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306 PAPIER-ZEITUNG Nr. 15/1915 Englische Moral In den Nrn. 43 und 46 des Wochenblattes der Papierfabrikation (siehe auch die Titelseite von Nr. 87 der Papier-Zeitung von 1914. Schriftleitung) habe ich eine Uebersetzung der Ausführungen wieder gegeben, die Sidney Charles Phillips, der Herausgeber des „Paper- Maker", in der genannten englischen Fachschrift veröffentlicht und worin er den deutschen Soldaten unter schweren Beschimpfungen unseres im Felde stehenden Volksheeres angebliche Greueltaten nachsagt, wie sie nur der zügellose Haß gegen eine fremde Nation, die dem eigenen Volke an Wissen und Fleiß überlegen ist, eingeben kann. Mögen diese Beschuldigungen teilweise der Art gewesen sein, daß sie höchstens ein befreiendes Lachen, nicht aber eine ernst hafte Widerlegung verdienten, so ist festzustellen, daß wir auch in jenem Artikel einen Abschnitt des großen Lügenfeldzuges, den England in der ganzen Welt gegen deutsche Kultur und Sitte führt, zu erblicken haben, und es ist nicht zu bezweifeln, daß es leicht gläubige Leser in Hülle und Fülle gegeben hat und noch gibt, die solche Schauermären für wirklich wahr halten. S. C. Phillips scheint im eigenen Vaterlande den erhofften klingenden Lohn für seine Begeiferung des deutschen Heeres nicht gefunden zu haben. Er sagt „pater peccavi" und beginnt sorglich die Brücken für den Rückzug, selbst wenn dieser in das ihm so verhaßte Deutsche Reich führen sollte, wiederherzustellen. Derselbe Phillips, der damals schrieb, daß er lieber sein Leben mit der bescheidensten Stellung fristen wollte, als von dem Golde der Vertreter „deutscher Kultur" reich zu werden, hat plötzlich sein Herz für seine „zahlreichen deutschen Freunde“ wieder ent deckt und diese Gefühle in einem Briefe an den Chef der bekannten Hamburger Firma Wertheim Export Company m. b. H. zum Aus druck gebracht. Dieser Brief lautet: My dear Mr. Wertheim'. I am sending you a copy of the current issue of this journal. No doubt you will be interested in the big action at law which was fought out in the Law Courts here last month, as referred to on pages 18—46. You may also feel interested in the leading article on page 7 and the comments ander „My Notebook" on page 11, with respect to this particular case. In spite of the unfortunate War in which our respective countries are involved as opposing factors, I trust that our own friendship which was founded on such a firm basis and has matured over a number of years, will remain unimpaired. Let us hope that the outcome of the great struggle will ultimately be settled not only for the mutual benefit of the nations involved but the world in general. I only wish you to understand that I am absolutely sincere in my friendly regards towards yourself and my many valuable German friends. With kind regards. Believe me to remain, my dear Mr. Wertheim Very sincerely yours, gez. S. Charles Phillips Uebersetzung Mein lieber Herr Wertheim! Hiermit übersende ich Ihnen die laufende Nummer meiner Zeitung. Unzweifelhaft wird Sie der große Prozeß interessieren, der im letzten Monat in unseren Gerichtshöfen ausgefochten worden ist und über den auf Seiten 18—46 berichtet wird. Sie werden auch an dem Leitartikel auf Seite 7 Interesse nehmen und an den Ausführungen unter „Mein Tagebuch“ auf Seite 11 mit Rücksicht auf diesen besonderen Fall. Was den unglückseligen Krieg betrifft, in welchem unsere beiden Länder als Gegner verwickelt sind, so hege ich das feste Vertrauen, daß unsere persönliche Freund schaft, die auf einer so festen Grundlage begründet ist und die eine Reihe von Jahren gewährt hat, unberührt davon bleiben wird. Wir wollen hoffen, daß der Ausgang des großen Krieges nicht nur zum gegenseitigen Vorteil der darin verwickelten Nationen, sondern zum Wohle der ganzen Welt beendigt werden wird. Ich wünsche nur, daß Sie begreifen, daß ich durchaus aufrichtig in meinen freundschaftlichen Beziehungen zu Ihnen und meinen zahlreichen hochgeschätzten deutschen Freunden bin. Mit vorzüglicher Hochachtung verbleibe ich, mein lieber Herr Wertheim, Ihr aufrichtig ergebener Man sollte eine solche Charakterlosigkeit für unmöglich halten, und ich habe deshalb den Phillips’schen Brief in englischem Urtext hier wiedergegeben, damit jeder die Richtigkeit der Uebersetzung nachprüfen kann, und damit mir nicht etwa absichtliche oder ver sehentliche Entstellungen zum Vorwurf gemacht werden. Herr Wertheim hat es dann auch an einer geeigneten Antwort für Phillips nicht fehlen lassen; er hat ihm geschrieben: Durch mein