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rr 72 Druck und Verlag von Langer L Winterlich- Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt, Mesa. Denk und Sivusprüche. In den jungen Tagen Hott' ich frischen Mut, In der Sonne Strahlen War ich stark und gut! Liebe, Lebenswvgen, Sterne, Blumenlust! Wie so stark die Sehnsn I Wie so voll die Brust l Und essist zerronnen, WM ein Traum nur war: Mnter ist gekommen. Bleichend mir das Haar. Ain so alt geworden. Alt und schwach und blind. Ach! verweht das! Leben Wie ein Nebelwind I - A- V. Chamisso. zu nehmen . . . Tier Gedanke, den Aufstieg svrtzusctzen, war entschwunden; unsere Widerstandskraft schjien ge brochen und wir erwogen nur, wie wir mit Tagesanbruch aw besten herunüerLommen könnten. Aw Morgen aber, als die Sonne kaw, und die herrliche Eislandschaft in Prachtvolk Farben tauchte, kehrte unser Mut zurück. Wir wollten vorwärts " Sie erreichten aw nächsten Tage auch eine Höhe von 16 500 Fuß. Mar lag der Gipfel nun vor ihnen. Noch ein« Nachts wußte überwunden werden. „Mr lagerten in der Höhe des? Mt. Elias, des höchsten Punktes in der Nähe des Nordpols Ter Thermometer verharrte starr auf 16 Grad unter Null und eine stechende Lust, wehte über unH hin, Unser Atems ging schwer, unsere Herzen arbeiteten wie Gasmotoren, Wir litten furchtbar unter dem Frost;, Kleider und Decken schienen nichts zu nützen. M gab nur eine Erleichterung, heißen Tee. Tie SpirituKlampe wollte in diesen Höhen nicht brennen. Mit unsäglicher Mühe gelang ess uns, etwas Schnee zu schmel zen Und zu Wärwen, TM Wasser kochte bei so geringer DewperaHir, daß der Tee nur schwach und dünn wurde. Wir wußten die Mütter kauen. Endlich kam der Morgen. Mit toten Fingern und klappernden Zähnen packten wir unsere Schlafsäcke zusammen, Eine stumpfe Entschlossen heit war in unsj. Wir nahmen eine Flagge und drangen vorwärts, dem Gipfel entgegen. Ti« dünne Luft machte UM matt und krastloS. Hundert Schritte stiegen wir, dann m!achten wir Halt; Wied« hundert Schrift und wieder ein Halt, GS ging unsäglich langsam Bei deU letzten paar hundert Fuß waren unsere Körperkräfte so erschöpft, daß wir uns' in den Schnee fallen ließen und mühsam Atem schöpften, Wr waren so nahe an der Grenze menschlicher Widerstandsfähigkeit, daß der nahe Sieg uns völlig gleichs- giltig war. Endlich kamsßer Atem wieher, und sofort er wachte auch das Verlangen, zum Gipfel zu kommen. Mer nur mühsam taten die überanstrengten Glieder ihren Tienst, Unser Blick hastete unablässig aw nahen Gipfel; aber daÄ Fleisch war schwach gewvrdMn Zürn' Schluß über- kaw uns eine nervöse Aufregung. Ich werde den Augen blick nicht vergessen^ Noch einige fünfzig Schritte. Wir hasteten, als ob dasj Ziel noch iw letzten Augenblicke uns entschwinden könnte,, Fort ging «S über Schnee und die letzten Granitblöcke.