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Riesaer K Tageblatt und Anzeiger MM« und Anzeiger). Telegramm-Adresse -tzchI FL 6 S«n>sp«chftrllr „Tageblatt-, Ries«. «r «. der König!. Amtshauptmannschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Mesa. 214 Freitag, IS. September 18SS, Abends. 48. Jahrg. ?ac- Tc.Pdiall er>chci>tt jede» Abende- »ul Aus-whme der Leun- nnd Festtage. Vierteljayrlichet Bczn^vtnci,' bei Abyvlimg in den Expeditionen in Riesa und Strehla, den Ausgabestellen, iowie am Schalter der laijerl. Pvstansialtcn Mark 25 Ps., durch die Träger frei inS Haus l Mark 50 Ps., durch den Briefträger frei inS HauS 1 Mark 65 Pf. Anzcigen-Aimahmc für die Nummer des Ausgabetages bis Vormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Truck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Kastanienstraße 59. — Für die Nedaction verantwortlich: Hermann Schmidt in Ries«. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des geisteskranken Friedrich Moritz Sachse aus Bobersen wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Niesa, den 12. September 1895. Königliches Amtsgericht. Heldoer. Bekannt gemacht durch: Sänger, G.-S. Die Lage in Macedonien zeigt zur Zeit — nach außen wenigstens — ein Bild allge meiner Ruhe. Seit den letzten „Heldenthaten" von Janakli und DoSpat haben die bulgarischen Freiheitskämpfer ihre Feindseligkeiten gegen die türkischen Truppen und gegen fried liche mohammedanische Dörfer eingestellt und es der bul garischen Presse überlassen, den Russland in Macedonien einstweilen mit der Feder weite'zuführen. Bulgarische Zeitungsberichte über seitdem wieder in Macedonien erfolgte Kämpfe tragen das Gepräge journalistischer Mache und werden auch nirgends für baare Münze genommen. In dem auf dem Schauplatze der macedonischen Schilder hebung eingetretenen Ccenenwechsel hat man es allem An scheine nach, »eint das „Dr. I." mit der kunstgerecht auS- geführten Arbeit der unsichtbaren Leiter der aufständischen Bewegung zu thun, die nach der jeweiligen allgemeinen Lage in Europa in diesem Wetterwinkel des europäischen Fest landes die Temperaturveränderungen machen. Nach ihrer Meinung ist die europäische Diplomatie heute vollauf von der Lösung der armenischen Frage in Anspruch genommen, wobei sich die Türkei auf dem besten Wege zu ihrer Ent mündigung durch die Echutzmächte befinde. Wozu sollen sie also zur Bekämpfung der staatlichen Autorität der Türkei in Macedonien ihr mühevoll und nur in geringer Menge aufgesammeltes Pulver verschießen lasten, solange die großen Kanonen der europäischen Staatskunst in ungleich ersprieß licherer Weise für sie aufgefahren werden? Nach verläßlichen neuesten Berichten aus Konstantinopel täuscht sich dort auch niemand darüber, daß die gegenwärtige Ruhe in Macedonien nur zeitweilig sei. Dian unterschätzt dort keineswegs die wirkliche Leistungskraft der Führer der ausständischen Be wegung in Macedonien. Letztere haben ungeachtet aller un widerleglich festgestellten Mißerfolge von einzelnen Unter nehmungen, doch im Ganzen bereits den beabsichtigten Zweck des Aufstandes erreicht. Die Kämpfe im Perim Dag und dar Vordringen der aufständischen Banden bis zu« Strumitza- fluß nöthigten die türkische Regierung zur Entfaltung größerer Truppenmacht, die ihrerseits nur mit starken Verlusten die Ordnung und Ruhe in diesem AufftandSgebiete wiederherzu stellen vermochte. Der Ueberfall der Gebirgsstadt Melnik und die „Einnahme" und Zerstörung de« Dorfes DoSpat haben außerdem im Sandschak von SereS eine große Auf regung unter der gesammten Bevölkerung erzeugt, die staat lichen Behörden, welche diese Blutthaten nicht verhindern konnten, um all ihr Ansehen gebracht und außerdem in Konstantinopel selbst einen schlimmen Eindruck hervor gerufen. Diese Unternehmungen der Aufständischen endeten zwar damit, daß letztere hinter die bulgarische Grenze gedrängt wurden, aber sie haben doch zur Folge gehabt, daß die hohe Pforte umfassende militärische Vorkehrungen gegen die bulgarischen „Räuberbanden" treffen mußte. Greifbare politische Ereignisse sind diesem Handstreiche der Aufständischen deshalb versagt geblieben, weil in jenen Tagen die Aufmerksamkeit der europäischen Diplomatie durch die Vorgänge in Armenien und Ostasien von den Balkan dingen abgelenkt war. Eben