Volltext Seite (XML)
Beilage z«m „Riesaer Tageblatt". Rotationsdruck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt in Riesa. 184. Freitag, S. August 1807, abends. SO. Jahrg. Ar chmckt L«e in LnidirtW I» Zisre M schildert der soeben erschienene Jahresbericht deS Lan- deSknltnrrat- für das Königreick Lachsen folgender- maßen r . Im Berichtsjahr hat sich die Lage der sächsischen Landwirtschaft im allgemeinen zwar gegen die voran gegangenen Jahre etwas gebessert, eine durchgreifende Besserung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse ist aber noch nicht zu verzeichnen. Wenn schon die Feldbestellung int Herbste 1908 in folge der durch reichliche Niederschläge bedingten Nässe sehr großen Schwierigkeiten begegnet war und in ein zelnen LandeStetlen vor Eintritt des Winters überhaupt nicht beendet werden bannte, so war auch der Verlauf der Witterung im Berichtsjahr nicht allenthalben für die Ent wickelung der Feldfrüchte günstig. Tie Getreideernte war im Durchschnitt zwar besser wie im Vorjahre, immerhin aber doch nur eine Mittelernte. Tagegen brachten die Futterpflanzen reiche Erträge, die allerdings vielerorts dadurch beeinträchtigt wurden, daß das Grummet über haupt nicht oder doch nur in minderwertigem Zustande eingebracht werden konnte^ Tie Getreidepreise, die sich im Vergleich zum Jahre 1905 — außer bei Hafer, der eine Preissteigerung tmfwieS — nur wenig geändert haben, bestätigten die Richtigkeit der in landwirtschaftlichen Kreisen geltend gemachten Auffassung, daß die am 1. März 1906 einge tretene Erhöhung der Zölle auf landwirtschaftliche Er zeugnisse nicht ohne weiteres auch eine Preissteigerung für letztere in sich schließen werde. Nur insofern haben sich die Verhältnisse auf dem Getreidemarkte im Berichts jahre merklich gebessert, als die Getreidepreise eine ge wisse Festigkeit erlangten und der Getreideverkaus sich im allgemeinen schlank vollzog. Tas finanzielle Ergeb nis wurde jedoch dadurch beeinträchtigt, daß die Qua lität der Körnerfrüchte infolge des ungünstigen Ernte wetters eine Einbuße erlitten hatte. Befriedigend waren während des größten Teiles des Berichtsjahres die Sch lacht Vieh preise. Sie er fahren im Vergleich zum Vorjahre eine Steigerung — die indessen nur für Schweine als erheblich bezeichnet werden kann — trotzdem an Rindern und Schweinen ein wirklicher Mangel nicht herrschte. Zwar machten sich in den Rtnberbeständen die Folgen des Futternotjahres 1904 insofern noch bemerkbar, als die an ausgewachsenen Rindern entstandenen Lücken noch nicht überall ganz wie der hatten ausgefüllt werden können, und mit dem Be streben, die Bestände zu ergänzen und — wozu die gün stigen Futterverhältnisse und die gehobenen Preise noch besonders «»reizten — über den früheren Umfang hin aus zu vermehren, stand auch das verminderte Angebot von Lchlachtkälbern im Zusammenhang. Aber die Nach frage nach Lchlachtrindern war im allgemeinen keines wegs so stark, daß sie nicht hätte befriedigt werden können. Trotzdem von anderer Seite behauptet wurde, das Angebot von Schlachtvieh auf den großen Märkten sei unzulänglich, fand hier und da schlachtreifes Vieh keine Käufer oder, wo solches verkauft war, wurde die Abnahme ost weit über die vereinbarte Frist hinaus verzögert. Gegen Jahresschluß waren die Schlachtvieh preise bereits so weit zurückgegangen, daß sie bei den gestiegenen Produktionskosten nur eben noch auskömmlich waren. Tie hohen Preise für Nutz- und