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Riesaer G Tageblatt Freitag, 1. Februar 18SS, AveudS. 48. Fahrg Das Riejaer- Tageblatt ericheini irve» Tag Abends mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. BierteljShrlicher Vega,«preis bei Abholung ln den «kpedittonen tn Riesa und Strehla, den . I»wt» am Schalter der laürrl. Pojtanstalten 1 Mart LS Ps., durch dir Tröger frei InS Hau« l Mark SO Ps.. durch den BriestrSger frrt tn» Hau» 1 Marl 6K Pf. Aazetzm-Amiah«» Pa HP Mmm« de» Ausgabetages bi» Vormittag 9 Uhr ohne Guvähr. ««d A«r»1S»r Alycher). Tclegramm-Adrelf. HA» chL 6 »Efhnch st la ,r»>«blatt*. Airs«. H-NvR'DT'A'H' Nr. >0 der König!. Amtshauptmannfchast Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich tn Rtrla. — Geschäftsstelle: Kastanienitrabr VS. — Für dir Rrdaetion »eamtwarillch: Per». Schmidt M Nies«. Bekanntmachung. Auf dem Arti^erie-Schießplatze bei Zeithain wird das Königliche 3. Feldartillerie- Regiment No. 32 am S. Februar dieses Jahres Vormittags «'/, bis 11 Uhr Scharfschiessen abhalten. Die Absperrung des gefährdeten Geländes erfolgt auf fäimntlichen nach dein Schießplatz führenden Wegen an Stelle der bisherigen Schlagbäume mittelst Leinen, an welchen Warnungs tafeln mit der Bezeichnung: „Verbotener Weg! Es wird geschossen" angehängt werden, sowie durch Patrouillen. Außerdem sind längs des gefährdeten Geländes rothe Flaggen ausgestellt. Es wird dies zugleich unter Hinweis auf die in No. 29 des Riesaer Amtsblattes abgedruckte amtshauptmannschaftliche Bekanntmachung vom 31. Januar 1891, l). 78, Sicher- hcitsbestimmungen bezüglich der Absperrung des Schießplatzes Zeithain und des zu sichernden Geländes während der Schießübungen der Feldartillerie betreffend, ingleichen auf die amtshaupt mannschaftliche Bekanntmachung vom 16. Mai 1894 — No. 113 des Riesaer Amts blattes — zur öffentlichen Kenntniß gebracht und werden die Ortsbehörden der umliegenden Gemeinden veranlaßt, die Einwohnerschaft der letzteren auf dem vorgeschriebcnen Wege auf gegenwärtige Bekanntmachung ausdrücklich hinzuweisen. Hierzu wird noch bemerkt: 1. DaS widerrechtliche Zueignen von Geschoß- und Zündersprengstücken oder blind gegangenen Geschossen ist verboten und wird im Betretungsfalle nach H 291 des Reichsstrafgesetzhuchs Strafantrag gestellt werden. 2. Das Berühren blindgegangener Geschosse ist mit Lebensgefahr verbunden. 3. Ein gefundenes blindgegangencs Geschoß ist an Ort und Stelle liegen zu lassen, der Fundort aber kenntlich zu machen und dem auf dem Schießplatz befindlichen Abtheilungs- Commando mitzutheilen. Königliche Amtshauptmannschaft Großenhain, am 29. Januar 1895. O. 397. V. Wilucki. Tn. Die Lieferung von ca. 1700 lex versch. trockener Gemüse, 200 tcg Weizenmehl, 6000 ks Roggenbrot, 1500 kg Semmel, 5000 ks Kartoffeln, 800 kg Diohrrüben, 500 Kx Speisesalz, 3500 kA Flei chwaaren, 250 kx Butter, 20 Schock Eier, 700 Port. Lagerbier, 50 kl Braunbier, 30 kl Milch auf die Zeit vom 1. April 1895 b. m. 31. März 1896 soll unter den zur Einsicht im Geschäftszimmer der unterzeichneten Verwaltung ausliegenden Be dingungen öffentlich vergeben werden. Verschlossene mit der Aufschrift „Angebote'auf Verpflegsgegenständc" versehene Zuschriften sind