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,Zch verstehe Alle-!" schrieb mir Thora „Gebe Gott Dir Frieden dort in Deiner Stille! Wir können den Tag kaum abwarten, wo wir zu Dir auf die Heide kommen!" Und sie kamen. Im Sturme rauschte die Krone der Linde über dem moosigen Dach von Heidekraut, und der Regen troff gegen die Fenster, da boni der Wagen in den Hof gefahren. Leichtfüßig, mit einem Jubelschrei, flog mir mein schönes, glückliches, blühendes Kind in die Arme, und der Hauptmann schüttelte mir die Hand und schlug mich auf die Schulter: „Alter Herr, Alles was recht ist, aber es war doch eigentlich ein riesiger Unfug!" „Jetzt trat Thora durch die niedrige Thür, durch die einst ihre Mutier gegangen war im Glanze der Jugend» und Schönheit. Da stand meine ganze Jugend vor mir auf._ Am Nachmittag gingen wir über die Heide. Ter Sturm, der wilde Geselle, pfiff uns ums Gesicht. Nun standen wir oben auf dem Hünengrabe. Jeden Tag ging ich dorthin. Der Regen hatte aufgehört. Im Westen ging ein Stück blauer Himmel auf. Neber die Heide torkelten im zischenden Winde die Krähen. Unter dem Heidengrab ging ein Hirtenjunge vorbei, einen Sack um die Schultern. Er trieb seine braunen Kühe vorüber, dem grauen Dorfe zu, und knallte mit der Peitsche. Es war wie damals! Und ringsum die unergründliche Einsamkeit, und durch sie das Sausen von der Nordsee her über die rorh« Erika. „Donnerwetter, Papa," sagte der Hauptmann und wickelte sich fester in seinen Mantel, „weißt Du, ich ehre Deinen Geschmack, aber, offen gesagt, hier finde ich es ziemlich scheußlich!" Thora aber legte schweigend den Arm um mich und sah mir in die Augen. Die ganze Nacht stürmte und wetterte es über die Heide her. Ich war es ja gewohnt, diese wilde Jagd zu hören. Aber ich lag doch wach. Die Gedanken kamen und gingen, und wilde Geisterstimmen sprachen durch die Nacht zu mir. Luch Thora hatte der Sturm geweckt, und auch über ihr Herz gingen Träume und Gedanken unter dem Strvh- dache de- Heidepfarrhauses, wie sie dalag mit wachen Nutzen. Einer von ihnen wurde zur That. Zu Weihnachten, als die Heide und der Runenstein im tiefen Schnee lagen, schickte sie Mir ein künstlerisch schön gemaltes und ge branntes Schild, auf dem stand: „Selig find, die das Heimweh haben, denn sie sollen nach Hause kommen!" Was mau ßch iu alte» Zett« zu Weihnacht« WTfßHTUUTO Lob, Ehr' sei Gott im höchsten Thron, Der uns schenkt seinen ein'gen Sohn! Des freuet sich der Engel Schaar Und singet uns solch neues Jahr. So singt Dr. Martin Luther in seinem Weihnachts liede „Boni Himmel hoch, da komm ich her." Daß er da bei Weihnachten und Neujahr als ein Fest nennt, entsprach der Anschauung seiner Zeit. Bis zur Reformationszeit galt da- Weihnachtsfest als der Beginn des neuen Jahres, und dementsprechend machte man sich gegenseitig Neu- jahrSgefchenke, die meist in Geldgeschenken bestanden. In erster Linie wurden die Beamten der Städte, Kirchen und Klöster beschenkt. Die Weihnachtsbescherung aber in un ser«, Sinne entstand erst im 16. Jahrhundert. Zu dieser Zeit aber verstand man darunter nicht einen Aufbau von Geschenken auf dem Tische bei festlicher Beleuchtung, son- dern die Geschenke wurden in Bündel zusammengebunden. welche man „Christbürden" nannte. Dabei fehlt auch nicht die „Christrutte", deren Reste noch heute vorhan den sind. So schlagen Kinder scherzweise die Eltern oder sonstige Verwandte und Bekannte mit einem Zweig oder einer Ruthe in Franken mit dem Verse: Jst's Pfefferte gut, Jst's gesalzen, Jst's geschmolzen, Schmeckt's nochmal so gut. ' Tas „Pfefferle" ist die Ruthe, das Pfeffern ver bunden mit der Weihnachts-Beschenkung das Schlagen, was man in Thüringen und am Harze „kindeln" oder „Ungern" und anderwärts „fitzeln" nennt. Tie Ruthe, die man den Kindern zu Weihnachten schenkte, war die selbe, welche mau vordem in der Hand des Knechtes Ruprecht oder des heiligen Nikolaus erblickte. Eine Schilderung einer von Geistlichen veranstalteten Weihnachtsbescherung besitze,! wir aus dem Jahre 1584. Cs heißt darin: „Wenn