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Mittel -« irgend jemandes! Schaden gebrauchen, am wenigsten zu Feodvrs Schaden. O, Du weißt nicht, wie viel eine Frau verzeihen kann. Du tust etwas Ungewöhn liche-, nur das erschreckt Dich; aber müssen wir unter ungewöhnlichen Umständen nicht alle ungewöhnlich —i handeln?" Dü- sagte sie noch leise, ganz leise, indessen ihre Augen plötzlich starr werden. Ueber ihr Gesicht jagen Röte und Blässe, ein Zittern geht durch ihren Leib, und ein Aufschluchzen erschüttert ihn. Stanislaus versteht nicht sogleich, was denn die Ursache dieses Wechsels in ihrer Stimmung ist. Schier entsetzt will er der jetzt ganz Fassungslosen, die sich langsam erhebt, nahen, da geht sie mit automatischen Bewegungen zu einem Schrank, der im Winkel steht. Dort langt ihre zitternde Hand nach einem zierlichen Gegenstand, der auf der staubigen Platte liegt. Es ist ein seines, spitzenbesetztes Kinderhemdchen. „Wo ist sein Kind?" fragte sie leise, und preßt das Hemdchen an das wildschlagende H«H und greift mit der freien Hand nach einer Stütze, denn ein Schwindel will sie niederwerfen. . Stanislaus ist schon an ihrer Seite. Zu gleicher Zett hallt ein Schrei durch die Stube und zersplittern die Gläser, welche Gitl soeben herein gebracht hat, auf dem Boden. Jetzt weiß die Schenkin, wer die Frau ist, deren Besuch ihr so ungelegen ge kommen und jetzt peinvoll ist. „Führen Sie meine Cousine zu Milo," befiehlt der Maler, und über die Verwüstung auf den Dielen hinschreitend, verläßt Daniela das Gemach durch die Tür, aus welche die schreckensstumme Gitl gewiesen hat. Die Gitl ist danach auch gegangen. Ganz bleich und still ist sie wieder in die Küche geschlichen und denkt dort darüber grimmig nach, wieviel ihr in dieser Stunde entgeht Nicht um den Buben ist ihr's zu tun, wie wohl sie Milo, der ja „sein" Sohn ist, aus diesem einen und einzigen Grunde bis zu einem gewissen Grad geliebt hat. Auch um den Entgang des Kostgeldes und der mancherlei Geschenke, welche Masiewitsch ihr gemacht hat, trauert sie nicht besonders, ihre Galan terie schufst ihr ja leicht wieder Geld und Geschenke; nein, was sie bis zu Tränen der Wut bringt, ist einzig das Missen, daß Masiewitsch nie mehr hierherkommen wird, daß er, nach welchem sie sich mit wilder Leiden- schost sehnt, ihr für immer verloren ist, noch ehe sie ihn besessen hat. Natürlich wird seine Frau, die nun um Milos Dasein weiß, das Kind ihr nicht lassen. Liebe oder Haß wird sie veranlassen, sich -es Knaben zu versichern, denn es ist so oder so gut, eine solche Masse in der Hand zu haben, wenn man die Frau eines so schönen, untreuen Mannes ist. Während Gitl um den wie toll geliebten Verlorenen trauert, lehnt Stanislaus ganz verzagt in der Nähe der Tür, hinter welcher Daniela verschwunden ist. Er hat große Angst um sie. .Allzurasch hat sich das Schreck liche, von ihr denn doch nicht Erwartete, ihr groffenbart. Und was wird nun geschehen? Wird das Kind die Gatten trennen oder wird es sie enger vereinigen, als sie jemals vereint gewesen waren? Letzterer Ge danke taucht jetzt erst in Lanski auf. Er hört ein wildes Weinen aus der Stube dringen, in welcher Daniela an Milos Kettchen kniet. Tas Herz tut ihm weh, seine Augen füllen sich mit Dränen, er preßt die Hände ineinander. Wenn ec ihr doch.beistehen könnte in dieser jammervollen Stunde! Aber — er kann nichts tun, als sie allein lassen mit ihrem Leid. — (Fortsetzung folgt.) Sprüche a« Feldkreuze«. sk. In den katholischen Gegenden Deutschlands findet man häufig an Rainen und Feldwegen sogenannte Feld- oder Wetterkreuze errichtet. An den Kreuzen find vielfach Inschriften angebracht, die den Vorübergehenden zu einer kurzen Andacht veranlaffen sollen. Ts sind zum Teil schöne Proben inniger Lolkspoeste darunter. Einige von diesen Sprüchen feien nachfolgend mitgeteilt. Jesu», strecke deine Arme Segnend über diese Flur, Deiner Kinder dich erbarme Und erquicke die Natur. Hatte ab die bösen Wetter, Schütze uns, sei unser Retter! Herr, entferne jeden Schatten Und laß reisen uns're Saaten! (Essenbach, B.