- Wir waren oben! Unbewußt, Mechanisch preßten wir unÄ die Hand. Wir sehen uns! au und sprachen kein Wort. EL war der 16. September 1906, 10 Uhr Morgens!, Tie Apparate registrierten die Höhe: 20391 Fuß Nächst- f. Gr. «V verboten und jedem erlaubt ist, und nur, wenn Mild sich meldet» der ihn haben will, fällt er der Gr ude alS Eigenhrm und gemein« Last zu. Wenn aber r iA der von dem Rechte Gebrauch machen will, das! xusteht, der lege seine Hand an diesen Spaten und e ihn aus der Erde!" (Schtuß fllA) «Shue verzsteiser. * M^Rach vielen vergeblichen Versuchen ist es' WDi.IkWerstanern, TV, Frederick A. Cook und Eduard Warril«, gelungen, den gewaltigen Riesen der Alaska- Wstngs-Berge, den höchsten Gipfel des nordawerikanischen WvntinentS, den.20 300 Fuß hohen Mc. Kinley zu besteigen Mud zwischen SiH Schnee und öden Felsen djas Sternen- Wanner aufzupflanzen. ES war imfSeptember 1906. Bor- HÄte waren in ausreichendem Maße mitgenommen Mvftwn, das Wetter schien, obgleich der kommende Winter Hnmer nachdrücklicher sich ankündigte, dem kühnen Wag- kW nicht ungünstig, unÜ dem jäh entworfenen Plane Wilgte die Tat auf demsDuße. Mer bald stellten sich den Mteigern die schwersten Hindernisse entgegen, nur unter furchtbaren Anstrengungen gelang eS, sich enchvrzu- fckrbeiten, trügerische Schneebrücken, steile Nshänge, senk- l.jvechtst Felswände, ein jäh aufwachender scharfer, eisiger Wind toten sich zusammen, um daS Vordringen zu er- fchtveren. Am vierten Tage deS Aufftiegs'iürmte sich eine Mewalftge, 60 Grad steile Eiswand den Wagewuftgen ent- »gegen, nirgends war eine Gelegenheit den riesigen Steil- 'Hang zu umgehen und Dr, Cook und sein Gefährte standen 7 hör der Wahl Unchukehren, oder mst Axt und Pickel den ^Lersuch zu Machen, sich eine künstliche EiÄsteppe auszu- : hauen und fo an der steilen Wand klammernd, von Schritt Mu Schritt sich einen Halt erst selbst zu schaffen. Kurz ent schlossen gingen sie anss Werk. Man befand sich mitten tu der MvlkenschichH, außerstande, zu übersehen, zu wel cher Höhe die Wand sich erhob und Wit her Ungewißheit eL«H«zen arbeitete man sich mühsam^ ständig in unmittel- sbarstec Lebensgefahr, Schritt um Schritt aufwärts. „Ost waren wir der Verzweiflung nahe", fv erzählt Tr. Eovk. Dach wenige, was wir von der Farbe des Himmels sehen Homilien, wenn zwischen den Molken ein Spalt sich öffnete, verriet uM, daß die Sonne zur Rüste ging. Tie Uhr zeigte halb acht; nach den Apparaten befanden wir unÄ in einer Höhe von 14200 Fuß. TM Dunkel der Nacht HM und verdichtete sich von Minute zu Minute. Wir » waren unS klar, daß es aussichtslos gewesen wäre, wieder ^züuückzuklettern nach einem Rastplatz; Henn wir waren »den ganzen Tag geklommen und wußten, daß es' keine solche Stätte gab, die wir haften erreichen können. Tie -Finsternis war so groß geworden, daß wir in nächster - Nähe nicht wehr dM nötige sahen; unsere Mäste waren erschöpft, an eine Fortsetzung de» Ausstiegs war nicht zu denken. ES blieb unS nichts übrig, als uns mit dem Gedanken vertraut zu wachen, an der Wand die Nacht zu verbringen. TM EH, war fest, der Schnee hart. Wir schlugen, so gut ess gehen wollte, eine Halbhöhlung ins EiS. An einen tiefeingetriebenen Pickel banden wir un sere Schlassäcke. Ta hingen wir nun buchstäblich an der steilen Wand, Wir wußten, wenn das Seil nachgab, so stürzten wir tausend Fuß hinab in die Tiefe., Ter feine Schnee drang unS auf den Nacken und in den Hals,, Wir lagen ganz still und wagten unss nicht zu rühren. Der