Volltext Seite (XML)
Nr. 31. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 13. März 1934. Seite 8. Aussicht stellte. Die neue» Silbermünze» sollen 500 Teile Silber und 500 Kupfer enthalten. Ans den Kopf der Bevölkerung solle» fünf Mark gerechnet werden. Die Vorlage wurde unverändert an genommen init einer Entschließung, die größere Mengen Silber münzen für dir besetzten Gebiete fordert, wo es an Zahlungsmitteln noch immcr mangele. Eine Aenderung des Reichswahlgesetzes fand allgemeine Zustimmung. Für Kreiswahlvorschläge sollen nunmehr nicht zwanzig Stimmen genügen, sondern fünfhundert erforderlich sein. Man will damit verhindern, daß allzu viel kleine Gruppen eigene Kandidaten zum Reichstag Vorschlägen. Das Haus beschäf tigte sich dann mit dem Reichspostfinanzgesetz, durch welches die Rcichspostvcrwaltung selbständig gemacht wird Die Vertreter von Bayern und Württemberg ließen erklären, daß sie gegen die Vorlage seien, weil die Rechte dieser beiden Länder durch sie beeinträchtigt würden. In der weiteren Aussprache fanden die Rechte der süd< denischcn Staaten cisrige Befürwortung. Die Mehrheit der Par teien summte der Vorlage zu. Am Donnerstag soll das Goldins- kontbankgesetz zur Erledigung kommen. Am Schlüsse der Reichs- tagssitzuug wurde noch der Notetat in dritter Lesung verabschiedet. Die Schlußabstimmung soll am Donnerstag statlfinden. Wlkskonsettlil Lrr WM MaGn. Dresden, 10. März. Am Sonntag fand hier die außer ordentliche Bezirkskonferenz der VSPD. Ostsachsen statt, die zur Reichspolltik und zur Ausstellung der Kandidaten zum Reichstag Stellung nahm. Wichstagsabgeordneter Hermann Fleißner sprach über die Reichspolitik und Reichstagsabgeordneter Hermann Krätzig hielt das Korreferat. Als Kandidaten zum Reichstag wurden nun mehr endgültig ausgestellt: Hermann Fleißner, Toni Sender, Richard Schmidt, Hermann Krätzig, Johannes Schirmer, Margarete Dr. Stegmann, Ernst Schulze, Bernhard Menke, Kurt Weckel, Paul Ristau, Hermann Hänsch und Paul Richter. Als Anträge des Bezirks Ostsachsen an den Parteitag wurden folgende ange> nomine»: Zur Reichspolitik: Die verfehlte Rnhrpalitik, die Infla tion, die Politik der Ermächtigungsgesetze, der Ausnahmezustand in Verbindung mit der verfehlten Koalition unserer Partei mit den bürgerlichen Mittel Parteien im Reiche haben sich nahezu restlos gegen die Arbeiterklasse ausgewirkt und dazu geführt, daß die Reak tion immermehr erstarkt ist und es fertig gebracht, die meisten Er rungenschaften der Revolution zu beseitigen. Wenn auch voll aner kannt werden inuß, daß sich Reichsparteileitung und . Mehrheit der NcichStagsfraktion bei ihrer Politik nur v»n den besten Absichten leiten ließen, steht doch demgegenüber fest, daß bei einer Fortsetzung dieser Politik die Partei Gefahr läuft, den Weg zu verlassen der ihr zur Erringung der politischen Macht vorgezeichncl ist. Di- Be. zirkskvnfcrenz Ostsachscn sieht deshalb in einer Umstellung des bis herigen Parteigeistes und der sich daraus ergebende» Taktik die Voraussetzung für den Fortschritt und die Gesundung der Arbeiter bewegung und der politischen Machtverhältnisse. Aus den Gedan- kengüngen der Anpassung an die bürgerliche Gesellschaft und der sich daraus ergebenden Willensschwächen Nachgiebigkeit muß die Partei heraus. Selbständiges Wollen und Handel» muß der Partei als der alleinigen Trägerin der kommenden Gesellschaft Ziel und Rich tung geben. Zur Tagesordnung des Parteitages: Zu Punkt 3 der Tagesordnung des