Volltext Seite (XML)
92 hältnissen um seine Existenz ringen. 'Dazu kamen noch die Kriegsjahre (1807—18081, in denen er für die Miliz ausgehoben werden sollte. Es gelang ihmjedoch, einen Ersatzmann zu stellen, wenn auch seine letzten Ersparnisse dabei aufgezehrt wurden. Tvch nun sollte auch; die Wendung in Stephensons Leben cintreten. Einer seiner Biographen erzählt hier über: „Im Jahre 1810 ward im Dorfe Sillingmvrth ein Lchack.it abgetcust und dazu eine atmosphärische oder New- oymische Maschine aufgestellt, welche sehr schlecht pumpte, sodaß alle Maschinenmeister der Umhegend zu Hülse ge rufen wurden und dennoch das Wasser in der Grube mehr zu- als abnahm Stephenson hatte in aller Ltille die Maschine öfters in Augenschein genommen und bald ihre Fehler erkannt. Ein Schachlarbeiter, der ihn bei Unter suchung der Maschine antraf, sagte zu ihm: „Nun, George, was ist Teinc Meinung? Glaubst Tu, Tu wissest etwas, um sie zu verbessern ?' „Ich sage Dir Mann," erwiderte Stephenson, „ich kann sie verbessern und machen, daß sie zieht; in Zeit von einer Woche könnte ich machen, daß Tu hinunterlvmmst." Diese Worte hinterbrachte der Ar beiter dem Oberauffeher Rolph Tods, welcher alsbald den Bremser bomincn ließ und ihm alles!'zu Gebote stellte, um die Reparatur sogleich zu beginnen. In kurzer Zeit war das Werk vollbracht; der Lberaussehrr, hoch! erfreut, machte -em intelligenten Bremser ein Geschenk von zehn Guineen, und es kam nun ein Antrag nach dem andern cm den Maschinenarzt George, die Pumpmaschinen auszu bessern und zu vervollkommnen. Tas erfreulichste für Stephenson war aber, daß er im Jahre 1812 als Ma schinenmeister angestellt wurde . . Nun war man natürlich allgemein auf den Mechani- kus aufmerksam geworden. Sein Gönner Lord Ravens- wvrth protegierte ihn und bewilligte ihm auch die Mittel, seine Reisemaschine zu bauen. So kam Stephenfons" erste Lokomotive zu stände, die 80 Donnen Gewicht in einem Zeitraum von einer Stunde vier englische Meilen weit zu ziehen vermochte. Bald folgte eine zweite, tvesentlich verbesserte Ma schine. Und neben diesem Solomotivenbau erfand Stephen- s0n auch noch eine Grubenlampe, die dem"Bergmann bei Gefahr von Gasen ganz vorzügliche Dienste leistete. Allein die Hauptehren winkten Stephenson erst noch: Ter Ausbau der ersten, richtigen Eisenbahn. Tas war ein Fest für die gesamte — mseist recht ungläubig drein schauende — Külturwelt. Tas Ergebnis war ein glänzen bk. Stephensvn's Ruhm, der nun alle seine Neider be siegt hatte, stieg in's Unendliche. Hatte schjon die erste Eisenbahn zwischen Stockton und Tarlington seinen Ruf in alle Welt getragen, so wuchs' dieser, wie wir schon sagten, ins Unermessene, als er bei dem Preisausschreiben der Liverpool—Manchester-Eisenbahn mit seiner Maschine Rocket den Preis davvntrug. Diese zog im Zeitraum einer Stunde ihr fünffaches Geivicht eine Strecke von 14 bis 20 englische Meilen weit. Jetzt wurde Stephenson nach den verschiedensten Ländern, nach Belgien, Holland, Frank reich, Teutschland, Italien und Spanien berufen, uM da selbst den Bau von Eisenbahnen zu leiten. Ueberall wurde er mit Ehren überhäuft und auf das enthusiastischste begrüßt. Auch an seinem Sohu erlebte Stephenson große Freude. Sein Sohn hatte auf der Edinburger Universität den Mathematischen Preis heimgebracht und sich dem Stu dium des Brückenbaues ergeben. Auf diesem Gebiete sollte er später noch Großartiges leisten. Allein schon bei Leb zeiten des Vaters erreichte er so Bedeutendes, daß der alternde Mann in der festen Ueberzeugung dem Do de entgegenschauen konnte, in deut Sohne einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben. Als Mensch war George Stephenson eine ganz präch tige Erscheinung. Große körperlich^ Stärke und Rüstig keit zeichneten ihn bis an seinen Lebensabend aus. Wett laufen, namentlich wenn es bergan ging!, gehörte zu seinen sportlichen Lieblingsübungcn. Auch sonst betätigte er sich auf allen möglichen Gebieten. So heißt es in einer bio graphischen Skizze über den Verstorbenen: „Seit 1845 hatte Stephenson auch dem Gartenbau Interesse abge- wonncn. Von seinen bisherigen Geschäften als Eisenbahn ingenieur zog er sich fast ganz zurück, um'sich ausschließ lich seinen ausgedehnten