-A, Dachau). Mich soll es freuen jedesmal, Tritt mir auf meinen Wegen, Auf vergeShöh, im Feld und Tal De» Kreuzes Bild entgegen. Bon ihm geht aus der Hoffnungsstrahl, Daß wir das Ziel erreichen, Drum sei gegrüßt auf Berg und Tal, " Holdsel'ges Siegeszeichen! (Adelshofen, »ruck.) Wa« will das Kreuz, das am Wege steht? Dem Wanderer, der vorübergeht, Das große Wort der Wahrheit sagen: Du sollst dem Herrn das Kreuz nachtragen. (Untermenzing, B.-A. München I.) Was will das Kreuz, das hier am Dege steht? Es will dem Wanderer, der vorübergeht, Das große Wort des Trostes sagen: Der Herr hat deine Schuld getragen. (Neufarn, B.-A. LberSberg.) Denk «ab Stunsprüche. Verscherzte JUgend ist ein Schcherh Und einer ew'gen Sehnsucht Hort; Nach seinem Lenze sucht das Herz In einem fort, in einem fort. Und ab die Locke dir ergraut Und bald das Herz wird stillestehnt , Noch muß es, wenn die Welle bläut/ Nach seinem Lenze wandern gehn. K. F. Metzer« Mer Mensch ist auf Hoffnung gebaut, und er hat eigens lich keinen anderen Besitz als die Hoffnung. Unsere Woh nung hier heißt die Stätte der Hoffnung. Carlyle. Rätselest. , G » * 0 » Go * 2 K , , G , , k »»»««»» 0 * » « * * o ül * * , * * s KrenzrStsel. Die Punkte und die Sternchen der Figur sind so durch je einen Buchstaben zu ersetzen, daß die senkrechte Mittelreihe gleich der wage rechten lautet, und daß die wagerechten Reihen bezeichnen: I. Ein Reich in Afrika, 2. einen berühm ten Maler des vorigen Jahrhunderts; 8. eine Stadt in Mecklenburg, 4. einen von zwölf Brüdern, 5. eine grdße deutsche Handelsstadt, K. eine Stadt in Frankreich an der Loire, 7. einen Seemann. Auflösung aus voriger Nummer. Wozu so lang bei einem Groll verweilen? LaS Leben gibt so wenig Glück und Ruh. Wozu noch Wunoen schlagen, statt zu heilen? Wozu noch Dornen sa'n, — wozu? wozu? Druck und Berlag von Langer L Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Edwin PlaSnick, Riesa. Erzähler an der Elbe. Bellet». Gratisbeilage zu« „Riesaer Tageblatt". Rr. 42. Ries«, den 17. Oktober 1S08. »1. Jnhr, Die größere Schuld. Novelle von Auguste Groner. — Fortsetzung. Daniela ist froh, daß endlich ihr Mann heimkommt Und daß mit ihm zugleich mehrere der Gäste eintreffen. Man plaudert« von allerlei Naheliegendem. Ein Konzert, da- eine sehr galante, ehemalige Bühnensängerin zu geben gedenkt" und welche- demnächst zur Ausführung kommen soll, bietet ebenfalls einen willkommenen Ge sprächsstoff, daran auch Daniela sich lebhaft beteiligt, kenn sie interessiert sich Ungemein für Musik. Mitten in dieses Thema hinein fällt de- Obersten Erscheinen. Masiewitsch Und Stanislau- Wechseln unwillkürlich einen Blick. Bald ist auch Saratoff m das Gespräch Verwickelt, -em der doch ganz unmusikalische MHiewitsch schon ganz vvm Beginne auffallend interessiert lauscht. Auch Stanislaus zeigte sich sehr von diesem Thema eingenommen. Aber er behält dabei Masiewitsch im Auge und ein sarkastisches Lächeln umspielt seinen Mund. Da kommt noch ein Gast, ein blutjunger Leutnant, der gern den Schwerenöter spielt und als Schwätzer und Wichtigtuer bekannt ist Er tut denn auch jetzt wichtig und spielt nebenbei ft ein bißchen den schon gewiegten Lebemann. «Er kommt von der Pisani — das ist die Sängerin, von welcher man soeben gesprochen hat — und er hat einen Auftrag von ihr, einen Auftrag an Hauptmann Masiewitsch. Er überbringt ihm ein Dutzend teuerer Sitze Und berichtet, daß die Pisani mit Sicherheit an nehme, er würde sie nicht wieder zurückschicken. Der kleine Leutnant ist dafür bekannt, daß er des öfteren Mangel an Geschmack verrät; jetzt eben beweist ier, daß er auch keinen Dakt besitzt, denn jeder in der Ge sellschaft, der den Auftrag der Pisani vernommen hat, muß sich jetzt fragen, wie sie denn dazu komme, sich just VN Masiewitsch zu wenden? Man wirft sich Micke zu, man unterdrückt das Lächeln. Massiewitsch sieht recht gut, daß die Aufmerksam keit der Gesellschaft erregt Ist und empfindet den ernsten, fragenden Mick Danielas schrecklich