigen BolkSmaffe. Feder Bürger hat i« Staat« sein« sorgsam und genau bestimmte Stellung. Während in England der Bürger vom Staate ignoriert wird, au»- genommen bei der Steuerzahlung, ist in Deutschland der Bürger durch Erzlehung und Ueberzeugung nur «in Teil des großen Lanzen, hat seinen festen Platz im sozialen System, sein« Pflichten, sein« verantwortlichkckt gegenüber dem Land«, der Famtle und sich selbst. Und da» durch- zieht da» ganz« Leben, von der Wiege bi» zum Lrabe ist der Deutsche bi»zipliniert, so daß da» deutsche Reich heute dasteht al» da» vollkommenste Beispiel in der Welt für einen Triumph de» Leiste» über die Materie Und die Unterordnung oon allen unter die Interessen de» Staate»." Tagesgeschichte. Wie bereit» mehrfach gemeldet, tritt di« vom Reich»- tag beschlossene ralvusteuer am 1. August in Kraft. Um der Belastung durch dies« neue Steuer wenigsten» für die erste Zeit zu entgehen, hat eine ganz« Reihe von Gesellschaften beschlossen, ihr« ZinSscheinbogen bereit» vor dem 1. August zu erneuern, und zwar nicht nur solche, deren Zinsscheine bi» zu diesem Termin abgelaufen waren, sondern auch solche, an deren Talon noch ein oder gar mehrere Coupon« hafteten. Man konnte im Laufe der letzten Woche im „Reichsanzeiger täglich ca. 50 Gesellschaften verzeichnet finden, die ihre Aktionäre usw. aufforderten, ihre ZinSscheinbogen vor dem 1. August zu erneuern. Gegen diese Maßnahmen wendet sich nun in ihrer gestrigen Nummer die offiziöse „Nordd. Allgem. Z t g.", indem sie schreibt: „In steigendem Um fange hat man in den letzten Tagen Druck und Aus- gäbe neuer Gewinnanteilscheinbogen und ZinSbogrn lediglich zu dem Zwicke bewirkt, um der mit dem GGGGGOGWGGGO G HvKtzbltziodt G L ^688tzl 8 M für Vvittäüokwn ist in M L bers. gute» Qual, wieder W etngetroffen. Gleichzeitig M W empfehle ich solchen für W 8 KtM mi WlitM. M D »««,«- Pr>«>! D s Lniil 7ör§!er, r 2 Fa. Max Barthel Nachf. Frucht-Waffeln L Packet 10 Pfennige R. Selbmav«, Hauptstr. 83. verk. L. A. Schulze, Meißnerstr. 34. Ve-Asssen, ansckl'ÄekZrok Ls/kf'er-re-'s H/a/LkaFee sw vei'/a-rAS-r, M/m /o-'/uMi-eM kommen akmrmFen an/, Sre Mska/k tia^an/, SakeZ Ms SM Ms S/a^ers 7 nn Sie Ms nr'ekZ, so können Sr'e ier'ek/ erne S-rKttnsokn-rZl s-Mbs-r. Ei«q«art.-Decken neue Sendungen eingetroffen bei Lrnat Alttaz. Kme Me M LMn mi wWNten nimmt an Krau Marte Wteuzek, Lröba, Strehlaerstr. 57, 1 Tr. " „Die Waschfrau tu der Tüte", für 10 Pf., «in unschädliche» Bleich- Mittel, welcher man ohne Aenderung der Wäscherei jeder weißen Koch wäsche zusetzt. . F.W.THomasLSoh«. Echtes Gold. 20j Bon Mrs. Weigall. Berechtigte Uebersetzung von I. Kruse. „Beim Zeus, Esther, du bist ein Glückskind, und ich bin seit langen, langen Jahren nicht so froh gewesen wie heute," sagte der Major und legte die Hand aus ihr glänzendes Haar. „Ich möchte sagen „Gott sei Dank für dieses unerwartete Glück!" Und Esther fühlte mit schmerzlichem Weh, daß sie wünschte, ihr Vater möchte mehr an ihr wahres Glück denken, als an seine eigene Befriedigung. Sie wußte jetzt, daß sie ihm ihre Zweifel und Befürchtungen nicht anver- trauen konnte. „Ich sah auch deine Schwester, Monika," erzählte der Major, indem er der wohlschmeckenden Pastete vor ihm eifrig zusprach, „und sie wollte eben in rasender Wut her- kommen, well Sybil ihr in dem ungünstigen Moment, wo Esther ihr Glück machte, mitgeteilt hat, daß sie sich mit dem Marine-Ingenieur auf dem Douglas, einem Herm Marcorie, verlobt hat. Es ist durchaus kein empfehlens werter Mann, aber es scheint, daß Sybil oon ihrer Mutter unabhängig ist, und sie erklärt, sie werde ihn mit oder ohne Frau Galtons Einwilligung heiraten. Das war wirklich eine schöne Ueberraschungl" In der lebhaften Unterhaltung, welche darauf folgte, floh Esther in ihr Zimmer, um mit ihren Gedanken allein zu sein. Sie mußte ihrer Großmutter sofort schreiben, denn sie wollte nicht, daß Frau von La Perouse durch jemand sonst von ihrer Derlobung hören sollte. Nachdem sie Hadji seine Medizin gegeben und ihn warm zugedeckt hatte, schrieb sie ihren Brief. Er wurde ihr sehr schwer, aber sie hatte keine Ahnung, daß jede» Wort darin Frau oon La Perouse nur eins sagte, und da« war die Tatsache, daß Esther unglücklich war. „Liebste Großmutter, ich habe mich heute mit Lord Francis Alwon verlobt, dessen Vater Du gekannt hast, glaube ich, und ich bitte Dich, Geoffrey die Nachricht mitzuteilen. Ich wußte nicht, daß