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Uiesaer Z Tageblatt und Anzeiger Meilatt mk Aiyeiger). Amtsblatt der König!. AmtshauptmaMschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Mesa ALH. Mittwoch, S. September 18S6, Abends. 4S Jahrg LaS^Rtesaer Tageblatt erscheint jede« Tag Abends mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Vierteljährlicher Bezugspreis bei Abholung in den Expeditionen in Riesa und Strehla oder durch uns«, Trilger frei ins Hau« 1 Mark 50 Pfg., bei Abholung am Schalter cher kaiserl. Postanstalten 1 Mark 25 Pfg., durch den Briefträger frei in« Hau« 1 Mark 65 Psg. «uzeige».«m,ah»e für die Nummer de« Ausgabetage« bis Vormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Kastantenstraße 59. — Für die Redaction verantwortlich: Hermann Schmidt Riesa. Bekanntmachung. Der Kommandeur der 2. Division Nr. 24, Herr Generallreutenant Freiherr von Hoden berg, Excellenz, hat nach Beendigung der Divisions-Uebungen zwischen Riesa und Oschatz die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschaft gebeten, den Ouartiergebern, welche während der gedachten Uebungen Truppen der Division untergebracht und — wegen der theilweise sehr dichten Belegung vielfach unter Ueberwindung von Schwierigkeiten — verpflegt haben, für die den Offizieren und Mannschaften allseitig gewährte freundliche Aufnahme den Dank der Division zu übermitteln. Der Amtshauptmannschaft gereicht es zur besonderen Befriedigung dies den betheiligten Einwohnern der Stadt Riesa und der umliegenden Ortschaften hierdurch bekannt zu geben. Großenhain, den 5. September 1896. Die Königliche Amtshauptmannschaft. 2683. v. v. Wilucki. Tn. Nachlese von den Zweikaisertagen. * Zar Nikolaus' officieller Besuch am deutschen Kaiserhofe endete bereits am Montag nach der Parade bei Görlitz; der Besuch des Zarenpaares in Kiel, wohin schon das Töchterchen vorausgeschickt war, gilt dem Schwager des Zaren, dem Prinzen Heinrich und dessen Gemahlin, einer Schwester der russischen Kaiserin, es ist ein rein familiärer Besuch ohne jede politische Färbung. Der jugendliche Beherrscher des großen russischen Reiches hat — das geht aus den Berichten mit aller Deutlichkeit hervor — sich während der Zusammenkunft mit Kaiser Wil helm in dem sicheren Gefühl der Behaglichkeit befunden. Der herzliche Verkehr von Haus zu Haus hat ihn wohl- thuend berührt, und mit besonderem Interesse Kal er die deutschen Truppen besichtigt, er, der schon als Thronfolger unserem Heere freundschaftliche Aufmerksamkeit i.i hohem Maaße geschenkt hat. Beide Momente haben sicher dazu beigerragen, daß das vorgezeichnete officielle Programm in einigen gewichtigen Punkten überschritten wurde, daß der russische Kaiser nicht nur preußische Regimenter auf der Revue vorgesührt hat, sondern daß er an ihrer Spitze neben Seren obersten Kriegsherrn am 5. d. in Breslau, am 7. d. in Görlitz eingeritten ist. Diese „Einzüge" brauchen keines, wegs den Franzosen einen anderen gemeinsamen Einzug ver- bündeier Monarchen in's Gedächtniß zu rufen und das sollen sie auch nicht. Es waren spontane Eingebungen des Zaren, Beweise, daß er die höfliche Freundschaft, die ihm fettens unseres Kaisers entgegcngebracht wurde, zu schätzen weiß und in seiner Weise erwidern wollte. Nun hat es in der deutschen Presse etwas verschnupft, daß mehrere Lesarten über den Trinkspruch verbreitet