Zuchtvieh führten vielfach insofern zu einer Aenderung der Betriebs weise bet der Rindviehhaltung, als reine Abmelkwirt schaften dazu übergingen, den Bedarf an Milchkühen, die im Preise besonders stark gestiegen sind, ganz oder teil weise durch eigene Aufzucht zu decken, wie überhaupt der Aufzucht, auch von Schweinen, woch größere Aufmerk samkeit, als bisher, zugewendet wurde, was u. a. auch durch die Errichtung zahlreicher Jungviehweiden Aus druck gefunden hat. Es wird hiervon zugleich eine Ver billigung der Produktion und namentlich auch eine Besse rung des Gesundheitszustandes der Viehbestände erhofft. Zu schweren Klagen gaben nach wie vor die Arbei terverhältnisse Anlaß, die sich im Berichtsjahrs noch ungünstiger gestaltet haben, insoweit dies überhaupt noch möglich war. Während vorher durch Heranziehung ausländischer Saisonarbeiter die ovrhandenen und sich durch Abwanderung der einheimischen Arbeitskräfte fort gesetzt vergrößernden Lücken noch notdürftig ausgefüllt werden konnten, ist dies im Berichtsjahre vielen Land wirten nicht mehr gelungen, die infolgedessen hinsichtlich der Ausführung der notwendigen Arbeiten vielfach in arge Verlegenheit geraten sind. Verschärft wird dieser Notstand durch die Minderwertigkeit der wach zur Ver fügung stehenden Arbeiter. Tie Leistungen sind trotz der hohen Löhne, die auch von den ausländischen Arbeitern gefordert werden, wenig zufriedenstellend. Tabei nahmen Kvntraktbrüche auch ausländischer Saisonarbeiter, erleich tert durch die Möglichkeit her Benutzung einer Mehrzahl in deren Besitz befindlicher Passe, mehr und mehr über hand, Tie Arbeitgeber stehen dem machtlos gegenüber, da in vielen Fällen die Möglichkeit des Zurückholens der kontraktbrüchig gewordenen Leute ausgeschlossen ist, weil! diese über Nacht ausrücken und dann so leicht nicht mehr ausfindig zu machen sind. In anderen Fällen muß aber darauf verzichtet werden, die Kontraktbrüchigen, auch wenn ihr Aufenthaltsort bekannt ist, zurückholen zu lassen, da ein solches Vorgehen nur Verdruß und Aerger zur Folge hat urch die Leute doch bei der ersten Gelegen heit ihre Arbeitsstätte wieder verlassen. ES ist deshalb dringend angezeigt, die Frage, wie der überhandneh menden Neigung der ausländischen Arbeiter zum Kvn- traktbruch mit Erfolg entgegengewirrt werden kann, einer befriedigenden Lösung entgegenzufühiren. In landwirt schaftlichen Kreisen kommt mehr und mehr die Ueberzeug- ung zum Ausdruck, daß durch Selbsthilfe allein dem Notstände in bezug auf die Arbeiterverhältnisse mit durch-, greifendem Erfolge nicht gesteuert werden kann, daß viel mehr zu diesem Zwecke andere Maßnahmen, deren An ordnung dem Staate Vorbehalten M ergriffen werden müssen, wenn nicht die Bemühungen, die Leistungsfähig keit der Landwirtschaft im Interesse der ausreichenden Versorgung der heimischen Bevölkerung weiter zu stei gern, gefährdet werden sollen. Gelingt es, in bezug auf die Arbeiterverhältnisse wenigstens einen erträglichen Zu stand herbeizuführen, so dürsten künftig Erscheinungen^ die einen Mangel an Lust und Mut der Landwirte» weiter zu wirtschaften, erkennen lassen, mehr und mehr! verschwinden. Wenn die günst,igere Gestalt»» g der Preise im Berichtsjahre «»nehmen läßt, daß das finanzielle Ergebnis des Landwirtschaftsbetriebs sich gebessert habe» so darf doch nicht übersehen werden, daß auch die Auf-«' Wendungen nicht nur für Arbeitslöhne, sondern auch für! alle Wirtschaftsbedürfnisse erheblich