er, d. h. der heilige Christ, findet, daß die Kinder artig sind und die christlichen Gebete können, so theilt er Ihnen verschiedentlich« Geschenke aus: klappern, Kästchen, Kleider, Störche, Schäfchen, Pferd chen, Wägelchen, Aepfel, Birnen, Nüsse, Honigkuchen und anderes derartiges Spielzeug .... Meist wird den Christ geschenken noch eine Ruthe beigefügt, damit die Kinder sich um so leichter im Zaume halten und leiten lassen und damit sie lernen, daß den: Guten sich immer etwas Schlimmes beimische." Zu Anfang des 17. Jahrhunderts fing man an, den Kindern die Bescherung in Schüsseln zu übergeben und an Stelle nützlichen Spielzeuges allerhand Luxusgegen stände zu setzen. So berichtet ein Nürnberger Chronist: „In der Christnacht füllen die Eltern der Keinen Kin der die großen Schüsseln, welche jene für den Abend furchtsam, zitternd, aber doch auch wieder fröhlich leer auf die Tische gestellt haben, voll verschiedenartige Ge schenke, und über diese freuen sich die Kinder, wenn der Tag graut, so daß sie vor Freude fast außer sich sind, gleich als ob das Christkind die Geschenke hätte vom Himmel regnen lassen oder als ob es sie in die Schüs seln herunter geworfen hätte." Im Jahre 1737 erschien zu Wittenberg die Schrift eines Privatdocenten Kißling aus Zittau „Bon heiligen Christ-Geschenken." Nach seiner Darstellung begann am heiligen Abend in den Häusern die Bescherung. Diese ist in ein ganz neues Stadium getreten. Man bindet die Geschenke nicht nrehr in ein Bündel, füllt sie auch nicht mehr über Nacht in Schüsseln, sondern legt sie aus Tischen in der Stube aus. Außerdem entsteht der Brauch, Lichter am Christabend anzuzünden und zwar im Zu sammenhänge mit der Bescherung. 1799 schenkte man sich in Leipzig gegenseitig Wachsstöcke zu Weihnachten, und noch vor etwa 30 Jahren erhielten wir Kinder in Thüringen außer unfern Christgeschenken ein jedes einen Wachsstock, der sofort angezündet wurde. Auch der Dich ter des Bienenliedchens „SuM, sum, sum" denkt an die sen Brauch wenn er singt: Wenn wir mit dem Wachsstock suchen Pfeffernüß' und Honigkuchen, also sich unter den Weihnachtsbaum versetzt. Im 18. Jahrhundert wurde die Christbescherung im heutigen Sinne hauptsächlich durch die Weihnachtsmürkte gefördert, während letztere in unfern Tagen wesentlich an Bedeutung verloren haben. Rdt. »w« w» »«laz w» ö »lvtirllch w »Urft - w AS«N!» tz,r«a»?, Schmidt w «chl. WM Erzähler an der Eide. «elletr. GrettSveilege r»m „Niefeer regedlatt". «r. «irs«, d« »7. December LGO». «. Ache* v D« fröhliche, o D» selige, grradettLriugerrde Weihnachtszeit! Rvvrllette von Ervin Pagel. Nachdruck verbotenW Schweigend dehnt sich der Wald, gewaltig, be klemmend in seiner scheinbaren Unendlichkeit und doch wiederum fast kläglich seine dürren Aeste, wie nackte, abgemagerte Arme gen Himmel reckend. Tenn das leichte Schneegewand, das ihnen der Winter flüchtig übergewor fen hatte, hing bereits in Fetzen von ihnen herab und nur die Zweige der Tannen bogen sich unter der Last des Schnees, den sie mit ihren Nadeln festhielten. Aber der Erdboden — der schimmert weiß, so wett das Auge sehen kann durch die dichten Stämme — und ivohin die Strahlen der schrägen Spätnachmittagssonne auch scheinen, überall zaubern sie die überraschendsten Licht effekte hervor: violette, gelbe, orange — und wenn des Menschen Fuß auf diese Decke tritt, so knirscht und kracht es. Mitten im tiefsten Wald lag das Forsthaus und in demselben war eitel lustig Leben. Der Förster Paul Henning, ein blonder Riese mit schönem goldgelbem Vollbart, war im Verein mit seiner Frau dabei, den Weihnachtsbaum auszuputzen und dabei summten die bei den schönen, noch jungen, Menschen vor sich hin: „Oh Du fröhliche, oh Du selige. ." Di« Kinder aber, zwei Mädchen Von, 6 und 4 Jahren und ein draller Bub von 3 Jahren, waren im Nebenzim mer und bei strenger Strafe war ihnen verboten, unartig zu sein oder ihrem Verlangen Ausdruck zu geben, das Zimmer, in dem die Eltern sich befanden, zu betreten. Tenn in jenem Zimmer befand sich ja jetzt grade das Christkindchen