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1. Beilage z«m „Riesaer Tageblatt". RotaNon»drmI and Verlag von Langer L vtnterliL in Rlesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schm idt in Niela. ^ 298. Montag, 2S. Dezember 1807, abends. «0. Jahr-. 8ertellu«geu auf da» /vieler V «sgebls» 1. vlsrisllskr iso», soweit sie noch nicht erfolgt sind, müssen nunmehr möglichst bald beim Postamte, Briefträger oder ZeitungSboten bewirkt werden, wenn keine Unterbrechung in der Lieferung eintreten soll. Das Riesaer Tageblatt berichtet schnellstens über alle wissenswerten Vorkommnisse im In» und Auslande, insbesondere im Stadt- und Land-Bezirk Riesa und kostet pro Monat bei Abholung in der Geschäftsstelle nur SV Ug. Durch die Austräger frei ins Haus, sowie bei Abholung am Postschalter jeder Postanstalt Deutschland» 55 Pfg. Das Riesaer Tageblatt wird alltäglich in Tausenden von Familien in Stadt und Land gelesen; eS ist die bei weitem verbreitetste Zeitung im Bezirk. Ankündigungen aller Art haben infolgedessen im Riesaer Tageblatt den allseitig anerkannt wirksamsten Erfolg. km «eile GemcknimGMlt behandelt eine ganze Anzahl vvn Bestimmungen Wer die gewerblichen Verhältnisse. Zunächst ist eine ander- weite Fassung der Anordnung über die Ausstellung von Zeugnissen für gewerbliche Arbeiter und eine Ergänzung der Vorschriften über die Einführung von Lohnbüchern oder Arbeitszetteln vorgesehen. Sodann werden Ab änderungen betreffs der Verpflichtung zum Besuche vvn Fortbildungsschulen vorgeschlagen. Danach soll der orts statutarische Fortbildungsschulzwang für Arbeiterinnen unter 18 Jahren eingeführt werden. Tie Bestimmung, wonach der Bundesrat für Gewerbe, in denen durch übermäßige Tauer der täglichen Arbeits zeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, Vor schriften über Tauer, Beginn und Ende der Arbeitszeit erlassen kann, soll dahin erweitert werden, daß dem Bundesräte die Vollmacht gegeben wird, auch das Ver halten der Arbeiter im Betriebe zu regeln. Ferner füll die sich auf den 8 120e stützende Befugnis neben dem Bun desrate auch den Landeszentralbehörden und den Polizei behörden übertragen werden, da sich herausgestellt hat, daß Vorschriften über Tauer, Beginn und Ende der Ar beitszeit auch für bestimmte Gegenden und einzelne Orte erlassen werden müssen. Weitere Aenderungen beziehen sich! auf die möglichste Gleichgestaltung der Rechtsverhältnisse der Handlungs gehilfen einerseits und der Werkmeister, Techniker usw. andererseits. Nur bei der Konkurrenzklausel soll die Be schränkung hinsichtlich des Zeitraumes dann keine An wendung finden, wenn während der Tauer der Kvnkur- renzbeschränlung den Angestellten das zuletzt von ihnen bezogene Gehalt sortgezahlk wird. Auch soll die Anwen dung ter neuen Beschränkungen sich nur auf solche An gestellte erstrecken, die ein Gehalt von weniger als 8000 Mark für das Jahr beziehen. Diese Vorbehalte sind ge macht, weil es sich in der Industrie mehr um die Wah rung vvn Betriebsgeheimnissen handelt, als in kauf männischen Geschäften. Sodann sind einschneidende Aenderungen in den Vor schriften über die Arbeitsverhältnisse in den Fabriken vor- vvrgeschlagen. Zuflächst ist der bisher in die Fabriken vor geschlagen. Zunächst ist der bisher in dis Gewerbeordnung