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114 115 — lichkeit äbgewöhnc; aber sie bat mich entschieden, nicht den Versuch zu machen, ihr stärkere Nerven anzuschasfen; es könnte znnk bösen ausschlagen. Nun, das lag nicht in« geringsten in meiner'Absicht: so, wie sie war, gefiel sie mir eben. Ich muß nun aber zu dem Loge kommen, der — nun, Du wirst cs ja sehen. Hörst Tu auch, Eva?" „Alles, Ekbert." „Wir gingen int Parke, dort, wo an einer Stelle drei gewaltige Linden ihre Neste ineinander verzweigen; wir sprachen von unserer baldigen Hochzeit, und ich sagte, daß sie meiner Meinung nach sehr gut schon im nächsten? Monate stattfinden könnte. Mazda entgegnete, daß die Eltern das wohl nicht zugeben würden; sic sei so jung, und wir müßten jedenfalls noch ein halbes Jahr warten. Ich erwiderte entschieden, daß daraus auf keinen Fall etwas werden könne; eS stehe einer früheren Hochzeit durchaus nichts im Wege, uns ich würde meinen Wunsch durchsetzen." „Das wirst du gewiß nicht, lieber Ekbert, wenn r»u dadurch den Wünschen der Eltern entgegen bist," sagte Mazda; „solange ich in ihrem Hause bin, haben sie über ihre Töchter zu verfügen." ! „Da irrst du gewaltig," ries ich heftig, „du bist weine Braut und wirst mir gehorchen." „Ich werde weinen Eltern gehorchen," entgegnete sie sanft. i „Deinen Eltern und nicht mir?" ries ich, nun schon kaum Herr meiner selbst, „das wagst du aus^usprechen? Hier gilt nur zweierlei: willst du deinen Eltern folgen, oder mir?" „Sie antwortete nicht, während das zarte Gesicht noch farbloser wurde. Ihr Schweigen brachte mich ganz außer mir. Ich riß meinen Arm aus ihrem und trat mit geballten Fäusten «in paar Schritte von ihr fort. Mein Gesicht muß wohl «inen entsetzlich entstellten Aus» druck getragen haben; denn ich sah eine große Angst ihre Züge überziehen, und sie wich hastig zurück. Dabei stieß ihr KVpf seitwärts an den Ast einer der drei hinter ihr stehenden Linden, und sie sank sogleich lautlos zusammen." „Mein Zorn war sofort verraucht — ach, er war nie von langer Dauer — mit einem Schrei stürzte ich aus sie zu, ich hob sie vom Boden? auf und eilte'mit ihr davon." „Du hörst doch immer, Eva?" „Immer, Ekbert." „Wir waren nicht weit vvm Hause entfernt; ich hotte cs schnell mit meiner leichten Last erreicht und sie auf ihr Lager niedergelegt, wo sie bald von der Sorge ihrer Eltern umgeben war. Sie blutete aus einer Wünde an der Schläfe; dem herbeigerufenen Arzte gelang es, sie ins Leben zUrückzurufen, doch gab er wenig Hoffnung für ihr Leben; bei einem so zarten Körper wie der ihrige sei alles zu Mrchten. Ich stand an ihrem Lager und hörte schweigend mein Todesurteil mit an. Ich küßte Magda aus die marmorblasse Stirn, ihr PiUnd lächelte mir zu, und ihre Augen leuchtete» mir mit der alten Liebe entgegen. Ich sah das mit zerrissenem Herzen; dann bat ich den Bater um eine Unterredung. Ich sagte ihm alles; vielleicht machte ich meine Schuld größer, «ÄS sie war; ich wollte sie in keiner Weise beschönigen, und das Urteil erfolgte so gleich: „Die Verlobung ist null und' nichtig; nie sollen Sie mein« Tvchter Wiedersehen; ob Magda lebt, oder stirbt, zwischen Ihnen Seiden ist es Ms für immer. Le» lassen Sie mein Haus, und möge Ihr Name nie Mehr an mein Ohr klingen." „Ich ging. Ich änderte meinen Namen; Ha ich in der Welt allein stand, War das leicht; an Verwandten besaß ich nur einen Onkel, um den ich mich nie ge- kümnu rt hatte; aber ich hielt mich immer in der Nähe von Magdas Wohnung auf. Ich mußte Nachrichten von ihr haben, und dem Willen ist nichts unmöglich; ich er hielt sie. Nach einem Jahre war Magda gestorben, und ich hatte sie getötet. Ich sah ihren Sarg htnMStrageu »Und Du, Eva, Du würdest mich lieb behalten, was DA kommen möchte, was Lu auch erfahren würdest?'