wurden, den der Z,r auf den Begrüßungstoast Kaiser Wilhelm's folgen ließ. Daß der Zar, der auch Frankreich besuchen will — urw nach Vorgefundener Politik auch wohl oder übel besuchen muß, wenn er eine Rundreise an die Höfe macht — gewisse Rücksichten nimmt, ist klar. Auch seine Erwiderung auf den Trinkspruch des Kaisers Franz Joseph klang etwas frostig und trotzdem wird es wohl nicht leicht einen Politiker geben, der nicht von der Wichtigkeit und dem rollen Erfolge des Zarenbesuchs in Wien überzeugt ist. Da kommt es denn in der That auf den genaue» Wortlaut des Trinkspruchs in Breslau nicht an: der Ton macht die Musik. Linksstehende Blätter stoßen sich ferner daran, daß unser Kaiser in seinem Trinkspruch zu stark die Ehre betont hat, die Deutschland und dem 6. Armeecorps durch den „Huld- vollen Besuch" der russischen Majestäten zu Theil geworden ist, während der Zar auch nicht annähernd den gleichen Ton angeschlagen habe. Höflichkeit kostet nichts und verpflichtet zu nichts; Kaiser Wilhelm ist zudem völlig der freien Rede mächtig, was von dem jungen Zaren nicht feststeht. Kaiser Wilhelm war zudem Wirth. Alles das zusammengenommen läßt die Bemängelungen der erwähnten Blätter al- hinfällig erscheinen. Biel wichtiger als alle diese Aeußerlichkeiten ist die bei den Monarchen, bei den Regierungen und bei den Völkern wachsende Erkenntniß, daß «S gemeinsame europäische Interessen giebt und daß sich die Böller Europas, um diese Interessen zu verfolgen, nicht selbst unter einander aufreibcn oder auch nur in Schach halten dürfen. Es verträgt sich nicht mir diestn ernsten gemeinsamen Aufgaben, daß die Völker und Staaten sich mit den Augen zu messen scheinen, in der Ab- sicht, eine pcsscndc Gelegenheit zu eripähen und wahrzunehmen, um übereinander herzufallen. Stark und gerüstet stehen mächtige Gruppen jetzt nebeneinander, durchaus nicht unbe dingt gegeneinander. Die Ueberz-mgung ist auch im anderen Lager ein unbestreitbarer Gewcinp!atz geworden, daß der Dreibund ein Friede nsbund ist und Niemand zu bedrohen die Absicht hat: Anderseits weiß man in den fest und un trennbar vereinigten mitteleuropäischen Ländern jetzt ganz genau, daß Rußland keineswegs gesonnen ist, die Ruhe unseres s Welttheils selbst zu stören, daß sein Beherrscher vielmehr ' f den entschiedenen Willen kundgcthan hat, keine Trübung der bestehenden Ordnung, keine Aenderung des Besitzstandes der z Mächte zuzulassen, viel weniger zu fördern. Die zweifellose Befestigung dieser Anschauungen ist die j beste Frucht der Kaiserzusammenkunft in Wien und Breslau. ; s Tagesgefchichte. j Deutsches Reich. Ueber die Anwesenheit des russischen i, Kaiserpaares in Kiel wird gemeldet: Nach' der Mittagstafel ' > nahm das russische Kaiserpaar die Vorstellung des comman- s is direnden Admirals von Knorr, der Geschwaderchsfs, Vice- H ss admiral von Cöster und C.mrreadmiral Barandon, sowie Z der sonstigen Flaggoffiziere und Commandanten der Schiff? ' f der Manöverflotte entgegen. Die Majestäten beehrten den r ; commandirenden Admiral von Knorr und andere Offiziere ? ? mit emer längeren Unterhaltung. Späterhin unternahmen f 8 die russische Kaiserin und Prinzessin Heinrich mit dem Prinzen s; H Waldemar von Preußen eine Fahrt nach Düsternbrook und 8 dem Kaiser Wilhelm.Canal und besichtigten die Brücke von LeveSau. Der Kaiser von Rußland besichtigte mit dem H Prinzen