peinlich Mit unterdrücktem Zorn nimmt er das recht an sehnliche Kartenpäckchen an sich und murmelt ein paar undeutlich« Morte. Dabei schaut er in die ihn einen Moment lang scharf fixierenden Augen Saratoffs und fühlt, wie das Mut ihm zu Kopfe steigt. Am liebsten möchte er den jungen Fant, der ihn in diese Situation gebracht hat, niederschlagen. Aber cr kann nichts tun, als ruhig bleiben und Saratoff dankbar dafür sein, daß er durch ein allgemein interessantes Thema, das er lebhaft anschlägt, aller Aufmerksamkeit VUs sich konzentriert. Auch jetzt redet man Von Musik, aber nicht mehr von der Pisani. Masiewitsch mischt sich ebenfalls ins Gespräch. Er versteht ja nichts von Musik. Aber Phrasen tun's in solch einem Falle auch Er bringt also in etwas nervöser Weise Phrasen vor; er will damit seine Unbefangenheit beweisen, aber an diese glaubt niemand; er beweist da mit nur seine Unruhe und die Unkenntnis in der be sprochenen Sache. Dom Allgemeinen zu dem Besonderen gelangend, redet man jetzt von dem letzten Werk eines unlängst verstorbenen Komponisten, worüber fich Meinungs differenzen ergeben. Zumeist widersprechen sich im Bv- -Ug auf eine gewisse Stelle der Komposition die Mei' nungen der Dame des Hauses und de- Obersten. „Ich habe ja das Opus. Mr können sogleich sehe«/ wie di« Sache sich verhält," sagte Daniela geht zum Notenkasten, der neben dem Äavier steht. Saratoff folgt ihr dahin. Das Musikstück wird von ihUen beiden dürchgesehek und Daniela mutz einen Irrtum -«gestehen. „Entschuldigen Sie, gnädig Frau, daß ich rech, habe,"! sagt er laut und in scherzhaftem Done, und sie darauf ganz leise und glücklich ausfehend: „Ich bin stolz darauf. Ich möchte immer irre«, d»i mit Du recht haben möchtest" St« vergißt, daß zwei Dutzend Lugen sehen können/ daß sie jetzt gar ft glücklich ist Saratoffs Mick warnt sie Umsonst Sie zuckt nur ungeduldig die Schultern. ES ist, im Rachhange zu dem gestern abend» Er lebten, eine jener Stimmungen über sie gekommen, die sie zuweilen, seit sie liebt, erfaßten. Am liebsten hätte sie Saratoff an der Hand ge nommen, um mit ihm fortzagehen, Weih wett weg, dahin, wo keine Sitten über der Sittlichkeit stehen, wo keine leeren Formen existieren, und wo Irrtümer schlim mer Art beschvichtigt werden dürfen. War nicht gerade früher in ihr der Ekel wieder dufgestiegen vor den gesellschaftlichen Einrichtungen? Alle, die da herumsatzen, lächelten einfach darüber daß sie eine betrogene Frau war. Ach ja! Das war recht belustigend, wie gewöhnlich auch es sein mochte. Saratoff sah, wie sie die Hände ineinander schiebend Und wie ihre Lippen zitterten. Da flüsterte er ihr, die Msten ineinander schiebend' zu: „Sollen es denn alle wissen?" Da- brachte sie zu sich Eine Minute später plauderte sie ganz ruhig mit ihren Gästen weiter. j' Ruhig? O nein — sie war es nicht. Eine Frage bewies dies, die sie mitte» in das sich sch on längst nimmer um das Konzert drehende Gespräch schleuderte. „Was ist'S mit dieser Nina Pisani?" fragte sie. Sie hatte sich an den Leutnant gewendet Sie fragte sehr scharf, und Wohl wissend, was sie tat, war sie blaß dabei geworden. Ein frivoler Mick ihres Mannes, ein Blick, der sie und Saratoff gestreift, hatte ihr die ja sehr unpassende Frage über die Lippen gejagt. Sie nahm indessen nicht an, daß diese wenigen Worte folgenschwer seien, daß sie der Schneeflocke gleichen würden, die sich vom Gipfel des Berges löst, und die der; Anfang einer Lawine ist „Was ist's mit dieser Nina Pisani?" Es waren das seltsame Worte in dem Munde einer sonst ft fein fühligen Frau. Man staunte darüber. Es ist ja nicht üblich, daß eine Gattin so laut nach der Geliebten ihres Mannes fragt, und daß die Sängerin dergleichen sein mußte, das hatte die früher stattgehabte kleine Szene bewiesen. Wie unzart von der Frau des Hauptmanns, solch eine Frage zu stellen! Es wußte ja keiner, daß sie damit den beleidigenden Mick ihres Mannes zurückwies. Sie bestand übrigens auch nicht aus einer Antwort. Sie sprach, den verwirrte« Leutnant sich selber üben-