« , UV riß sie Mit einer Heftigkeit an sich, wie sie e- Mk vcn ihm gewohnt war. »Ich müßte es ihr sagen, W sollte es amlfprechen," Murmelt« er schweratmend, pW Müßte «S, ehe sie ganz mein ist, und ich Mill les." Sie sah unruhig in sein erregtes Gesicht. „Erzähle Mk, was Dich quält," bat sie, „bin ich Dir nicht gegeben, MÄd und Leih mit Dir zu tragend »ES ist eine lange, kurze Geschichte, keine Eva." »»öaß sie mich hören." »MM, Ekbert? «vM Ihr? Ihr müßt schnell herein- HMaen, «S sind Säfte da," hört« man von ferne Gias DDSestcrn rufen, uud gleich darauf wurden ihre Ge- „Ja, das sagst Dai so einfach, well Du eS gewohnt bist, daß man Dir dies vorwirst; aber DU weißt Noch Vicht, warum ich es eben sagte. « „Warum sagtest Du es denn?'« „Liegt Dir wirklich daran, es zu wissen?" »Ich glaube nicht so viel, als Dir daran liegt, es JA sagen," entgegnete er lächelnd. Sie lachte fröhlich. „Du kennst mich doch schon besser, als ich dachte^ wenn es auch nicht aussieht, als bemühtest Du dich, in mein Inneres «inzudringen, und larauf eben bezieht sich das „sonderbar«« don vorhin: Du bjst nämlich gar nicht wie die meisten Verlobten." „Du meinst, nicht so jung und hübsch?«« „Ach! Dein Aller und Dein« Häßlichkeit sind mir DSahe recht,«« sagt« sie ärgerlich; „aber Du bekümmerst Dich vrr anderen Menschen so wenig um mich. Tu bist Vicht aufmerksam, machst mir keine keinen Geschenke. « „So wie Lieschen MeyerS Bräutigam?«« warf er ZSnphast ein. Sie ließ sich gar nicht stören. „Du sprichst nicht Ziel, Du sagst mir Keine angenehmen Dinge —«« " »Mine angenehmen Dinge?«« erkundigte er sich. „Nun ja. Du weißt doch, ein« Zärtlichkeit, «ine Schmeichelei, auch innige Blicke und dergleichen fehlen zDür-"' ist ja eine lange List« von Sonderbarkeiten,«« bemerkte «tert „DA hättest einmal hören sollen, was Tassilo da- MftM alles sagte," fuhr sie fort. „DAS war wohl schön?«« war der Lage angemessen," entgegnet« sie mit ' „Uud Du wünschest nun, daß ich in der elften Stunde Hoch »fange, da- Versäumte nachzuholen?" ^Welche Idee, Ekbert, wie würdest Du dich dabei Mftuehmen?" »Du hast recht, «S würde eine Karikatur aus mir MScheu," erwidert« er gelassen, „aber weshalb sagtest Du Alles?" ' „RUr als Erkürung der gewissen Sonderbarkeit, Mtru Ekbert; Du mutzt doch zugeben, daß die Normal- Wrusch« anders sind al« Du." „ü»d was soll ich Mir nun für eine Nutzanwendung Mi dieser langen siede entnehmen, meine keine Eva?«« „Datz Du der allerbest« Mensch von der Welt bist, WuH Watz ich Dich keinen Leut anders möchte, als Tu Dft, DU geliebter, sonderbarer Mann,'« rief Eva, die MSN« Um feinen MS werfend. M drückte sie sanft von sich Wid sah sie nachdenk- DH KU. ES lag wieder ei» so -eigenes Gemisch von »Mist, Zärtlichkeit und Trauer in seinen Augen: „Eva, Mw, sage mir, ob Du auch ganz sicher bist, daß ich Dich liebe, auch «en» ich «S Dir nicht so soft sag« wie W «dem?" Manz sicher, Ekbert,«« erwidert« sie mit ihrem ver- Massenaustageu für Notattonsvmck. Avise Adretz- «ad Geschäfts torten Briefköpfe, vriefleiften Bestellzettel Broschüre«, vilkets Deklaration«, Da«ksa»«n>s» nnv EtnladnnsSbriefe Einlaßkarte« Etiketten «Ser Art Sakturen, Slngblätter Formulare in VW. Sorten Frachtbriefe GebranchSanweisnn-e« Fremvenzettel -aus- mV Fabrik- vrvnungen Geburtsanzeige« HochzeltSeiulavuugeu -Seitunge« nnv -Gevtchte «aftenfchilver Kostenanschläge Kataloge, Kontrakte Kontobücher Lohnliste«, Mahnbriefe Mtttetlnngeu, Menns Musterbücher, Notas Plakate Programme PreiSkuraute Postkarten, Quittungen Rabattmarke« Rechnungen Speis««- mV Weinkarte« Swint«, Tanzwrt« Stimm-, Theater- mV Sackzettel vistt«- mV BerlobmgSkart« Wechsel, Werke Strknlare, Smgnt-a re. ,e. re. ßieMr sszedlst! — Amtsblatt — Fernsprechstelle Nr. 20. Telegramm-Adresse r Tageblatt Riesa. DI« vuchvruckerei von LmMtViiitüM (L. Langer und H. Schmidt) DISSD Goetheftratz« Nr. öS hält sich zur Anfertigung nach stehender Drucksachen bei sauberer Ausführung und billigster Preis stellung bestens empfohlen. ' „Der Augenblick ist vorüber; es hat nicht sein sollen," sogt« Ekbert^ seine Bratet loslassend; „denken wir nicht mehr daran." ! „Aber wann, Ekbert, wann wirst Du mir sagen, was Dich ost finster und traurig macht?