gestiegen sind, nicht! zuletzt aber die Ausgaben für die Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung eine Höhe erreicht haben, welche die Belastjung mit Steuern und Umlagen für Staat und Gemeinde fast erreicht. Die hier und da beobachtete Steigerung der Pachtpreise kann somit nicht als in eine? Besserung des Einkommens aus dem landwirtschaft lichen Betriebe begründet bezeichnet werden, wie ander seits die Bewilligung höherer Kaufpreise für Güter ist den meisten Fällen in besonderen Umständen ihren Grund hat, wenn auch nicht in Abrede gestellt werden kann, daß in einzelnen Fällen hie Hoffnung, daß sich der Betried bei der günstigeren Konjunktur für landwirtschaftliche Erzeugnisse rentabel gestalten lassen werdtz, für die An legung höherer Pacht- und Kaufpreise ausschlaggebend gewesen ist. kjWser SM, lkuMc. W tm Hause Los Dorrn kabrtkdosltrers LvtLIor ompLskIt sieh ruill ^u- UUL Verkauf voll StsLtspapicreu, Bkkmäbriofeo, Aktien unä sovsÜASQ ^Vcrtpupicrcn, rar LtuIVsuuK von rshldsreo Coupons, Diviäenäsosofieinen u. gelosten Ktüoken, rur VervalluuK von ^Vcrtpklpioron (Iledervsohrmg von Auslosungen, Be sorgung neuer 2ins- bsr. viviäenäenbogen usv?.), rur ^ukdevadruUK offener un6 geschlossener Depots, E VermleluuK von Kukes-LohrLnhohen unter eigenem Vsrsohluss 6er Meter rur KevAkrULK von Darlehen, rur Benutzung ihrer Birina als Vomlrllslvllv unä rur Diskontierung von wechseln, 2ur Lrölkuung lautenäer Rechnungen nut unä ohne DdeK-VvrKedr, -»r ^onadiuv von 6WIckvrn nur Verzinsung »-^ Vie aunlile Zwiste. Kriminal-Roman von Otto Hoecker. 1? Sie würde wieder mik freudigem Stolze auf ihren Mann dlicken und ihr Meinmut neuem zuversichtlichen Vertrauen weichen. Ein qualvolles Stöhnen entrang sich der Brust des zusammengekauert sitzenden Mannes. Es war und blieb nnmer unrecht, was der Versucher in ihm da zu tun vorschlug. Es war ein Verbrechen, da ließ sich nichts beschönigen, eine zwiefache Übeltat gerade für ihn, der zum Hüter des Gesetzes, zum Verfolger des Unrechts er nannt war. Ins Feuer mik den Scheinen! Sie mußten vernichtet werden, erst dann hatte er Ruhe. Mochte dann alles über ihm zusammenbrechen, er hatte wenigstens den köst lichen Frieden eines guten Gewissens? Das war nun freilich etwas Rechtes, wenn er auf der anderen Seite seine Familie mit offenen Augen dem Elende überantwortete. Waren es auch Trugschlüffe, die immer sinnverwirrender seine Gedankenwelt einengten, sie boten ihm jedenfalls die Möglichkeit, den Seinen gegenüber seine Pflicht zu tun. Was lag ihm näher, die Wicht gegen das vielköpfige Ungetüm, Staat genannt, das doch von so vielen in Amt und Würden Befindlichen tagtäglich in der schamlosesten, dreistesten Weife gemißbraucht wurde, oder die Fürsorge, die er seinen Lieben schuldete? Ja, da war sie greifbar nahe an ihn kerangetreken, diese dunkle Stunde, von welcher der alte Pfarrer daheim im halbvergessenen Waisenhaus« so väterlich warnend ge sprochen hatte. Mitten drinnen war er, und schon bereit, ihr zu erliegen. Herrgott im Himmel, war es denn so leicht, auf ein in Ehren verbrachte» Leben zu veraeffen, all di« Grundsätze langer Jahre in einer einzigen Stunde auß» Spiel zu sehen! Er mußte wahnsinnig sein, sich vor l dem eigenen Gewissen zu entblößen. Fort ins Feuer mik den Versuchern! Aber Rebe machte keinen Versuch, sich zu erheben; wie i festgespannt haftete er im Stuhl und starrte, mit brennen den Augen auf die Banknote in seiner Hand nieder. War !er