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Unter den Fragen, welche zur Zeit den JustizauSschuß de« BundeSratheS beschäftigen, befindet sich auch die einer Bestrafung unwahrer, nicht eidlicher Zeugenaussagen. Die „N. A. Z." bespricht diesen Gedanken an leitender Stelle und weist darauf hin, daß Rechtspflege im Grunde nichts Anderes ist, al« Wahrheitsermittlung, und daß nicht bloß der Mein eid, sondern überhaupt auch die vor Gericht gesprochene Un wahrheit die geordnete Rechtsverwirklichung gefährdet. Von manchen Seiten wird in den geplanten Strafbestimmungen eine Einrichtung gesehen, die leicht zu Mißbräuchen führen könne. Indessen ist da» wohl kaum zu befürchten. Der Gedanke erscheint vielmehr al« ganz naturgemäß und ent« springt alten gesunden Rechtsgrundsätzen. Italien. Der radikale „Messaggero" erhält aus Turin und zwar von einem au- Lyon gekommenen Augenzeugen Details ül er die Verfolgungen, die Italiener in Frankreich jetzt zu erleiden hätten. In Turin wurden gestern zwei tausend Flüchtlinge erwartet. Die Flüchtlinge berichten, daß der französische Pöbel unglaubliche Gemeinheiten beging. Alte Männer, Frauen und Kinder wurden blutig geschlagen und die Flüchtlinge aller ihrer Habe beraubt. Viele Italiener mußten vor der andringenden Menge aus den Fenstern springen. Siner Krau entriß ein vom Absynthgenuß be trunkener Haufe ihr kleines Sind, daß die Mithenden schlugen und der Mutter nachschkeuderten. Sin sechzigjähriger Man», der seit dreißig Jahren in Lyon wohnte, wurde derartig mißhandelt, daß er für todt aufgehoben wurde. Zweihundert- fünfzig italienische Geschäfte wurden im Ganzen geplündert. Zwei beim Bürgermeister von Lyon, ihrem Onkel, wohnende junge Italiener, die die Handelsschule besuchen, mußten aus Umwegen au- der Stadt fliehen. Die in Turin ange- kommenen Flüchtlinge zogen tumultuirend vor das französische Konsulat, das sofort von zwei Kompagnien Soldaten um geben wurde. Die Truppen sind auch in Turin konsignirt. Aremkreich. Das Leichenbegängniß Carnots findet, wie nunmehr endgiltig bestimmt wurde, am Sonntag statt. Die kirchliche Trauerfeierlichkeit wird in der Notredame-Kirche zu Paris zelebrirt. Die Offiziere der Land- und Seemacht legen einen Monat hindurch Trauer an. Der Lyoner Muni- zipalrath wird iü seiner Gesammtheit dem Leichenbegängniß EarnotS beiwohnen. Der Text der letzten Rede des Heim gegangenen Präsidenten wird in den Archiven aufbewahrt werden. Der Gemeinderath von Lyon hat 10000 Franks als Beitrag für ein dort zu errichtendes Denkmal Carnots bewilligt. England. Am Montag nahm der große schottische Kohlengrubenarbeiter-Strike seinen Anfang. Heute werden «0000 Mann feiern. Der Ausstand dürfte jedoch nicht lange dauern. Einige Bergwerksbesider, die dem Verbände der Arbeitgeber nicht angehören, sind bereit, den Arbeitern den jetzigen Lohn zu gewähren, ohne ihnen einen Schilling abzuziehen. Die Arbeiterführer sind aber dagegen, daß Aus nahmen gemacht werden. Von den Strikern gehören 30000 Mann dem Bunde der Bergleute GroßbritanienS an. Der Bund hat verordnet, daß jedes Mitglied 6 Pence die Woche zur Unterstützung der Ausständigen zu zahlen hat. In Eng- land sind die Kohlenpreise schon gestiegen. OertlicheS mW TiichsischtS. Riesa, 28. Juni 1894. — In der am Dienstag Nachmittag 6 Uhr stattgehabten Stadtverordnetensitzung waren anwesend die Herren: Thost, Pietschmann, Hamnntzsch, Nitzsche, Schneider, O. Barth, Heldner, Förster, Dr. Mende, H. Barth, Starke, Schütze, Donath, Thalheim, Richter und Berg; entschuldigt waren ausgeblieben die Herren Braune und Barthel. Als Raths- deputirte wohnten der Sitzung