«« „Wenn ich Dich als mein Weib in unsere neue Heimat einsühre, Eva! An dem Tage sollst Du alles wissen; dann werde ich Dir die dunkelste Stelle meiner Vergangenheit aufdecken." II. Die Wohnung Professor Töringens war zum Em pfange des neuvermählten Paares bereit; sie lag außer-, halb der^ Stadt Leisnig in der Gegend des Rosentales inmitten eines großen blühenden Blumengartens. Frei lich war es Herbst geworden, und die Blätter singen an zu dunkeln; aber das Obst hing schwer und reich her nieder, UUd das Glashaus, das sich an die Südwand lehnte, war mit den schönsten Gewächsen erfüllt. Helles Gaslicht erleuchtete das ganze Haus, mit Blumen und Kränze» war es festlich geschmückt, und die lange Reihe der Zimmer mit der schönen, eleganten Einrichtung nahm sich prächtig darin aus. Das Dienstpersonal stand wartend int Hausflur, und eben fuhr der Reisewagen donnernd vor der Stein-. treppe ms; der Diener flog hinunter, öffnete den Schlag, und leicht und elastisch sprang der Professor herab. Dann wandte er sich schnell zurück, hob seine ihm folgende Gemahlin heraus, umschlang sie fest mit beiden Armen Und trug sie über die Treppe in die Halle. Dort setzte er seine leichte Last nieder. „Willkommen daheim, meine keine Eva," sprach er mit tiefer, bewegter Stimme, „möge mit Dir das Glück einziehen und sich niemals daraus vertreiben lassen." Sie nickte fröhlich, bot den Leuten, die sich nm ihre neu« Herrin drängten, herzlich die Hand und ließ sich dann von ihrem Gatten durch die Räume führen, in denn: alles von Behaglichkeit und Geschmack zeugte. „O, Du guter Ekbert, wie wunderschön ist es hier, wie verwrhnst Du Deine Frau mit all den hübschen Dingen, die an jedem Orte dem Auge entgegentreten! Sv hatte ich eS mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt; kS ist wirklich viel, viel zu schön für mich." Sie fing wieder an» umherzugehen; hier Und da nahm sie einen Gegenstand in die Hand, besah und be fühlte ihn, und die Ausdrücke der Bewunderung flössen Mgemesskn von den lebhaften Lippen. Gr folgte ihr langsamer und duldete etwas schweigsam die eingehende Besichtigung. „Es ist zu schön, Ekbert,«« wiederholte sie immer wieder, „ich sreue mich auf das gemütliche Leb-n in unserem behaglichen Heim. Wie wollen wir zusammen lesen und plaudern und musizieren! Dazu besorge ich den Haushalt, Du Deine Studenten, — die Tage werden uns versließen wie ein einziger Sommer tag. Müssen wir viele Besuch« machen, Ekbert?«« ,Mne gcmze Menge. « „Nun, daS kann auch hübsch werden," sagte Eva nach einigem Besinnen; „wenn wir ausgegangen sind, oder Gäste gehabt Haden, dann wird uns nachher desto Wohler zu zweien in unseren vier Wänden. Sind äuge- nehm« Familien hier? Du kennst ja schon die meisten?«« „Ich glaube, einige jverden Mr gefallen." Der Diener Meldete, daß angerichtet sei, und sie begckSen sich in das Speisezimmer, wo eine reichgedcckte Tafel ihrer wartete. Neben Evas Platz stand ein Tisch chen, Ms dem das Wasser in der silbernen Maschine lustig brodelte, und sie begab sich mit Eifer daran, den Tee zu bereiten. — „Es ist doch reizend, endlich einmal am eigenen Tische zu sitzen," sagt« sie vergnügt, „wenn man, wie wir, sechs Wochen lang immer Dable d'hote gegessen hat, ist das ein wirklicher Genuß." „Weiter ist Dir von unserer Reise nichts in Er innerung