Kohlenbergwerken' und Kalkbren nereien zu widmen und nebenbei seine Melonen, Ananas und Treibhäuser für Weintrauben in Aufschwung zu bringen. An Gästen fehlte es ihmnicht. Eines Abends erging er sich mit einem Freunde im Freien, und beide blickten zu dem sternbesäten Himincl empor und bewunder ten die unermeßliche Pracht der Schöpfung. „Was ist doch der Mensch für ein unbedeutendes Geschöpf?" sagte dex Freund, „gegenüber einem solchen Heer von Sonnen,, von denen wahrscheinlich jede der Mittelpunkt eines"Systems ist!" „Ja," erwiderte Stephenson,, ,Fber welch ein wun derbares Geschöpf ist andererseits auch der Mensch, daß er denken und vernünftige Schlüsse bilden und bis zu einem gewissen Grade auch eine so wunderbare Schöpfung sogar begreifen kann!" Tas Jahr 1848 sollte Stephenfons Todesjahr sein. Ein Lungenblutsturz machte am 12. August seinem Leben ein Ende. In der T-rcifaltigkeitskirche von Chesterfield wurde er begraben. Die Trauer um den Tahingeschiede- ncn war eine allgemeine, universale, internationale. Auch, wir ehren jetzt das Andenken des genialen Mannes, indem wir seiner bei der Wiederkehr, seines"125. Geburtstages ehrend gedenken. Denk- und Siuus-rüche. Tie Erfahrung zeigt: Was wir besitzen däucht uns selten wert. Da wir's genießen; ging es uns verloren, Sv steigt sein Preis. Shakespeare. O Heft'ge Glut brennt schnell sich selber tot. Lang halten sanfte Regenschauer an; Doch Wettcrstürme währen kurze Zeit. Früh macht sein Reitpferd müd', wer früh es spornt; Ten, der zu gierig speist, erstickt die Speise. Shakespeare. Tie Bildung mag noch so groß und noch so allgemein sein, (was aber nicht ist): bringe nur irgend eine Tumjm- heit in ein System, und sic wird stets ihre Gläubigen und Bekenner finden. G. v- Amyntpr. * Dürftigkeit mit frohem Mut, Das ist Reichtum ohne Gut. Alter Spruch. Leidenschaften sind schäumende Pferde, Angespannt an den rollenden Wagen: Wenn sie entMeistert sich überschlagen. Zerren sie dich durch Staub und Erde. Aber lenkest du fest die Zügel, Wird ihre Kraft dir selbst zum Flügel, Und je stärker sie reißen und schlagen. Um so herrlicher rollt dein Wagen. Mvsenthal. Druck und Verlag von Langer L Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich Hermann Schmidt,-Riesa. Erzähler an der Elbe. velletr. Gratisveila-e zum „Riesaer La-eNatt". Rr. 23. Mesa, -en 9. Leute vom Pommernland. Roman von Käte Lubowski. Fortsetzung. Trude Pachjowski hat zu Ende gelesen. Mit einem Jauchzen wirft sie die Arme dem Mcndrot entgegen, das über das zarte Birkengrün hinweg seine Schleier webt. „Mein Fritzel", sagt sie leise und weich. „Wir beide werden uns schon durchriugcn. Sobald mein alter Herr sehen wird, daß wir ihn nicht brauchen, daß wir allein verdienen können, was des Lebens Notdurft erheischt, haben wir unser Spiel gewonnen. Und einsehen muß er es ja mit der Zeit!" Hermann Tegels stand auf der Futterdiele in dem losen graugrünen Heu. Ihm war die ganze Geschichte über. Er Mochte nicht weiter. Tie Arbeit war's nicht, die ihn unlustig und müde gemachst hatte. Tas"andere trug die Schuld daran. Tie kleinen Nadelstiche, die täglich ausge führt wurden. Ja, wenn die gehässigen Reden ihn allein beträfen, oder die Männer mischten sich hinein. Aber so galten sie doch einzig seiner Frau und rührten von weib lichen Insekten her, deren Stachel allemal" giftiger wirkt, als der des andern Geschlechts. Sie konnten nun einmal die Nuscha nicht unter sich leiden. Tas ertrug Hermann Tegels nicht" länger. Er wurde ordentlich elend darüber. Tas"Robuste war in seinem Ge sicht ausgelöscht, und die blaue Arbeitsjacke schlug unter der Futterschürze immer größere Falten. Nicht mal Aus sicht auf ein Kind war vorhanden. Ja, wenn'das" noch wenigstens gewesen Wäre! Nuscha stand an jenem!"Abend, genau wie au allen vorhergehenden, schmuck und lustig in der Haustür und lächelte ihm unter dem brennend roten 'Tuche, das am Hinterkopfe zu einem'"graziösen Knoten verschlungen, zier lich auf den Nacken herunterfiel, strahlend entgegen. Sie wußte ganz genau, wie gern er das" hatte, und daß auf alle staubige Werktagslarbeit ein goldenes Röckchen herab fiel, sobald sie beide unter dem' Birnbaum' auf der schma len Sensenbank beisamimen saßen. Und sie tat, was sic ihm