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Beilage znm „Riesaer Tageblatt". NotaNonSdmck »md Verlag »o« Langer « Nlnterlich vr Sktela. —Lür dl« Redaltlon verantwartll-: Hermann Schmidt in Vtgsa. Mittwoch, 1«. IM IMS, edends. «S. Jahrg. noch die mecklenburgischen Konservativen von Treuen» fei», der sich einen Ordnungsruf zuzteht und ob seiner Angriffe gegen die Linke von dem Freisinnigen Wtemer scharf angegriffen wird, — und Maltzahn gegen den agitatorischen Charakter der Interpellation. Früher al» man gedacht, verliest der Präsident die Tagesordnung für morgen, auf der das Steuer Programm steht, Die Sitzung beginnt um 2 Uhr, um den Fraktionen vorher Gelegenheit zur Beratung zu geben. Ar KIM mes «in Ws-n KiMMnGMes. ßtz Tie Regierung hat soeben den Entwurf eines neuen Brandversicherungsgcsetzcs, noch bevor derselbe an den Landtag gelangt ist, der Öffentlichkeit übergeben. Ter' Entwurf zeigt das Bestreben, den Versicherungsneh mer der Anstalt gegenüber ebenso günstig zu stell n, wie er nach dem Reichsgesetze gegenüber den Privaten Feuer- versicherungsUnteniehmungen steht. Bei der Gebäudever- jicherung mit ihrem auf Zwang beruhenden, mehr dem öffentlichen Rechte sich zuncigenden Charakter kann dies verhältnismäßig wenig zuin Ausdruck kommen. A.ber auch hier Lemüht sich der Entwurf, die zuweilen ziemlich bureaukratischen Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes möglichst zu mildern und ferner der Verwaltung der An stalt mehr Bewegungsfreiheit zu lassen als bisher. Auch das Verfahren ist in vieler Beziehung, besonders für die minder wichtigen Schädenfälle, erheblich vereinfacht wor den. Eng angcschlossen au das Neichsgesetz haben sich besonders die Vorschriften über die Maschiuenvcrsichcrung. Tie Wünsche der Versicherten betrafen insbesondere die Heranziehung von Versicherten zur Teilnahme an der Verwaltung der Anstalt, die stärkere Berücksichtigung der Jeuersicherheit des städtischen Wohnhauses bei der Bei tragsbemessung und die Ausgestaltung der freiwilligen Abteilung. Tcm zuerst erwähnten Wunsche trägt der Ent wurf insofern Rechnung, als an Stelle des setzt lür beide Abteilungen gemeinsam bestehenden, durch Zuziehung von 5 Mitgliedern der Ständekammern gebildeten Plenums der Brandversicherungskammer für jede Abteilung ein be sonderer Beirat cingeführt werden soll. Bei der Abteilung für Gebäudeversicherung sollen diesem Beirate nach wie vor 5 Mitglieder der Stäudekammern angehören. Zu die sen sollen aber noch 3 Versicherte, und zwar je einer aus der Landwirtschaft, der Industrie und dem städtischen HauSbesitze zugezogen werden. Ter Beirat für die Ab teilung für Maschincnversicherung soll sich ausschließlich aus S Versicherungsnehmern zusammensetzen, die von der Handelskammer zu wählen sind. Die Gemeinden werden in 4 Ortsgefahrenklassen eingekeilt. Hinsichtlich der Ab teilung für Maschincnversicherung sieht der Entwurf, ab gesehen von der obenerwähnten Einführung eines besonde ren Beirates, von wesentlichen Aenderungen in ihrer Ein richtung ab. Sowohl die Einführung eines Monopols für d'e Maschinenversicherung wie die Ausdehnung der Vcr- sicherungsmöglichkeit auf Rohstoffe, Warenvorräte w., so wie auf bewegliche Gegenstände überhaupt, werden abge- lehut. Mr die Einführung eines Monopols erkennt die Begründung kein Bedürfnis an. Sie stützt sich dabei auf die Aeußerungen der von der Negierung befragten in- lnjtriellen Kreise, die sich im allgemeinen auf einen ab lehnenden Standpunkt gestellt und wesentliche Klagen über die Geschäftsführung der privaten Feuerversicherungs- uniernehmungen nicht erhoben haben. Ebensowenig liegt nach der Ansicht der Regierung ein Bedürfnis zur Aus dehnung der Versicherung auf andere Gegenstände als Maschinen vor, da auch in dieser Hinsicht die privaten Unternehmungen hinreichend Gelegenheit zur Versicherung birken. Da andererseits die Beibehaltung der Abteilung für Maschtnenversicherung gewünscht tvvrden ist, so soll sie im wesentlichen in ihrer gegenwärtigen Einrichtung! begehen bleiben. Um jedoch