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2. Beilage znm „Riesaer Tageblatt". Rotationsdruck und Brrlaq von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt in Riesa. WS. Douuerstag, IS. Dezember 1907. abends. «0. Iahrg. t.—:—!- c—l — «lisgebessert werken, sondern muß entweder nach Bombay ist, liegen weitab von der Küste und auch von der Eisen- vder nach .Hamburg geschleppt werden. Keiner unserer bahn. Im übrigen Lande stehen immer noch Viehseuchen vstasrikanischen Häfen steht auch, nur annähernd aus der der Zucht iin Wege; an der Mste können Rinder und Höhe der Zeit. Pferde überhaupt nicht gehalten werden. Für grvßgetrerb- liche Anlagen bommen in Betracht Sägewerke, Gerbstoff» MoWiWer »S SM«. Die Dresdener Handelskammer veranstaltete am Dienstag im großen Saale dos BereinShausesl einen Vor tragsabend, auf dem Herr Geh. Regierungsrat Edm Steg lich über Volkswirtschaftliches aus Ostafrika sprach. Ten Vorsitz führte der Präsident der Handelskammer Herr Geh. Kommerzienrat Collenbusch, der die sehr stark be suchte Versammlung mit einer Ansprache begrüßte. Da rauf nahm Herr Geheimrat Steglich das Wort. Er hat, wie er in der Einleitung darlegte, im letzten Sommer im Anschluß an die Reise des Staatssekretärs Ternbnrg, teilweise jedjoch selbständig, eine Reise nach! Ost« asrika unternommen, und zwar, wie er besonders betonte, ohne dienstliche Instruktion. Dem Staatssekretär schloß er sich nur in Bintisch-Ostafrikä und in dem deutschen Ge biet am Viktoriasee an, über den größeren Deil seiner Reise aber bestimmte er selbständig. Sowohl die Aus reise, wie die Ribckreise trat er je drei Wochen vor dem! Staatssekretär an. Zuerst machte er eine Reise rund um! Afrika, die bis Kapstadt etwa 3i/r Wochen dauerte und dann wieder 3^> Wochen bis Sansibar und Daressalam. Während dieser sicbenwöchigen Schiffsreise hatte er unter wegs lange Fahrtunterbrechungen und vielfach Gelegen heit zur Vorbereitung auf das Studium von Teutsch-Ost- asrila, auf däs er nur 5i/» Wochen verwandte. In rund 3r/z Wochen sah er fünf englische Kolonien und 2 Wochen verweilte er in Pvrtugiesisch-Ostafrika. In Deutsch-Ostafrika, einer tropischen Kolonie, die niemals ein Ansiedlungsland Mr Deutsche werden kann, so führte der Redner nach dem „D-r. Anz" weiter ans, ist die schwierigste Ausgabe die Erziehung der Neger zur Arbeit. Er besprach dann kurz die Lage des Handels, der Plantagenanlagen! und der FVrstverwaltung in her Kolonie und gab der Meinung Ausdruck, daß Mr die letz tere, sowie für Aufforstungen an geeigneter Stelle größere Aufwendungen von Reichs wegen am Platze seien. Hand werker sind erst in kleiner Anzahl ins Land gezogen. Wenn auch eine starke Einwanderung von Handwerkern nicht zu empfehlen ist, s0 könnten doch noch einige ge schickte Leute dort ihr Fortkommen finden. Der Groß handel von Sansibar ist seit vielen Jährzehnten trotz der englischen Herrschaft vorwiegend in deutschen Händen. Daressalam und Tänga sind schön gepflegte Städte, die sich der besonderen Sorgfalt der deutschen Behörden erfreuen. Man lebt djort als Europäer Mr 25 bis 30 M. täglich in gutem Hause wie in Europa. Weniger gut ist es dort mit der Sorge für den Güterverkehr bestellt. Ein größerer havarierter Dampfer kann dort z. B. nicht Neben dem europäischen Handel läuft im Schutzgebiet