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Pulsnitzer Wochenblatt 7elegr.-fldr.: Wochenblatt Pulsnitz Vezirks-Hnzsigsr Fernsprecher: Nr. 18. erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabend. 5imts des l^Önigl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz Inserats kür denselben lag sind bis vormittags 10-Uhr aukzugsben. Dis künk mal gespaltene Seils oder deren Naum 12 Pf., Lokalpreis 10 pk. Neklams 25 pk. Lei Wiederholungen Nabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungsort ist Pulsnitz. und Zeitung Matt Mit „Illustr. Sonnlagsblatt", „Landwirtschaft- licher Beilage" und ,„§ür Saus und Ssrd". abonnemsnt: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Saus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. Xan Q Niltcrriit? umkassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Srohröhrsdorf, Bretnig, Sausvvalde, Ohorn, Obersteina, Dieder- »1 >1115 Dl Uli lur ouu Hl1ll5lj0lll1)l5l)0ZI l IX p/UlSlUO) steina,XVeitzbach, Ober-u.Diederlichtenau,§risdersdorf-'ThiemenLorf, Mittelbach,Orohnaundork, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdork. Druck und Verlag von L. L. Sörstsr's Erden (Inh.: Z. XV. Mohr). Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Dr. 265. Verantwortlicher NsLakteur: I. XV. Mohr in Pulsnitz. Yr. 95. Sonnabend, den 13. August 191V. 62. Jahrgang. Das Wichtigste. Se. Maj. der König von Sachsen hat dem deutschen Botschafter in Paris Freiherrn von Schön das Großkreuz mit dem goldenen Stern des Albrechts ordens verliehen. An der Internationalen Hygiene-Ausstellung in Dres den 1911 wird sich auch China offiziel beteiligen. Das Grenzabkommen zwischen dem deutschen Reich, England und Belgien bezüglich der Regulierung Kongogrmze ist am Donnerstag entgültig unter zeichnet worden. Die Reichs- und Staatsbehörden haben alle Vorkeh rungen getroffen, um ein Einschleppen der Cholera aus Rußland zu verhüten. Im Deutschen Hause der Brüsseler Weltausstellung fand aus Anlaß des Besuches des deutschen Buch gewerbevereins ein Festmahl statt. Gelegentlich eines Vortrages im Frankfurter Kranken- M Hause äußerte sich Geheimrat Ehrlich zum ersten Male selbst ausführlich vor der Oeffentlichkeit über sein Präparat 606. Der Ausschuß der Deutschen Turnerschaft hat beschlos sen, von einer Bewilligung von Ehrenbriefen vor läufig abzusehen. Die erste internationale Konferenz für Sozialversi cherung tritt in Haag vom 6. bis 8. September zusammen. Der Wiener Gemeinderat fordert ein Ausfuhrverbot für Schlachtvieh und Fleisch. Die republikanische Verschwörung in Portugal wächst zusehends. In Ostafrika wird die Verlängerung der Zentralbahn bis zum Tanganyika-See vorbereitet. Der angeschofsene Bürgermeister Gaynor in Newyork wird mehrere Jahre der Rekonvaleszenz widmen muffen. PMW Wochenschau. Wenn der ReichStagSabgcordnere Bassermann ver- mutet hätte, daß die Veröffentlichung seiner Unterredung mit einem Hamburger Jouralisten auf so großen Wider stand selbst in der eigenen Partei stoßen würde, hätte er sicherlich noch länger geschwiegen. Es ist ja allerdings anzunehmen, daß er mit seinen Ansichten die Reichstags fraktion hinter sich hat, aber für feine politischen Freunde ist es gewiß nicht von Nutzen, wenn nationalliberale Organe erklären, daß ihr Führer mit feinen Aeußerungen die Meinungsverschiedenheiten in der Partei nur verstärkt hat. Wie verschieben die