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DD)APIERVERARBEITUNG ■ Bu CH GEWERBE ESI Berliner Typographische Gesellschaft Die Sitzung vom 23. November 1915 war von zahlreichen Mit gliedern und Gästen besucht, die von dem Vorsitzenden Herrn Könitzer begrüßt wurden. Eingänge : Von der Gutenberg-Gesellschaft in Mainz der Jahres bericht für 1913/14; von Herrn Paul Kersten ein Exemplar des Kataloges seiner Fachbibliothek, die als die vollständigste ihrer Art angesehen werden kann; von der Firma Presse-Illustrations- Centrale ein großes Plakat mit Abbildungen, die von Autotypien eigenartiger Herstellung gedruckt wurden; von dem früheren Mit- gliede Herrn Anton Schumacher in München eine Anzahl gut aus gestatteter Drucksachen; von Herrn Ernst Morgenstern das Sep teberheft des amerikanischen Fachblattes The Printing Art; von Herrn Herbert Bode eine Sammlung künstlerischer photographischer Aufnahmen; von Herrn Buchdruckereibesitzer Athur Nowack eine eigenartige Werbedrucksache; ferner zahlreiche Kriegsdrucksache 1 (Werbedrucksachen für den Buchhandel, zeitgemäß ausgestattete Familiendrucksachen), das Septemberheft der vornehm ausgestatteten Zeitschrift „Motor“ aus der Buchdruckerei W. Büxenstein und verschiedene Kriegszeitungen. Von den Herren Bruno Dümmler, Otto Kerst, Richard Mahns, Max Rudert und Bernhard Tempel hagen waren Feldpostkarten eingegangen, von Herrn Erich Bau meister die Mitteilung, daß er zum Heeresdienst nach Königsberg i. Pr. 'einberufen wurde. Als neue Mitglieder wurden angemeldet die Herren Herbert Bode, SW 48, Wilhelmstr. 138, und Maschinenmeister Paul Dwor- kowski (Buchdr. Hermann Bode) N 113, Wisbyerstr. 6911. Herr Gustav Jahn gab eine ausführliche Erläuterung des von ihm ausgestellten Farbenreinigungs-Apparats der Maschinenfabrik Winkler, Fallert & Cie. in Bern. Der vollständig aus Eisen hergestellte Apparat besteht aus einer Duktorwalze, an deren einer Seite sich ein beweglicher Farbkasten mit durch konisch wirkende Schrauben regelbarem Farbmesser und an der anderen Seite ein Messer zum Abstreichen der gereinigten Farbe befindet. Die in den Farbkästen der Schnellpressen sich an den Außenrändern ansammelnde, durch Papierstaub usw. verunreinigte oder verharzte Farbe wird in den Farbkasten des Apparats gefüllt und dieser entweder bei motorischem Betrieb durch ein Antriebsrad oder bei Handbetrieb durch eine Kurbel bewegt. Dabei sammelt sich die gereinigte Farbe in einem unter den Apparat gestellten Behälter, und der Schmutz bleibt in dem Farbkasten zurück. Die durch Benutzung des bei motorischem Antrieb täglich etwa 50 Kilo Farbe reinigenden Apparats erzielte Ersparnis an Farbe wird nach den Erfahrungen größerer Druckereien auf 15 v. H. geschätzt. In Berlin ist der Apparat in den Buchdruckereien von W. Büxenstein und A. Seydel & Co. eingeführt und arbeitet zu friedenstellend; der Preis beträgt 200 M. Der Apparat beansprucht eine Grundfläche von nur 20: 37 cm. Er ermöglicht es, alle Farben reste, die sonst als wertlos angesehen werden mußten, entweder für sich allein oder in Verbindung mit schwarzer Farbe, bis auf den letzten Rest auszunutzen. Da der Apparat durch einige Hand griffe leicht auseinander zu nehmen ist, macht seine Reinigung keine Schwierigkeiten. Hierauf beschäftigte sich die Gesellschaft mit der Frage': Welche Mängel bei Klischeelieferungen berechtigen zur Verweigerung der Annahme ? Herr Buchdruckereibesitzer Hermann Bode schilderte ohne Nennung von Namen den Verlauf eines Prozesses, den er wegen Verweigerung der Annahme einer größeren Anzahl für den beabsichtigten Zweck völlig unbrauchbarer Strichätzungen in Schattenrißmanier auszufechten hatte. Die aufgeworfene Frage, so führte der Redner aus, sei für das Buchdruckgewerbe nahezu brennend geworden, weil in den meisten Fällen der Druckstocklieferer, in diesem Falle der Aetzer, mit dem Besteller von klischeereichen Drucksachen unmittelbar verkehre und die Klischees schon von der Aetzanstalt herstellen lasse, ohne daß der Buchdrucker dabei gehört werde. Da dem Auftraggeber aber viel fach das Verständnis für die Beschaffenheit der Klischees mangele, erhalte der Buchdrucker häufig Klischees, welche den zur ordnungs mäßigen Herstellung der Druckarbeit unumgänglichen Erforder nissen nicht entsprechen. Jeder Fachmann werde begreifen, Welche Schwierigkeiten der Druckerei aber erwachsen, wenn ihr der Auftrag geber eines im Satz vielleicht schon weit vorgeschrittenen Werkes derartige, von ihm im guten Glauben als brauchbar akgenommene Klischees zum Druck übergibt und sauberen Druck erwartet. In seinem Falle habe die' Sache einfacher gelegen, indem er selbst die Klischees zu Schwarzbildern in einfachen Umrissen, die auf