bis zum 8. Februar e. Bormittag- 1v Uhr, zu welcher Zeit Termin statt findet, portofrei anher einzusenden. > Riesa, am 1. Februar 1895. Königliches Garnison-Lazareth. Die vorzeitigen Veröffentlichungen der kaiser lichen Erlasse durch da» socialdemokratische Centralorgan haben mit Recht großes Aufsehen erregt, da man aus ihnen den Schluß ziehen oarf, daß die Umsturzpartei auch in Hoskreisen ihre Gönner und Freunde hat. Es wäre mehr als thöricht, wenn man die Gefahren, die sich aus solchen geheimen Verbindungen ergeben, unterschätzen wollte. Wir sind tberzeugt, daß die paar Veröffentlichungen vertraulicher Aktenstücke, die durch den „Vorwärts" und andere socialdemokratische Blätter erfolgt sind, nur einen kleinen Thcil der Ergebnisse dieser Verrätherei darstellen und, trotz des Aussehens, das sie erregt haben, nicht einmal den gefährlichsten. Die „Hamburger Nachr." haben jedenfalls Recht, wenn sie diese Publikationen nur als socia- Uslische Ironie auf die vielgerühmte Zuverlässigkeit des BeamtenstandeS betrachten; sie soll der Bevölkerung zum er» schreckenden Bewußtsein bringen, welche Beziehungen die socialdemokratische Partei schon jetzt unterhält. Die wirklich wichtigen Nachrichten, welche die socialdemokratischcn Führer auf de« Wege der Spionage erhalten, werden sie sich hüten an die große Glocke zu hängen. Gerade das, was die Social demokratie auf Schleichwegen erfährt, aber verschweigt, ver ursacht Beunruhigung. Ueber den Zweck der socialistischen Hintertreppenverbindungen und geheimen Bundesgenossen schäften kann kein Zweifel sein. Er besteht darin, diejenigen Kreise, welche Träger der Staats- und Rechtsordnung sind, nach nihilistischem Muster zu zersetzen, damit, wenn der „große Tag" der socialistischen Erhebung anbricht, auf allen Seiten der Zusammensturz gleichzeitig erfolgt und die dadurch entstehende Verwirrung den Sieg des Ausstandes erleichtert. Es liegt Methode in diesen Bemühungen, schreibt das oben genannte Hamburger Blatt, das ist nicht zu leugnen. Das Heer wird trotz aller Abwehr- und vorstchtSmatzregeln un ablässig in den Schichten der Mannschaften und Unteroffiziere bearbeitet. Namentlich bilden die Unteroffiziere das Lieblings objekt der socialistischen Einwirkung. Die Unteroffiziere sollen, wenn es einmal zum Konflikt kommt, ihre Leute veranlassen, zu hoch zu schießen oder sonstwie die aufständischen Horden der Socialdemokratie zu schonen. Es ist auch Thatsache, daß die Socialdemokratie besondere Vertrauensmänner auf Avance ment ml Unterosfiziercorps dienen läßt, damit diese auf ge schickte und unfaßbare Weise außerhalb de» Dienstes ihre Kameraden beeinflussen. Ferner unterhält die Socialdemokratie allen officiellen Erklärungen zum Trotz und ohne daß die Vorgesetzten es controliren oder gar hindern können, in den unteren Kreisen der Beamten der Berkehrsanstalten zahlreiche Verbindungen, deren Ausnutzung im kritischen Momente dem Staate ungeahnte Hindernisse und Schwierigkeiten bereiten, die schnelle Ausführung seiner Sicherheitsmaßregeln hemmen kann. Und ähnliche Befürchtungen find nicht von der Hand zu weisen betreffs der niederen Executivbeamten, sowie betreffs aller sonstigen Institutionen, deren Wirksamkeit im Sinne . ihrer