Ncichsparteitages, Bericht der Relchstagssraktion, ist einem Vertreter der FraklionSmiuderhcit als Korreferent das Wort z» geben. Refercutum für den Achtstundentag: Der Parlei- Vorstand wird beauftragt, eine Volksabstimmung (Referent»»,) zur Mietzliche» Festlegung des Achtstundentages vvrzii bereit-» und durch zusühren. Zwei andere Anträge b-treffend die Alkoholfrage und die Welthilfssprache als Verständiguugsmittcl Laudtagsabgeordneter Edel referierte über den Stand der cingeleiteten Berstäudigungs- aktio». Hierzu wurde folgende Entschließung angenommen: „In Erwägung, daß die wirtschaftliche» und politischen Verhältnisse in den einzelnen deutschen Ländern durchaus verschiede» sind und des halb die politischen Bedürfnisse und Möglichkeiten von einem zen tralen Punkte ans nicht übersehen werden können, spricht die Bc- zirksverfammlung gegenüber dein Reichsparteitag die Erwartung aus, daß die Bestimmung über landcspolitische Angelegenheiten den Bezirksorganisationen der Länder überlassen bleibt; unbeschadet der stets bestehenden Verantwortlichkeit der Bezirksorgamsationen gegen über dem Reichsparteitag. Die Bezirksversammlung begrüßt es, daß die Laudesinstauzcn den Versuch unternommen haben, eine Brücke der Verständigung über die jetzt in Sachsen bestehenden Differenzen in der sächsischen Landtagsfraktlon zu schlagen. Tie nimmt von den Erklärungen der FraklionS - Mehrheit Kenntnis und erwartet von allen Teilen, insbesondere auch vom Parteivorstand, daß nunmehr der Versuch der Verständigung ernsthaft zu Ende geführt wird." Der erste Absatz wurde gegen 10 Stimmen, der zweite einstimmig angenommen. — Endlich wurde folgender Antrag des UnterbezirkS Freiberg angenommen: „Die Kreiskonferenz des nennten llntcrbezirks fordert unbedingt die Abhaltung des Reichsparteitages. Sie sieht in der augenblicklichen Situation den für den 30. März einverufencn Parteitag gefährdet, warnt aber ganz eindringlich davor, die weitere Parteipolitik ohne Richtlinien eines Parteitages dnrchzuführen. Nur von einer geraden Linie, die vom Reichsparteitag aufgestellt werden muß, ist der Ausstieg der Partei zu erwarten. Darum fordern wir unter allen Umständen, daß der Reiche-Parteitag in kürzester Frist abgchalten wird." Wett MMM, See seWmlge IWaMee. Ludwig Fulda widmete im Februar 1920 dem großen, genialen Dirigenten des Leipziger Gewandhausorchestcrs Arthur Nikisch in Verehrung folgendes Wort: „Der Künstler und die Biene — sie begrüßen Sich als die Boten gleicher Gotteskrast; Nur daß die Biene Süßes aus Süßem, Der Künstler Süßes aus dem Bitteren schafft!" „Süßes aus Bitterem" zu schaffen, das ist wohl die Aus gäbe der Kunst, der Musik; im Vergessen des nüchternen All tages, ein Sichvcrsenken in höhere Sphären. Und ein solches Sichversenken in die chaotischere Sphäre des Gesühlshaften, ein Ueberwiegen des subjektiven Ausdrucks über das Formale, das ist die Romantik, die der Begeisterung für das Mittelalter, im Gegensatz zur Begeisterung für die Antike des Klassizismus, entsprang Deshalb ist es erklärlich, wenn in den Werken der Romantiker die geheimnisvollen Sagen der Elsen, Nixen und des Gralsrittertums immer wieder in den Vordergrund treten. Einer der größten und feinsinnigsten Meister in der musi- italischen Romantik ist Robert Schumann, geboren 1810 in Zwickau als Sohn eines Buchhändlers, der schon frühzeitig mit seiner musikalischen Neigung seinem Vater auffiel. Begünstigt durch das Verständnis des Vaters sollten Schumanns Talente