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Frankreich. In der großen .freien" Republik geht» im Süden fortgesetzt sehr „unfrei- zu. Drei Regimenter Infanterie rmd «in Regiment Kavallerie halten di« Stadt Narbonne besetzt. Eine johlende und pfeifende Menge umgab den Wagen, in dem der Bürgermeister Frrroul weggebracht wurde. Die Infanterie, die mit gefälltem Bajonett vor ging, zerstreute, unterstützt von Kavallerie, eine von der Menge veranstaltete Kundgebung. Der Oberst des Kürassier regiment» wurde durch einen Tteinwurf getroffen. Die Einwohner mehrerer benachbarter Dörfer sind in Narbonne etngetroffen. AM Mari» wirks der „Voss. Atg." geschrieben: Me MI dass enden? TM ist die Frage, die man sich' im Publikum «ngstvvll vorlegt, wenn man von den Toll- Keiben Marcellin AlbertS, des „Erlösers", und seiner Um gehung liest. Sonderbarerweise teilen die armen Win zer der „verbündeten Departements«" und ihr« schwad ronierenden Führer diese Wissbegierde ebensowenig wie die Regierung und die Kammer. Keiner der Beteiligten Macht sich anscheinend Gedanken über die Zukunft und versucht, über die Stunde hinaus zu sehen. Tie Steuer verweigerer antworten auf verständigen und freund lichen Zuspruch imi Däne des' Größenwahns und spielen mit dem Hirngespinst einer Losveißung von Frankreich Sie phantasieren vom „Triumph der gerechten Sache", der ihnen sicher sei, und lassen einstweilen Tote unbe- graben. Neugeborene uncingescWieben, aufgebotme Brautleute unverheiratet^ Tie Regierung lebt von der Hand in den Munch Sie erwägt, ob sie Marcellin Albert Und seinen ArgelierÄ-AirsschUH strafrechtlich verfolgen las sen soll, sie berät darüber, weichte Regimenter sie aus den! verbündeten TDepartements wegen Unverläßlichkeit ^entfernen, welch!« sie dahin versetzen soll, hält sich aber !iml ganzen an die bewährte Methode, die Tinge an sich Kerankom-men zu lassen und ihre Entscheidungen von Fall zu Fall zu treffen.; Tie Kammer endlich steht den «Ereignissen in eigentümlicher Haltung gegenüber. Tie Abgeordneten des Languedoc denken nur an ihre Volks tümlichkeit in ihren Wahlkreisen und reden den Winzern Nwh dem Munde. Tie Rechte denkt nicht an Frankreich, ssondern freut sich über die Schwierigkeiten, Mik denen die Regierung zu kämpfen hat, und hofft, daß die südfranzösische Anarchie die Vorfrucht d«er Monarchie sein ^werde. Tie radikale Mehrheit richtet die Blicke aus Herrn AleMencean und wartet ab, was er tun werde. Sie selbst Kält /sich nicht für verpflichtet, einen Plan zu ersinnen, seinen praktischen Vorschlag zu machen, sich irgendwie schöpferisch zu betätigen^ All daN ist Sache des Herrn EleMenceau. Magier sich den Kopf zerbrechen. Er hat die Vorteile der Macht, er soll sich auch mit ihren Nach teilen abfinden. Zeigt er sich der Lage gewachsen, dann ist ja alles gut. Läßt er sich die Ereignisse über den Kopf Wachsen, begeht er Fehler, kann er die verdrehten Winzer picht auf den rechten W!eg zurückführen, dann wird ihm einfach der Hals! gebrochen. An das Ganze, das Ge meinwohl, denkt offenbar niemand. ' Portugal. Als der Ministerpräsident gestern nach Lissabon zurück kehrte, veranstalteten die politischen Parteien Kundgebungen, durch die sie ihre Zustimmung zur Politik der Regierung beziehungsweise ihre Opposition zum Ausdruck brachten. Die Polizei mußte einschreiten; sie zerstreute die Ansamm lungen, woraus in der Stadt vollkommene Ruhe etntrat. Zwei Personen wurden getötet und mehrere leicht verletzt. 