Wind hatte sich erhoben und trieb die Schneemassen in wilder Bewegung uns unS her. Rechts und links von UnS ballten sich die Massen und stürzten Wit Tvnner- gehöse alS Lawinen zu Tal, Tie Nacht schien kein Ende Erzähler an der Elbe. Belletr. Gratisbeilage zum „Riesaer Tageblatt". «r. 18. «es«, »er 4. «ch 1907. SO. Achr, Die Deichschau. Erzählung von Heinrich Smidt. Fortsetzung. Ami andern Tage wiar eine große Auflegung sowohl im ganzen Torf, alS auch auf dem Boltenhof ins besondere. Tie Leute waren erst Uw Mitternacht heim gekehrt und hatten sich erschöpft von der schweren Arbeit, auf ihre Betten geworfen. Ter Bauer saß füll und in sich gekehrt aus der Ofenbank in der Tönse. Er achtete nicht auf die Bitten und Schiweichelreden seiner Tochter und befahl ihr Mit einer ihm sonst nicht eigenen Barsch heit, sich in ihre KaMmer zu begeben. Ter KirchsPielSbvte, der mit seinen Leuten einen Teil der Nacht hindurch vergebens auf seinen Fang gelauert hatte, verbrachte ihren Rest in der Schenke und schwur Stein und Bein, er wolle den Bauer selbst ans Messer liefern, denn der und kein anderer sei eS gewesen, der dem Teichfrevler davvngeholfen habe. AlS aber der volle Tag durch die Fenster fiel und Trina auÄ der Kouchner -rat, um nach dew Vater zu sehen, war dieser nicht zu finden. Er hatte sein Gehöft ver lassen, ohne jewand zu sagen, wohin er gehen wolle. Keiner hafte ihn gesehen, Tas arme Mädchen trvr bis zu Tods erschrocken und wußte nicht, was sie in dieser traurigen Lage beginnen sollte. Ta erschien der Grvßknechch Jan Giese in der Tür Und sagte mitleidig: „Trina Bolt, Die dauert mich; aber Sie muß nicht gleich verzweifeln, Mr Vater wird ge gangen sein, uw anderswo die Hülfe zu suchen, die er in der eigenen Geweinde nicht finden kann. Wir müssen die Leute behalten und neue dazu werben, sonst verwögen wir die Arbeit, die auf unS liegt, nicht zu bewältigen, Dazu braucht man Geld, und Sie weiß wohl, daß es' bei dew Vater damit knapp bestellt ist, Lasse Sie den Kopf nicht sinken und Loche Sie tüchtig zu, damit wir das' Volk bei gutem! Mut erhalten, sonst wird ess rebellisch und wirst mir den Spaten vor die Füße!" Jan Giese ging hinaus, Nach einiger Zeit hörte man auf der großen T-iell einen wüsten Lärm!. Viele Stiinmen schrieen und tobten durcheinander, aber die mächtige Stimme des Grvßknechts tönte über alle hinaus „Mein Gott! Was ist das?" schrie Trina Bolt laut auf. „WaS wird das« werden?" Ta stürzte die alte Magd, die treue BrümMer, herein und rief händeringend: „Ess ist alles aus. Ter Herr hat seinen Hof verlassen, und das Volk rebelliert- Sie wollen nicht nach dew Deiche hinaus!, wenn der Hausmann nicht mitgeht und die Arbeit teilt. Hörst TU es, Kind? Wer will den tollen Haufen bändigen?" „Ich!" sagte dM junge Mädchen, und kühner Mut strahlte aus ihren Blicken. „Ich da ich jetzt hier die Herrin bin und schaffen und sorgen wuß an meines' Va ters! Statt! Tritt mir nicht in den Weg und strecke nicht die Hand nach mir aus!! Tu kannst mich nicht Hilten Und von meiner Pflicht abwendig machen!" „Besinne Tich Kind!" rief die Alte flehend. „Sie haben von dem Pserdejungen Branntwein aus' der Schenke holen