Heinrich das Flaggschiff des ersten Geschwaders e „Kurfürst Friedrich Wilhelm", sodann den Kreuzer „Kaiserin f » Augusta", wobei das Salutiren und Paradiren auf ausdrück, f t lichen Wunsch des Kaisers unterblieb. Um 3*/, Uhr begaben t sich der Kaiser ustd Prinz Heinrich an Bord des Panzer- f schiffes „Brandenburg", sowie auch an Bord des Panzers H f „Wörth." An Bord dieses Schiffes wurden einige Geschütz- Z ! Übungen vorgenommen, an denen der Kaiser lebhaftes In- ß » teresse nahm. Weiter b sichtigten Kaiser Nikolaus und Prmz > Heinrich im Laufe des Nachmittags noch die neue Jacht des - Prinzen Heinrich „Esperance" und kehrten um 5'^ Uhr in das Schloß zurück. Die Umgebung des Schlosses, die Bar- j s barossabrücke und der ganze Hapmquai, sowie alle Straßen, - - wo die Möglichkeit vorlag, den Kaiser und die Kaiserin von ! Rußland zu sehen, waren von dichtgedrängten Menschcmnassen s t belagert. Ueberall, wo das russische Kaiserpaar sich blicke« f ; ließ, wurde es mit anhaltendem Jubel begrüßt. Das Wetter '! t war prachtvoll. Merits ^7 Uyr verabschiedeten sich Prinz : s und Prinzessin Heinrich, sowie Prinz Waldemar an Bord - des „Polarsterns" von dem russischen Kaiserpaare und begaben § i sich sodann auf die „Hohenzvllern", von welcher sie die Ab- s sahn beobachteten. Im Augenblicke der Abfahrt des „Polar- s sterns" donnerten von den Kriegsschiffen die Salute. Die z, ss Capelle des „Polarsterns" spielte die preußische Hymne. ? f Als die „Hohenzvllern" passirte, feuerte der „Polarstern" den Saluc ab. Die Mannschaften aller Schiffe grüßten mit j lebhaften HurrahS. Das Kaiserliche Kanalamt macht bekannt: „Der dä- s Nische Dampfer „Johann Sun" ist ber lrin 77 im ! Kaiser-Wilhelm-Kanal gesunken. Der «anal ist bis auf Weiteres gesperrt. Ihre Majestät die Kaiserin unternahm gestern Vor mittag in Görlitz in Begleitung des Oberhofmeisters Frhrn. v. Mirbach, des Landeshauptmanns v. Seydewitz und de- Oberbürgermeisters Büchtemann eine Rundfahrt durch die Stadt und besuchte die Peters-Kirche, woselbst Allerhöchst- ? dieselbe von der gesammten Geistlichkeit und den kirchlichen i ! Behörden empfangen wurde. Die Tochter des Superinten- z denten Schönwälder überreichte Ihrer Majestät einen Blumen- j strauß und begrüßte Allerhöchftdieselbe mit einem Gedicht. K Nach Anhörung einer Motette und nachdem die Sehens- ' s Würdigkeiten der Kirche in Augenschein genommen waren, j s besichtigte Ihre Majestät die Ralhhaustreppen, das „Heilige s z Grab" und das Diakonissenhaus und begab sich hieraus nach j l dem Blockhals, wo der Oberbürgermeister AUerhöchstder» s l selben die Gegend erklärte. Nachdem der Lehrer-Gesang- l verein einige Lieder vorgetragen hatte, erfolgte die Rückfahrt l i nach dem Ständehaus. Ihre Majestät gedachte Abend 1O'/i f - Uhr zur Feier des Geburtstages des Großherzogs von Baden nach Karlsruhe zu reisen, um zugleich die Glückwünsche Sr. Majestät des Kaisers zu überbringen. Dänemark. Die Kopenhagener Polizei hat nach einer eingehenden Haussuchung und nach langem Verhör den deutschen Major a. D. Heinrich Oskar Schubert als Spion des Landes verwiesen und über die Grenze befördert. Schu bert ist der Sohn eines Gutsbesitzers, aus Schönau in Schlesien gebürtig. Seit dem 3. April v. I. wohnte er in einem Kopenhagener Pensionate, wo er angab, Journalist zu sein. Er brachte seine Lage und Nächte vielfach auf Ausflügen