Herr Bürgermeister Klötzer und Herr Stadtrath Schwarzenberg bei. Unter Leitung des Vorsitzenden, Herrn Rendant Thost, gelangte in dieser Sitzung Nachfolgendes zur Berathung und resp. Beschlußfassung: I. In seiner Sitzung vom 19. d. M. hatte das Kölle- gium bei Berathung des neuen Ortsstatuts der Stadt Riesa bezüglich einiger Paragraphen desselben die Beschlußfassung ausgesetzt und diese dem Rechtsausschuß zur Berathung und gutachtlichen Aeußerung überwiesen. Der RechtSauSschuß hat demgemäß die betr. Paragraphen einer Prüfung und Bera thung unterzogen und äußert sich zu 8 16 Absatz 1 des Sta tutentwurfs dahin, daß derselbe folgenden Wortlaut zu er halten habe: „Die Gemeindeunterbeamten werden mit ein vierteljährlicher (im bisherigen Entwürfe einmonatlicher) Kündigung angestellt." Der Rath hat sich nicht gegen die Annahme dieser Aenderung erklärt, obwohl derselbe der An sicht ist, daß in dieser Aenderung eher ein Nachtheil al« ein Vortheil für die Beamten zu finden sei. Stadtv. H. Barth frägt an, wie sich der Stadtrath event. stellen würde, wenn von irgend eine« Beamten wegen Ueberuahme einer vor- theilhafteren Stellung oder aus einem anderen Grunde ein Gesuch um baldige Entlassung eingereicht werde? Bürger meister Klötzer meint, es sei eben besser gewesen für den Beamten, etwa- foroern zu können, als erbitten zu müssen, im Uebrigen aber werde der Stadtrath im bezeichneten Falle von diesem seinem Rechte nur in besonderen AuSnahmefällen Gebrauch machen. Stadtv. H. Barth spricht den Wunsch aus, bei Entlassungen von Beamten vorher da- Kollegium darüber zu hören. Bürgermeister Klötzer bemerkt, daß sich alsdann der Absatz 2 des K 18, welcher lautet: „Bei der Wahl und Entlastung de- StadtkassirerS, de- Steuereinneh mers und de- Sparkasienkassirers sind die Stadtverordneten mit ihrem Gutachten zu hören und e» steht ihnen hierbei ein Widerspruch-recht zu", verüberflüsfigen würde, übrigen» müsse in beregtem Falle dem Rathe freie Verfügung belassen werden. Bors. Thost glaubt, daß die Anstellungsbehörde sich rin solches Recht nicht nehmen lasten werde, bittet jedoch, event. formellen Antrag zu stellen. Da ein solcher aus der Mitte de» Kollegium« nicht gestellt wird, erfolgt die An nahme de« tz 16 nach dem Vorschläge des Rechtsausschusses «instimmig, nachdem vorher beschlossen worden war, an den Stadtrath die Anfrage zu richten, ob nicht wenigsten- bei den Beschlußfastungen über unfreiwillige Entlastungen der oben ge nannten S Kastenbeamten den Stadtverordneten eine Mitwir kung einzuräumen sei ? Zu 8 iS: „Der Stellvertreter de« Bürgermeisters sür Bebinderung-fälle ist der erste besoldete Stadtrath und umgekehrt. Die Stellvertretung erfolgt unent geltlich", bemerkt der RechtSauSschuß, daß, da der Bürgermeister in Städten mit revidirter Städteordnung die in 8 84' der selben bezeichnete juristische Befähigung besitze» muß, die- auch von dem ersten beso beten Stadtrathe, welcher die Stell vertretung des Bürgermeisters zu übernehmen habe, gefordert werden müsse, es sei deshalb der 8 14 des Statuts dahin abzuändern, daß derselbe lautet: „Der Bürgermeister und der erste besoldete Stadtrath müssen die in 8 84 Absatz 2 der revidirten Städteordnung bezeichnete juristische Befähi gung besitzen." Stadtv. Hammitzsch kann sich mit dem Wört chen muß bezw. müssen bezüglich des ersten besoldeten Stadt- ratheS nicht einverstanden erklären. Es könnte, meint der Redner, der Fall eintreten, daß die Wahl sich auf einen Nichtjuristen lenke und diese sei alsdann nach dem Wortlaute des Ortsstatuts nicht angängig. Bürgermeister Klötzer be merkt, daß bei Anstellung eines