ein nicht unbedeutender Handel von Indern und Arabern her. Gegen die Inder verlangen die Europäer vielfach Pvlizeimayregeln, auf der anderen Säite aber werden die Inder als dem Europäer unentbehrlich bezeichnet. Jede Erörterung der Frage ist solange müßig, als der euro päische Kleinhändler, der den alteingesessenen Inder er setzen konnte, in Afrika noch uicht existiert. Tie Frage gewinnt jedoch eine erhöhte Bedeutung, wenn es sich! be stätigt, daß der fast völlige Ausschluß der deutschen Baum- wvllgewebe-Jndustrie vom ostafrikanischen Markt durch die Inder herbeigeführt oder wenigstens gefördert worden ist. Die indischen Kleinhändler, sagt man, wollen mit deutschen Geweben nichts zu tun haben, sie geben den Vor zug däm indischen, dann dem englischen und holländischen Fabrikat. Der Redner hat selbst in Ostafrika bei verschie denen Händlern die Baumtvollwaren durchgesehen und nicht ein einziges deutsches Stück darunter gefunden. Nur auf englischem Gebiet sand er Handtücher, wie sie.in der sächsischen Oberlausitz gefertigt werden; der betreffende Inder leugnete aber, daß es deutsche Wäre sei. Die deutsche Baumwollindüstrie sollte alle Anstrengungen machen, den großen ostafrikanischen Markt wenigstens in den deutschen Schutzgebieten zu gewinnen. Eine differenzielle Zollbe günstigung der deutschen Waren ist allerdings nach den geltenden Verträgen vorerst nicht möglich. Der Redner wandte sich weiter! der landwirtschaftlichen Bodenausnutzung zu und bemerkte, daß von der Entwick lung der Kulturen wesentlich abhängt, 0b die Bilanz des Schutzgebietes in näherer oder fernerer Zeit aktiv wird. Iw jüngster Zeit hat sich diese Entwicklung überraschend günstig gestaltet. Nur der Tabakbau und der Usambara- kasfee haben nicht gut abgeschjnikten. Bessere Aussichten scheint die neue m0kkaähnlich0 Kaffeeart zu eröffnen, die neuerdings am Viktoriasee gewonnen wird. Es schweben Erörterungen wegen der Nutzbarmachung der Kokosfaser, an deren Verarbeitung die Kokosflechterei und die Papier industrie beteiligt find. Dieser Rohstoff ist in neuerer Zeit knapp geworden. Lieferung von Zedernholzj aus Usambara soll bereits im nächsten Jähre zu erwarten sein. Tie Baumwvllprvduktion yimMt einen mächtigen Aufschwung. Günstiges ist auch zu berichten von den drei wichtigen Rohstoffen: Svsalhanf, Kautschuk , und Mängrovenextrakt (Gerbstoff). Tie Viehzucht kann in Deutschs-Ostafrika kaum vorwärts kommen. Die Gebiete, wo sie Halbwegs möglich extraktsabrilen und Fabriken zur Verwertung der anderen Rohstoffe, Reparaturwerkstätten für Maschinen usw. Es gibt in Ostafritä also immerhin schon ein ziemlich aus gedehntes Gebiet für gewerbliche Betätigungen. Zum Schluß präsentierte der Redner zum Weihnachts fest folgenden ostafrikanischen Wunschzettel1) Baut öffent liche Brunnen und Wasserleitungen. 2) Schafft Ladekais für große Dampfer. 3) Erweitert das ostafrikanische Eisen- bahnney. 4) Schafft billige Frachten nach und von Teutsch- Ostasrika. 