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Hn die Besucher der Leipziger Messe Wenn auch Schwierigkeiten zu überwinden waren, so ist doch erfreulicherweise die Abhaltung der diesjährigen Leipziger Vor messe nunmehr gesichert. Seit Ausbruch des Weltkrieges ist wiederholt durch die Presse und auf privatem Wege mitgeteilt worden, daß die englische Kauf mannschaft sich mit außerordentlichen Mitteln bemüht, den deutschen Messen das Wasser abzugraben. In einer Reihe englischer Industrie städte hat man jüngst Ausstellungen veranstaltet, die einerseits den ausländischen Verbraucher zum Kauf englischer Waren bestimmen sollen, anderseits aber in den Fabrikantenkreisen die Einzelkenntnis des bisher von Deutschland gelieferten Ausfuhrfabrikats verbreiten sollen. Nicht genug damit: es ist sogar angekündigt worden, daß die englische Regierung in Kürze Sachverständige nach Deutsch land und Oesterreich zu entsenden beabsichtige, um die für die Auslandsmärkte bestimmten Waren einem sorgfältigen Studium zu unterwerfen und so der englischen Ausfuhrindustrie ihre Nach ahmung zu ermöglichen. Wir haben die Hoffnung, daß auch in dem Kriegsjahre der Einkäufer vom Auslände nicht auf der Leipziger Messe fehlt. Er kann versichert sein, mit derselben Zuvorkommenheit aufgenommen zu werden wie in ruhigen Zeiten. Unbeschadet dessen ist es aber notwendig, über alle auf den Krieg bezügliche Dinge im allgemeinen und besonders Persönlichkeiten gegenüber, welche dem einzelnen nicht von früher her bekannt sind, tunlichste Zurückhaltung zu bewahren und alle Aeußerungen zu vermeiden, welche dazu an getan sind, Herstellungsverfahren, Muster und Märkte nur scheinbar beteiligten Meßbesuchern bekanntzugeben. Kriegsausschtiß der Deutschen Industrie Schadenersatz für verbotene Kriegskarten Die Kriegsbehörden ordneten einige Wochen nach Kriegs beginn den Zensurzwang für Postkarten, die sich in irgend einer Form auf den Krieg bezogen, an. Während Karten, die Schlacht szenen darstellen, fast ausschließlich zum Vertriebe zugelassen wurden, wandte sich die Zensur hauptsächlich den Erscheinungen humoristischer Art zu, deren Anfertigung auch wir kurz nach Kriegs beginn vorgenommen hatten. Es handelt sich um die 4 Bilder, von denen wir einliegend Muster übersenden. Wie wir nachweisen können, erfolgte die Anfertigung dieser Karten in den ersten Tagen des September, zum Teil sogar früher, wogegen die Verordnung, den Zensurzwang betreffend, erst später veröffentlicht wurde. Der Vertrieb dieser 4 Bilder wurde seitens des Sächsischen Ministeriums des Innern untersagt, wodurch uns die Möglichkeit genommen ist, die vorher herausgearbeiteten Stücke abzusetzen, und beträchtlicher Schaden entsteht. Wir fragten das erwähnte Ministerium, in welcher Weise uns Schadenersatz von Reichs wegen hierfür geleistet würde, worauf wir die Antwort erhielten, daß aus dem Verbot kein Schaden ersatz-Anspruch abgeleitet werden könne. Kann uns das Recht auf Schadenersatz abgesprochen werden ? Unserer Ansicht nach könnten dem Zensurverbot nur Erscheinungen unterliegen, die nach Veröffentlichung des Verbots entstanden sind. Für die Karten aber, die vorher angefertigt wurden, müßte Schaden ersatzpflicht bestehen. Verlagsanstalt Nach Artikel 68 der Verfassung des Deutschen Reiches kann der Kaiser, wenn die öffentliche Sicherheit in dem Bundes gebiete bedroht ist, jeden Teil desselben in Kriegszustand er klären. Von diesem Recht hat der Kaiser Anfang August Ge brauch gemacht, und durch Erklärung des Kriegszustandes, der heute noch besteht, wurden die verfassungsmäßigen Rechte der Staatsbürger aufgehoben, also auch das Recht der freien Presse. Dadurch wurde von dieser Zeit an das Recht der Militär behörde auf Zensur aller Preßerzeugnisse eingeführt, also hätten auch die vorliegenden Postkarten vor ihrem Druck der Militär behörde vorgelegt und deren Zustimmung zur Herausgabe der Karten eingeholt werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, kann die fragestellende Verlagsanstalt keine Entschädigung dafür verlangen, daß die zuständige Behörde nachträglich den Vertrieb dieser Karten verboten hat. Abermalige Verteuerung der Schiefertafeln. Als vor kurzem die Schiefertafelfabrikanten die Preise erhöhten, sind die Schreib warenhändler im Preise nicht mit gestiegen. Jetzt ist wieder Er höhung der Preise seitens der Fabrikanten eingetreten, und die Schreibwarenhändler sehen sich daher gezwungen, gleichfalls den Verkaufspreis der Tafeln zu erhöhen, fm. Deutsche Papierhändler, führt nur deutsche Postkarten! Mit allen erlaubten und vielen bisher als unerlaubt angesehenen Mitteln hat das feindliche Ausland den Kampf gegen Deutschland