Nichtjuristen als ersten be soldeten Stadtrath im Falle längerer Abwesenheit des Bür germeisters darin eine juristische Vertretung erforderlich werde, di« der Stadt ziemlich kostspielig Werden würde. Stadtv. Hammitzsch: Wie wird es z. B., wenn der Herr Bürger meister in Dresden zum Landtag und der Stellvertreter krank ist? Bürgermeister Klötzer meint, daß dieser Fall wohl kaum vorkommen werde, sollte er aber vorkommen, so könne der Bürgermeister dem Landtage nicht seine volle Thätigkeit widmen, er wüste alsdann vielmehr zurückkehren und seine Dienste städtische« Interesse widmen. Stadtv. H. Barth schlägt Annahme des 814 nach dem Vorschläge des Rechtsaus schusses vor, da Ersparnisse bei Anstellung eines Nichtjuristen als ersten besoldeten Stadtrath nicht erzielt würden. Nachdem Bürgermeister Klötzer noch bemerkt, daß bei etwaiger späterer Anstellung mehrerer besoldeter Stadträthe die Wahl eines Technikers ins Auge zu fassen sei, erfolgt Abstimmung über Annahme des 8 14. Derselbe wird gegen die Stimme des Stadtv. Hammitzsch nach dem Vorschläge des Rechtsaus schusses angenommen. 8 19 behält demnach unabgeändert seine bisherige Fassung. Bez. des 8 17, die Pensionsberechtigung der Unterbeamten betr., schlägt der Rechtsausschuß vor, den selben in seiner jetzigen Fassung beizubehalten, dem 8 16 jedoch noch den Passus anzufügen: „Nach 20 ununterbrochen im Dienste der Stadt zurückgelegten Dienstjahren erlischt das Kündigungsrecht" der Anstellungsbehörde. Der Rechts ausschuß ist hierbei von der Annahme ausgegangen, daß das Gesuch der Beamten um Berücksichtigung nach dieser Richtung hin als nicht unbeachtlich anzuerkeunen sei. Eine Kündigung solle nach abgeleisteter 20 jäh riger Dienstzeit nur im Wege des Disziplinarverfahrens angängig sein analog der für die königl. CivilstaatSdiener geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Daß man hierbei von 2b auf 20 Jahre gegriffen habe, sei in der Anerkennung der von den Gemeindeunterbeamten nach ununterbrochener Dienst zeit bei mäßigen Gehalten entgegengebrachten Aufopferung zu suchen. Stadtv. Thalheim will die Dienstzeit bis zum Eintritt des Wegfalles des Kündigungsrechtes auf 25 Jahre erhöht wissen, analog den Bestimmungen für Civilstaats- diener. Stadtverordneter H. Barth frägt, ob die von einem Beamten bei anderen Behörden abgeleisteten Dienstjahre hier mit in Betracht kommen, die von Herrn Bürgermeister Klötzer dahin beantwortet wird, daß nur die in Riesa ver brachte Dienstzeit in Anrechnung kommt. Die hierauf erfolgte Abstimmung ergiebt einstimmige Annahme des Zusatzpassus zu 8 16 nach dem Vorschläge des Rechtsausschusses. Die Anfrage des Stadtv. Heldner, ob die nach dreimonatlicher Kündigung ent- lassencn Beamten pensionsberechtigt werden, beantwortet Bürgermeister Klötzermit Nein. Hiermit ist die Berathung des Entwurfs zum neuen Ortsstatuk zu Ende. 2. Stadtv. Pietschmann trägt in Kurzem die Rechnung pro 1892 über die Kasernen an der Friedrich Auguststraße vor. Dieselbe balancirt in Einnahme und Ausgabe mit 13706 Mark. Dieselbe wird, da keinerseits irgend welche Erinnerungen gezogen sind, einstimmig richtig gesprochen. 3. Das Gtadtbauamt hat die Beschaffung eines grö ßeren Schrankes zur Unterbringung der vielen und großen städtischen Zeichnungen, für deren Zusammensein und ihrer sauberen Aufbewahrung unter jetzigen Verhältnissen eine Garantie nicht mehr übernommen werden könne, bean tragt. Der Stadtrath hat beschlossen, den Schrank nach der vom Stadtbauamte vorgelegten Zeichnung zu beschaffen und hierzu den erforderlichen Betrag von 170 Mark dem Dis- positionSfond zu entnehmen. Nach kurzer Debatte beschließt das Kollegium einstimmig im Sinne des Raihsbeschlusses. 