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300 PAPIER-ZEITUNG Nr. 9 Einfluß des Fabrikationswassers auf die Leimung des Papiers Die Wassermengen, welche bei der Papierfabrikation ge braucht werden, belaufen sich je nach der Papiersorte auf 900 bis 2000 Liter auf das Kilogramm Papier und auf mehr, wenn die Stoffe gebleicht werden. Die Hauptmenge wird hierbei zur Vorbereitung der Fasern verwendet, nur ein geringer Teil zum Kochen des Harzleims und zur Herstellung der Leimlösungen. Die Papierstoffaser wird wiederholt der Einwirkung von Frisch wasser ausgesetzt, und es muß nebst der Durchtränkung eine förmliche Auslaugung derselben erfolgen, wenn viel Salze im Fabrikationswasser enthalten sind. Was ich in meinem Vortrag über Harzleimung im Verein der Zellstoff- und Papierchemiker am 9. Dezember 1907 in Berlin und späterhin über die Notwendigkeit eines gewissen Salzgehaltes im Fabrikationswasser zwecks besserer Leimung gesagt habe, bezieht sich auf Salze, welche grobe Ausfällungen nicht bewirken, also hauptsächlich auf schwefelsaure Salze. Es handelt sich dabei um die Anätzung der Fasern und Harzteilchen zwecks besserer mechanischer Bindung der papierblattbildenden Bestandteile. Ein Uebermaß muß da schaden, und wenn der Vergleich nicht zu gewagt ist, so möchte ich darauf hinweisen, daß man einen Organismus mit Medizinen, welche in Form von Salzen dem selben zugeführt werden, für die Nahrungsaufnahme vorbereiten und damit heilen, durch ein Ueberschreiten der Dosis aber schädigen, ja zerstören kann. Daß grobe Ausfällungen durch Zwischenlagerung mechanische Leimungshindernisse abgeben, ist einleuchtend. Man muß wohl unterscheiden zwischen der Häutchen- oder Membran-(Film-) Bildung und der klumpigen oder griesigen Ausfällung, wie sie z. B. durch die Chloride der Erdmetalle (Calcium und Magnesium) erfolgt. Letztere Art des Niederschlages erfordert einen Mehr verbrauch an Harz und schwefelsaurerTonerde; der Verbrauch steigt von 2,5 v. H. auf 6 v. H. Harz und ebensoviel Alaun (bei 25 deut schen Härtegraden). Bei dünnen Papieren unter 50 g/qm macht sich jede grobe Ausfällung besonders schädlich bemerkbar; das Papier wird nicht leimfest. In einer Papierfabrik wurde die Leimung durch den zeit weisen Einlauf von Salzquellen in das Fabrikationswasser er schwert, manchmal ganz unmöglich gemacht. Wenn' man diese periodische Versalzung hätte voraussagen oder berechnen können, so wäre die Möglichkeit tadelloser Leimfestigkeit der Papiere bei erhöhtem Verbrauch an Leimmaterialien trotzdem vor handen gewesen und zwar durch Zubereitung besonderer Harz leimsorten, Ansäuern des Faserbreies mit verdünnter Schwefel säure oder schwefliger Säure, vermehrte Alaunzugabe, sowie durch Vermeidung jeder Erwärmung des Stoffes im Holländer, den Rührbütten und auf der Papiermaschine. In einer nordischen Papierfabrik, wo das Fabrikations wasser zeitweise (zur Zeit der Flut) mit Meerwasser gemischt war, konnte noch gute Leimung erzielt werden, wenn der Soda verbrauch um 3 v. H. vermindert wurde, und man auf Säure überschuß bedacht war. Wärmte man den Stoff im Holländer oder auf der Papiermaschine an, so war die nächste Folge ein Nachlassen der Leimfestigkeit des Papiers, da durch die Er wärmung eine chemische Reaktion erfolgte, und Freiharz leim schädlich gebunden wurde. Da bei fortgesetzter Verdünnung des harzsauren Natrons Freiharz entsteht, so bedeutet jede Frisch wasserzugabe mit Salzgehalt eine Vernichtung von Leimmitteln, denn das Freiharz ist in seiner feinen Verteilung ein außerordent lich empfindlicher Körper; eine Verseifung oder Verkalkung tritt schon bei gewöhnlicher Temperatur ein. Bei höheren Tem peraturen (unter Zuleitung von Dampf) wird sich noch Chlor magnesium, Salzsäure und Chlor, welche unmittelbar auf das Freiharz einwirken, bilden. Man hat es also hier mit mehrfachen schädlichen Wechselzersetzungen zu tun. — In genannter Fabrik wurde das Papier durch Lagern lappig, was auf die hygroskopische Beschaffenheit des versalzten Papiers zurückzuführen war. Auch die Farben änderten sich, was.auf deren Zersetzung schließen ließ. Ein weiterer Uebelstand war das Absitzen von Harz aus den Lösungen, welche zur Zeit der Ebbe, wo das Wasser salzfrei war, bereitet wurden. Genaue Einteilung des Sodaverbrauchs war eben nicht gut möglich, da man die Abstufungen der Wasser versalzung nicht in Tabellen feststellen konnte. Aehnliche Verhältnisse werden auch dort obwalten, wo eine periodische Versalzung der Flußläufe durch Abwässer z. B. aus Kalifabriken erfolgt. Nur eine peinlich genaue stündliche Kontrolle des Fabrikationswassers