denn «nicht ein Narr, überhaupt so blindlings an die Wahrheit der ihm vom Freund gewordenen Enthüllungen !zu glauben? Lange war unzurechnungsfähig, ein Opfer 'des schon seit Geraumen in ihm wuchernden Irrsinns; konnte, nein, mußte er nicht sich einem Wahne hingegeben haben; wie war es auch nur denkbar, an die durch Jahre sich fortsehende verbrecherische Tätigkeit des Oberfakkors in der Staatsdruckerel zu glauben. Mochte das Lange gezollte Vertrauen auch noch so unbegrenzt gewesen sein, es erschien Rebe geradezu undenkbar und ausgeschlossen, daß das strenge staatliche Regulativ in solch beispiellos leichtherziger Weise außer acht gelassen worden sein sollte, Waren diese Banknoten aber, so „echt- sie auch anmuteken, doch nur ein unter der Lupe des Experten sofort zum Vorschein tretendes Fälsckungsprodukk, so setzte der Voraus geber eines solchen Scheines sich der Entlarvung und prozessierung aus. Warum, da dies augenscheinlich richtig war, zauderte er noch, dem letzten Willen des Freundes zu entsprechen und diese ganze imaginäre Summe zu ver nichten? Wenn er nun bei der kompetenten Stelle sich erkundigte? Es wäre nicht zum ersten Male, daß er in seiner Beamten eigenschaft über vermeintlich falsche, bei Übeltätern vor gefundene Banknoten bei der Direktion der Staatsdruckerei Erkundigungen eingezogen; was hinderte ihn, dem ihm persönlich bekannten ersten Direktor auch einen dieser Scheine vorzuzeigen und Auskunft zu erbitten? Schon zu seiner eigenen Beruhigung war ein solcher Schritt ver nunftgemäß. Erklärte der Direktor, wie sicherlich nicht anders zu vermuten stand, die Banknote für gefälscht, nun, so war er alle Anfechtungen mit einem Schlage los und der wirklich imaginär gewordene Schah mochte den Feuer tod erleiden. Als ob er einen erlösenden Ausweg gefunden, atmete Rebe auf. Er entnahm dem Bündel einige Scheine, legte sie in seine Brieftasche, verschloß die Ledermappe wieder im Pulte und erhob sich. i Aber gleich einem Trunkenen war ihm zu Muke. Als ob eine unsichtbare Last auf seine Schultern sich herabge- senkk habe und ihm nun das Weiterschreiken unmöglich machen wollte. Wie ein Wanderer, der vom wohlbe kannten felsigen Steig in die lachenden Talgründe abgeirrt ist und dort unter seinen Tritten den trügerischen Sumpf boden weich fühlt, während zu allen Leiten giftige Rebel schwaden wider ihn ankriechen, sich zu undurchdringlichem Gemäuer aufstauen und ihm zuletzt Luft, Licht und Aus sicht benehmen, wähnte Rebe sich wegverloren. Eine innere Stimme sagte es ihm, daß der Kampf bereits entschieden war; was da zu tun noch übrig blieb, war überflüssiges Brimborium, um Halbwegs anständig vor dem eigenen Gewissen erscheinen zu können. Aber er stand schon mik beiden Füßen im Tal und rings um ihn stieg der Rebel hoch, ihm die Aussicht auf den Weg benehmend, d^ev er weiter wandern würde. . . wohin dieser führte, wieder zur sonnigen Höhe empor oder tief hinab in den stickenden Sumpf ... die Zukunft mußte es lehren ... ! Die Ordonnanz trat in das Dienstzimmer des Sriminal- inspektors v. Maltih — „Eine junge Dame ist draußen, die den Herrn Inspektor zu sprechen verlangt, sie will ihren Namen nicht nennen.- Maltih hatte gerade, die Hände über den Rücken zu- fammengeleak, am Fenster gestanden und untätig auf da» den weiten Platz vor dem polizeigebäudc rastlos belebende Verkehrsgeküebe niedergeschauk. Jetzt fuhr er herum. — „Eine junge Dame, sagen Hie?- fragte er interessant» „Hübsch?--