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Uiesaer D Tageblatt rrnd An;riger Metloll M Llyei-er). Telegramm-Adresse AHA 6 FU Femsprechstttl« „Lageblatst", Rier«. AH, AKT-H-N AI H'U-H-H- Nr. 20. der Königl. Amtshauptmannschast Großenhain, des Königl. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. 148. Dienstag, 23 Juni 1896, Abends. 49. Jahrg. A Da» Riesaer Tageblatt «scheint j^e» Lag Abend» mit «»»nähme der Sonn- und Festtag«. Vierteljährlicher Bezugspreis bei Abholung in de» Expedition« in Riesa und Strehla oder durch uns«« ^Träger fni in» Hau» 1 Mart 80 Psg., bri Abholung am Schalt« d« kaiserl. Postanstaltm 1 Mark 28 Pfg., durch d«n Briefträger f«i in» Hau» 1 Mark SS Pfg. AnzrigemAmmhme sür di« Numm« d«> Ausgabetage» bi» Vormittag V Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Kastantenstraße SS. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt, Riesa. Bekanntmachung. Bei Ausführung des Umbaues der von Riesa nach Rödevau führenden Fahrstraße macht sich im Interesse eines raschen Fortganges der Arbeiten und der rechtzeitigen Fertigstellung -de» Banes die Sperrung dieser Straße von der Abzweigung des Wege« nach Leffa am Röderauer Eisenbahnviadutt bis zum Dorfe Röderau erforderlich und wird vorgedachte Wegestrecke von Donnerstag, de» 25. dieses Monats ab bis auf Weiteres gesperrt. Der Verkehr zwischen Riesa und Rüderem während der Dauer der Sperrung wird -über Lefla und Bobersen beziehentlich für die Fußgänger aus den Fußweg entlang deS Lisen- bahnviadukts verwiesen. Großenhain, am 22. Juni 1896. Die Königliche Amtshauptmannschast. 2138 L. v. «vilacki. Zr. Die zum Neubau von 15 Latrinenbaracken auf dem Truppenübungsplatze Zeithain er forderlichen Arbeiten als: Loos I Erd- und Maurerarbeiten im Gesammtbetrage von rd. 7700 Mk., Loo? II Zimmerarbeiten im Gesammtbetrage von rd. 4800 Mk., Loo» III Schmiede- und Eisenarbeiten im Gesammtbetrage von rd. 2700 Mk. mit bezw. ohne Material-Lieferung sollen in öffentlicher Verdingung vergeben werden. Zeichnungen und Verdingungsunterlagen liegen im Geschäftszimmer des unterzeichneten Garnison.Baubeamten, Dresden-Albertstadt, Administrationsgebäude, Eingang 6, I No. 94, an Wochentagen während der Geschäftsstunden 8—6 Uhr zur Einsicht auS und sind daselbst Ver dingungsanschläge gegen Erstattung der Selbstkosten zu entnehmen. Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: Neubau von 15 Latrinen, Truppen übungsplatz Zeithain, Erd- und Maurerarbeiten bezw. Zimmerarbeiten bez. Schmiede- und Eisenarbeiten bezw. LooS I oder II bezw. Loos III bis Montag, de« KV. Jsttttt 18SK Erd- und Maurerarbeiten Loos I 10'/, Uhr Borm. Zimmerarbeiten - II 10'/. - - Schmiede- und Eisenarbeiten - IH 11 - - postfrei an die vorbezeichnete Stelle einzureichen, woselbst die Eröffnung der Angebote in Gegen wart der etwa erschienenen Biet« erfolgen wird. Zuschlagsfrist 4 Wochen. Die Auswahl unter den Bewerben» ist Vorbehalten. Dresden, den 22. Juni 1896. Königlicher Garnisön-Baubeamter III, Dresden. vertttches und Sächsisches. Riesa, 23. Juni 1SS6. — Morgen ist wiederum der Sankt Johannistag. Wenn die Sonne ihren höchsten Stand am Himmel erreicht hat, der Tag am längsten und die Nacht am kürzesten ist, dann haben wir die Zeit der Sommersonnenwende oder Sankt Johannistag. Die alte Kirche hat dem Tag diese» Namen gegeben in Erinnerung an Johanne» den Täufer, den Vorläufer Christi, der einzig nur dem Herrn den Weg bereiten und