Elfenbeinkarton gedruckt werden sollten, in einer Aetzanstalt ohne irgend welche besondere Bedingung in bezug auf den Preis oder eine beschleunigte Lieferfrist bestellt habe, lediglich mit dem Bemerken, daß es auf eine tadellose Arbeit ankomme. Dessenungeachtet seien ihm völlig unbrauchbare Klischees geliefert worden, bei denen die Aetzung sowohl als die Holzuntersätze, die Nagelung, die Größe und Höhe Mängel aufgewiesen hätten. Erst nach einem sich durch 7 Monate hinziehenden Prozeß sei es ihm möglich geworden, den Nachweis zu erbringen, daß die Klischees unbrauchbar waren und er mit Recht Abnahme und Bezahlung verweigerte. Nach Besichti gung eines dieser von dem Vortragenden vorgelegten Klischees er klärten die in der Versammlung anwesenden Sachverständigen sämtlich, daß es sich hier um eine sehr mangelhafte Arbeit handle, deren Zurückweisung vollkommen gerechtfertigt sei. Der Vor tragende gab noch einige ganz .unverständliche Ausführungen des in dem Prozeß gehörten Sachverständigen (die Absicht, die richtige Höhe der Klischees mit dem Metermaß festzustellen, die Behauptung, daß die viel freien Raum in der Fläche aufweisenden Klischees nur an den Außenrändern genagelt werden könnten) bekannt und hielt für dringend erforderlich, Normen aufzustellen für die Be schaffenheit der von den Aetzanstalten zu liefernden Klischees. Der Vorsitzende dankte Herrn Bode namens der Gesellschaft und. sprach mit Bedauern von der Entfremdung zwischen Buch druckern und Chemigraphen. Darauf sei es zurückzuführen, daß oft den einfachsten Anforderungen bei der Lieferung von Klischees nicht genügt werde. Bei den Autotypien, insbesondere bei den Drei- und Vierfarbendruckplatten fehle es oft an den Ton stufen, so daß es dem Maschinenmeister unmöglich sei, gute Wir kungen zu erzielen. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen, an denen sich die Herren Werra, Amsel, Gust. Jahn, Erler, v. Kujawa und Hennig beteiligten, wurde es als Mißstand bezeichnet, daß die Aetz anstalten vielfach geschönte Andrucke liefern, die mit ausgesuchten Mitteln auf bestem getriebenem Kunstdruckpapier hergestellt werden. Beim Druck sei es unmöglich, auf dem Auflagenpapier die gleichen Wirkungen zu erzielen. Habe der Auftraggeber solche Andrucke gesehen, so müsse er bei Ablieferung der Auflage immer eine Enttäuschung erleben. Um das zu vermeiden, müsse die Aetz anstalt veranlaßt werden, Andrucke auf Auflagenpapier zu liefern. Von mehreren Rednern wurde betont, daß die vorzüglichen Auto typiedrucke amerikanischer Kataloge und anderer illustrierter Arbeiten bei uns nicht zu erreichen seien, weil unsere Reproduktions photographen es vielfach nicht verstehen, die Tonwerte richtig zu bemessen. Bei nebeneinanderstehenden Bildern zeige das eine nur volle Töne, das andere aber Halbtöne. Versuche nun der Maschinenmeister das durch Farbengebung auszugleichen, dann schmiere der Druck, und die Schuld werde oft unberechtigterweise auf die Farbe geschoben. Es wurde empfohlen, daß jeder Buch drucker, der mit der Verwendung von Klischees zu tun habe, an einem Kursus für Chemigraphie teilnähme, um sich über die Brauch barkeit solcher Klischees ein Urteil bilden zu können, ferner müsse jeder Buchdrucker im Besitz einer Lupe sein. Zur Beurteilung des Wertes der Klischees sei es ratsam, einen Drucksachverständigen hinzuzuziehen. Als wünschenswert wurde bezeichnet, daß die Typo graphische Gesellschaft bei der Wahl der gerichtlichen Sach verständigen durch Einholung von Vorschlägen herangezogen werde, damit zu solchen Aemtern nicht Personen gewählt werden, denen es an der erforderlichen Sachkunde und Erfahrung mangelt. Zur- Beantwortung der als Thema des Vortrages gewählten Frage, welche Mängel zur Zurückweisung von Klischees berechtigen sollen, Wurden von verschiedenen Seiten Vorschläge gemacht und der Wunsch ausgesprochen, die Gesellschaft möge sich darüber schlüssig werden. Der Vorsitzende erklärte, daß der Vorstand der gegebenen An regung Folge geben und die Frage gemeinsam mit erfahrenen Fach männern der in Betracht kommenden Berufszweige erörtern werde. Das Ergebnis werde dann den Gegenstand weiterer Verhandlungen in der Gesellschaft bilden. Sodann gab das auf Urlaub anwesende Vorstandsmitglied Herr Gottfried Schneider, der als Offizier-Stellvertreter einer Kdmpagnie von Armierungssoldaten vorsteht, eine interessante Schilderung der ziemlich vielgestaltigen Tätigkeit dieser Truppe und seiner persönlichen Erlebnisse während der Kriegszeit. Der Vorsitzende machte schließlich auf die am Sonntag, 5. De zember, zur Feier des 36. Stiftungstages der Gesellschaft stattfindende Besichtigung der Königlichen Bibliothek aufmerksam und schloß die Sitzung um 11 % Uhr.