geblieben, Eva?" „Ach, Ekbert, es »Wen di« schönsten Wochen Meines! Lebens! Die hohe» Berge, die klaren Seen- Und jeder Täg sonnig Und ungetrübt von einem Ende bis zum andern." „Ja, es war eine schöne Zeit," sagte Ekbert nach- dentlich. Er blieb wortkarg und zerstreut, und wenn Eva nicht so froh gewesen wäre, hätte sie bemerkt, hast er anders War, als! die ganzen Wochen- die sie am Gardasee zubrachten. Da schien er ausgetanscht, so jugendlich heiter, so voller Laune und witziger Einfälle, ja, Eva erfuhr sogar in einem gewissen Grade die Verwöhnung ande«r eben verheirateter junger Frauen, und wenn es auch immer bei so wenig augenfälligen Aufmerksamkeiten blieb, daß sie und der Professor zu Evas Kränkung Meistens für Bater und Tochter ange sehen wurden, so tat auch Pies wenige bereits ihrer Fraucneitelkeit Wohl. Sie war stolz, daß ihre Nähe, ihre Liebe so vorteilhaft auf ihn wirkten, sah sie doch I Mch tiefer als alle anderen Augen und gewahrte, daß sein kranker Geist mehr und mehr gesundete, haß die Schwermutsfalte sich glättete, daß der beständige Ernst einer ruhigen Heiterkeit wich und die finsteren Momente immer seltener wurden. Zu ihrer freudigen Stimmung merkt« sie heute nicht, daß er allmählich in sein früheres Schweigen versank und die Speisen, die er aus seinen Tellen tat, kaum berührte. Endlich WM die Mahlzeit beendet. Sie zogen sich in den keinen lauschigen Erker zurück, der mit be sonderer Vorliebe für Eva eingerichtet worden war: blaß rosa Tapeten bedeckten die Wände, ein Rasenteppich durch zog das Gemach, und eine rote Ampel erhellte es matt. Tie Türen nach der» Blumenzimmer standen offen, und seine Düfte zogen herein. ; ,Mie schön, wie wunderbar schön,«« sagte Eva träumerisch, als sie sich aus einem Kanapee nieder gelassen hatten, sodaß ihre Blicke gerade in das däm mernde Grün sielen, aius dem hier und da eine rote und weiße Blüte hervorsunkelte. Auf Ebkerts Gesicht zeigte sich eine große Entschlossenheit. „Jetzt, Eva, ist der Augenblick gekommen, wo ich die Tür zu der dunkelsten Begebenheit in meinem Leben vor Dir austue," sagte er mit fester Stimme. Eva fuhr zusammen. Sie hatte im Rausche des Glückes ganz das Gespräch mit Ekbert vergessen am Tage vor der Hochzeit. Sollte »Un etwas Schreckliches kommen Und sich wie ein Alp auf all ihr Glück legen? Aber nein, nein, was hatte sie zu fürchten? Nichts, was Ekbert getan hatte, konnte unrecht fein, konnte ihre Liebe zu ihm stören.«« " ' Lie schmiegte sich fester an ihn: „Ich höre, lieber Ekbert,«« Und er begann: , „Ich bin auch einmal jung gewesen; das ist nun ächt-ehu Zähre her und mehr als die Hälfte meiner Lebenszeit. Ich war ein wilder, lebhafter Bursche, voller Lebenslust und Tatendurst; ich war auch liebens würdig und daher gern gesehen bei jedermann. Mer ich hatte einen schweren, gefährlichen Fehler, -en JSH- zorir, und, Was noch gefährlicher'Har, ich hgtte mich nie ernstlich bemüht, ihn M bezwingen. Da lernte ich ein Mädchen kennen, und bald war mein bewegliches leicht entzündbares Herz von heißer Lievesglut für sie erfüllt. Hörst Du zu, mieine keine Eva?'« Denn er konnte sie nicht sehen, weil er sie mit seinen Armen Umfaßt hielt und ihr Kopf an seiner Brust ruhte. ,Hch höre, Ekbert." „Ich war dem Bater und der ganzen Familie des Mädchens nicht zuwider, wir verlobten unSs trotz unserer beiderseitigen Lroßen Jugend, und die Verlobung wurde mit Jubel und großen Festlichkeiten gefeiert. Ich lebte in einem' Rausche des Glückes, und nichts störte unsere Harmonie. Magda war gut .und saust; wir wurden prächtig miteinander fertig. Aber ihre Gesundheit war leicht angegriffen und ihr Gemüt so schreckhaft, daß ich ihr ost lachend versicherte, sie sei gewiß deshalb an eine» fr wilden Mann geraten, damit sie sich die Hengst-