auf sein Kommen die Menschen vorbereiten wollte, selbst aber willig zurück- und abtrat, al» er diesen Dienst der Entsagung geleistet. Er wußte, daß er abnehmen müsse, damit Christus, die ewige Sonne am Himmel, auf- fteigen und zunehmen könne. Nach dem Johannistag nehmen die Tage wieder ab, deshalb hat die alte Kirche diesen Tag nach dem Namen des Täufers genannt. — Zur Zeit des St. Johannistages ist die Welt reich mit Blumen geschmückt. Auf der Wiese am Bach blüht des Vergißmeinnicht und vom grünen Hag her verbreitet die Rose ihren süßen Duft und Wohlgeruch. Aber die Blüthen des Frühsommers bilden sich bereits in Früchte um, die der künftigen Ernte entgegen reifen, am Baum rundet sich der Apfel und die Birne und auf den Feldern entwickelt sich in den Aehren der erste süße Kern. So prangt die Natur am Johannistag wohl noch in ihrem schönsten Schmuck, goldiggrün glänzt das Laub an den Bäumen und Gärten und Wiesen find mit Blume« ge schmückt. Aber bald folgt dem Hochstand der Niedergang. Die Blüthe muß vergehen damit die Frucht reifen kann; reifen kann zur Ernte. — Und den Blumen auf der Wiese, den Aehren im Felde gleicht der Mensch. Zunehmen, ab nehmen, Werden und Vergehen ist auch unser Loos. E» giebt keinen Stillstand; wenn die Zeit der höchsten Ent wickelung gekommen, dann geht es wieder abwärts. Und wiewiele erreichen diese!» Zeitpunkt der höchsten Entwickelung nicht einmal. Wie viele fallen in den ersten Tagen des Werdens, der kaum begonnenen Blüthe, von den Stürmen des Lebens entblättert, von dem Wurm einer schleichenden Krankheit angefressen, angefaßt von rauhen Händen und ge knickt. Draußen liegt der Friedhof, der die Gräber unserer Lieben birgt, nach ihnen wendet sich sehnend unser Blick. Tausende sind gefallen in diesem und den vergangenen Jahren, kürzlich oder lange schon haben wir sie unter Thränen hinaus geleitet, auf dem Friedhof haben sie eine stille Ruhe- statt gefunden, ein reiches Leben d.ckt ein niederer Hügel zu. Am Johannistag wird jeder Grabhügel zum Altar, auf dem wir Opfer des Dankes und der Liebe opfern, Blumen und Thränen und ein ernste» Gebet sür die, die von uns schieden und für" uns. — Am vergangenen Sonntag Nachmittag fuhr der den Herren Gebrüder Tonne in Magdeburg gehörige stattliche Rad-Schleppdampfer „Königin Louise" oberhalb der sogen, „rauhen Furth" bei Niedermuschütz auf einen auf Lcm El» gründe liegenden Stein, wodurch das Schiff stark beschädigt wurde. Der Dampfer hatte zwei große Defekte it seinem Boden erhalten, durch die das Wasser mit rapider Neuig keit in die Schiffsräume drang. Glücklicherweise b fanden sich zwei Kettendampfer in der Nähe, die sofort den in Noth geratenen Schiffe zu Hilfe eilten und dasselbe miUels der in Betrieb gesetzter Pumpen über Wasser hielten, bis eine provisorische Ausbesserung der Defekte möglich war. Der Dampfer „Königin Louise", welcher lediglich auf der Strecke < Hamburg—Magdeburg verkehrt, beabsichtigte, auf der Schiffs werft der Sächsischen Dampfschiff- und Maschinen-Bauan stalt in Dresden sich einer größeren Reparatur zu unter ziehen. Ec dürfte seine Fahrt dahin inzwischen fortgesetzt haben, nachdem ihm gestern die beiden in Riesa angehängten Kähne wieder abzenommen und anderweit befördert worden find. — Die Berichte über die diesjährige Obsternte lauten im allgemeinen noch recht verschieden. Ein angemessene», wenn auch leider für die einzelnen Gegenden Sachsen» und de» Reiches nickt