weiter geweckt und gepflegt werden, Schon war Earl Maria von Weber als Lehrer geworben, da wurde Robert Schumann durch den Tod seines Vaters von den Bahnen der Kunst ab getrieben. Er studierte in Leipzig Iura, hier aber erhielten seine Begabung und Neigung neue Nahrung. Bald widmete sich Schumann ganz der Musik, indem er ausschließlich kom ponierte. Einem Gehirnleiden, dessen erste Spuren sich schon im 22. Jahre zeigten, folgte der Wahnsinn, dem er 1836 in einer Heilstätte bei Bonn erlag. Schumanns Werke bieten das seltene Beispiel der Ver mischung feurigster Leidenschaft, innigster Empfindung und zar tester Sinnigkeit. Davon legen Zeugnisse die beiden Werke ab, die der M. G -B. „Liederhain" an seinem „Robert Schumann Abend," Sonnabend, am 13. März im Schützenhaus bietet. Im „Spanischen Liederspiel", einem Zyklus von Gesän gen aus dem Spanischen für Sopran, Alt, Tenor, Baß mit Klavierbegleitung fühlt man am besten Schumanns feurige Lei denschaft, die man nur dem Südländer zutraut. Das Werk wurde im März 1849 in Dresden komponiert und in Düssel dorf 1852 das erste Mal öffentlich ausgejührt. Dem Ltebcssehnen, Liebesgram mit ihren schweren, süßen Melodien stehrn die Bot schaft des Geliebten, Nelken und Jasmin, und die Gewißheit, geliebt zu werden trotz Verleumdung böser Zungen mit ihren rassigen Weisen gegenüber. Ganz anders lernt der Zuhörer Robert Schumann in dem Chorwerk „Der Rose Pilgerfahrt" kennen; hier empfinden wir das tiefe, sehr zarte und welche Gefühl des echten Romantikers. Entstanden war das Werk 1851, ursprünglich mit Klavierbe gleitung; das erste Mal ausgesührt wurde es im selben Jahre in Düsseldorf. Der Frühling ist gekommen! Elfen tanzen in lieblichem Reigen. Da bittet eine von ihnen die Elsenkönigin, unter Men fchen gehen zu dürfen. Schwer nur erhält die Rose, so heißt die Else, die Erlaubnis. Zuerst klopft sie bei einer harten, alten Frau an, die sie meiterschickt. Von Müllersleuten, die eben ihr einziges Töchterchen begraben haben, wird die Rose an Ktndes- statt ausgenommen. Die Else wird Braut und Gattin des Förstersohnes im Dörschsn, genießt das köstliche Glück einer Mutter, muß aber dann sterben. Engel, nicht Elsen, geleiten sie von der Erde hinweg. Die Musik dieses Werkes ist besonders im zweiten Teile verlockend, sie gleicht formell einem Kranze von Liedern und Romanzen. Wie duftig und schwebend sind die Elsenchöre! G.mz den lustigen, einfachen, aber wirkungsvollen Ton findet Schumann in dem „Hochzeitschore" und in dem Tanzchor „Im Hause des Müllers". Die Verherrlichung des deutschen Waldes aber, wie sie in dem Männerchor „Bist du im Wald gewandelt" zum Ausdruck kommt, finden wir kaum zum zweiten Male in der deutschen Musik wieder. Arthur Hoppe. - Sport Z Turnen Z Spiel Radsport- Berlin. Das 12. Berliner Sechstagerennen fand am Mitt woch, abends lO Uhr fimcn Abschluß. Die zahlreiche» Strafrunden der letzte» 24 Stunden hatten das Bild der ersten Tage völlig ver schoben. In der Spitzengruppe lag bei Beginn des Spurts der letzte» Runde »nr »och Krupkar—Huschke und die Italiener Oliveri — Tonani, von denen erstere den 1. Preis mit 418 und die Italiener den 2. Preis mit 123 Punkten davon trugen. Eine Runde zurück lagen die 4 anderen Paare, von denen Rütt—Lewanow mit 470 Punkten den 3 Platz belegten, Stabe-Samall mit 270 Punkten 4. Platz Tay or—Hahn errangen UR, Wittig Kroll 97 Punkte. Die zurückgelcgte Strecke betrug 4511 Kilometer und überschritt damit den Weltrekord um 33 Kilometer.