gesetzlichen Bestimmung von dem Verhalten der mäßig ' besoldeten und deshalb socialistischen Einflüsterungen leicht zugänglichen unteren Angestellten abhängig ist; der Hilfe nicht zu gedenken, welch« der Socialdemokratie für den Fall eines Aufstander durch den Streik von Arbeitern in Betrieben geleistet werden kann, deren ungestockter Fortgang mehr oder minder wichtig ist für die schnelle Niederwerfung einer Revolte. Diese Erwägungen und Thatsachen leiten immer wieder darauf hin, daß das wahre Ziel der Socialdemokratie in de« gewaltsamen Umsturz besteht. Die Socialdemokratie betrachtet sich tatsächlich dem Staate gegenüber im Kriegszustände; sie hält jedes Mittel zur Schwächung und Schädigung desselben für erlaubt und wendet es an, wo sie es vermag. Dieser Sachlage gegenüber ist es Pflicht des Staate«, wenn er sich nicht selbst aufgeben und vor der Socialdemokratie kapituliren will, mit allen Mitteln, die ihm zu Gebote stehen, die Gefahr zu beseitigen, die ihm von dieser Seite droht. Die obige Schilderung läßt deutlicher «ls jede theoretische Darstellung erkennen, daß die jetzige Umsturzvorlage noch nicht einmal ausreicht, die socialistischen Unterminirungsversuche zu ver hindern. Wir hoffen daher, daß, wenn die jetzige Umsturz vorlage, die nach der authentischen Erklärung der Regierungs- Vertretung das Mindestmaß dessen darstellt, was die Regierung zur Bekämpfung der Umsturzbestrebungen verlangen muß, abgelehnt wird, die Regierung nicht zögern wird, an das Land zu appelliren. Allerdings sind wir der Ansicht, daß dieser Appell wirkungsvoller gewesen sein würde, wenn er nach Ablehnung eines wirklichen SocialistengesetzcS erfolgt wäre, da- offen den Zweck verfolgte, die gemeingefährlichen Bestrebungen der Socialdemokratie zu treffen. Die Ablehnung eines solcher. Gesetzes würde nach den Erfahrungen der letzten Zeit bei den Wählern einen weit stärkeren Eindruck hervor- geböacht haben, als die der Umsturzvorlage, welche der Opposition bei der etwaigen Neuwahl alle Gelegenheit zur Irreführung der Wähler, sowie zum Fischen im Trüben bieter. Wie die Dinge augenblicklich liegen, läßt sich daran kaum etwas ändern, aber solche Erwägungen führen vielleicht dazu, falls es zur Ablehnung des Gesetzes und zur Auflösung kommen sollte, die jetzige Vorlage der Wahlagitation zu ent ziehen und den Erlaß eines direkten Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Socialdemokratie als das Programm der Regierung und der Ordnunzsparteien offen und rechtzeitig zu proklamiren. Tagesgeschichte. Deutsche- Reich. Die Vertretungen der Städte Pforzheim und Heidelberg ernannten den Fürsten Bismarck zum Ehrenbürger. Seit Jahren sind vielfach ausländische, mit einem ge fälschten Umlaufsstempel versehene Prämtenpapiere in den deutschen Verkehr gebracht worden. Die Fälschungen waren — unter Verwendung echter Stempelmarken, welche von Prämienpapieren, bei denen sie entbehrlich geworden, losge löst und auf ungestempelte Stücke übertragen wurden — in zwiefacher Art au-geführt. Entweder hatte der Fälscher die Marken nach Tilgung des echten Stempelaufdrucks mittel» eine« nachgeahmten Prägestempel« neu abgestempelt, oder er hatte den auf den Marken verbliebenen Thril de« echten Aufdrucks