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3360 PAPIER-ZEITUNG Nr. 86 Prägungen mit Stahl- oder Glockengußstempeln? 10287. Frage: Sind Prägestempel in Stahl oder in Glocken guß gleichwertig und gleich dauerhaft? Es handelt sich um einige Kollektionen, die ich für die kleine Prägeabteilung (2 Balanciers) meines Geschäfts anschaffen möchte; diese sollen aus einzelnen Buchstaben | a| | B | und aus nebeneinander stehenden I A b c | bestehen. Wieviel Prägungen kann man wohl mit einem Stahlstempel, wieviel mit einem aus Glocken guß herstellen, bis sie abgenutzt sind? Antwort: Messingstempel sind etwas billiger zu gra vieren, Stahlstempel sind jedoch stets vorzuziehen, da sich Messingstempel beim Prägen leicht abarbeiten und flach werden. Von einem Stahlstempel kann man (am Balancier) unbegrenzt viel Prägungen machen, nicht so von einem Messingstempel. Mündlicher Mietsvertrag 10288. Frage: Ich vermietete im Juni 1907 einen Laden zum Mietspreise von 1500 M. das Jahr und zwar vom Oktober ab auf 3 Jahre ohne schriftlichen Vertrag jedoch in Zeugen gegenwart. Es war seinerzeit 6monatliche Kündigung vereinbart. Am 1. April 1909 kündigte der Mieter dann zum I. Juli 1909. Die Kündigung ist meinerseits nicht angenommen. Kann ich nun den Mieter, da der Laden nicht vermietet ist, auf Schadlos haltung verklagen, oder was soll ich tun? Antwort: Nach § 565 BGB bedarf ein Mietsvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, der schrift lichen Form. Wie hier diese Form, so ist nach Ablauf eines Jahres 1/4jährliche Kündigung für den Schluß des Vierteljahres zulässig, also kann Fragesteller gegen seinen Mieter nichts tun. Verspätete Sendung 10289. Frage: Am 31. März 1909 bestellten wir bei dem Reisenden der Firma A. S. in B. Weihnachts- und Neujahrs karten mit der Bedingung, daß uns Muster sofort zugesandt werden. Am 23. April 1909 beanstandeten wir die Muster mit der Bedingung, daß solche am 28. April in unsern Händen sein müßten, andernfalls der Auftrag als nichtig zu gelten hätte. Als nun die Muster 3 Wochen später eintrafen, haben wir die An nahme derselben verweigert, da unsere Mustersammlung bereits geschlossen war, und wir zum größten Teil die Reisetouren be endet haben. Die Firma will uns zur Annahme zwingen. Sind wir verpflichtet, die Karten noch abzunehmen? Wir sind Grossisten, und unsere Detailkundschaft hat ihren Bedarf bereits gedeckt; infolgedessen sind die Karten für uns heute wertlos. Mit einer zweiten Firma verhält sich der Fall so, daß die selbe auf unsere Beanstandung der Muster überhaupt nicht ant wortete. Antwort: Fragesteller hat dem Lieferer die vom Handels gesetz vorgeschriebene Nachfrist eingeräumt, die wir für angemessen halten, mit Rücksicht darauf, daß Fragesteller mit dem Vertrieb der Weihnachtskarten rechtzeitig be ginnen mußte. Da die Nachfrist nicht eingehalten wurde, stand dem Fragesteller das Recht zu, vom Vertrag zurück zutreten. Daher wird voraussichtlich die Klage des Lieferers erfolglos bleiben. Mietsrecht 10290. Frage: Ich habe für April 1910 ein neues Geschäfts lokal gemietet, welches bis zu diesem Zeitpunkt einem Ge schäftsinhaber gehört, doch da er bereits seinen neuen Laden bezog, seit Juli 1907 leer steht. Ich will, um die neue Ein richtung in Arbeit geben zu können, eine halbe Stunde den Laden benutzen, um die Maße festzustellen. Der jetzige Mieter antwortet mir, er ließe mich nicht früher den Laden betreten als am 1. April 1910, denn nach seinem Mietsvertrag brauche er das nicht. Ist der Mieter in seinem Recht, oder soll ich ihn verklagen? Antwort: Fragesteller hat nicht mit dem jetzigen Mieter, sondern mit dem Vermieter zu tun. Dieser muß dafür sorgen, daß der Fragesteller von der gemieteten Sache ver tragsmäßigen Gebrauch machen kann. Dazu gehört es unseres Erachtens, daß dem Fragesteller die genauen Maße der gemieteten Räume angegeben werden, damit er für den Beginn der Mietszeit die nötige Einrichtung bestellen kann. Ob es dazu nötig ist, daß Fragesteller den Laden betritt, oder ob genaue Zeichnungen genügen, können wir nicht beurteilen. Gibt der Vermieter diese Angaben nicht, nachdem ihm Fragesteller eine angemessene Nachfrist ge währt hat, so darf Fragesteller unter Umständen vom Mietsvertrag zurücktretei. (S. § 542 BGB.) Haftung des neuen Gesellschafters 10291. Frage: Ich habe mehrere größere Abschlüsse auf Tüten und Packpapier laufen, deren Abnahmefrist Ende 1909 beendet ist. Meine Firma X ist jedoch am 1. September 1909 erloschen, an Stelle derselben ist die Firma X & Y getreten. Bin ich verpflichtet, die Abschlüsse abzunehmen, wenn der Teilhaber Y nicht geneigt ist, dieselben mit zu übernehmen? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Wenn der Inhaber der erloschenen Firma sich zur Fortführung des unter dieser bisher betriebenen Geschäfts mit einem Sozius zu einer Gesellschaft unter neuer Firma vereinigt hat, dann haftet nach Art. 28 HGB die Gesellschaft trotz Erlöschens der früheren Firma für die Abnahme aus den von der letzteren getätigten Schlüssen. Der neue Sozius kann dieser Haftung nicht wider sprechen. Die Haftung tritt nur dann nicht ein, wenn bei Gründung der Gesellschaft die Uebernahme der im Betrieb des früheren Geschäfts entstandenen Verbindlichkeiten aus drücklich ausgeschlossen und dieser Ausschluß im Handels register eingetragen und bekannt gemacht oder von einem Gesellschafter dem Dritten mitgeteilt worden ist. Rgenten-Provision 10292. Frage: Ich habe im Dezember 1901 schriftlichen Ver trag mit meinem Hause abgeschlossen, in dem es u. a. heißt: Als Provision erhalten Sie auf die voll bezahlten Rechnungs beträge 1 v. H. für sämtliche in oben erwähntem Bezirk zwischen meiner Firma und den dortigen Papierfabriken abgeschlossenen Geschäfte. Im Februar 1907 wurde zwischen meiner Firma und mir als Vertreter mit einer Papierfabrik ein Abschluß auf 600 Tonnen Zellulose gemacht, und die Fabrik hat bis Ende Dezember 1908: anstatt dieser Menge nur etwa 230 Tonnen abgenommen, seit dieser Zeit aber Beschwerde über die Beschaffenheit geführt und "die Abnahme der abgeschlossenen restlichen 370 Tonnen verweigert. Hierüber soll gerichtliche Entscheidung erfolgen. Ich fordere volle Bezahlung der 915 M. Provision auf obige 370 Tonnen. Die Firma verweigert sie mit Hinweis darauf, daß ich, wie es in meinem Vertrag steht, Provision nur auf die voll eingegangenen Rechnungsbeträge zu beanspruchen hätte. Nach meiner Ansicht hat aber die Bemerkung in meinem Vertrag, daß die Provision auf die voll bezahlten Rechnungsbeträge bezahlt werde, also nach Abzug von Frachten und Skonti, nichts zu tun mit den nicht zur Ausführung gekommenen restlichen Schluß lieferungen. Wie denken Sie darüber? Antwort: Die Vereinbarung, wonach Fragesteller Provision nur von den eingehenden Zahlungen erhält, stimmt mit der Bestimmung im § 88 Abs. 1 HGB überein, wonach Provision nur nach dem Eingang des Betrages fällig wird. Die ge nannte vertragliche Vereinbarung hebt aber nicht die Be stimmung im § 88 Abs. 2 HGB auf, welche lautet: »Ist die Ausführung eines Geschäfts infolge des Verhaltens des Ge schäftsherrn ganz oder teilweise unterblieben, ohne daß hierfür wichtige Gründe in der Person desjenigen vorlagen, mit welchem das Geschäft abgeschlossen ist, so hat der Handlungsagent die volle Provision zu beanspruchen.« Nun hat aber die Zellstoffabrik ihren Kunden auf Abnahme des Restes verklagt. Wenn das Urteil des Gerichts ergibt, daß die Papierfabrik zur Annahmeweigerung berechtigt war, weil die Zellstoffabrik schlecht geliefert hat, so muß diese dem Fragesteller die Provision für den nicht abgenommenen Rest bezahlen. Andernfalls ist sie dafür nur provisions pflichtig, nachdem die Papierfabrik den Rest abgenommen hat. Vollmacht des Fabrikvertreters 10293. Frage: Wir beziehen seit etwa 11/2 Jahren von einer Papierfabrik Rohmaterial. Die geschäftlichen Unterhandlungen wurden vonseiten dieser Papierfabrik stets durch einen hiesigen Platzvertreter geführt und stets in gleichem Sinne von der Fabrik bestätigt. Kürzlich teilte uns der Vertreter mit, er sei von seiner Fabrik beauftragt, uns mitzuteilen, daß, da die Roh stoffpreise sehr schwankend sind, es in unserem eigenen Interesse sehr vorteilhaft wäre, einen Abschluß zu machen. Wir bestellten daraufhin 5 Doppelladungen. Einige Tage darauf er hielten wir die Bestätigung der Fabrik, jedoch zu höherem Preise. Ebenso bestätigte uns die Fabrik nicht 5 sondern nur 3 Doppelladungen und begründete dies damit, daß sie nicht in der Lage sei, 5 Waggone zu dem bereits erhöhten Preis aus führen zu können. Darf die Fabrik unsere Vereinbarung mit ihrem Vertreter umstoßen? Antwort: Der Fabrikvertreter ist Agent im Sinne des Handelsgesetzes, und nach einer Bestimmung dieses Ge setzes wird die mit einem Agenten getroffene Vereinbarung erst rechtsgiltig, wenn sie durch den Geschäftsherrn des Agenten bestätigt ist. Somit ist die Fabrik an die Verab redung mit dem Agenten nicht gebunden. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin NW 11, erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 29