ihren Umfang möglichst zu vergrößern, soll künftig ihre Verwaltung in geeigneter Meise, insbesondere durch Vermittelung von Agenten sich mehr als bisher am Wettbewerbe beteiligen und die Kenntnis von der Einrichtung der Abteilung mehr ver breiten, denn jetzt wissen zuweilen selbst Industrielle nicht» von ihrem Bestehen. — Ter Entwurf wird nunmehr im Rovcmber d. I. deir neuzuwählendcu Landtag beschäftigen. Tagesgeschichte. DoutstlwS Reich. Ter Kaiser trat gestern, wie schon kurz gemeldet, seine Reise zur Begegnung mit dem Zaren au. In Danzig iit dis gesamte Kaiserflottille im Hafen und ans der Reede versammelt: die „Hohenzollern", „Sleipncr", der Panzer kreuzer „Gueisenaü", der kleine Kreuzer „Hamburg" und zwei Hochsectvrpedoboole, die als Tepeschenboote dienen sollen. Tie Abfahrt erfolgt am Mittwoch abend gleich nach der Einschiffung des Kaisers aus der „Hohenzollern". Ter Kaiser bringt dem ueugegrüuoeteu Han sa li und das grösste Interesse entgegen. Tas Urteil des Kaisers über den neuen Bund ist kurz dahin zusammen- zusasien, das; er den Zusammenschluß die vollste Berech tigung zuerkenut; denn, so soll sich der Kaiser geäußert haben, jedem stehe das Recht und unter Umständen auch die Pflicht zu, sich gegen ein vermeintliches Unrecht in entsprechender Weise zu wehren und sich mit Gleichge sinnten zusammcnzuschließen. Ter Kampf gegen dieses vermeintliche Unrecht müsse aber stets mit einwandfreien Mitteln geführt werden. Auch er vertrage ein offenes Wort und verwerfe keinerlei Kritik, sofern sie sachlich bleibe und allgemeine Interessen, nicht aber Donderinteresseu verkolge. Ter Kaiser erhofft von dem neuen Hansabund, daß er nicht nur in der Irage der Reichssinanzrcfsrnt Gutes zu wirken bestrebt sei, sondern daß er auch weiter hin zur Klärung so mancher Fragen, namentlich von wirt schaftlicher Bedeutung, beitragen werde. Tie Strafkammer des Landgerichts Berlin I hur oe- ichkossen, gegen Geheimrat Ham manu das Strafver fahren wegen Meineids zu eröffne«. Geheimrat Hammann teilt dies selbst der „Nordd. Allg. Ztg " mit und bemerkt, er beantrage schleunige Beanraumnug der Hauptverhaud- tung, die. ihn ans einer seine amtliche und bürgerliche Ehre bedrohende Lage befreie. Gegenüber dem Widerspruch, auf den namentlich die von der Regierung geplante Schcckbesteuerung in liberalen Kreisen stößt, weist man auf feiten der Regie rung darauf hin, daß es sich allerdings um eine Verkehrs steuer handle, die aber weil erträglicher wirke, als es die Vorschläge der Rumpfkommissiou tun würden. Ter Scheck stempel sei so gering bemessen, daß er die Entwicklung unseres Scheckverkehrs nicht cinschräuken könne, wie man immer behaupte. TaS lehre das Beispiel Oesterreich- Ungarns. Ein Vergleich mit England sei zwar nicht mög lich, weil dort der Scheckverkehr alt eingebürgert sei, bei uns jedoch erst in der Entwicklung begriffen ist. Aber inan befinde sich eben in einer Notlage, da die Erbanfall- stc.ur als reine Vermögenssteuer leider nicht die ursprüng lich erwarteten 92 Millionen bringen könne. Also habe man zu dem Anshilfsiuittel einer wenigstens einigermaßen ststiematischcu. Heranziehung des Besitzes durch Verkehrs- H 18«. NWaMWMMW»»!!!«« I III MI UNI III II II! 11 » IIII IIIII SibmiM ur km IMn IWip. Eigen-vericht. , Lok. verlln, 15. Juni 1SVS. Im Reichstage herrscht heute vom Beginn der Sitzung an recht reges Treiben. Da» Hau» ist sehr gut besetzt. Richt die Interpellation der Freisinnigen und National liberalen haben schon am ersten Tage nach der vierwvchent- lichen Pause auch den letzten FraktionSkollegen an die Ar beit gerufen, di« Fknanzresorm und die in Kürze zu er wartenden Entscheidungen stehen im Mittelpunkt der lauten, ungezwungenen Unterhaltung da unten. Während der Freisinnige Pachntcke in wirksamer, durch die Elegant- Helt der Form auffallender Rede di, Interpellation über die Mecklenburgische Verfassung begrün- det, eine anschauliche Skizze von den traurigen, verfassungs rechtlichen Zuständen in Mecklenburg entwirft und zum Schluß unter dem lebhaften