lassen und gießen ihn hinunter wie Wasser. Tie Kerle hören Tich gar nicht an, Kind!" „Sie sollen mjich anhören! Ruf mir den Jan Giese, Er ist der Aelteste und Treueste. An seiner Seite gehe ich hinaus! und will sie zwingen, ihre Pflicht zu tun!" Aber die Magd zögerte furchtsam, diesen Befehl zu erfüllen, und Trina Bolt schritt allein über die große Tiele weg, durch das! weite Einfahrtstor auf den Hof hinaus. Ter wüste Lärms wuchst Die mit starkem Branntwein gefüllte Kanne ging von Hand zu Hand, und jeder schwur, indem! er einen tüchtigen Zug tat, nicht eher zu arbeiten, bis der Bauer sich an die Spitze stellte und ihnen den rückständigen Lohn in blankem Silber auf die blanke Fläche des Spatens zahle. Als' das junge Mädchen dicht an hie tobenden Knechte herantrat, würde eS einen Augenblick still, und sie sprach laut und vernehmlich: „Wer ist der beste und treueste Knecht aus dem Bvltenhofe? Er trete vor, damit die junge Tochter seines Herrn Schutz und Schirm vor diesen wüsten Gesellen finde!" „Ich bin hier! Ich der Großknecht! Jan Giese!" rief dieser und suchte sich Bahn zu machen. Allein die Knechte und Tagelöhner hielten ihn zurück, und der junge Bvrchard rief, indseM er seinen Spaten drohend schwang: „Taß Du Tich nicht unterstehst! Rühre Dich von der Stelle, und Du hast dies' Eisen auf Teinem Kopf!" „Rebell!" schrie unerschrocken der alte Mann. „Tu bist mehr, alS ein Rebell! Tu bist ein Judas, der seinen Herrn für dreißig Silberlinge verrät. Hast Tu nicht mit dew Grvßknecht vom Nagelshof in der Schenke gesessen und Dich von ihm traktieren und Dir Geld in die Tasche schieben lassen, damit Tu hier Unkraut säen und das Elend über diesen Hof bringen sollst? Schande über Tich und Schimpf, Tu treuloser Knecht!" Ter Gescholtene wurde blutwt und sprudelte giftige Worte vor sich hin Tie Tochter des Hauses aber, die alles gehört hatte, trat vor und sagte: „Jan Giese, das ist nicht wahr! Tu sprichst zum ersten Mal eine Lüge! DaS hat der Bvrchard nicht getan. Weißt Tu nicht, daß er als' eine Vater- und mutterlose Waise an demselben Tage, da ich geboren ipurde, zu uns auf den Hof gcvommen war? Hat meine Mutter ihn nicht gewartet und gepflegt und an seinem Bette gesessen, als er krank und elend war? Willst Tu mir einreden, daß der Bvrchard so schurkisch und ehrlos sein kann, den Mann für Geld zu verraten, dessen Frau Mutterstelle bei ihm vertrat, bis ihre Augen sich schlossen? Ein unvernünftiges Tier hat so viel Treue in sich, daß eS die Hand leckt, die es füttert, wenn sie auch manchmal im Zorne nach ihm schlag. Tritt hierher, Bvrchard, und sage ihnen, daß sie lügen, und daß Tu uns nicht verraten hast!" Aber der Bvrchard, auf dessen Gesicht Blässe und Röte wechselte, hielt den Mund fest verschlossen, und ein Dritter rief: „Das kann er nicht! Seht Ihr nicht, daß er ein Schloß vor dem Munde hat, woran ein Leder beutel mit fünf blanken Talern hängt! Ter alte Carsten Nagel ist viel zu klug, als daß er dreißig Silberlinge für etwas ausgibt, das er für fünf bekommen kann. Und nun zahlt uns unfern Lohn, auf den wir warten, oder wir kehren das Unterste zu oberst und setzen Euch dcu wten Hahn auf das Lach!"