17 Personen wurden verhaftet. Rußland. Die Berhaftungen aller freiheitlicher Gesinnung Ver dächtiger wtrden fortgesetzt. Die Zahl der Verhaftungen beträgt im ganzen 5500. Die Gefängnisse sind dreimal überfüllt. Am Dienstag wurde auch der Vizepräsident der oersloffenen Duma, Werestn, al» der Teilnahme an der Verschwörung verdächtig, festgenommen, wurde aber bald wieder sreig,lassen. Nacht» wurde ein« Versammlung pol- ntscher Studenten von Gendarmen umstellt. Da» Ber- sammlung-lokal wurde durchsucht, wobei viele kompro mittierende Schriften gefunden wurden. Etwa hundert Studenten wurden verhaftet. Aus der Mandschurei wird gemeldet, daß in der Nacht zum 19. d». Chunchusen einen Angriff auf eine in der Nähe der Station Autrtschs gelegen« Etsenbahnbrücke gemacht haben, jedoch von der Grenzwache zurückgeschlagen worden sind. Der Eisenbahnverkehr ist nicht behindert. Aus aller Welt. Berlin: Ter Schauplatz einer LtebeNtragödie war gestern vormittag das'Haus Brandenburgstraße 59. Tort nahm der in Potsdam stationierte Lazarettgehilfe Emil Leonhardt gemeinsam mit seiner 19 jährigen Braut Anna Gröger Gift und stürzte sich! dann aus einem Tachfenster auf den Hof hinab., Beide wurden in schwerverletztem Zustande nach dem Urban-Krankenhause gebracht. Unter den Händen des Arztes kamen beide wieder zur Besinn ung, doch verweigerten sie jede Auskunft über das Mo tiv der Drt. — Am Ufer des Tegeler Sees, gegenüber der Insel Scharfenberg, wurde, nur halb vvM Wasser' bedeckt, auf dem flachen sandigen Strande die Leiche eines jungen gut gekleideten Mädchens gefunden. Tas Mädchen war ungefähr 18 bis 20 Jahre alt; am Halse waren blaue Streifen sichtbar, die auf Strangulierungs versuche schließen lassen. Auf Grund, gewisser Neben umstände ist nun die Vermutung entstanden, daß das junge Mädchen einer verbrecherischen Tat -um Opfer ge fallen ist. — Hamburg: Tie Bürgerschaft stimmte einem dringlichen SenatSkntrag auf Bewilligung von 5»/i Mil lionen Mark für Erweiterung der Hafenanlagen zu. — Bern: Im Montblancgebiet ist der englische Ingenieur StippelStal aus ^Sheffield und Frau über ein großes Schneefeld abgestürzt; der Mann ist lebensgefährlich, die Frau leichter verletzt^ — London: 'Tas Torpedoboot 99 ist in der Dor-Bai gesunken. Tie Mannschaft ist ge rettet. — London: TM in der Newyvrker Gesellschaft hochangesehene Fräulein Liliana Adler hat sich mit seiner Schwester vor 'wenigen Tagen von Newyvrk nach Europa eingeschifst. Fräulein Adler hat den kühnen Entschluß gefaßt, ganz allein in ihrem Automobil eine Reise um die Erde zu unternehmen., — Paris: Tie Bude des Pere Marseille in Neuilly war vorgestern Nacht der Schauplatz eines blutigen TraMaA. Der in Bar geborene noch nicht 30 jährige Adolf Witzler, ein wiederholt preis gekrönter Ringkämpfer, bekam Streik mit dem' in Paris in Garnison stehenden Kürassier Teville, der auf Witz ler vier Revvlverschjüsse abfeuerte. Witzler wurde nach dem Beaujvnspital übergeführt, WS er nach 2 Stunden seinen Verletzungen erlag. Sport. Ter Verwaltungsausschuß des Verbandes deutscher Radrennbahnen hat schwere Strafen über die Dresd ner Radrennbahn und verschiedene Fahrer ver hängt. Veranlassung zu diesem Schritt bot der Ameri kaner Möttling, der zurzeit für den 9. Juni ein Engage ment in Hannover angenommen hatte, dann aber sich für den gleichen Tag nach Trespen verpflichtete. Da die Dresdner Spvrtplatzdirektion, trotz pes inzwischen er lassenen Startverbotes Mettling fahren ließ, und Salz mann, Rosenlöchpr, Tarragon, wie der Schrittinacher Hoff mann, trotz einer an sie ergangenen Benachrichtigung, gegen Mettling starteten, wurden alle Beteiligten dis qualifiziert. Tie Dresdner Radrennbahn darf bis zum' 15. Juli kein Rennen veranstalten, den Rennfahrern Salz mann, Rosenlöch!er und Tarragvn, sowie dem Schritt Berstsßerr. Roman von Ediths v. Welten. 