nationalliberalen Abgeordneten über die einzuschlagende Politik gegenüber den anderen Parteien denken, geht daraus hervor, daß dieser Tage ein Parlamentarier angeblich im Einklang mit der Ueber- zeugung der führenden Kreise der nationalliberalen Partei für eine Sammlung der gemäßigten Elemente von den Konservativen bis zu den Demokraten unter Ausschluß der Agrarier und des Zentrums besonders warm etnge- treten ist. Wie die Verhältnisse liegen, ist natürlich an ein solches Zusammengehen weder jetzt im Reichstag noch bei den bevorstehenden Wahlen zu denken. Letztere wer fen ihre Schatten bereits voraus, da speziell die Sozial demokraten schon jetzt mit den neuen Kandidaten an die Oeffentlichkeit treten. Besonderes Interesse erregte in dieser Hinsicht die Aufstellung des Abgeordneten Wolf gang Heine in Anhalt-Dessau, welcher Wahlkreis Jahre hindurch durch den verstorbenen Abgeordneten Rösicke und zuletzt durch den Freisinnigen Schrader, der seines hohen Alters wegen nicht mehr kandidieren will, ver- treten war. Offenbar glauben die Sozialdemokraten, durch die Nominierung eines Mannes wie Heine den anhaltischen ersten Wahlkreis den Freisinnigen entreißen zu können, während man auf der anderen Seite im dritten Berliner Wahlkreis, wie es heißt, mit dem zu sehr dem Revisionismus zuneigenden Heine einem radikaleren Nachfolger geben will. Als letztes Etnzelparlament hat nun auch der bayerische Landtag seine Pforten geschloffen, um erst Ende nächsten Jahres wieder zusammenzutreten. Die wichtigsten Beschlüsse der besonders arbeitsreichen fast 11 monatlichen Session waren außer dem Budget mit seinen 22 «/« Steuererhöhung, die Steuerreform, das neue Malzaufschlaggesetz, die Millionenbewilligung für Wasser- und Kraftwerkbauten, das GüterzertrümmerungS- gesetz und das Gesetz über Schaffung eines Eisenbahn- schuldentilgungSfondS. Die Sozialdemokraten haben im Gegensatz zu ihren badischen Kollegen in Bayern gegen das Budget gestimmt In der sozialdemokratischen Presse ist die Budgetfrage in den Hintergrund getreten, man beschäftigt sich dafür um so mehr mit dem Werftarbeiter- streik, der sich mit jedem Tage weiter auSdehnt. Nun mehr sollen auch die Gegenmaßregeln der Arbeitgeber gegen den Ausstand zur Ausführung kommen. Die Be triebseinschränkungen auf den einzelnen Werften haben bereits ihren Anfang genommen und werden zur Aus- sperrung tausender von Arbeitern führen. Welchen Aus gang dieser gewaltige Kampf zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern schließlich finden wird, läßt sich heute noch nicht voraussagen. Da die Schiffsindustrie Verhältnis- mäßig wenig beschäftigt ist, ist es nicht ausgeschlossen, daß die Arbeiter wenig erreichen werden. Die Angelegenheit der Werftarbeiter ist für die so zialistische Presse ebenso eine politische Frage, wie für einzelne Zeitungsorgane der Rechten die bevorstehende Reise des deutschen Kronprinzen nach Ostasten. Aller dings ist von verschiedenen Seiten ausdrücklich betont worden, daß der Kronprinz lediglich Studien halber nach China, Japan und Indien aus etwa drei Monate reisen werde, daß aber von einer politischen Mission gar keine Rede fein könne. Das mag immerhin richtig sein, jedoch kann man ohne weiteres ar nehmen, daß durch die Zu sammenkunft des Kronprinzen mit japanischen und chine sischen Staatsmännern und auch mit den Monarchen der beiden großen Reiche leicht ein