in der Umgebung der Hauptstadt zu und erregte vor einiger Zeit die Aufmerksamkeit der Polizeibehörde in Skelskör, als er sich mit der Ausnahme von Prospekten und Skizzen der Küste und der kleinen Inseln im Belte be schäftigte. Mittheilungen an die Kopenhagener Polizei hatten eine Haussuchung zur Folge, die eine Menge kompromittiren- der Zeichnungen und Risse aller Festungswerke und Küsten- streckcn in der Nähe der Hauptstadt zu Tage förderten. Darauf fand die Ausweisung aus Dänemark statt. Kopen hagener Blättern, welche der Angelegenheit große Aufmerk samkeit schenken, wollen wissen, daß Schubert unbesoldet, auf eigene Faust operirte, in der Hoffnung, sein so er worbenes Wissen später zu verwerthen. Spanien. Die Mitschuldigen an dem anarchistischen Komplott, durch welches die letzte Explosion in Barcelona m der LalnbivZ mrsvos hervorgerufen worden war, sind nunmehr ausfindig gemacht und in das G-sängniß ge bracht worden. Das Haupt derselben ist der 27 jährige Thomas Asyeri aus Marseille. 70 andere Anarchisten nah men an dem Komplott theil. Es war beschlossen worden, bei dem Vorüberzuge der Prozession 3 Bomben zu werfen, doch wollte im entscheidenden Augenblicke Niemand handeln. Hierauf wurden 2 Bomben i.i der Kus ksllsvsr nieder gelegt, wo sie von der Polizei aufgefunden wurden. Asheri fand seine Gefährten feig und schleuderte am nächsten Sonn tag, als die Monstranz vorübergetragen wurde, in der Hus Osmbios die dritte Bombe. Die Anarchisten legten ein vollständiges Gcstiindniß ab. Türkei. Ueber 600 Armenier in Konstantinopel, welche jlch bisher in die russische Botschaft, in die Schiffs- Agenzia und auf das Schiff „Katharina" geflüchtet hatten, wurden russischerseits untergebracht. Es wird von türkischer Seite untersucht, ob stt hier beschäftigt sind oder nicht. Im ersteren Falle sollen sie hier bleiben, im letzteren Falle lmmgcschickt werden. Ein Cavallcrie-Regiment wird von Aerianopel hierher beordert. Serbien. Wie man der „Pol. Korr." aus Belgrad meldet, sind mehr als 30 Arnauteo unter dem Verdachte der Theilnahme an dem Mordanschlage gegen den Kaimakam von Preschowo und den türkischen Konsul in Vranja, Scheresedin, Bey, verhaftet und in Ketten gelegt worden. Dieses Ver fahren, bei dem kaum die eigentlichen Schuldigen getroffen wurden, habe die arnautische Bevölkerung sehr erregt, und werden in Betreff der Erhaltung der Ruhe in Alt-Serbien Befürchtungen um so mehr gehegt, als die Au-schreituagea der Mohamedaner in bedenklicher Weise zunehmen und die Sicherheit der christlichen Bevölkerung bereits vielfach al- bedroht erscheint. Raub, Mord, Mißhandlungen aller Art werden seit Kurzem allenthalben an der serbischen Bevölkerung in Alt-Serbien verübt, derart, daß diese sich gezwungen sah, bei den fremden Konsuln in Monastir um Schutz nachzusuchen. Südafrika. Der Jubel der englischen Presse über Cecil Rhodes meisterhafte Staatskunst scheint wenigstens ver früht zu sein. Die Dinge schauen in Rhodesta durchaus nicht nach Frieden aus, vielmehr scheint es an allen Ecken zu brennen. Letzte Woche fanden vier Gefechte an vier ver schiedenen Punkten statt. Bei Chikagua setzten die Einge borenen ihre bewährte Taktik fort, unter den Felsblockhaufen (lcopj«8) sich zu decken, und die Engländer konnten wieder nicht- machen. Am letzten Mittwoch kam es in der Nähe von Buluwayo zum Gefecht. I« der Gegend von Gwel»