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Nr. 87 30:9kt D)APIER-VERARBEITUNG ■ Buchgewerbe Berliner Typographische Gesellschaft Vereinslokal: Berliner Buchgeiverbesaal, Dessauer Straße 2, III Vorsitzender: G. Könitzer, Berlin W 57, Dennewitzstraße 19 Kassierer: C. Rinck, Schöneberg, Bahnstraße 43, link. Aulgang III Schriftführer: E. Baumeister, SW 29, Gneisenaustr. 98 Die verehrlichen Mitglieder werden hiermit zur Teil nahme am nächsten Vortrags- und Hrbeitsabend eingeladen. Er wird Dienstag, 1. November, abends 9 Uhr, pünktlich im Buchgewerbesaal, Dessauer Str. 2III, abgehalten. Wir bitten um zahlreiches Erscheinen der Mitglieder. Gäste sind willkommen. Tagesordnung; 1. Geschäftliches. — Eingänge von Neuheiten. 2. Aufnahme neuer Mitglieder. 3. Schriftzeichnen und Schriftschreiben. Vortrag, ver bunden mit Demonstrationen des Malers und graphischen Zeichners Herrn Georg Wagner. 4. Referate über den Inhalt der Fachpresse. Herr A. Köhler. 5. Technische Fragen. — Fragekasten. Der Vorstand Japanische und britische Tapeten Eigenbericht. Nachdruck auch im Auszuge verboten Der große Erfolg der britisch-japanischen Ausstellung in Shepherd’s Bush, London, der rege Besuch und be deutende Bestellungen, besonders für japanische Waren, haben die Leitung veranlaßt, die unter dem Namen »White City« in London volkstümliche Ausstellung bis Ende Oktober geöffnet zu erhalten. Bemerkenswert sind a. u. die in dieser Ausstellung vorgeführten Tapeten. Fast un glaublichen Wagemut legen die japanischen Musterzeichner an den Tag. Kein europäischer oder amerikanischer Künstler würde es wagen, solche Muster zu schaffen, und doch ist alles mit so wunderbarem Verständnis für Formen und Farben ausgeführt, daß man die Muster erst staunend betrachtet, bald aber höchst annehmbar findet. Der Japaner ist kein Freund von Arabesken und mehr oder weniger gut stilisierten Pflanzen, bildet vielmehr auf den Papier-Tapeten wie auf Wandbehängen aus Baumwolle und Seide gewöhnlich die Natur nach, besonders Zweige von blühenden Bäumen und Sträuchern, Zierblumen, Früchte, Vögel in den sonderbarsten Stellungen, welche aber nie das Auge beleidigen, Schmetterlinge, Käfer, Schlangen, Schildkröten, kleine, beinahe immer bergige, figurenreiche Landschaften, Seestücke usw. Auf einer Tapete treiben Seeungeheuer ihr Spiel auf wild emporschlagenden Meeres wellen, auf einer andern fliegen silberglänzende Kraniche, Störche, Reiher auf blauem Wolkengrund. Unter den Blumen spielt das Chrysanthemum eine sehr bedeutende Rolle, dessen verschiedenfarbige Blüten von Schmetterlingen und Käfern umgaukelt sind, während Schwalben und bunte Vögel die Luft durchschwirren und auf Insekten Jagd machen. Auf prächtigen Spaliermustern muß man die Naturtreue der sich an den Spalieren hinziehenden blühen den Pflanzen bewundern. Alles ist wunderbar natürlich gezeichnet. Und die Farben des Grundes! Schattierungen und Zusammenstellungen, wie sie wohl keine europäische Farbenkarte aufweist. Wenn man die englischen Tapetenmuster von heute mit denen vor einem Vierteljahrhundert vergleicht, muß man über den gewaltigen Fortschritt staunen, welcher, be sonders durch die deutsche und französische Konkurrenz hervorgerufen, Platz gegriffen hat. Auch scheinen die Engländer viel von den Japanern gelernt zu haben. Bei ihnen spielt die ewig schöne Rose, einzeln, doppelt, im Strauß, in Girlanden und in Körben eine Hauptrolle, doch sind auch alle Blumen vertreten, welche in den englischen Hausgärten wachsen. Prächtigen Eindruck machten Marechal-Niel-Rosen auf sahnenfarbigem, dunkelbaue und gelbrosa Hyazinthen auf hellblauem Hintergrund. Sehr beliebt sind auch alle Arten von Obst in