innigeres Verhältnis ent stehen kann. Trotzdem China und Japan Verträge und Bündnisse mit England und Rußland haben, ist die Be deutung guter Beziehungen auch für Deutschland nicht zu unterschätzen. WaS es wert ist, gute Beziehungen aufrecht zu er halten, das kann man jetzt am besten in dem Konflikt zwischen Spanien und dem Vatikan beobachten. Da die Kurie einzulenken scheint, nachdem sie gesehen hat, daß der energische Canalejas nicht nachgeben will, dürfte in absehbarer Zeit der Frieden zwischen Madrid und Rom geschlossen werden Glücklicherweise sind am Sonntag die befürchteten Unruhen unterblieben und die Truppen sind aus San Sebastian wieder in ihre Garnisonen rückgekehrt. Auch das KönigSpaar wird Ende dieses Monats wieder in Spanien eintreffen, wo zurzeit der Botschafter beim Vatikan weilt, um mit der Regierung zu beraten, wie eine Verständigung mit dem Vatikan möglich ist. Auch die Arbeiterbewegung in Bilbao ver spricht zu einem günstigen Resultat zu führen, wenn auch die Grubenbesitzer vorläufig von einer Herabsetzung der Arbeitszeit noch nichts wissen wollen. Während der junge König AlfonS mit den Erfolgen seines Ministerpräsidenten zufrieden sein kann, ist das Oberhaupt der französischen Republik heftigen Angriffen ausgesetzt wegen der Begnadigung mehrerer zum Tode verurteilten Personen. Gewisse Kreise verargen es dem Präsidenten FalliereS, daß er den Apachenhäuptling Liaboeuf hinrichten ließ, den Soldaten und Mörder Gcaby dagegen begnadigt hat. Zu derselben Zeit, wo man mit den Amtshandlungen FalliereS unzufrieden ist, hat sein Vorgänger Loubet in Kopenhagen auf seine Frage nach seinen politischen Absichten erklärt, daß er sich nach der Machtfülle des Staatsoberhauptes ganz und gar nicht zurücksehne. Als der Expräsident gefragt wurde, ob er an eine Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit dem Prä sidenten der französischen Republik glaube, erwiderte er, er wünsche keine persönliche Ansicht auszusprechen, wohl aber dürfte nach der Ansicht weiter Kreise eine solche Begegnung wünschenswert sein. Es ist nicht uninteres sant, gerade aus diesem Munde eine derartige Aeußerung zu hören. Anlaß zu Zusammenkünften von Herrschern bieten jetzt die JubiläumSf-aerlichkeiten in Cetinje, wo außer König Viktor Emanuel auch König Ferdinand von Bul- garien der Proklamierung Montenegros zum Königreich beiwohnen werden. Worin die Ereignisse von größter Bedeutung, gegen welche die Erhebung Bulgariens zum Königreich eine Bagatelle sein solle, bestehen sollen, die der bulgarische Kriegsminister in einem Gespräch mit Journalisten in Aussicht gestellt hat, ist etwas schleier haft. Sollte etwa Bulgarien die Absicht haben, der Türket den Krieg zu erklären? Trotzdem die Beziehungen nicht die besten sind, denkt man offenbar in Konstanti nopel nicht an Feindseligkeiten, denn der Großvezir hat feine Erholungsreise nach Marienbad angetreten, wo er mit dem Grafen Aehrenthal über die Balkanslage kon- ferieren wird, nachdem er vorher dem Kaiser Franz Jo seph in Wien ein Handschreiben des Sultans überreicht haben wird. Viel eher hätte es in Teheran einmal wieder zu einer Revolution kommen können, wenn nicht der jetzige Mi nisterpräsident Mostafi-al-Mamalek ein besonders ent schlossener und tatkräftiger Staatsmann wäre. Er hatte das Glück, über die rebellisch gewordenen Freiheitskämpfer, die sich dem Befehl, die Waffen