4. Im Saale des Armenhauses, welcher dem hiesigen Frauenverein zur Benutzung als Spielsaal für die Kinder der Kinderbewahranstalt überlassen ist, macht sich die Neu dielung nothwendig. Der Rath hat dieselbe be schlossen, die Kosten im Betrage von 120 Mark sollen dem Dispositionssond entnommen werden. Das Kollegium be schließt gegen 5 Stimmen in gleichem Sinne. 5. Die Rechnungen der Kirchengemcinde- und Kirchen ärarkasse auf da» Jahr 1893 werden vom Herrn Vorsitzen den vorgrtragen. Dieselben sind geprüft und vom Stadtrath und vom Kirchenvorstand richtig gesprochen, das Kollegium thut einstimmig desgleichen. 6. Der Stadtrath hat beschlossen, dem Lehrer Nöthlich, welcher im Jahre 1887 zur Anlegung der Bergstraße Land unentgeltlich an die Stadt abgetreten, ca. 4 Qudrm. städtisches Areal, welche» derselbe zur Ausführung seines Wohnhausan baues bedarf, unentgeltlich zu überlasten. Diesem Rathsbe- schluste stimmt da» Kollegium einstimmig bei. 7. Den Handarbeiter Hermann Fleckeisen wegen rück ständiger Steuern unter das Restantenregulativ zu stellen, lautet der stadträthliche Beschluß, de« sich da« Kollegium einstimmig anschließt. 8. Dagegen beanstandet da« Kollegium di« vrschlußfas- sung über Stellung dr« Steinmetzen H. N. wegen rückstän- diger Steuern unter da» Restantenregulativ «ach de« Raths- beschlusse, Stadtv. Schütze erbietet sich vielmehr, vorerst per sönlich zu versuchen, die bezüglichen restirenden Steuern bei- zubringrn. 9. Vors. Thost theilt noch den Beschluß der König!. Kreishauptmannschaft, betreffend die Genehmigung der vierten Anleihe der Stadt Riesa im Betrage von 400000 Mark zu 3 >/, prozentiger Verzinsung und circa 45jähriger Amorti- sirung mit. ' — In vergangener Nacht haben wieder einmal Strolche in ihrer rosigen Laune sich ein Vergnügen daraus gemacht, den hölzernen Zaun des dem Herrn Steinmetzmeister Dürichen gehörigen, an der Elbstraße gelegenen kleinen Gartens au« den Angeln zu reißen und hierdurch in nicht geringer Weise zu beschädigen. Es wäre sehr wünschenSwerth, wenn solche Unholde stet» sofort ermittelt und der Polizeibehörde zur Bestrafung zugeführt werden könnten. — Gestern Vormittag schwamm auf Moritzer Flur ein unbekannter werblicher Leichnam an, wurde dort gelandet und in die Leichenhalle zu Röderau übergeführt. Der Leich nam hatte anscheinend schon einige Wochen im Master ge legen und schien die Person Fabrikarbeiterin oder Dienst mädchen gewesen zu sein. Die Kleidung bestand u.A. in schwarzem Oberrock mit einer Kante von 6 weißen Schnürchen, grauer Tricot-Taille mit schwarzen Unterärckeln, grünlicher Latz schürze mit weiß- und blaugelblicher Einfassung. Ferner trug die Todte ein Paar Ohrringe mit blauen Steinchen, sowie einen Fingerring mit grünlichem Steinchen. Im Porte- monaie befand sich ein Pfennig, sowie eine Münze mit dem preußischen Adler und der Aufschrift: „Gedenke mein." Ferner fand man ein beschriebenes Stück Papier, auf dem sich eine Unterschrift befand, die aber ziemlich verwischt war, aber an scheinend auf den Namen „Müller" hindeutete. — Die Ziehung der 1. Klasse der 126. königl. sächs. Landeslotterie erfolgt am 9. und 10. Juli. * Dresden, 28. Juni. Aus Anlaß des demonstra tiven Massen-Umzuges, den die hiesigen Sozialdemokraten am 1. Mai ds. Js., dem „Weltfeiertag" in der Stärke von mindestens 6000 Man» durch Dresden nach Löbtau rc. in Szene seyten, war bekanntlich gegen eine größere Anzahl mehr oder weniger bekannte Parteigenossen, resp. Genossinnen Anklage wegen Vergehens gegen 8 12 des sächsischon Vereins gesetzes