ausgenommen« Fabrikbegrisf völlig ausgeschaltet. Es ist vorgesehen, die Zahl von mindestens zehn Arbeitern als ausschlaggebend für die ausnahmslose Anwendung der 88 135 flg. anzusehen. Ferner soll zur Durchführung der Berner Konvention für Arbeiterinnen die elfstündige ununterbrochene Nachtruhe eingeführt und endlich die elfstündige Höchstarbeitszeit der Arbeiterinnen auf zehn Stunden herabgesetzt werden. Für die letztere Maßnahme ist eine Uebergangszeit bis zum 1. Januar 1910 vorge sehen. Außerdem ist bestimmt, daß unter besonderen Ver hältnissen vvn diesem Zeitpunkt ab einzelnen Betrieben eine Ausnahme vvn der Innehaltung der zehnstündigen Arbeitszeit gewährt werden kann. Dabei svll jedoch eine elfstündige tägliche Arbeitszeit und eine sechzigstündige wöchentliche Arbeitszeit nicht überschritten werden dürfen. Tie Einrichtung der Lvhnzahlungsbücher soll aufgehoben werden. Ter Regelung der Heimarbeit ist ein besonderer Ab schnitt gewidmet. Tabei handelt es sich zunächst darum!, den Uebelständen in solchen Gewerbszweigen abzuhelfen, die mit besonderen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit der Arbeiter verbunden sind. Es soll schritt weise vvrgegangen werden. Nachdem bereits der Gesetz entwurf über die Herstellung von Zigarren in dev Haus arbeit auf gestellt ist, soll durch die Gewerbeordnungs novelle eine Grundlage dafür geschaffen werden, um in ähnlichen Industrien eine Verbesserung der Verhältnisse herbeizuführen. Tabei sollen zur Bekämpfung der Ge fahren für Leben oder Gesundheit die Bestimmungen der 88 120 a, 120 c bis 120 e zum Borbilde dienen. Dieselben sollen jedoch dahin ergänzt werden, daß gewisse gesund heitsgefährliche Verrichtungen aus der Hausarbeit völlig ausgeschlossen werden können. Tie Bestimmungen über )ie Aufsicht sind denjenigen des Gesetzes über Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben nachgebildet. Weiter sind Aende rungen der § traf Vorschriften vorgesehen. Einzelvorschriften sind gegeben für Gehilfen und Lehr linge in Apotheken und Handelsgeschäften, für Gärt nereien, Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe, Musikauf führurgen, Bäckereien, Arbeiterinnen in Badeanstalten, Werkstätten mit Motorbetrieb usw., die sich als Konse- giurzen aus den sonstigen Neuerungen ergeben. —: Schließlich ist die Inkraftsetzung der Novelle für den 1. Januar 1909 vorgcschlagen. Aus aller Welt. Ilmenau: Drei Arbeiter der städtischen Gaswerke verunglückten beim Anbohren eines Anschlusses. Einer! war sofort tot, die beiden anderen sind schwer verletzt. — Zabrze: Ans der Königsgrube bei Knurow stürzte beim Montieren von Trägern ein 15 Meter hohes Gerüst zusanlmen. Vvn 5 Mann, die herabstürzten, ist einer tot und vier schwer verletzt. — Essen a. Ruhr: In Heißen ist aus der Zeche „Wicsch" der Häuer Hoffmann aus Ful erum 25 Meter tief abgestürzt und tot liegen geblieben^ — Frankfurt a. M.: Sonnabend früh wurde der Pro kurist einer hiesigen Weinhandlung, Ignaz Fecher, wegen Unterschlagung von 30000 Mark und Fälschung der Bücher verhaftet. — München: In der Nacht zum SvnntaA wurde aus dem um 10 Uhr 10 Mim von hier über Würz burg nach Berlin abgegangenen Schnellzuge ein Postbeutel mit einem Barbetrage vvn 13000 Mark gestohlen. Von den Tätern fehlt jede Spur. — Ludwigshafen: Sonn-! abend abend 10 Uhr brach im Lager de« Pure Oil Eon« Pany im hiesigen Hafen Feuer aus. Tas Faßlager, da-> cuntcr 0000 gefüllte Petrvleumfässer, steht in Flamm em, Tie Tänkanlage ist infolge günstiger Windrichtung gerettet. — Friemersheim: Sonnabend nacht um 3 Uhr fuhp auf dem hiesigen Bahnhofe ein einfahrender Güterzug eine Rcu gierabteilung in die Flanke, wobei ein Hilfs-i bremfer einen Knöchelbruch erlich —< Lübeck: Tie! Affäre des Hochverräters Schiwara zieht noch immer Wei-, tere Kroße. Jetzt ist der Rekrut Buschfow vom hiesigen! Regiment verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis: ülcrführt norden. Buschow hatte mit Schiwara vor seiner Militärzeit in Verbindung gestanden. —Eberswalde: Ter Besitzer des Gutes BucSow hatte für Sonnabend eine Treibjagd angesagt. Unter den Teilnehmern befand sich auch der Oberinspektor des Gutes, der 29 Jahre alte Her mann Boigtländer. Nach beendeter Jagd wurde V. von den Jägern vermißt. Man suchte nach ihm und fand ihn bald daraus erschossen aus. Tas todbringende Geschoß war mitten in die Brust «ingedrungen. Neben dem Daten lag dessen Jagdgewehr. Ter Vorfall ist um so tragischer, als sich V. zu Weihnachten verloben wollte. — Mailand: Gestern mittag betrat ein elegant gekleideter junger Mann den Juwelierladen Telfrats auf dem Corso Viktoria Ema- nuele im Zentrum der Stadt, als der Besitzer allein an wesend war und ließ sich Juwelen vorlegen. Als Tefrate den eisernen Juwelenschrank öffnete, überfiel ihn der! Fremde und suchte ihn durch mehrere Dolchstiche zu er- 8o!iäv lasvkvnuk^vn 8 8 lVloö. ,o WM gspl-on UN» evgullstt, ru «norksnn« vottettkaNvn pi-olssn. 8oIIS» - Unüdsil^ofsens Husvakl »on iS dis IVO Iritnsdsk': - ! 1 —! Z)er Hunkretter. Original-Roman von Vrbh. SchLtzler-Perastui. 24 Anna verließ die Stube und begab sich in den Hof raum, traurig um sich blickend. Eine tiefe Ruhe herrschte im Walde, kaum daß sich die gelben Blätter spielend be wegten und die Tannennadeln leise knisterten. Das Mädchen blickte nach der untergehenden Sonne und die Augen wurden ihr feucht. Auch ihr war die Sonne unkergegangen. Es war Abend geworden, kalt und frostig, der Winter kam. Wo weilte ihr Bruder zu jener Stunde? Wenn sie es wüßte, sie würde auf heimlichen Wegen zu ihm schleichen und ihn trösten. Er hungerte wohl und fror. Die vergangene Nacht hakte es in Randeck gebrannt und am Morgen geschah die Verfolgung. Vielleicht schlich sich Franz in der Dunkelheit aus dem Walde und nach dem Aorsthause. Sie wollte warten die ganze Nacht. Ein Geräusch drang an ihr Ohr. Es kam vom Waldwege her, der nach Randeck führte. War es Franz? Die Schritte kamen näher und jetzt bog eine Gestalt um die Laubecke. Annas Arme sanken matt herab. Es war nicht Franz, sondern der im Schlosse Randeck angestellte Aorsthüler Brandt, ein etwa dreißig Jahre zählender Bursche. Es hieß, Brandt hakte einen klugen Kopf, auch mehr Bildung, als er für seine Stellung nötig gehabt hätte, dock' mochten ihn die Leute trotzdem nicht. Sein Auftreten hatte zu Zeilen etwas Freches und fein Blick war hinterlistig. Er konnte es niemals über winden, daß er nicht höher gekommen war. Nach seiner Meinung hätte er ganz gut zum Förster dieser wenig ausgebreiteten Waldungen gepaßt. von dem Baron war er erst etwa ein halbes Jahr »n LlelluvL. genommen worden. Gegen die Schloßherr schaft war er äußerst devot und unterwürfig, auch gegen Rudhard hakte er sich anfangs klugerweise so benommen, doch erkannte ihn Franz bald. Und seitdem ihn Anna einmal energisch abgewiesen, als er zudringlich wurde und auch dem Bruder alles be richtet hatte, ging Brandt meist im Bogen um das Forst haus. Dieser Mann näherte sich nun und Anna wollte sich ins Haus zurückwenden, ohne Notiz von ihm zu nehmen, als er auch schon laut grüßte und die Hand auf die Gitterkür legte, welche sich vor dem Gärtchen befand. „Guten Abend, Fräulein Anna", rief er. „Darf man fragen, wie es Ihnen geht?" Das Mädchen blickte den Zudringlichen kalt an. „Ich danke, Herr Brandl", erwiderte sie. „Aber ich habe keine Zeit znm Plaudern. Gute Nacht!" Brandt lachte eigen und schob ohne viele Umstände die Tür auf. „Sie sind wohl jetzt ganz allein im Hause?" fragte er keck. Anna richtete sich hoch auf. „Wie kommen Sie zu jener Frage? Was interessiert Sie das? Schließen Sie die Gartentür und gehen Sie! hier haben Sie nichts zu schaffen, wenn man Sie nicht rüst, das misten Sie doch noch von meinem Bruder her". Brand kümmerte sich wenig um ihren abweisenden Blick. „Ach was", lachte er. „Ihr Bruder hak mir gar nichts mehr zu sagen, das ist mir auch der Rechte! Hahaha! Und Sie sollten Gott danken, wenn sich ein ehrlicher Mensch noch herbeilößk und Ihnen die Hand zur Rettung entgegenstreckt. Mit dem Lippenaufwersen und hochmütig tun ist es schlecht bestellt in Ihrer Lage". Das Müdchen m« nahe daran, vor Wut und Zorn zu weinen". W „Daß Sie mir solche Worte ungestraft sagen dürfen, ist für mich schlimm genug!" rief sie entrüstet. „Ich brauche Ihre Rettung nicht und habe Gott sei Dank Kopf und Hände auf dem rechten Fleck, um mir selbst helfen zu können. Das merken Sie sich. Adieu*. Allein er ging nicht. „Lassen Sie doch die Faxen", meinte er. „Das ist jetzt gar nicht angebracht. Leien Sie doch lieber ver nünftig". „Gehen Sie oder ich rufe nach Hilfe!" „Wen wollen Sie denn rufen?" höhnte er. „Der Herr Förster wird sich hüten, in die Nähe des Hauses zu kommen. Hier herein kommt er überhaupt nicht mehr. Oer Posten des Försters ist so gut wie frei. Ich habe längst daran gearbeitet, etwas Besseres zu werden, als was ich bis heute bin und meine Kenntnisse nach jeder Richtung erweitert. Das weiß auch der Herr Baron und in der gnädigen Baronesse von Linda habe ich eine gute Fürsprecherin, es hat sich bis jetzt nur noch keine Gelegen heit geboten. Diese ist nun gekommen und wer weiß, ob ich nicht in wenigen Tagen Förster bin". Brandt glaubte damit einen großen Trumpf ausge spielt zu haben, doch Anna erwiderte nur ruhig: „Weshalb sagen Sie das mir?" „Weil ich Sie dann aus dem Hause werfen kann, wenn es mir so beliebt", zischte er, wütend darüber, daß sie ihm nicht mehr entgegenkam. Anna wechselte die Farbe. «Sie sind ein unverschämter Menlch!" schlenderte sie ihm zu. „Was sagen Sie? Noch sind Sie hier nicht Herr und ich weise Sie zum letzten Male hinaus". Er starrte die vor Erregung Zitternde mit großen Blicken an. „Solche Dummheit!" preßte er hervor. „Bedenken Sie doch! Ich habe Sie gern, Sie haben mir immer gefallen und ich könnte Sie zur Försterin machen. Weshalb stellen Sie sich mir feindlich gegenüber?"