5b Im Empfangszimmer trat ihr Herr von Getbel mit anS- gkstreckter Hand entgegen, in die sie zögernd die ihre legte. E» fiel ihr auf, wie blaß und hager er aussah. Er alterte wirklich zusehends. „Wir hoffen, daß die Gefahr vorüber ist und «S zur Genesung geht," sagte Gertrud, nachdem sie vergebens eine Anrede von ihm erwartet hatte. „Das freut mich, aber ich bin gekommen, um von Ihrem Ergehen zu hören," erwiderte er sehr erregt, „denn ich habe viel an Sie gedacht und mich viel nm Sie gesorgt. Wie fühlen Sie sich?" „Ich? O, gut, und ich bin froh, daß die Krankheit eine gute Wendung nimmt," entgegnete Gertrud erstaunt. „Ich habe bereit» an Herrn von Wangen telegraphiert und werde ihm ausführlich berichten; da werde ich auch erwähnen, daß Sie solchen Anteil nehmen, Herr von Geibel." Er machte eine Bewegung der Ungeduld. „Begreife» Sie denn nicht, daß meine Teilnahme nur Ihnen aalt?" fragte er. „Was geht mich die alte Dame an, mag sie leben oder /sterben. Nur Me habe ich bedauert, armes Kind, der immer neue Bürden auf erlegt werden und in meinen Nächten, die der Schlaf floh, weil- ten meine Gedanken nur bei Ihnen." , Gertrud fand seine Worte wie sein Benehmen gleich seltsam ;«nd unverständlich. „Sie sind zu gütig," sagte sie kühl, „ich tat Mr, was meines Amtes ist." „Sie sind verwundert, Sie ahnen nicht, wie sehr ich JhrjFrennd chin, wie teuer mir Ihr Wohl ist. O, versprechen Sie mir, daß «Sie sich nn mich wenden wolle», wenn Leid und Kummer, Not Md Torge Ihnen je nahe» sollten. Sie werden mich stet» be- «eit finden, für Sie einzutreten, nach jeder Richtung. Sehen Sie in mir Ihren väterlichen Freund, dem Sie alles sage», aller «.klagen können, dem sein Herzblut nicht zu teuer wäre, wenn er e» vergießen dürfte, nm Sie glücklich zu machen. Geben Sie Mir Ihre Hand und geloben Sie mir die», und ich gehe zufrie dener und beruhigter von hinnen l" s Er sah stemitinntgemAlehenanund hielt ihr seine Hand ent- -gegen, sie nahm diese aber nicht, sondern wich einen Schritt zu- «ück, indem sie sagt«: „Ich verstehe Sie nicht, Herr von Gei- «el, und kann ein solche» versprechen nicht leisten Ich habe e» gelernt, mich auf mich selbst und nicht auf andere Menschen zu verlassen, und dabei will ich bleiben." Mit einer leichten Verneigung wollte sie da» Zimmer ver laßen. Er war ihr sogar unheimlich, al» er sie so wortlos an starrte. Auf der Schwelle wandte sie sich noch einmal um und erblickte ihn wie gebrochen auf einem Stuhl zusammengesunken, da» Gesicht mit den Händen bedeckend. Sie ging voll Mitleid zu ihm und fragte sanft: „Sind Sie leidend, Herr von Geibel ? Kann ich etwa» für Sie tun ?" „Nein, nein, gehen Sie nur, ich werde mich gleich wieder in der Gewalt haben. O, Sie ahnen nicht, wie weh Sie mir taten i" Er schien noch mehr sagen zu wollen, faßte sich aber und schwieg. Sie wartete noch einige Augenblicke, und als sie wahrnahm, daß er ruhiger geworden war »md sich aufraffte, ging sie grü ßend hinaus. Fräulein Rese hatte bereit» nach ihr gefragt und sie reichte ihr die verordneten Stärkungsmittel und bemühte sich nm sie, denn die alte Dame, die ihr ganze» Leben lang gesund gewe sen war, war jetzt eine sehr ungeduldige und anspruchsvolle Pa