dieser Umstand veranlaßt in dessen die Leiter dcr aufständischen Bewegung, während der jetzt eingetretenen Waffenruhe ihr ganzes Bestreben daraus zu richten, daß wenigstens Rußland endlich aus seiner Re serve herau-trete und seinen Einfluß zu Gunsten Makedo niens in Konstantinopel einsetzr. Seitdem der russische Ad miral Kapytone, der zur Zeit die russische Flotte im Schwarzen Meere befehligt, im Palast des russischen Bot schafters in Bujukdere die Taubenpost hat einrichten lasten, welche eine Verbindung mit Sebaftopol in unauffälliger Weise unterhalten soll, glauben die Führer der panbulga rischen Bewegung fest daran, daß Rußland eine energische Aktion auf eigene Rechnung und Gefahr plane, um die orien talische Frage wieder in Fluß zu bringen, und daß lie rus sische Diplomatie dabei der Unterstützung durch die Bulgaren bedürfen werde und auf eine solche rechne. Die letzten Meldungen über neue umfangreiche Rüstungen und Waffen ankäufe feiten der türkischen Kriegsverwaltung nähern diese Erwartungen der macedonischen Aufrührer, welche die Stunde der Befreiung Makedoniens vom türkischen Joche schon nahe wähnen. Wie weit diese Hoffnungen der aufständischen M«- cedonier tatsächlich gerechtfertigt sind, entzieht sich zur Zeit der Beurthcilung, doch erscheint es als wahrscheinlich, daß ein etwaiger nächster Ausbruch des Aufstandes in Macedonien im Anschluß an die zu gewärtigenden Entschließungen der russischen Diplomatie in der armenischen Frage erfolgen dürfte. Tage-gefchichte. Deutsche» Reich. Kaiser Franz Joseph und unser König Albert sind gestern von Stettin abgereist. Kaiser Wilhelm begleitete den Kaiser Franz Joseph zum Bahnhof, wo auch der König von Sachsen erschien. Stach herzlicher Verabschiedung bestieg Kaiser Franz Joseph den Sonbrrzug zur Rückreise nach Wien. Dann nahmen der Kaiser Wil helm und der König von Sachsen in inniger Weise von ein ander Abschied. Der letztere reiste um 5 Uhr 30 Min. nach Dresden ab, während Kaiser Wilhelm sich sofort an Bord der „Grille" begab und nach Swinemünde fuhr. — Der „Reichsanzeiger" schreibt anläßlich der Abreise des Kaisers von Oesterreich: Tausende erblickten tn den letzt:» Tagen die ritterliche Gestalt, gleichsam die Verkörperung d.r treuen BundeSgenossenschaft, worin Oesterreich-Ungarn mit dem Deutschen Reich zum Bollwerk des europäischen Friedens zu sammengeschlossen ist. Die Begeisterung des Empfanges möge den hohen Gast überzeugen, daß die Anhänglichkeit an das befreundete Nachbarland in die Herzen aller guten Deut schen unzerstörbar fest gewurzelt ist, daß das Deutsche Reich mit den Brüdern in Oesterreich-Ungarn ein» in Liebe und Verehrung für Franz Joseph sei. — Die „N. A. Z." sagt: Der Besuch des Kaisers Franz Joseph galt'zunächst den militärischen Uebungen. Aber die neuerliche Bekundung der herzlichen Beziehungen beider Herrscher wird immer wieder in dem kräftigen Puleschlag, in der Freude an den segens reichen Früchten erneuert, welche der Kriedensbund, dem sich auch Italien beigesellte, getragen und in der Hoffnung auf die Zukunft, welche durch das Bündniß gegen alle Jährlich- keiten gesichert erscheint. Mil dem Ausspruch hoher Ver ehrung, welche dem Kaiser Franz Joseph alle Nationen dar bringen, verbindet das beutiche Volk den Dank, den es dem Herrscher schuldet, der in treuem Zusammenwirken mit un serem Kaiser den von den Völkern Europas ersehnten Frieden bis zur Stunde unerschüttert erhalten und weiter zu wah ren gewillt ist. Graf v. Waldersee ist zum Generaloberst der Kavallerie mit dem Range als Feldmarschall ernannt worden. Bei den gegenwärtigen Kaifermanövern werden Versuche mit einer neuen Art von Zeichenfernsprache angestelll. Das System ist ungemein einfach und stellt nur an die geistigen Fähigkeiten, die Gewandtheit und Aufmerksamkeit der auS- führenden Soldaten ziemlich große - Anforderungen. Die Zeichengeber sind nur zwei kleine roth-weiße Flaggen an etwa */, Meter langen Stäben. Mit diesen Flaggen, deren jeder Telegraphirende zwei erhält, werden durch verschiedene Streckungen der Arme, durch kreisförmige Bewegungen und durch die mannigfaltigsten Stellungen der Fähnchen ent sprechende Zeichen gegeben, d. h. also, nach dem Alphabet Gespräche geführt. Ausgebildet in dieser Kunst des Tele- graphirenS sind bis jetzt hauptsächlich