Kontor in Kristiania erhielt ich Ihren Brief vom 20. Januar, in welchem Sie Ihre „freundschaftlichen Gefühle für mich und Ihre vielen anderen geschätzten deutschen Freunde“ zum Ausdruck bringen. Obwohl Ihnen durch Ihren häufigen Aufenthalt in Deutschland bekannt sein müßte, daß aus dem deutschen Volke hervorgegangene Soldaten jeder kulturfeindlichen Handlung unfähig sein würden, haben Sie dennoch, ähnlich einer großen Anzahl Ihrer journalistischen Landsleute, die wildesten Greueltaten deutscher Soldaten in Belgien in Ihrer Zeitschrift geschildert und dabei wörtlich erwähnt, daß „Sie eher Ihr Leben mit der bescheidensten Stellung fristen würden, als von dem Golde der Vertreter „deutscher Kultur" reich zu werden." Da ich daher nicht annehmen kann, daß Sie Ihren jetzigen Brief aus geschäftlichen Interessen geschrieben, so läßt derselbe nur die Schlußfolgerung zu, daß Sie jene Schilderungen, gleich Ihren anderen englischen Kollegen, ohne eigene nähere Prüfung wiedergegeben und sich in zwischen von der Lügenhaftigkeit der belgischen Berichte überzeugt haben. Ich würde es jedoch im Interesse Ihres journalistischen Rufes für richtiger halten, wenn Sie den Mut finden würden, dies anstatt in Privatbriefen in der Oeffentlichkeit einzu gestehen. Aufrichtigst gez. Arthur S. Wertheim In diesem Briefe kommt das Gefühl zum Ausdruck, das wohl jeden Deutschen zurzeit den Engländern gegenüber beseelt. Für die Engländer ist der Krieg anscheinend ein Geschäft wie jedes andere. Schlägt es für sie fehl — und es wird fehlschlagen —, so wird versucht auf die alte Art und Weise weiter zu handeln, um so wenigstens den früheren Verdienst aufrecht zu erhalten. Diese Auffassung kommt auch in einem Briefe zur Geltung, den die Firma W. Joynson & Son an den Verein Deutscher Papierfabrikanten auf Grund der Niederschrift vom 8. Januar 1915 geschrieben hat. In dem Schreiben vom 11. Februar 1915 wird nach längerem Briefwechsel über die Berechtigung des gegen die Firma Joynson erhobenen Vorwurfes gesagt: „Es ist sonderbar, wenn ein Verein von der Größe und dem Rufe des V. D. P., dessen Mitglieder zum Teil eine sehr große Ausfuhr nach England und den englischen Kolonien hatten, einen derartigen Standpunkt einnimmt. Es wäre traurig für den ganzen Handelsstand, wenn nach diesem Kriege die Handelsbeziehungen mit dem gesamten Ausland nicht wieder aufgenommen würden. Der englische Handels stand wollte sicherlich ebensowenig diesen furchtbaren Krieg, wie der deutsche." Auf diesen Brief ist der Firma Wm. Joynson & Son geant wortet worden wie folgt: „Es ist sicher traurig, wenn ein Staat wie England den wirtschaftlichen Wettbewerb Deutschlands nur dadurch zu besiegen hofft, daß er einen Krieg gegen uns anzettelt, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat, und in dem er uns in der ganzen Welt verleumdet, unsere Landsleute in der fried lichen Ausübung ihres Gewerbes hindert, unerhörte Grausam keiten und Brüche des Völkerrechts begeht. Wir haben zurzeit anderes zu tun, als an die Wiederaufnahme unserer Handelsbeziehungen mit England und seinen Kolonien zu denken. — Gott strafe England. gez. Ditges“ Der Brief der Firma Joynson & Son ist übrigens zur Kenn zeichnung des deutschen Verfassers mit zwei „Roten Kreuz marken“ geziert. Sollten wir in solchen und ähnlichen Schriftstücken vielleicht schon ein Zeichen der Verzweiflung Englands am günstigen Aus gange des Krieges für seine Waffen erblicken? Umso bessert Ditges Württembergs Wälder. Württemberg besitzt nach der Statistik für 1913 604 724 Hektar Waldfläche, davon 217 979 Hektar Laub wald und 386 745 Hektar Nadelwald. Der Holzertrag betrug im Wirtschaftsjahr 1912 an Laubholz 732 689 Festmeter, an Nadelholz aber 1 994 864 Festmeter, davon beim Nadelholz 1 565 823 Fest meter Nutzholz und 429 041 Festmeter Brennholz, beim Laubholz 158 800 Festmeter Nutzholz und 573 889 Festmeter Brennholz. Die Staatsforsten allein hatten 1912 einen Reinertrag von 13 340 000 Mark. — s — Flachsstroh als Ersatz für Leinenlumpen. Da Leinenlumpen, besonders neue Leinenabschnitte, seit dem europäischen' Krieg nicht mehr nach Amerika gelangen, sucht die Regierungs-Versuchs anstalt in Washington nach Ersatzstoffen dafür. Laboratoriums versuche haben ergeben, daß Flachsstroh, wovon sehr große Mengen jährlich im Staate Dacota als Abfall verbrannt werden, bei geeigneter Behandlung Papierstoff ergibt, der guten Ersatz für Leinenstoff böte. Herr Merrill, Vorsteher des erwähnten Laboratoriums, sucht jetzt eine amerikanische Papierfabrik, welche damit Versuche im großen auszuführen bereit ist.