veifall der Liberalen wünscht, der deutsche ReichStagSprästdent, der an den Präsidenten de» jungtürkischen Parlament» ein Glückwunschtelegramm gerichtet habe, möge bald Veranlassung haben, auch nach Mecklenburg ein ähnliche» zu richten, wird im Saal« leb haft über den morgen zu erwartenden großen Tag debattiert, der eine Kanzlerrede bringen wird. Viel beachtet wird, wie der jugendliche ZentrumSherzog Arenberg seinen Fraktionskollegen und vielen konservativen Herren vorge stellt wird, sich ehrfurchtsvoll über seinen Riesenstehkrogen nach allen Seiten hinneigend. Staatssekretär v. veth- mann-Holweg, der sichtlich abgespannt aussieht, al« sei er überarbeitet, antwortet auf die Interpellation im besten Diplomatrndeutsch. Eine grundlegende Aenderung der Verfassung lieg« nicht in der Absicht der verbündeten Regierungen. DaS hindere sie aber nicht, an der Erwar- lung festzuhalten,- die sie 1875 ausgesprochen haben, daß eS der großherzoglichen Regierung gelingen möge, die lang- umstrittene Frage in naher Zeit zum Abschluß zu bringen. DaS Hau» amüsiert sich kräftig über das 34 jährige mit ruhiger Geduld ertragene Hoffen der Reichsregierung. Mit der Aufregung einer Jungfernredners verliest der Mecklen- lenburgische Bundesbevollmächtigte v. Brandenstein eine Erklärung seiner Regierung, da» in Angriff genommene Reformwerk fortzusetzen. Und dann wird die Besprechung der Interpellation beschlossen. Der konservative Führer v. Normann verliest ein« Parteierklärung. Der Reichs tag sei unzuständig zur Beratung über einzelstaatliche Ver fassungsfragen. Der freikonseroative v. Oertzen, mit Gelächter von der Linken begrüßt, verliest eine ähnliche Erklärung. Als er das Blatt Papier bereits zur Seite gelegt hat, ereignet sich ein stürmisches Intermezzo. Präsident Paasche bittet die nachfolgenden Redner, Reden nicht mehr zu verlesen, da dieses nur Rednern gestattet sei, di« der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Wie ein Mann fliegt die Rechte von ihren Sitzen auf. Aus dem Tumult hört man nur Worte, wie: boshafte Beleidigung! heraus. Fürst Hatzfeldt .stürmt zum Präsidenten. Der Präsident findet sein Verhalten korrekt, die Rechte lärmt unaufhörlich, so daß der größte Teil der Rede de» mecklen- burgischen nationalliberalen Abgeordneten Linck in der erregten Unterhaltung untergeht. Während Herr Linck die Hilfe des Reichs in der Verfassungsfrage erbittet und der Mecklenburgische Bevollmächtigte seine Regierung zu ver teidigen sucht, wird eifrig mit Herrn Paasche verhandelt, der schließlich bedauert, wenn Herr v. Oertzen — ein übrigens im Saale allgemein beliebier Herr — sich be leidigt gefühlt habe. Mit dieser Erklärung schienen sich die Rechte und Herr v. Oertzen, der die Absicht gehabt haben soll, Herrn Paasche zu forden, zufrieden zu geben. Nach dem Sozialdemokraten Frohme polemisieren Das vergilbte Blatt. Roman iwu G. Lange 7 »Habe Dank für diese Worte, Marguerite." rief der Graf stürmisch und preßke einen heißen Kuß auf die Skirne seiner Braut. «Nun sind alle Zweifel von mir geschwunden. Ich fühle mich wie neu belebt, nach dem ich weiß, daß Du mich ohne Groll gehen läßt. Du wirst mein Schutzengel sein und hoffe ich, recht bald zurückzukehren und Dir den Sieg der königlichen Partei verkünden zu könnnn." Nun drängten sich auch die anwesenden Männer herbei, voran Joseph Chenier und Viroflary und er griffen die Hände des Grasen, indem sie ihm versicher ten, sich ihm morgen früh anschließen zu wollen und mit zum Heer der Vendeer aufzubrechen. Niemand wollte zurückstehen, nach dem glänzenden Beimiel des Grafen aon Pressy, der von der Seite seiner Geliebten hinweg sich in das Kampfesgekümmel begeben wollte und sein Ohr selbst den Bitten der von ihm über alles geliebten Braut verschloß. Graf von Pressy erklärte sich gerne mit der Absicht seiner Freunde und der anderen Edelleuke einverstanden, denn je mehr sich besonders aus den gebildeten Kreisen anschlossen, um so mehr war auf Erfolg zu rechnen. Die Begeisterung flammte hell auf. Man sah schon -en Glanz -es