Spielleute (Tamboure und Hornisten), von denen im Manöver bei Beginn der Gefechtsformationen je einer den kommandirenden Offizieren, wie dem Bataillonskvwmandeur, dem Kompagniechef u. s. w. zugetheilt wird und sich dann stets neben ihm befindet, um die betreffenden Signale zu geben. Nach einer Mittheilung in der „Chemiker-Zeitung" hat sich in New-Aork eine Vereinigung von Technikern und Patentanwälten gebildet, welche eine Agiiation gegen da deutsche Patentamt ins Leben rufen will, da angeblich die Amerikaner mit ihren Patentgesuchen vom deutschen Patent amt ungünstiger behandelt werden als die Angehörigen anderer Staaten. Der Kongreß der Vereinigten Staaten soll zu Gegenmaßregeln gegen Deutschland veranlaßt werden. Die „Köln. Ztg." erörtert anläßlich de» Hinscheidens der Erbzroßherzogin von Oldenburg die dereinstige Thronfolge de» GroßherzozthumS. Das Blatt meint, es sollten Schritte Methan werden, um den Sohn des jetzigen Haupte« der jüngeren Linie, den Prinzen Peter, al« voraussichtlichen Thronerben zum Eintritt in deutschen Dienst zu veranlassen. Der Prinz sei dem Deutschthum aus'« Höchste abgeneigt. Fall« er nicht seinen Austritt aus dem russischen Dienste erkläre, so solle man ihn von der Thronfolge ausschließen. Auch die „T. R." spricht sich zu der Frage aus. Sie fände e« viel richtiger, wenn sie durch ein Reichsgesetz grundsätzlich geregelt würde. „Wenn die verbündeten Regierungen, in denen ja zugleich der Wille der deutschen Fürsten zum Aus druck kommt, unter Zustimmung des Reichstages ein für allemal Ausländer — der Begriff läßt sich leicht näher um grenzen — von dem Erbfolgerechte auf deutschen Thronen ausschlöffen, so würde ein solcher unumstößlicher Beschluß der deutschen Fürsten und des deutschen Volkes alle weiteren unliebsamen Erörterungen über deutsche« Fürstenrecht un möglich machen. Es wäre sehr gut, wenn einmal auf diesem Wege zum Ausdruck käme, daß es zwischen den dynastischen Interessen der deutsche» Fürsten und der Ehre und de« nationalen Empfinden des deutschen Volkes keinen Widerspruch geben kann uns carf. Andererseits ist es in unserer Zeit unmöglich, ein großes Volk mit der Anschauung zu befreunden, daß über einen Thron nach denselben Rechtsgrundsätzen wie über ein Privatgut verfügt wird. Jeder Versuch nach dieser Richtung hin, der in augenfälliger Weise dem nationalen Empfinden zuwiderläuft, kann nur dem monarchischen Princip schaden. Ein Pr'nz von 27 Jahren, der in Rußland geboren und erzogen, in russischen Anschauungen aufgewachsen, mit dem russischen Kaiserhaus« verschwägert, im russischen Heere«, dienst« steht, kann überhaupt nicht mehr zum Deutschen werden, wenn auch sein Urgroßvater ein Deutscher war. Wozu also erst die Komödie aufführen, daß man ihn zu« Eintritt in deutschen Dienst auffordert?" Durch die Gründung der VerkaufSgenossenschaft Worms im Anschluß an ein mit Silo-Einrichtungen versehenes Lager haus daselbst ist im Verband der landwirthschaftlichen Vereine des GroßherzozthumS Hessen ein erfreulicher Anfang mit dem genossenschaftlichen Verkauf des Getreides gemacht worden. Diese Maßregel der Selbsthilfe soll nun für den ganzen Landesverband verallgemeinert werden, und zwar wird die in der nächsten Woche (19. September) in Gießen statt- findende Generalversammlung der drei landwirthschaftlichen Prooinzialvereine des Landes berufen sein, diese Angelegenheit in entscheidender Weise zu försern. Die Tagesordnung der Versammlung weist nämlich außer der Eröffnungsansprache des Präsidenten de- LandeSau-schusseS der landwirthschaftlichen Vereine des Großherzogthum» (Kreisrath Haas-Offenbach) nur zwei Gegenstände auf, einen landwirthschaftlich-technischen und einen volkswirthschastlichen. Der erstere betrifft sie ausreichende Organisation und Förderung der Rindviehzucht, der zweite den die landwirthschaftlichen Kreise ganz Deutschland- lebhaft bewegenden genossen schaftlichen Verkauf des Getreides und die Er richtung von SUo- und Lagerhäusern zu diesem Zwecke. In beide« Punkten werden der Versammlung präcise Resolutionen ' zur Annahme vorgelegt. Was die Rindviehzucht betrifft, so ' beabsichtigt der LanVeSauSschuß, durch geeignete Beschlüsse, hinter welchen die Autorität der ganzen hessischen Landwirtschaft sicht, eine ausreichende Grundlage für ein planmäßige- ener-