Verbindung mit Blüten. In der Mehrzahl weisen die Tapeten einen ziemlich großen, beinahe immer hellen Grund auf. Hübsch sind die Muster, auf welchen mit Blumen gefüllte Vasen mit Blüten kränzen umgeben sind, welche in der Mitte oberhalb des Blumenbehälters am breitesten sind und nach dessen Boden spitz zulaufen. Auch schmal- und breitstreifige Tapeten muster sind jetzt auf den britischen Inseln für alle Wohn- räume sehr gern gesehen, und die Engländer haben diese Art mit großer Kunstfertigkeit ausgebaut. Arabesken-Muster werden nur geschätzt, wenn sie eigenartig und kunstvoll sind. Die Fabrikation von Tapeten für Kinderstuben hat sich zum Sondergebiet einiger bedeutender Fabriken her ausgebildet, die beträchtliche Kosten für künstlerische Muster aufwenden. Die Tapete mit Figuren aus Märchen oder komischen Gestalten zu füllen, hat sich nicht bewährt, denn die Kinder zeigten kein Verständnis dafür. Statt dessen bekleidet man jetzt die Kinderstuben mit einfarbiger Tapete, versieht diese aber mit einem figurenreichen Fries, welcher in drei Arten angebracht ist: für größere Kinder unterhalb oder in einiger Entfernung von der Decke, für kleinere in der Mitte der Wand. Auf diesem Fries ent wickeln sich einfache, aber das Kindergemüt anregende Szenen. Beispielsweise spielt sich auf 7 Paneelen eines Frieses eine Hirschjagd ab: der Hirsch, die Meute, die Jäger in ihren roten Röcken usw. Ein Markttag: Wagen, mit Pferden und Eseln bespannt, mit Gemüse und Obst be laden, ziehen auf der Landstraße dahin; Bauern führen Kühe, Pferde, Ferkel; Frauen treiben eine Gänseherde, die Hökerinnen halten unter großen Sonnenschirmen ihre Ware feil, Frauen kaufen ein, Hunde verfolgen einen der Ver käuferin entflohenen Hahn. Ein Manöver: Soldaten aller Waffengattungen, der Ballon im Aufklärungsdienst, Pioniere schlagen eine Brücke, Reiterei greift Fußtruppen an, Zeltstadt, Lager am Feuer. Und dies alles in künst lerischer Vollendung. G. Wer erfand die Hbziehhilder? Vor einem halben Jahrhundert, Anno 1860, soll der Leipziger Buchdrucker Kramer die Abziehbilder erfunden haben. Man hat aber ihn und seine Tat schon nach dieser kurzen Spanne Zeit so vergessen, daß sich nicht mehr das geringste über ihn ausfindig machen ließ. Selbst die Nachforschungen der Bibliothek des Börsenvereins der deutschen Buchhändler und des Deutschen Buchgewerbemuseums blieben erfolglos. Man nannte Kramers Erfindung damals »Metachromatypien», und ver wendete sie alsbald zur Verzierung von Holzwaren. Die Firma Ambrosius, Knauer & Co. in Kirchhain (N.-L) teilte mir mit, daß jene Abziehbilder für ihr heutiges wichtigstes Verwendungs gebiet, für die Verzierung von Glas und Porzellan, noch nicht verwendbar waren. Kramer kann also nur der Erfinder der so genannten kalten Abziehbilder gewesen sein. Die einbrennbaren Abziehbilder kamen nach Angabe der genannten Firma vor etwa 30 Jahren auf. Die Fabrikation mit Schnellpressendruck geschieht aber erst seit 1891. In Deutschland nahm Carl Schimpf in Nürnberg 1865 die Fabrikation der kalten Abziehbilder zuerst auf. Wer war nun jener Erfinder Kramer, wie kam er zu seiner Erfindung, und wie wurde sie damals in die Praxis ein geführt? Vielleicht wurde Kramer durch die vielen Versuche jener Zeit angeregt, die man mit dünnen Bildhäutchen in der Photographie machte. E. M. F. Die Innung Dresdner Buchdruckereibesitzer wird am 18. Januar 1911 25 Jahre bestehen. Diesen Anlaß beabsichtigt sie durch Festtafel, Konzert und Ball im Kreise der Mitglieder und An gehörigen und durch Herausgabe einer Festschrift zu begehen. Die Wahlen für die Innungsämter auf das Jahr 1911 vollzogen sich durch Zuruf einstimmig; der Vorstand wurde wiedergewählt.