und dementsprechende Aen- derungen in der Handhabung der Leimung wird da gleichmäßige Leimfestigkeit und Färbung des Papiers verbürgen. Welche Anforderungen aber eine solche an die Aufmerksamkeit des Betriebspersonals stellt, dies kann nur der Betriebstechniker selbst ermessen. Es müßte ausschließlich zu vorgenanntem Zwecke ein Chemiker beschäftigt werden, welcher die Leim lösungen nach dem jeweiligen Härte- und Versalzungsgrad ein zustellen hätte. Jede Anlage müßte dann bedeutend vergrößert werden, und die Fabrikation verteuert sich durch derartige Apothekerei. Aber einen anderen Ausweg gibt es nicht, will eine in dieser Beziehung ungünstig gelegene Papierfabrik nicht in den Ruf kommen, gleichmäßig leimfeste Papiere nicht her stellen zu können. Es braucht daher auch nicht weiter untersucht zu werden, wo die Schädlichkeitsgrenze bei einer Versalzung des Fabrikations wassers liegt. Obige Tatsachen genügen, um die Nachteile einer Wasserversalzung durch Chloride für die Papierindustrie ins rechte Licht zu rücken. Wie schon früher angedeutet, muß bei salzigem Fabrikations wasser dem Maschinenpersonal die Anwendung von Dampf verboten werden, um die schädlichen Zersetzungen und Wechsel wirkungen zwischen Leimmitteln und Salzen nicht zu begünstigen. Der Wegfall dieser wichtigen Betriebserleichterung bei schnell laufenden Maschinen und bei schmierigem Stoff wiegt schwer, man hat also zwischen Leimschwierigkeiten und Betriebsschwierig keiten zu wählen. In Fabriken, deren Fabrikationswasser durch Chloride der Erdmetalle verunreinigt ist, findet man an der Oberfläche der Harzmilch stets eine Schicht von festem, griesigem Schlamm (harzsaure Magnesia usw.) schwimmen. Diese muß sorgfältig abgenommen werden, da die Ausscheidungen trocken zu feinem Pulver zerfallen und, wenn sie ins Papier gelangen, leimschädlich (saugend) wirken. Die Schwierigkeiten beim Färben des Papiers bei Anwesen heit von Chloriden im Wasser ist bei den großen Wassermengen, welche noch nach dem Färben (nach Muster) dem Papierbrei zugesetzt werden, durch die wiederholte Einwirkung der im Frisch wasser enthaltenen Salze auf die Farben leicht zu erklären. Auch die Zweifarbigkeit (Zweiseitigkeit) des Papiers ist teil weise darauf zurückzuführen. Die Naßfilze, welche mit Spritz rohren gewaschen werden, wirken als Filter und halten Salze zurück, und unter den Pressen und bei der darauf folgenden Feuchterwärmung auf den Trockenzylindern erfolgt die Ein wirkung der Salze auf die Farben. Anilinfarben zersetzen sich hierbei leicht, und es entstehen verschieden getönte Papier seiten. Eine weitere Folge von Leimschwierigkeiten ist d e Not wendigkeit der Verminderung der Füllstoffzusätze (Kaolin usw.). Je härter das Wasser ist, desto weniger Füllstoffe vertragen ganz geleimte Papiere. Dies bedeutet wieder eine Verteuerung der Fabrikation. In Anbetracht der großen Wassermengen, welche bei der Papierbereitung verwendet werden und zur Einwirkung auf die Fasern kommen, wirken schon geringe Mengen von Chloriden leimschädlich, und nur ein sehr geschultes und wissenschaftlich durchgebildetes Personal ist imstande, den aus der Unregel mäßigkeit der Fabrikations-Wasserzusammensetzung sich er gebenden Schwierigkeiten erfolgreich zu begegnen; stets aber muß der Faktor „Leimschwierigkeit” in die Kalkulation als „Verteuerung der Fabrikation” eingestellt werden. Fritz Arledter Tarifierung von Silvalingarn auf deutschen Eisenbahnen Bei der Eisenbahnverwaltung war beantragt worden, für Silvalingarn, einen aus Papier hergestellten Ersatzstoff für Jute garn, Frachtermäßigung und die Gestellung großräumiger be deckter Wagen zu gewähren. Zu diesem Anträge äußerte sich die Handelskammer zu Berlin gutachtlich dahin, daß dem Silvalin- garn nach ihren Ermittlungen nur eine sehr geringe Bedeutung zu kommt, weil seine technischen Eigenschaften dem Jutegarn wesentlich nachstehen; es kann höchstens in beschränktem Um fange für gewisse Zwecke dann von Bedeutung werden, wenn Jute garn besonders hoch im Preise steht. Wenn daher auch kein all gemeines Bedürfnis dafür anerkannt werden könne, die Fracht für Silvalingarn herabzusetzen, so seien anderseits auch keine wesent lichen Bedenken dagegen geltend zu machen. Denn die von den Juteindustriellen ausgesprochene Befürchtung, daß die dem Silvalin garn gewährte Frachtermäßigung auch für Jutegarn beansprucht und hierdurch eine Verschiebung in den Absatzverhältnissen der Jutespinnercien und Webereien eintreten würde, kann angesichts der geringen Erfolge, die bisher mit dem sogenannten Papiergarn erzielt worden sind, als gegenstandslos gelten.