5) Erweitert das Schwimmdock' in Daressalam und 6) Vermehrt das Forstpersonal. Der Vortrag sand lebhaften Beifall. Zur politischen Lage in Oesterreich. )k( Einer Zuschrift au die treffliche „Ostdeutsche Korre spondenz" ans Wien entnehmen wir die nachstehenden interessanten Ausführungen. In diesen Tagen tritt das Abgeordnetenhaus in die zweite Lesung der Ausgleichs vorlagen ein, allerdings nicht auf normalem Wege, sondern mit Hilfe eines Tringlichkeitsantrages, der pon den Füh rern der beiden großen deutschen Gruppen Tr. Lueger und Tr. Chiari eingebracht >v0rden ist, um der technischen Obstruktion der Sozialdemokraten und slawischradikalen Parteien zuvorzukommen. Me die Dinge heute liegen, ist besonders im deutschen Interesse die endliche Inangriff nahme sachlicher gesetzgeberischer Arbeit zu begrüßen, da durch die vbstruktionistischen Dringlichkcitsanträge nicht nur die rechtzeitige Erledigung des Ausgleichs verhindert, sondern auch der deutsche Block gelockert, wo nicht ge sprengt werden soll. Sowohl auf slawischer wie auch auf sozialdemokratischer Seite hat man sofort verstanden, daß die taktische Einigung der deutschen Parteien im Abgeord netenhaus« einerseits der Verteidigung der deutschen In teressen gegenüber dän Slawen gilt, anderseits aber als bürgerliche Koalition ihre Spitze gegen die Sozialdemo kratie richtet. Von slawischer und sozialdemokratischer! Seite wird infolgedessen unablässig daran gearbeitet, in die Reihen der deutschen Parteien Uneinigkeit zu tragen und zu diesem Zwecke werden Dringlichkeitsanträge ins Haus geworfen, die Gegenstände betreffen, von denen man weiß, daß die deutschen Parteien über sie geteilter Mei nung sind. kiesser SM, SsuMc. W im äv8 Herr» k»drikdH8itrvr8 Xeiälvr empLsdlt gieß rum VvrllLUi von Ltsatspupieren, kkauäirriskeu, Aktien uu6 80USÜFW ^VsrtpLpiersn, rur LiulstkMNK von «Mburso Ooupoos, OiviäenZonsedemau u. gelosten Ktuokeu, rur von ^Vertxspiereu (Ilebsrvsolnmg von Xuslosuugeu, Le- sorguug neuer 2ms- der. Oivi6ev6sut)Ogeo usv.), rur okkeuer uo6 gssoklosssuer Depots, rur VvrmivluvK von 8kffes-8oluÄukckeu unter eigenem Verschluss 6er Nieter rur von varlslieo, rur Lenutrung ihrer kirms als VomirilsIvHv uocl rur ÜIKliOUlitzrllllK von wechseln, rur LrMmuiK lautenäer Rechnungen mit unä olme -V«rkvdr, rur von koläorn 2ur Vor2liN8UNK ru höohstmogliolien SLtren Aer K mkretter. Original-Roman »on Vtvh. Schiktzler-Verasiui. 15 Man mußte hn ja ihier gleich finden, mitten in der Rächt, im Arbeitszimmer des Barons, seines Herrn. Mas sollte er sagen? Das von diesem Briefe? Wer ver stand sich denn darauf, wer hatte eine Ahnung von seinem Verhältnis mit der Baronesse? Er war verloren, wenn man ihn hier fand. Gefangener in diesem von beiden Seilen abgesperrten Raume. Er muhte hinaus. Simmen drangen an sein Ohr. Ohne zu wissen, was er tat, hakte er die Helene ent rissenen Briefe in die Brusttasche versenkt. Die brennende Gardine hakle bereits die Tapeten in Brand gesteckt. Schon knisterte es verdächtig. Da entstand an der Vorzimmerkür ein Geräusch. Von der Angst gqmckt fiümke Rudhard nach dem Fenster und riß es auf. Ein Windstoß drang in das Zimmer und Mr Sekunden schien dieses in rote Glut ge hüllt zu sein. Von dem Luftzug getroffen hatte sich das Feuer so fort verdoppelt. Aber da sprang auch schon die Vornmmertür auf. Es war Bertram, der ganz entsetzt herbelgestürzt kam. „Was geschah in dem Arbeitszimmer des Barons?" Er taumelte, auf der Schwelle stehend, mit einem Aufschrei zurück. Rauch, Qualm und Flammen erfüllten den Raum. Die Vorhänge am offenen Fenster flatterten, vom Rachkwind gekitscht, in die Stube, und als Bertram den Blick dorthin