und trieb da sein Wesen und das legte seine Gaben unter den Baum, tausend schöne Dinge für die Kindlein, die da artig sind und eine Ruthe für die unartigen! So saßen sie denn dicht aneinander gedrängt und raunten und flüsterten Plötzlich schallte aus dem Walde ein Schuß herüber, der Förster horchte hoch auf, die Försterin erblaßte und sofort stürzte auch der Jagdgehilse herein: „Herr Förster, Herr Förster — haben Ste —" „Ja, ich hab's gehört " „Ja glaube der Grubener — Karl —" „Sicher", sagte der Förster, und ließ den ver goldeten Apfel, den er eben an einem! Zweige befestigen wollte, auf den Tisch gleiten und fuhr fort: „so lassen Sie uns gehen —" „Paul", fiel ihm da die Frau mit inniger Bitte inS Wort, „willst Du uns denn allein lassen — heute, am Weihnachtsabend?" „Nicht doch, Gretchen", beschwichtigte er, aber doch mit leichter Ungeduld im Ton, „Du hast's doch auch ge hört — der Schuß fiel ganz nahe" — und zähneknirschend fuhr er' fort: „Der Hallunke weiß, daß wir auch einmal ein paar Stunden für uns haben wollen und da wagt er sich dann ganz nah an's Forsthaus heran — es wird nicht allzu lange dauern und wir werden ihn bald haben!" „Um Gott — Paul — wenn nun aber ein Un glück Er umfaßt« sie und küßte sie zärtlich „Richt doch, Gmtchen!" bmuhigte «, „heut* ist I der Tag des Herrn und mir ist so fröhlich zu Muthe —, I er wird seine schützende Hand über uns hüten —" „Paul — Paul — und die Kinder?'' „Bessre ihnen diesmal ohne mich —" „Wo denkst Du hin Paul — mit der wahnsinnigen Angst im Herzen?" „So müssen sie warten! ES thut mir ja weh im tiefsten Herzen — allein Du kennst mich, der Dienst vor Allem! Und nun vorwärts Lachmann. Wir haben uns schon zu lange aufgehalten." Im nächsten Augenblick war er hinaus, der Jagdge hilfe folgt« ihm und bald waren die beiden Gestalten in der Dämmerung verschwunden. Frau Gretchen vollendete» mit zitternden Händen den Ausputz des Baumes, sie legte die Puppe für die Mädchen, dis Trommel und den Säbel für den Buben unter den Weihnachtsbaum — und als sie das vollendet hatte, war es dunkel. Und schwach hallte es herüber aus dem Walde, wie ein Schuß — Sie that einen erstickten Schrei, sie fiel zur Erde nie der und schluchzte und flehte zu Gott in ihrer Herzens angst: „Nur das nicht — nur das nicht!" Endlich faßte sie sich und ging zu den Kindern. Ihr Fragen, ihr süßes Geschwätz und die Nothwcndig- keit, ihnen fortwährend Rede und Antwort zu sdchen, übertrübte ein wenig das bange Klopfen ihres Herzens, übertönte die entsetzlichen Stimmen, die ihr fortwährend zuraunten: „Tas Unglück naht — die Lügel traf." Unerträglich langsam schlich iHv die Zeit dahin, es ward immer dunkler, die Kinder waren kaum noch zu halten, sie wurden müde und unartig und Fritzchen, der Stammhalter — fing an zu weinen. Da — es war schon sieben Uhr, da klingelte die Haus- thür — Frau Gretchen stürzte mit einem Schrei aus dem Zimmer: „Paul—!" „Gretchen!" klang es fröhlich zurück — and mit einem Jubclschrei lag sie in seinen Armen. Der Jagdgehilfe aber, der auch unversehrt war, wollte sich diskret zurück ziehen. „Bleiben Sie, Lachmann, wir müssen nun zur Be scherung und wollen die Kinder nicht noch länger warten lassen — kommen Sie, wie Sie da sind —" „Nein Paul — erzähle mir erst —" „Es ist nicht viel zu erzählen, Schatz", sagte er — „ich weiß nicht, war dem Kerl der Muth ausgegangen oder die Munition. Als wir seine Fährte ausgenommen hatten und in den Wald eindrangen, da schlug plötzlich eine Kugel dicht am Ohr Lachmanns vorbei in den Buchenstamm ohne daß wir Jemand sahen — und bald nachher fanden wir einen verendeten Rehbock — mitten aufs Blatt geschossen! Er war ihm vielleicht beim Lau fen lästig und so hat er ihn denn wohl weggeworfen. Drei Stunden haben wir den ganzen Wald nach ihm ab gesucht aber wir haben nichts gefunden. Aber nun kommt zur Bescherung, die Kleinen sollen nicht länger warten!" * * Im Walde aber — dicht beim Forsthause, da stand ein«, die Büchse in der Faust und starrt» mit Mühen den, haßerfüllten Blick«» nach dem FMstevn, die im Acht»