überall gleiches Erträgniß steht in allen Obstgattungen zu erhoffen. Sehr trübe lauten die Nachrich ten aus Westpreußey, wo die Raupe außerordentlich schädigend aufgetreten ist und Blätter und Blüthen der Obftbäume ver nichtet hat, o daß die meisten derselben, besonder» die Kir schen- und Pflaumenbäume, vollständig kahl dastehen. In Sachsen, auch in der Umgebung unserer Stadt, haben di« Obstbäume ebenfalls vielfach durch Raupenfraß und da anhaltend kalte Wetter im April gelitten. In Böhmen, von wo aus bereit» täglich große Sendungen von Kirschen in den Markthallen eintreffeN, find die ErnteauSstchten gut. In Bosnien steht sür diese» Jahr eine außerordentlich günstige Pflaumenernte zu erwarten. Der Ertrag derselben wird auf 2500 bis 3000 Eisenbahnwagenladungen geschätzt. — Bei der Ausfahrt von Gröditz entgleiste gestern zum Theil der Localgüterzug. Personen find bei dem Unfälle glücklicherweise nicht verletzt worden. — Für den 16. Juni 1906 erwartet da» „Bennoblatt" da» Ende der sächsischen evangelisch-lutherischen Landeskirche und den Uebertritt der Sachsen zum römischen Katholicismu». In der letzten Nummer des „BennoblatteS" heißt es nämlich Seite 241 in einem Artikel über „St. Benno" wörtlich: „So wollen wir denn am kommenden 16. Juni von Neuem recht innig zu unser« Schutzpatron flehen, daß er bei Gott sich für uns verwende, damit die sächsischen Lande unter dem segensreichen Scepter des Hauses Wettin recht bald wieder zur Glaubens einheit gelangen möchten und daß in zehn Jahren, am 16. Juni 1906, da» 800jährige Jubiläum des seligen Hinschti- den» de» h. Benno von dem im Glauben wieder geeinten ganzen Sachsenvolke mit dankbarem Jubel begangen werden könne." Man hegt jetzt in der That wieder recht weitgehende Hoffnungen! — Der dritte Strafsenat dr» Reichsgerichts hatte sich dieser Tage mit der so vielfach verschieden beurtheilteu Frage betr. de» Wurstfärben» zu beschäftigen. Da» Landgericht zu Altenburg hat auf Grund de» Nahrungsmittelgesetze» einen thüringer Wurstfabrikanten, der Cervelatwurst mit Karmin gefärbt hatte, verurtheilt. Der Vermtheilte wollte diese Frage zu einem endgültigen Austrag gebracht haben und brachte die Angelrgenhit beim Reichsgericht zur Entscheidung. Das Landgericht hatte es als feststehend erachtet, daß das Publikum einen Karminzusatz gegebenenfalls auch nicht er wartet, sondern verlange, daß die rothe Farbe der Wurst auf natürlichem Wege sich entwickelt habe. Dieser Anficht hat sich der dritte Senat des Reichsgerichts angeschloffen und die Revision des Angeklagten verworfen. Damit ist das Färben der Wurst endgültig al» strafbar anerkannt-und freisprechende UrtheUe in dieser Beziehung werden vom Reichsgericht wahr scheinlich aufgehoben werden. Strehla, 21. Juni. Da die städtischen Quellen neuerding» bedeutend weniger Wasser geben, so daß die Gefahr nahe liegt, daß die städtische Leitung in nächster Zett, gänzlich aufhört, so hat der hiesige Stadtgemeinderath, um eine Wasierersparniß herbeizuführen, bi» auf Weiteres aa- geordnet, daß 1) Kinder unter 10 Jahren Leimng-waffrr überhaupt nicht entnehmen, 2) Leitungswasier nur zu Trink- und Kochwasier verwendet werden darf, und 3) Gefäße an den Wasser - Entnahmestellen nicht gespült werden dürfen. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden mir Geldstrafe bi» zu 20 Mark oder Haftstrafe belegt. Königstein. Vorgestern wurden hier zwei Radfahrer, junge Kaufleute aus Dresden, von schwerem Unglück betrof fen. Dieselben kamen die neue FrstungSstraße hereingefahren, und während der Eine am Emgange der Stadt an eine Säule anfuhr und m't Gewalt über die Barriere ca. drei Meter tief auf die unten vorbeiführende ThürmSdorfer Straße geschleudert wurde, so daß er den Bruch beider Knochen des linken Unterschenkel- davontrug, fuhr der An dere ca. 100 Schritte weiter gleichfalls an eine Säule und zwar mit solch« Gewa t, daß sich bei ihm außer bedeuten den Verletzungen am Kopfe mehrere Rippenbrüche heraus- stellten. Die Schwerverletzten wurden in da- städtisch: Krankenhaus überführt. Ebersbach. Der Fuhrwerksbefitzer Brocz versuchte am Freitag seine Ehefrau im Verlaufe eine» händlich.-» Zwistes zu erschlagen. Auf die Hilferufe derselben herbeige eilte Nachbarn bedrohte der Unhold mit einer Mistgabel ; auch tödtete er einen Hund. Nachdem er gebändigt und in die Gefängnißzelle gebracht worden war, raste er so fürch terlich, daß ihm die Zwangsjacke angelegt «erden mußte, j "Freiberg. Man schreibt un»: Nachdem die Tage wiedergekommen sind, in welchen Eichen- dörffS herrliche Worte: „Wem Gott will rechte Kunst erweisen, den schickt er in die weite Welt!" so recht zur Wahrheit werden sür olle d e, welche sich noch den Sinn für Gottes schöne Welt bewahrt haben und nicht durch der Krankheit Fesseln an die Scholle gebunden sind, denken wir, ist eS auch an der Zeit, auf Punkte unsers Landes auf merksam zu machen, welch-, besonders werth sind, besucht zu werde». — Zu diesen gehört vor allen und mit Fug und Recht die alte Bergstadt Freiberg am Fuße des Erzgebirges, die Wiege des säch sischen Silberbergbaues. Ist doch Freiberg zunächst in historischer Beziehung bevorzugter und denkwürdiger al» die meisten anderen Städte Sachsens. — Im Jahre 1175 durch Markgraf Otto den Reichen gegründet, gereichte derselben emst der heute noch an ihrem großartigen Berg- und Hüttenwesen kenntliche reiche Silbersegen einerseits als Förderungsmittel zum Glück und brachte die Stadt zu raschem Aufblühen, andererseits aber wurde ihr dieser Silberretchthnm leider nur zu ost auch zum Unstern, denn die Bergstadt wurde wie derholt der Schauplatz verhängnißvoller Uebersälle und harter Be lagerungen; so kam sie 1297 durch Verrath in Kaiserliche Hände, in den Besitz des Adolf von Nassau. 1307 wurde eS Markgraf Fried rich dem Bedrängten durch die Hilfe seiner treuen Freiberger und ihre reiche StlberauSbeute möglich, die Kaiserlichen wieder zu ver jagen und siegreich in Freiberg einzuziehen. Auch sür die Hussiten war die Stadt ein begehrenSwerthrr Platz geworden, aber ihre star ken Ringmauern und Thürme schützten sie vor dem nahen Verderb n. Freiberg hielt jederzeit mit Aufopferung tapfer und treu zu seinem LandeSheirn. — Am 14. Juli 1445 wurde der Prinzenränber Kunz von Kauffungen auf dem Obermrr' e enthauptet. 1505-1^39 war Freiberg die Residenz Herzog He nrich deS Frommen, deS BaterS der beiden großen Chursürstcn Moritz und August; das Schloß Fre.den> stein sah der fröhlichen Tage des heiteren Fürsten damals gar viele. — Schwere, aber denkwürdige und zuletzt überaus ruhmreiche Zeiten erlebte die Stadt im 3« jährigen Kriege, wo sie zunächst 163L von den Kaiserlichen unter General EallaS geplündert und verwüstet, aber 163) von dem schwedischen General Bauer mit 20000 u-a n zivar mit glühknden Kugeln beschossen, aber vergeblich belagert worden war. Edens» wurde im Winter 1612-1643 die äußerst hartnäckige