abzuliefern, nicht unter- werfen wollten, einen vollen Sieg zu erringen. Nachdem Suttar Khan und Baghir Khan mit ihren Leuten ent waffnet und gefangen waren, wobei es allerdings nicht ohne Tote und Verwundete abging, ist in Teheran und auch im ganzen persischen Reiche kein Schuß mehr ge fallen. Bis auf weiteres ist die Regierung Herrin der Lage geblieben und sie kann an dem begonnenen Reform werk weiter arbeiten. Dem Bürgermeister von Newyork, Gaynor, ist sein Kamps gegen die Korruption teuer zu stehen gekommen, immerhin kann man es mit Freude begrüßen, daß der Attentatsversuch gegen diesen vortrefflichen Mann ihn nach seiner Wiedergenesung in den Stand setzen wird, seinem Vaterland auch weiterhin gute Dienste zu leisten. Die amerikanische Presse jubelt ihm zu und bezeichnet ihn als künftigen Präsidentschaftskandidaten. Unter diesen Umständen wird wohl der Republikaner Roosevelt in dem Demokraten Gaynor bei der nächsten Präsidenten wahl einen scharfen Gegner haben. OerMckes unv Sückfisedes. Pulsnitz. (Sonntagsplauderei.) Mit dem heu tigen Sonntage schließt die erste Hälfte des August. Nun rüstet sich der Sommer allmählig zum Scheiden. Wohl sind seine Tage noch leuchtend und reich an Glanz und Wärme. Allein die Mächte der Dunkelheit sind bereits wieder Herren geworden. Kühl weht, wenn sich die Sonne erhebt, der Morgen herauf und früh senken sich die Abende auf die Erde hernieder. Das was Juni und Juli uns waren, ist uns der August nicht mehr. Dafür aber ist er der eigentliche Monat der Ernte. Er bringt der M nsch- heit den Segen der Früchte des Feldes und des Gartens. Er gibt den Erdgeborenen gewissermaßen Sicherheit und Garantie für die Zukunft. Das ist aber keineswegs von geringem Werte, denn nicht von Wärme, Sonnenglanz und Blütenduft vermögen wir zu leben, sondern von dem, was unserer Hände Arbeit gepflanzt und auSgesäct hat, daß es Sonne, Regen und Wind reife und zur reichen, gesegneten Ernte gestalte. Alles das aber vollbringt un ser gegenwärtiger Monat, der Monat der Fülle und der Gaben, der den Hungernden Brot und den Dürstenden Gerste und Trauben bringt. Deshalb dürfen und müssen wir dieses Monats auch von ganzem Herzen froh sein, denn er ist Sommer und Spender in so hohem Maße, wie kein anderer unserer Monate. Möge nur auch die zweite Hälfte des August alle Hoffnungen erfüllen, die auf ihn unsere Bevölkerung setzt. Noch fließt der Sommer reich an Schöne, Noch klingen lockend Jubeltöne, Doch bald verrauscht auch diese Frist. Dann geht ein Frösteln durch die Wälder, Dann kriechen Nebel auf die Felder Und Rauhreif schleicht mit leiser List . . Doch noch herrscht ringsum Sommer ust: Die Erntelieder singt August! Ja, jetzt ist die Ernte in vollem Gange und läßt viele fleißig sein. Auch im gewerblichen Leben beginnt jetzt wieder eine neue Zeit regen und ernsten Schaffens und jetzt beginnt sich wieder die Familie um die trauliche Lampe zu scharen, denn die Abende werden nun immer länger und länger. Nichts paßt für diese Abende besser als die Lektüre guter Schriften, einer guten Zeitung. Die Lektüre einer solchen, wie des Pulsnitzer Wochen blattes bietet jedem die Gelegenheit, sein Wissen zu be- reichern. Wer heutigen Tages nicht ununterbrochen be müht ist, seine Kenntnisse zu erweitern, sein Wissen zu bereichern, der kann auch nicht bestehen den harten Kampf ums Dasein, der in unseren Tagen ja immer schärfere