KSnigslums aufs Nene erstrahlen, gc- lliulert durch die Prüfung der letzten zwei Jahre, be freit von allen Schlacken, die sich allerdings in den letz ten Dezennien angesammelt hakten. Als Viroflary sich gar an da» Pianoforte setzte und die Königshymne an stimmte, da vergaß man, zu welchem Zwecke man sich eigentlich heute im Schlosse des Grafen von presjy ein gefunden hatte, Au« der stillen Verlodungsjeier war eine Abschledifeier geworden. Die Männer beratschlagken untereinander, welchen Weg sie am besten einschlagen würden. Der Graf sandte in der Tlachk auch noch einen Boten zu den Aufstän dischen ab, der seine und seiner Begleiter Ankunft im Laufe des nächsten Tages melden und genaueren Be richt über die Stärke und Stellung zurückbringen sollte. Für den Grafen von Pressy gab es in dieser Pacht wenig Schlaf, selbst nachdem die Gäste das Schloß ver lassen halten. Er hakte zunächst mit seinem Vertrauten, den Gärtner Denis, in Gegenwart von seiner Braut und deren Mutter eine lange, eingehende Unterredung, denn während der Abwesenheit des Grafen sollte Denis seine ganze Aufmerksamkeit dem Schuh der beiden Frauen widmen und in Gemeinschaft mit dem Verwalter über die Sicherheit des Schlosses wachen. Marguerite von Callet wagte es nicht mehr, den Grafen von seiner Absicht abzubringen. Sie nahm ihre ganze Kraft zusammen, um standhaft zu bleiben, stammte doch auch sie aus einem alten, königstreuen Geschlecht, deren Vorfahren ihr Blut auf manchem Schlacht felde verspritzt hatten. Sie war die letzte Trägerin dieses Pamens, ohne Geschwister und mit ihrer Mutter ohne weitere Verwandte. 2. Kapitel. Am nächsten Morgen, der Tag hakte kaum zu grauen begonnen, da hieck der Graf von Pressyf um geben von seinen beiden Freunden Joseph T;enier und Viroflary vom Schloßbalkon aus Ausschau nach dem in der Pacht abgesandken Boten, dessen Rückkehr sie erll abwarken wollten. Er konnte unmöglich noch lange aus sich warten lassen. Die ge atkelten Pferde schnaubten un geduldig unken im Hofe und wieherten laut in die frische Morgenluft hinaus. Aach 3 men mochte die Zeit des Wartens etwas zu lange dauern, standen sie doch schon eme geraume Zeit da und harrten der Reiter. linker den Bäumen der großen nach dein^chlosse führenden Allee kam jehk ein einzelner Reiker daher gs» sprengt und parierte sein Pferd vor der Freitreppe; e» war der zurückerwartete Bote. Die drei Männer ging« ihm entgegen und jetzt trat auch Marguerite von Callek mit ihrer Mutter aus einer Türe des Seitenflügels «f die Freitreppe. Die Stunde des Abschieds hatte ge schlagen. Der Bote sprang vom Pferde. Was er berichtete, deckte sich in der Hauptsache mit dem, was der Gärtner Denis schon gesagt hatte. Die Vendeer hielten sich noch immer in einem Wäldchen versteckt und warteten auf den Grafen, denn sie zweifelten nicht daran, daß er kommen würde. Diese Auskunft befriedigte den Grafen von Pressy, insbesondere die Hoffnung, welche die Vendeer auf sein Kommen setzten. Keine Macht der Erde hätte ihn jetzt mehr zurückhalken können. Poch eine leidenschaftliche Um armung, und glühende küsse bildeten den Abschied der Verlobten, bis sich der Graf losriß und mit seinen Freunden zu den Pferden eilte. Er hoffte ja auch, -atz die Trennung nicht von langer Dauer ein würde und was man hofft, glaubt man so gerne, d eses Sprichwort lraf auch hier zu. Der Graf von pressy ritt mit seinen Freunden die Allee entlang, mit den anderen-Edelleulen, die sich an schließen wollten, wir ein Rendezvous in der Pähe de» Schlosses verabredet worden. Marguerite von Callet und ihre Mutter winkten den Reitern so lange Abschieds grüße zu, als sie in Sicht waren und mehr wie ein Mal wandte der Graf auch seinen Blick nach seinem Schlöffe zurück, wo er in die em Augenblick sein Liebstes auf Erden zurückzelassen hatte. Hätte die Marquise ahnen können, unter welch schrecklichen Umständen es ihr ver gönnt sein sollte, ihren Verlobten und seine beiden Freunde, die jetzt so jung und hoffnungsvoll dahinritteu nyr noch ein Mal auf dieser Welt wieder zu sehen.