tientin, die ihrer Pflegerin wenig Ruhe gönnte. So war e» für Gertrud eine große Erleichterung, daß Volk- umr sich de» andern Leidenden so treulich annahm und dem al ten Herrn manche Stunde Gesellschaft leistete: Sie gewann da durch etwa» Zett für sich selbst und die eigene Erholung, und außerdem waren ihre Begegnungen mit Volkmar stet» vor Zeu gen und ihr blieb die Aussprache erspart, die unvermeidlich war, und vor de« sie sich doch so scheute. Eine» Tage» kam sie zu den» Generaldirektor, den sie in bester Laune fand, weil er dem jungen Mann soeben die zehnte Partie Domino abgewonnen hatte. Er erklärte sich nun selbst befriedigt und gab jene» frei, um sich von Friedrich sei nen Kakao reichen zu lassen, wa» ihn ganz in Anspruch nahm. „Wie gut Eie sind, lieber Volkmar," sagte Gertrnb gerührt. „Ich tue e» so gern, weil e» für Eie ist, Gertrud, und ich wünschte, ich könnte hundertmal niehv für Sie tun. Ihr Wohl ist mein einziger Gedanke. Für Sie arbeite und strebe ich ohne Ermüden. Mit Ihrem Bilde verknüpft sich jede Hoffnung für mich. O, wie sehne ich den Tag herbei, an dem ich Eie endlich vor aller Welt meine Braut nennen darf." macher Hoffmann ist bis zum gleichen Tag, henk Fahrer Mettling aber bis zum Iß. August der Start auf allen in- und ausländischen Rennbahnen verboten worden. vermischte». lieber unerhörte Mißstände in der deut schen Kolvnialausstellung wird dem „Leipz. T." aus Berlin geschrieben: In einer von etwa 450 Aus stellern der deutschen Armee-, Marine- und Kolonialaus stellung in der Gebirgsschänke des Ausstellung-Platze» ab gehaltenen Prvtestversammlung wurden schwere Vorwürfe gegen die Leitung und die Beamten der Ausstellung er hoben, die voraussichtlich weiterhin die Gerichtsbehörden beschäftigen werden. Vom Vorstandstische herab sprach u. a. Oberstleutnant v. Rabenau und erklärte, daß die Regierung zwar anfangs die Absicht gehabt habe, sich offiziell an der Ausstellung zu beteiligen, davon aber Abstand genommen habe; eS müßten deshalb wohl höhere Gründe vvrliegen, welche eine Beschickung die ser Ausstellung von Regierungsseite nicht angängig er scheinen ließen. In der Tat lägen auch so viele Be schwerden von allen Seiten vor, durch die die leiten den Behörden in dass bedenklichste Licht gestellt wür den. Er rate, bei dem Kronprinzen, als dem Protek tor der Ausstellung, vorstellig zu werden, ehe di« Öffentlichkeit von ernsteren Tingen Kenntnis erhalte^ Ter Rechtsbeistand der Versammlung stimmte nicht für einen Bersöhnungsvorschlag, well die Ausstellungsdirek tion auch ihn brüskiert habe; er riet vielmehr, die Staatsanwaltschaft anzurufen, da er Verschleierungen in den Verträgen zwischen Ausstellern und der SllrS- stellungsleitung für vorliegend erachte. Es müsse Klage auf Anfvechitung der Verträge angestrengt werden, weil ein Verstph gegen die guten Sitten nach Paragraphen 138, 817, 826 D.-G.-B. vorliege. Niemand wisse, au wen er sich zu halten habe, obgleich zahlreiche Regreßan^prüche gegen die Ausstellung bereits erhoben seien. Ter Vorsitzende protestierte in heftigen Worten gegen die Komitee-Verfügung, wonach 300000 Mark fremde Gelder als Reinertrag der Ausstellung schon jetzt au den Jnvalidendjank abgeführt worden seien, trotz der Regreßansprüche, oder vielmehr, um ihre Befriedigung zu vereiteln. Tiefer Betrag sei Vermögensbestandteil einer Gesellschaft und' dürfe, solange eine Mlanz nicht endgültig abgeschlossen werden könne, nicht entäußert werden. Ter Inhaber des Ausstellungsbergwerkes, Herr