wandle, sah er mit Schrecken eine Gestalt über das Gesims sich schwingen. „Mord! Mord!" schrie er kreischend, da er nicht anderes annahm, als der Baron wäre überfallen worden. Dann stürzte er gegen die Tür des Schlafzimmers. Der Schlüssel steckte und war bald umaedrehk. Baron Randeck im Schlafrock, verwirrkem Haar, schreckensbleich, wankte Bertram entgegen. Der alte Diener fing seinen Herrn auf und schleppte ihn nach dem Vorzimmer. Unterdessen hakte das Feuer weiter um sich gegriffen, aber auch die übrige Diener schaft des Schlosses war alarmiert. Die Baronesse hatte mit dem Briefe in der Hand, wie von Furien gehetzt, das Vorzimmer verlassen und flog die Treppe empor. Wenn nur sie selbst sich rettete, mochte man den Rarren Rudhard festnehmen. Den wahren Grund seiner nächtlichen Anwesenheit in des Barons Arbeitszimmer glaubte ihm ja doch kein Mensch. Sie war fast geneigt, laut aufzulachen. Rudhard war wie die Maus in der Falle. Und er hakte doch nicht einmal erreicht, was er wollte. Gerade den wichtigen Brief hielt sie ja in der Hand. Das Papier rauschte, sie hielt es fest an sich und glitt in ihr Zimmer, sofort die Türe hinter sich ab sperrend. Die Lampe, von dem Schirm bedeckt, stand noch brennend dort. Rur einen einzigen Blick auf den kostbaren Brief, dann rasch ihn unter Verschluß. Sie beugte sich über das Papier unter der Lampe. Doch was war das? Ihre Finger drehten und wen deten das Blatt, so daß es bald zerriß. Ihre Augen wurden groß und starr. Sie hatte ein leeres Blakt erwischt, die bloße Um hüllung des echten Briefes. Der Kampf dieser Rächt war umsonst gewesen. Sie brach in ein wildes Lachen aus und warf sich auf den Diwan. Da ertönten kreischende Laute: „Feuer! Feuer!" Sie schnellte empor und rannte zum Fenster. Ein roter Schein zuckte über den pechschwarzen Park Schloß Randeck brannte. 5. Kapitel. Fahrendes Volk. Uber die Landstraße holperten zwei Wagen, welche in hiesiger Gegend immerhin einen ungewohnten Anblick boten. Die müden, abgemagerken Klepper trabten miß mutig davor einher, hinter den beiden Wagen wieherte ein nur leicht gefesseltes Füllen laut in den Herbstabend hinein. Es waren zwei grün angestrichene Komidiankenwagen, mit bunten Verzierungen versehen, vom Regen verwaschen und von der Sonne gebleicht. Auf der Seikenwand des ersten Wagens stand mit gelbroten Lettern zu lesen: „Jakob Wiegand, Zirkusbesiher. Es sind die Parias der Gesellschaft, die unterste Stufe der sogenannten Artisten, welche hier mit ihren Wagen über die Straße ziehn. Hinter dem zweiten Wagen, dessen Verdeck mit allerlei Gerümpel überhäuft ist, Latten, Dekorationen in den grellsten Farben, Zeltstangen und dergleichen, schreitet ein ein etwa stnfunddreißigjähriger Mann mit tief herunter gebeugtem Kopfe, in einem dunklen Regenmantel gehüllt, den großen Kalabreser in die Stirne gedrückt und nur selten aufblickend. Der Herbstwind fast den dünnen Mantel gar oft und läßt ihn gleich den schwarzen Flügeln einer Fledermaus emporflatkern, der Mann beachtet es nicht einmal. Es ist ein fahles Gesicht mit energischen Zügen und dunkelglühendeu Augen. Einst mußte dieses Antlitz geradezu schön gewesen sein, noch jetzt, trotzdem die hervororingenden, spitzen Backen knochen deutlich genug von Rot und Entbehrungen sprachen» mußte es interessant genannt werden