über die Schlachtfelder hinaus auf das wirtschaftliche Gebiet über tragen und damit bewiesen, um was es sich letzten Endes in diesem Weltkrieg für uns Deutsche handelt. Dieser aufgezwungene Kampf fordert zu Gegen maß regeln heraus, und unsere Regierung wie unsere Industrie haben in dankenswerter Weise die notwendigen Maß regeln getroffen. So hat in den jüngsten Tagen die Leitung der Kö niglich Sächsischen Staatseisenbahnen sämtliche Bahnhofswirte angewiesen, ausländische Waren für die Folge nicht mehr zu führen. Als solche werden in dem umfangreichen Verzeichnis nicht nur fran zösischer Champagner und Cognac, Benedictiner, Chartreuse, eng lische und russische Tabake und Zigaretten, Camembert usw., son dern auch Erzeugnisse aufgeführt, die bei dem größten Teil der Be völkerung als deutsch galten, z. B. Tangermünder Marmelade, Apolli naris- und Johannisbrunnen-Mineralwässer, Zigaretten der Trust firmen. Diese Einbeziehung erfolgte, da die betreffenden Unter nehmungen in ausländischem Besitz sind, deren Erträgnisse also unseren Feinden zufließen. Dieses kraftvolle und zielbewußte Vor gehen ist erfreulich. Umso bedauerlicher ist es, daß es immer noch Erzeugnisse ausländischen Ursprunges gibt, die nach wie vor sich ihres Daseins in Deutschland unbeanstandet erfreuen und von Deut schen gekauft werden. Zu diesen gehören manche Ansichtspostkarten. In den Schaufenstern zahlreicher Läden sieht man Karten aus ländischer, besonders englischer Verleger, und Plakate, die sorgfältig den Ursprung der englischen Ansichtskarten verschweigen, laden in Geschäften und auf der Straße zum Kaufe ein. Die Karten tragen nicht immer deutschen Text, nein, auch solche mit englischer In schrift mutet man immer noch der Gutmütigkeit des deutschen Käufers zu. Es gibt englische Verleger, die in Deutschland drucken lassen, weil sie hier bedeutend billiger ankommen als daheim, und manche deutsche Lohndruckerei weiß ein Liedchen davon zu singen, sofern sie noch besteht. Der Hauptverdienst bei Postkarten steckt nicht in dem Druck derselben — sonst würden die ausländischen Verleger sie selbst drucken oder im eigenen Lande drucken lassen — sondern in dem Handel mit dem Groß- und Kleinhändler, d. h. in der Spannung zwischen dem Herstellungspreis und dem Preis, den die Händler zahlen. Diese Tatsache einsehen, heißt den Kampf mit aller Macht gegen alle Postkartenerzeugnisse des* feindlichen Aus landes aufnehmen. Es ist die Pflicht aller deutschen Händler, solche Karten nicht mehr zu vertreiben. Das deutsche Volk wird sie bei ent sprechender Aufklärung gern missen. Die Ausmerzung solcher Post karten wird Belebung des deutschen Postkarten-Verlagsgeschäftes herbeiführen. Dadurch wird zahlreichen deutschen Künstlern Ge legenheit geboten werden zur Schaffung deutsch empfundener Ar beiten. Also werden nicht nur wirtschaftliche, sondern auch künst lerische und Bildungs-Ziele bei der Ausschaltung fremdländischer Postkarten verfolgt. Deutsche Kunst und deutsche Bildung sollen in Deutschland vornean stehen. Dazu soll auch die deutsche An sichtskarte beitragen. Also ist angesichts ihrer die Losung berechtigt: Fort mit ausländischen Postkarten ! I. Verbreitung unzüchtiger Schriften Reichsgerichts-Entscheidung vom 5. Februar 1915 Nachdruck verboten Das Landgericht Göttingen hat am 14. März 1914 den Gewerk schaftsangestellten und Buchhändler Fritz Precht, der in Göttingen eine kleine Arbeiterbuchhandlung betreibt, wegen Verbreitung un züchtiger Schriften (§ 184, 1 StGB) zu 200 M. Geldstrafe verurteilt und die Einziehung der beiden angeklagten Druckschriften verfügt, nämlich des im Verlag von Meißner erschienenen Buches „Wie schütze ich mich vor starkem Familienzuwachs?“ und des Anhanges „Die Verhütung der Schwangerschaft" in dem Buche „Frauen leiden" von Dr. Zadeck, herausgegeben vom Vorwärts-Verlag in Berlin. Ferner ordnete das Landgericht die Unbrauchbarmachung der zur Herstellung der Schriften dienenden Platten und Formen an. Wie die Strafkammer feststellt, enthalten beide Schriften, die Precht in seinem Laden im Regal und außerdem im Schaukasten ausstellte, eine Aufzählung und Beschreibung von Mitteln zur Ver hütung der Empfängnis, ferner Abbildungen der weiblichen Ge schlechtsteile, außerdem das erste Buch auch die Angabe der Preise der Spülspritzen, deren Anwendung geschildert ist. Precht be hauptete, daß der Inhalt der Schriften lediglich belehrend wirken und der Volkswirtschaft und der Volksgesundheit dienen solle. Die Strafkammer nimmt jedoch an, daß für die Frage der Unzüchtigkeit von Druckschriften nicht ihr gesunder volkswirtschaftlicher Ge dankengang maßgebend ist, sondern lediglich ihre Eignung, das nach