nur irgend an den Augen absehen konnte. Tas Schmeichelnde, beinahe hündisch Untertänige, das sie in dem Verkehr mit den anderen zur Schau trug, fiel von ihr ab. An seiner Seite war sie ein Mensch, der zum ersten Male zu zeigen wagte, wie er in seiner Ursprüng lichkeit ist. Ja, wenn er die Hand zum Schlagen gegen sie erhoben hätte, dann wäre sie auch ihm gegenüber das" gewesen, zu dem die andern sic durchs ihre unausgesetzten Bosheiten gemacht hatten. Betrügen und belügen hätte sie ihn von dieser Stunde an können, ohne darüber Reue zu empfin den; jetzt war das natürlich ganz anders. Er hatte viel Liebe und Geduld für sie und viel Ver achtung für die andern. Sic hüpfte ihm "auch heute in fröh licher Tankbarkeit entgegen und legte die vollen Arme eng um seinen Hals. Er sieht sie an, als sähe er sie heut zuM ersten Male. Wie wunderschön sie ist, und wie ihre Augen locken! Und so viel Schönheit sollte wirklich aus ihn gewartet haben, ohne sich von jemand anfassen und streicheln zu lassen, wer Juni 1996. 29. J«hr, konnte das wissen? Wer stahl, dem kam's am Ende auch auf das Lügen nickst an. Er schließt die Augen. Es ist wie ein wildes Feuer in ihm, das Glauben und Gerechtigkeit verbrennt. Heftig stößt er sie von sich so heftig, daß sie an die gegenüber liegende Wand stolperte und in die Knie brach Sie wollte sich; aufrichten, um ihn zu fragen, warum das gewesen sei, ihn küssen. Sic glaubt, daß er plötzlich den Verstand ver lören hat. Aber der wilde Ausdruck seines Gesichts hielt sie von der zärtlichen Annäherung zurück. Auf seiner Stirn lodert in Hellen Flammen die Wut über etwas) das sie nicht kannte. Seine Zähne waren aufeinandcrgepreßt und seine Hände zur Faust geballt, als^wenn er sie noch einmal zurückschlagcn würde, wenn sie sich ihM näherte. Ta blieb sie ruhig liegen und duckte sich in die Ecke, ohne zu weinen. Aus ihren Augen war das Gläubige eines festen Vertrauens, das in ihnen stjanh, sobald er bei ihr war, geschwunden. Hündische Angst stdnd jetzt in ihnen. Sie zitterte und riß sich das'neue bunte Band, von dem sie annahm, daß es seinen Zorn erregt hatte, mit beben den Fingern vom Halse. Tann erst wagte sie es, nach ihm zu sehen. Er war wohl soeben schon in die niedrige Stube ge gangen. Sie sah ihn nicht mehr. Triimen flog mit schar fem Kimch ein Gegenstand auf die roten Steinfliesen des Fußbodens. Es war die Schüssel, die das Wendbrot barg. Nuscha wartete in ihrem Winkel, bis alles still und dunkel geworden war. Tann kroch sie vorsichtig die schmale Stiege empor, die zu dem Hausboden hinaufführte. Tort blieb sie die ganze Nacht. Sie hatte Angst, daß er sie tot schlagen könnte, wenn sie zu ihm hineingegangen wäre, so wie das in Krovoschin ein Sachsengänger mit ihrer Freundin getan hatte. Vor dem Tode aber ängstigte sic sich beinahe noch mehr, als vor Schlägen und Gefängnis. Am nächsten Morgen tat Hann Tegels, als sei nicht das Geringste zwischen ihnen vorgefallen. Sie aßen wie sonst ihre roggene Klicbensuppe und brockten das trockene Schwarzbrot hinein. Nuschas Löffel zitterte so sehr, daß ihr Inhalt zum größten Teile wieder in die Schüssel zurückfloß, noch ehe sie ihn zum Munde geführt hatte. Ihr Haar war unordentlich und unter ihren Augen lagen dunkle Ringe. Sie hatte Todesangst, daß er sie Magen könnte. Aber cs geschah nichts dergleichen. Als endlich der braune Boden der Schüssel zum' Vorschein kam, stand Hann Tegels schwerfällig ans, wischte den Mund mit dem Handrücken ab und das Messer an dem' Lederbesatze seines Beinkleides. Tann machte er sich an dem Glasspind zu schassen, das hinter seinen blanken Fenstern bunte billige Tassen und grellfarbene Teller barg. Ws mehreren Tü chern, die wie ein Linnenpaket in einer Ecke lagen, wickelte er umständlich ein blaues Buch heraus, das er vor Nuscha auf den Tisch legte. „Tat SporkassenhMk," sagte er hstser) „wo Miene ehr Teinstgrosckstns up hett. Jistern Owend jaw sei mi tum Jntolen wedder aästig Mark. Tat Schwanzjild vom letz ten Upptag küm'mt mit drüttcjen dortau. Hier teil ick di'd upp. Alles Guld. Blot ein Doler is do bi- Go no Porzin un lot dat taum annern sclstiewen. Un hier sün ok no twintig Toler von Mi. Ick had did eigentlich vör de Weig un wat damit tausomen kümmt, upsport. Äi