meine Derlobung solche Ge- sichle in mir Hervorruf«» würde, wie es jetzt der Fall ist. Ich bin so voll Zweifel und so unsicher, ob ich auch tVckllch werden aber vielleicht kommt da» von der «roßen Veränderung in meinem Leben, und ich werde mich daran gewöhnen. Alle sind so freundlich und gut gegen mich, und Vater sagt, es wäre ihm eine solche Beruhigung. Liebste Großmutter, sage es Geoffrey sehr freundlich — aber ich kann keinen armen Mann heiraten, ich kann es wirklich nicht. Ich sehe jetzt so viel davon, und die Armut macht jedermann unglücklich. Ich hoffe sehr, daß Du zufrieden mit mir bist, Großmutter, denn Lord Francis ist sehr hübsch und klug und versteht alles, und jedermann hat ihn gern. Ich wollte, ich könnte zu Dir kommen und bei Dir sitzen, Großmutter, aber es kommt mir vor, als wärest Du weit, weit weg. Deine Esther." Sie lag bis zur Morgendämmerung wach und fiel dann in einen so schweren Schlaf, daß sie Hadjis klägliches Wimmern gar nicht hörte oder bemerkte, daß es immer schlimmer mit ihm wurde und er sich ihrer Gegenwart im Zimmer gar nicht mehr bewußt war. Ws ihr endlich Kopama eine Tasse Tee ans Bett brachte, erwachte sie durch deren angstvollen Schrei beim Anblick des Kindes. Noch ganz verschlafen sprang sie aus dem Bett. Hadji Baba lag in seinem Bettchen mit weit offnen, ganz verglasten Auaen, während das beständige Stöhnen, das über seine vertrockneten Lippen kam, so schwach war, daß es kaum noch einem Seufzer glich. In einem Augenblick war das ganze Haus in Verwirrung; der Militärarzt wurde aus dem Lager geholt; und noch vor dem Frühstück wurde die Wahrheit bekannt — Hadji Baba hatte Typhus, und Frau Beresford wurde wegen derselben Krankheit beobachtet. Das Haus wurde unter Quarantäne gestellt. Eine Stunde später fuhr Lady Adele mit Alwyn vor und sprach mit Esther tm Garten. „Wtr sind gekommen, Sie zu holen, Esther! Der Arzt hat es erlaubt; er sagt, je eher Sie hier fortkommen, desto besser sei es sür Sie." „Komm, Esther," fügte Lord Francis gebieterisch hinzu, „zögere keinen Augenblick!" „Ich kann Hadji nicht verlassen," sagte Esther leise, „er nimmt seine Arznei von niemand anders." „Unsinn, Esther!" rief Alwyn und nahm ihre Hand; „wir beide bestehen darauf, daß du mitkommst." Aber de« Mädchens Augen glänzten wie Sterne in ihrem blaffen, entschlossenen Gesicht. „Ich kann nicht, ich kann die Meinen in dieser Not nicht verlassen; es wäre feige und unrecht; sehen Sie es nicht, Lady Adele?" Die Dame stand einen Schritt von ihr entfernt und sah unverwandt in Esthers Gesicht. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, liebes Kind," antwortete sie zögernd. „Ich befehle dir zu kommen," rief Mwyn wieder heftig, „du bist hier in Gefahr! Wenn du angesteckt würdest!" „Ich fürchte mich nicht," versetzte das Mädchen sanft, „ich kann sie nicht verlassen." Alwyn wandte sich ohne ein Wort von ihr ab und ging zum Wagen zurück. Lady Adele blieb noch einen Augenblick stehen. „Ich könnte selbst nicht so handeln, Kind," sprach sie bewegt, „aber wenn ich eine Tochter hätte, wünschte ich, daß sie so wäre wie Sie," und einer schnellen Regung nachgebend, küßte sie Esther zärtlich, 11. Kapitel. Dunkle Tag«.' „Freundliche Grüße an Herrn Hammer, Luise, und ich würde mich freuen, ihn so bald wie möglich bei mir zu sehen," sagte Frau von La Perouse mit fester Stimme. Sie saß nach dem Frühstück in ihrem kleinen Wohn zimmer, den Schoß voll Briefe mit dem Poststempel oon Malta, die sie gelesen und wieder gelesen hatte. Luise war mit sorgenvollem Ausdruck aus- und eingegangen, seit sie das fast unberührte Frühstück weggeräumt hatte. Sie wußte, daß ihre Herrin keine erfreulichen Nachrichten erhalten hatte, aber noch nicht darüber sprechen wollte, und sie wartete geduldig, bis die Zeit gekommen sein würde, wo sie auch teil daran nehmen und mittragen durfte. Erst am Tage vorher hatte sie ein langes Ge spräch mit Maria Vine gehabt, um zu erfahren, welche Nachrichten wohl im Institut durchgeflckert waren. Doch Maria hatte nichts berichten können, nur wiederholt be dauert, daß Frau von La Perouse sichtlich abnähme und ihren Liebling wohl nicht wieder sehen würde. „Das ist ja Unsinn," hatte Luise gerufen, „in unsrer «dein Familie erreichen alle ein sehr hohe« Alter, und Frau Herzogin ist noch lange nicht achtzig." Dennoch war es sicher, daß dl« letzten Monate di« alte Dame sehr verändert hatten. Sie wer nicht mehr lo