Engel, empfahl unter stürmischer Zustimmung sämtlicher Versammelten, die Ausstellung sofort zu räumen und ihre Pavillons zu schließen, um die renitente Leitung zu anderen Maßnahmen zu zwingen. Moralisch sei sie ja längst gerichtet. Er arbeite täglich Mit 130 Mark Zu buße, andere Aussteller machten Schäden in Höhe von 15000 Mark geltend. Noch andere sehen ihren wirt schaftlichen Ruin mit dieser Ausstellung voraus. Zum Schlüsse wurden von Ausstellern Briefe von der Aus stellungsleitung verlesen, die der allereinfachsten Höf lichkeitsformen entbehren, ja Ausfälle von Grobheit und Roheit enthalten. Bei der Verlesung entstand ein gro ßer DuMult. Ein Großindustrieller beklagte sich, von einem Ausstellungswärter mit dem Zurufe: „Nun halten Sir Ihre Schtnauzel^ gemaßregelt worden zu sein. Ein Ingenieur hob hervor, daß schon einmal die Gefahr; deS Versinkens der Haüpthalle iM Regen sehr nahe ge wesen wäre. Gerügt wurde besonders, daß das Komitee einem gewissen Molling die Ausstellungslose in Höh« von zwei Millionen Mark gegen ein geringfügiges Ent gelt verkauft habe. Toss'sei eine Spekulation auf Kosten der Aussteller. Aber auch die Besucher fänden dabei keineswegs ihre Rechnung; auch sogar die Tageseinnah men seien bereits anderweitig zediert! Tas Ausstel lungsunternehmen habe also keine Aktiva, sondern nur „Und ich würde nicht» für Sie so fürchten al» die Erfüllung diese» Wunsche»," sagt« Gertrud traurig. „Denken Sie daran, daß ich von oen Menschen verachtet werde und der an mir haftende Makel würde sich auch auf Sie übertragen." „Ich sehe keinen Makel, nur die höchste Reinheit und Güt« in dem Mädchen, da» ich liebe, in dem ich mein Frauenideal verkörpert erblicke, so lange ich denken kann," rief Volkmar au». „Ich verlange auch nicht, daß Du mich liebst, wie ich Dich, meine Gertrud. Ich ivill mir Deine Liebe erringen und verdienen, aber sage mir nur, daß ich Dir nicht gleichgültig bin, daß Du mir angehören willst!" Er ergriff ihre Hand und bedeckte sie mit Küssen. Sie strich ihm mit der andern da» lockige Haar au» der Stirn, unter der seine treuen Augen sie leuchtend auschauten. „Guter, lieber Volkmar, ich weiß ja nicht, ob ich da» sagen darf," ent« gegnete sie leise. Er preßte sie an sich. „Ob Du e» darfst!' jubelte er. „Du sollst, Du mußt e»! O, nun ist alle» gut, ich will nun Wiebe« geduldig sein!" Sie hatte sich erschrocken von ihm losgemacht und wollte ihm alle» sagen, daß sie seiner Liebe nicht würdig, daß sie ihn nie erhören könne, aber in diesem Augenblick wurde sie von Friedrich unterbrochen, der am Ende de» Laubgang«» erschien und di« Meldung brachte, daß Fräulein von Wangen sich nicht länger ohne ihre Pflegerin gedulden wolle, und so blieb letzt keine . Möglichkeit zur Fortsetzung de» Gespräch». * * Al» Gertrud wieder in der stillen Krankenstube saß, hielt sie Abrechnung mit sich selbst und sie war sehr unzufrieden mit sich. Warum hatte sie e» so weit kommen lassen, warum hatte sie nicht von vornherein Volkmar jede Hoffnung abgeschnitten? Seine große, treue Liebe verdiente et» ganze» Herz, und da« konnte sie ihm nicht mehr geben. Er hoffte in ihr die gleiche Empfindung zu erwarten, die ihn beseelte, aber er ahnte nicht, daß ihre Gefühle längst erwacht waren und ganz einem anderen gehörten, der sie nicht begehrte und nicht würdigte. Heiße Scham wallte in der Seele de» jungen Mädchen» bei der Vorstellung auf, daß je ein Mensch da» Geheimnt» ihre« Liebe kenne» möchte, und diese Regung hielt auch ihre Lippen versiegelt. 14L.Ill