über den Rand der Stempelmarke hinaus künstlich mit Hülfe eines Prägestempels oder mit Tinte und Stift ergänzt. Neuerdings ist es gelungen, einen Urheber solcher Fälschungen in der Person des Geldwechslers Hochwald au« Krakau zu ermitteln, welcher dieserhalb vor Kurzem durch Erkcnntniß des K. K. Landgerichts Wien rechtskräftig wegen Betruges zu einer viermonallichen Kerkerstrafe verurtheilt worden ist. Aus Veranlassung des Auswärtigen Amtes sollen die Handelskammern erneut darauf hingewiesen werden, daß bei der Waareneinfuhr nach Rußland stets die genauesten Ge wichtsangaben erforderlich sind. Ferner soll den Handels kammern eine Verfügung über Zollerhöhungen in Italien, sowie die italienische Zollvorschrift mitgetheilt werden, wo nach Schiffe 48 Stunden nach ihrer Ankunft in einem ita lienischen Hafen keine unverzollten ausländischen Cigarren noch unverzollten ausländischen Tabak mehr an Bord haben dürfen. Vom Reichstage. Gestern wurde die Berathung wegen Aufhebung der dem Statthalter von Elsaß-LothringLN übertragenen außerordentlichen Gewalten und des Antrages Colbus wegen Abänderung des Gesetzes, betreffend die Ver fassung und die Verwaltung Elsaß-Lothringens, beendet. — Abg. Preiß (Els.): Die Regierung hab» ihre Aufgabe in Elsaß-Lothringen von Anfang an falsch aufgesaßt; gründliche Umkehr thue Noth. Der Diktaturparagraph werde aufrecht erhalten, weil sich mit ihm gar zu leicht regieren lasse. Nicht im Lande selbst sehe man jetzt den Grund für die Diktatur, sondern in der auswärtigen Agitation, und dafür müsse das Land büßen. Das sei das Hinderniß für die innerliche An» Näherung der Elsaß-Lolhringer an Deutschland. — Preußischer Mnisler des Innern von Köller: Die Verhältnisse in Elsaß-Lothringen seien Gott sei Dank ganz anders, als sie der Abg. Preiß geschildert habe. Das Land werde sehr gut und sehr sparsam verwaltet; die Behauptung, daß die ganze Verwaltung unter dem Stigma deS Diktaturparagraphen stehe, sei daher ganz falsch, ebenso das geringschätzige Urtheil über den LandesauSschuß. Es gebe kein Parlament in Deutschland, das sachgemäßer und ruhiger die Diskussion führe, als das in Elsaß-Lothringen. Das Berhältniß zwischen den Beamten und der Bevölkerung sei ebenfalls sehr günstig,, und die Annäherung der Elsaß-Lothringer an Deutschland habe wesentliche Fortschritte gemacht; die Bevölkerung sei glücklich, d«ß sie jetzt einem Reiche angehöre, wo e« ruhiger zugehe, als in ihrem früheren Vaterlande. — Abg. Prinz zu Hoh'enlohe (b. k. F.): Er habe nicht, wie in der gestrigen Debatte behauptet worden, in seinem Wahlkreise geäußert, daß er den Diktaturparagraphen für entbehrlich halte, sondern nur, daß er die Zurücksührung der Gesetzgebung in normale Bahnen in absehbarer Zeit für wünschenswerth halte ; ob die Möglichkeit dafür früher oder später eintrettn werde, hänge von der Entwickelung der Verhältnisse ab. Gegenwärtig könne wegen der auswärtigen Agitation an eme Aenderung nicht gedacht werden. Die Bevölkerung tn Elsaß- Lathringen habe übrigens für da« materielle Wohlergehen ihre« engeren Vaterlandes mehr Interesse als für hochpoli tische theoretische Diskussionen über die sogenannte Diktatur. — Abg. Lenzmann (ft. Volksp.): Der gegenwärtige Zu-