im Zusammenhänge mit den Bekannntmachungen der königlichen Polizeidirektion und der beiden königlichen Amts hauptmannschaften erhoben worden. Gestern verschriit da» Schöffengericht zur Entscheidung in der Sache und verhan delte zunächst gegen eine Gruppe von 50 Angeklagten unter Vorladung von 20 zur Zeugenschaft berufenen Polizeibe amten. Die Sitzung begann 8 Uhr morgens und dauerte mit einer kurzen Unterbrechung bis in die 9. Abendstunde. Fast sämmtliche der Angeschuldigten bekannten sich als Mit glieder der sozialdemokratischen Partei und erklärten, daß von ihnen der 1. Mai als größter Feiertag betrachtet werde, be stritten aber, im Widerspruch mit den derzeitigen Berichten in der sozialdemokratischen Presse, daß sie in demonstrativer Absicht das Verbot der Behörden umgangen hätten. Im Wesentlichen wurde von ihnen behauptet, ganz zufällig spa zieren gegangen zu sein, resp. sich auf einem GeschäftSweg befunden zu haben. Das Auftreten der Angeklagten vor Gericht ließ mit wenig Ausnahmen viel zu wünschen übrig und nahm in einzelnen Fällen einen heftigen, ja fanatischen Charakter an, ein Umstand, der allerdings nicht geeignet war, die den Straffall in einem besonder» «Men Lichte erscheinen zu lassen. Man hatte offenbar geringe Geldstrafen erwartet und um so größer war daher die Ueberraschung, als der Gerichtshof 5 der Angeklagten, darunter den Buchdruckerei besitzer Sckönfeld (Drucker der „Sächsischen Arbeiter-Zeitung"),, den Schriftsetzer Hünig (wegen MajestätSbeleidigung in Unter suchungshaft) und die verw. Fischhändlerin Paschky mit der exemplarischen Strafe von je 2 Monaten Gefängniß, die übrigen Angeschuldigten bi» auf 2, welche fkeigesprochen wurden, mit je 100 Mark Geldstrafe event. entsprechender Haft belegte. — Heute hat sich die zweite Gruppe von An geklagten — wiederum 50 Mann — nach derselben Richtung zu verantworten und der Rest der zur Verantwortung ge zogenen Demonstranten — 67 Personen — gelangt Mon tag, den 2. Juli, zur Aburtheilung. — Ein ähnlicher Monstre- Prozeß wird morgen vor dem Schöffengericht zur erstinstanz lichen Entscheidung kommen. Hierzu sind 42 Sozialdemo kraten als Angeklagte vorgeladen, denen die Verbreitung von Flugschriften, resp. derjenigen Nummer der „Sächsischen Ar beiter-Zeitung" zur Last gelegt wird, welche die Aufforderung, zu dem Boykott betreffs des Bieres der Waldschlößchen- brauerei enthält. Zittau. Der vorgestern Abend gegen 7 Uhr auf dem Hauptbahnhofe eintreffende Personenzug aus Oybin mußte, wie die „Zitt. M.-Ztg." schreibt, an der Schießwiese gegen über dem Steigerhause aus einem merkwürdigen Grunde halten. Ein kleiner Knabe stellte sich vor dem Zug auf die Schienen und ging nicht eher fort, als ihn der Zugführer beim Arm nahnuund von dem Geleise weg beförderte. — Von anderer Seite wird dem genannten Blatt der Vorfall etwas anders dargestellt. Darnach haben mehrere Knaben — ganz Un cis sltzsls — „Selbstmord" gespielt und sich mit dem Kopf nicht auf, sondern vorsichtiger Weise dicht neben die Schienen gelegt. Al» der Zug herankam und die beiden Schlingel sich nicht vom Flecke rührten, mußte der Zug wohl oder übel halten. Der Zugführer sprang herunter,, faßte den älteren der beiden Prachtkerle und schaffte ihn trotz seine» Sträuben« in den Packwagen, um ihn vielleicht an der nächsten Station der heiligen Hermandad zu übergeben. Mügeln, 26. Juni. Gestern Nachmittag gegen '^3- Uhr brach in dem Grundstück des Herrn Fleischrrmeister Friedrich Feuer aus. Daffelbe entstand in dem Hinterge bäude auf dem Bodenraum«, auf welchem ziemlich viel Heu aufbewahrt wurde. Der Schaden beläuft sich auf ca. 1000